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Sächsischer Landes-Anzeiger : 19.08.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-08-19
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384622-188808194
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384622-18880819
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384622-18880819
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungSächsischer Landes-Anzeiger
- Jahr1888
- Monat1888-08
- Tag1888-08-19
- Monat1888-08
- Jahr1888
- Titel
- Sächsischer Landes-Anzeiger : 19.08.1888
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Nr. 193. — 8. Jahrgang. Der jeden Wochentag Abend (mit Datum des totgeiiLe» Tages) zar Versendung gelangende..SlichsischeLiiudcs-Aiizciger" mit täglich einem besonderen Unier- IialwiigSblatte und mit dem Exlrabeiblatt Ltistiges Aildcrbuch kostet bei de» Ansgabe stellen monatlichMPsg., bei denPost-Anst. 75" ' " SSchsischer 5 Pf. (1688er Ztgs.-Preisliste Nr. SOlloJ Für Abonnent«» erscheint je eminal iinJahr: Eliiiinirr-Eiskii'balinfahrvlmchefr für Sachsen. Wi»ker-Eisk»bal,»sai»>>Ianl>es! für Sachse». Alitstr. KnIknLer des Lüchsischcn Landbotk». IilusttiilerIabreSbuchdeSLandkr-SlnzeMtS. mit „ NrLparteiiscbö Lä icbe Ieitnttg für Sachferi rrrrd Thüringen. Sonntag, 19. August 1888. «n,ksgeni>reizdez.,Süchs. Sandes.«»,estier«": Raum einer lchnialen CorvnSzeile l 5 Pfa. Bevomiigle Stelle (t svalt. Petitzcile) 30 Pf. VeiWiedcrhol»»ggrostcrA»no»ce»Rabatt. Bei Bestellungen von Auswärts wolle man Jnsertivnsbetrag (in Briesunirken) beisngen >jc8Silbe»Corv»sschrist bilde» ca. 1 Zeile.) A»»o»ecna»»al»ue »nr bis Vormittag. Pkckin A!kll!l!l>kl Kitlie, Bnchdriickcrci. Chemnitz. Tbeaterilraste 5 (Fernsvrcchstelle Nr. 136). Telcgr-Adr.: Landes-Anzeiger, Chemnitz. Mit täglich einen! besonderen Unterhaltungsblntt: i. Ltksine Botschaft — 2. Sächsischer Grzahler — 3. Sächsische Gerichts-Zeitrmg 4. Sächsisches Allerlei — 5. Kllnfirirtes Unterhallnnftsblatt — 6. Sonntagsblatt — Ertra-Beiblatt: Luftiges Bilderbuch. Telegraphische Nachrichten. Vom 17. August. London. Nach einem Telegramm der „Times" aus Sucikin sind dort weitere Berichte über den „Weißen Pascha" am Bahr-el- Ghasal esngclrossen; derselbe verfuge über eine große Trnppcnmacht ans dem Eingeborenen-Stamme der Niam-Niam und der Glaube werde immer stärker, daß der „Weiße Pascha" Stanley sein müsse Die Ab.ssynier befänden sich mit einer starken Macht bei Galabat niid König Johann habe geschworen, daß er Khartum ciiinchmei, werde. Der Mahdi sei beunruhigt. Ein Augenzeuge bestätige, daß Lnptvn Pascha um de» 1. Juli herum an Schwindsucht gestorben sei u»d als Mnhamedaner ein öffentliches Begräbniß erhalten habe. Ncwhork, 18. August, Mittags. Der schon gestern gemeldete Zusammenstoß des Dampfers „Geiser" mit der „Thingballa" fand 80 Meilen südlich von der Sandinsel statt. „Geiser" wurde an der Seite getroffen, der Steuerbord zur Hälfte gespalten, die an letzterem befindlichen WohnuiigS-Kajüien zermalmt, mehrere Passagiere im Bett gctvdtet. Vom „Geiser" wurden sofort drei Boote in's Wasser ge lassen, zwei davon schlugen »m, das dritte wurde vom Schiffe ab getrieben. Paris, 18. August. In Corbic (Somme) schoß Bonlanger mit einem Revolver zwei Mal auf de» Friedensrichter. Die gerichtliche Untersuchung wurde svfvrt cingcleitct. — In Moseuil (Somme) wurde Baron Wattcville beim Austheilcn von Geld an Soldaten betroffen. Man verhaftete ihn und führte ihn in's Gefängniß nach Montdidicr ab. Petersburg, 16. August. Der „Herold" hat Grund zur An nahme, daß der von der „Norddeutschen Zeitung" zurückgewiescne Artikel des „Nord" über die »vrdschlcswigschc Frage solcher Art sei, wie der „Nord" sie oft ans eigene Rechnung uns Gefahr schreibe. — Der österreichische Botschafter Graf Wolkensiciii bcgiebt sich heute nebst den Mitglieder» der Baischaft anläßlich des GcbnrtsfesteS des Kaisers Franz Aosef nach Schloß Romscha zum russische» Kaiser. Nom, 18. August. Erst,Pi ist zum König nach Balrieri gereist. Die Regierung beabsichtigt, die den italienischen (?) Missionsschulen gewählte,, Unterstützungen cinznzichen und überall weltliche Schule» zu erricht-ii, weil die Chefs der italienischen katholisch n M ssioiicu das Protektorat des Königs von Italien und die Aussicht dr Regie,nng über die italienischen Missionsschulen im Auslande znrnck- gewicsen haben. Politische Nmrdschan. Chemnitz, den 18. August. Deutsches Reich. Kaiser Wilhelm hat gestern'früh mit der Besichtigung der Garderc.simeiiter begonnen, und zwar erfolgte zu nächst die Vorstellung des 2. Gardercgiments zu Fuß, des Garde füsilier-Regiments und des Kaiser Alexander-Grenavicr-Rcgi mcntö Nr. l. — Meldungen ans Wien zufolge nimmt man dort an, das Znsammenlrcssen des deutschen Reichskanzlers mit Graf Kalnvky werde innerhalb der nächsten 14 Tage stattfinden. Der Ort der Begegnung hänge lediglich von den Dispositionen Fürst Bismarcks ab. ES fehlt übrigens, namentlich in der deutsche» Neichshanptitadt, nicht an Politiker», welche annehmen, die Unterredungen Bismarcks mit Graf K'alnoky sowohl wie mit Crispi (s. Italien) würden keine direkten Admachnngen j», Gefolge habe»; Erörterungen über die politische Cvnsteilation würde» vielmehr bei den Besuchendes deutschen Ka icrs i» Wien und Rom staltsindcn. Bei den betr. Reise» wird Kaiser Wilhelm, wie auf der nordischen Reise, vom Grafen Herbert Bismarck begleitet sein. — Feldmarschcill Graf Blumcnthal wird am 2l. Angnst zur Trnpveninivcctivn in Augsburg ciniressen und am 28. nach Württem berg Weiterreise». In den Höllengrmw. Novelle von Rein hold Ort mann. Fvrtietzima. Nachdruck verböte». „Sic sind es, Cvmtessc?" sagte er mit einem unvertiodlenen Ansdcnck des Erstaunens; doch dann, als sic bei iciacm Anblick das Köpfchen senkte und eine Bewegung machte, als wolle sic entslihe», bot er ibr seine Hand und fuhr io herzlich »nd natürlich, als sei durchaus nichts Wunderbares in ih,cm Erscheinen, fort: „Sie kommen noch zur rechte» Zeit, und im Name» dieser arme» Leute danke ich Ihne» für Ihre» Besuch." Und Elfrieoe legte ihre kleine, kalte, zitternde Hand wirklich in die scinige, um sich von ihm über die Schwelle des Tagclvhner- ha» ,s führen z» lassen. Wäbrcnd sic durch den Vorranm scheuten, neigte er sich zu ihr herab und flüsterte nahe an ihrem Ohr: „Seien Sic mnlhig! Es ist nichts Fürchtcruches, das Sic sehen werden. Ein Engel der Erlösung ist cs, der zu Füßen dieses Krankenbettes steht." Wohl ohne daß sie selbst cs bemerkte, schmiegte sic sich fester an ihn »nd so traten sie in das matt erhellte Zimmer ei». Depen dahl ich nie mit einem starren, gleich.,» ttgen Blick ans den vor nehme» Besuch und rührte sich nicht. Wäre jetzt ein König in sei» HauS gekommen, er würde ihn wahricheinlich mit dcrseide» Theil- »ahmtosiglett einpsangcn hahen. Seine Frau 'aber blich selbst in dieser schweren, lcivensvollen Stunde nicht frei von einer Regung des Stotzes »nd der Gcnuglhunng, als sic die sonst als so hvchmnlhig verschrieene Tochter des gräflichen Gntsacrr» erkannte. „Ach, du lieber Gott, Sic haben si,a selber her bemüht, aller gnädj stes Fräntcin! Welch' eine Ehre ist das, und ich kan» nicht einmal ansstehen, wie sich's doch geziemt! Aber, Dependahl, bist T» denn versteinert? Sv hole doch eine» Stahl für das gnädige Fräulein!" Sie schwatzte noch weiter, während sic den Oberkörper beständig hin »nd her bewegte und vor lauter Unruhe und Aufregung ganz zu vergessen schien, daß jic am Sterbebette ihrer Tochter saß. Erst als ihr Pastor Rohden schwer »nd gewichtig die Hand ans die ,Emulier legte, la»> sie zur Besinnung und sah ganz erschrocken z» den, Geistliche» ans, der null srennbllchem Ernst sagte: „Lassen Sic's gut sein, Frau Dependahl! Tie Cvmlesic will ''icht, daß Ihr Euch um ihretwegen Umstande wacht, »nd es rst nicht nn der Jett, viel Ucberflüssiges zu reden." — Ein i» seiner Eigenart Wohl völlig »euer Schachzng deutscher Eolonialpolitik wird in England wieder einmal voraussichtlich viel böses Blnt machen und die Wnth, welche viele englische Kcrnslcnte gegen die Bisinarck'sche Colviii'alpoliiik hegen, erheblich steigern, namentlich da die Nachricht ziemlich unerwartet kommt. Ten „Times" wird nämlich ans Zansibar bv» Freitag gemeldet, daß der dcntsch- vstcifrilaiiischen Gesellschaft nn» offiziell die Verwaltung des Küsten striches vom Sultan übergeben worden ist. In 14 Häfen hißte die Gesellschaft unter königlichem Salut der Geschütze ihre Flagge zu sammen mit derjenigen des Sultans. Bei der hohen Wichtigkeit, welche der zansibarischc Küstcnbcsitz für den gesammtcn Verkehr zwischen der ostasrikanischen Küste und Mittclafrika besitzt, ist das Ereignis) vom Standpunkte deutscher Colonial-Interessen gewiß als ein sehr erfreuliches zu bezeichnen. — Ein zur Theilnahme an den Manövern in Brvmbcrg cin- gcrücktcs Bataillon des 40. Infanterie-Regiments ans Gneseu trug bereits die neuen Militürmäntcl, welche die Mannschaften zu diesem Manöver erhalten haben. Diese Mäntel sind, nach einer Schilderung in der „Danz. Zlg.", von brauner Farbe, wasserdicht und insofern von besonders praktischer Bedenlnng, als zwei derselben, durch be sondere Vorrichtungen ziisammcngcfügt, ei» Zelt bilden, welches gegen alle Unbilden des Wetters vollkommenen Schutz gewährt. Mit den Vorrichtungen zum Zeltaufüan wiegen sic genau ztvei Kilogramm. Sie bestehen aus einem ganz ge.«den viereckigen Stück. Eine durch Ocicn gezogene Schnur bildet den Halsausschnitt in der Weise, daß hinten im Nacken, zum Schutz desselben, ein etwa handbreites Stück emporsteht. Mit einem Hake» wird der Mantel vorn am Halse, nachdem die Schnur vorn gebunden worden, nochmals geschlossen. Eine zweite, dickere Schnur schließt die Taille so ab, daß die beide» vo» der Halsössnnng hcravsallcnden Ecken einen die Arme bedeckenden Kragen bilde». An den Ecken und in der Milte der Querscile des Mantels sind größere Meijiiigöscn eingcschlagen, durch die man dicke Schnüre zieht, an welche beim Ausschlagen der Zelte die Pflöcke ge bunden werden. Jedem Mantel sind drei solcher Pflöcke bcigcgcbe», ebenso drci runde, glatte Stäbe, die an ihren Endscitcn mit verschieb baren Mctallhülsen umgeben sind. Sechs dieser Stäbe bilden die Stangen, welche das Zel! anscinaiidcrhallc», svdaß cs aufrecht stehen bleibt; Pflöcke »nd Stäbe sind in ihrer Länge so eingerichtet, daß sie ans den Tornister passen. Italien. Ministcipräsident Crispi hat sich am Denncrstag Abend von Rom über Turin nach Valdicri in den Sccalpen be geben, uni, wie ein osficiclles Telegramm meldet, mit König Hnmbcrt zu conscriren. Wie eine römische Depesche weiter meldet, ging dem italienischen Ministerpräsidenten vorgestern ans Paris die vsficiellc Mittheilnng zu, daß die französische Regierung die italienischen Vor schläge bezüglich der Ernencrnng des Handelsvertrages abermals als nnannchmbar abgelchnt hat. Vielleicht war dies die Veranlassung, weshalb Herr Crispi sich znm König begeben hat. lieber Crispi's diesjährige Begegnung mit dem Fürsten Bismarck verkantet neuer dings, dieselbe werde, wie im vorigen Jahre, in FriedrichSrnhe statt- finbcn. Mit derselben Bestimmtheit, mit welcher kürzlich versichert ward, der Reichskanzler werde in Bälde nach Kissingen gehe», be hauptet man jetzt, diese Badereise sei definitiv cinfgcgcbeii. Das Letztere scheint mit Rück.cht ans die vorgeschrittene Jahreszeit richtig zu sein. Voraussichtlich würde in diesem Falle die geplante Be sprechung mit Graf Kalnokh gleichfalls in Friedrichsrnh statlfindc». lieber eine envciigc Zusammenkunft des Reichskanzlers mit Herrn v. Gier sind in diesem Jahre nur sehr schüchterne Gerüchte ausge treten. — Einer Meldung a»S Alexandria zufolge habe nach Jn- stractivncn der Pforte die cgyptischc Negierung einen Protest on den italienische» Gencraleonsnl gerichtet betr. des Prvtcctvrats Italiens über Znia. Trr.nkl'erch. Tie Reise Bonlangcrs im Departement der Somme hatte eui kläglich S Resultat. Die Bevoik-rnng und die Be Hörden verhielten sich durchwegs ablehnend. Seine Aussichten für die Wahl am Sonntag werden immer trüber. Auch die Nachrichten ans den Nord-Departements sind den Republikanern günstig. —Die versprochenen 10,000 Franken für die streikenden Erdarbeiter sind bisher ausgcblicbcn, weshalb die schwankend Gewordenen die Ver sammlungen meiden und Arbeit suche». Die Syndikatskannncr der linlcrnehmcr conftatirtc, daß die Arbeit ans den meisten Bauplätzen wieder ausgenommen sei. Der Kcllncrstreik scheint bcigelegt zu sein, da eine Einigung der Gostwirthe und Kellner bcvvrsteht. — In einer gestrigen Versammlung der Erdarbeiter ward mitgetheilt, daß die vorhandenen Mittel zur Wetterführung des Streiks nicht aus- reichen, und unter Berücksichtigung der gleichzeitigen starken Abnahme der Thcilnchmer der Streik für beendet erklärt. Die Streikcommijston wird indessen »och bestehen bleiben, um eine bessere Arbeits organisation vorzubcreiten. England. Es hatte sich das Gerücht verbreitet, daß die Prinzessin Christian (zweite Tochter der Königin Victoria) zur römisch-katholischen Kirche übertreten wolle. Der „Standard" bezeichnet das Gerücht als unbegründet. — In einer Besprechung der Rede Kaiser Wilhelms in Frankfurt a. d. Oder sagt die „Times", der Kaiser habe so gesprochen, wie man es von ihm, der einen großen historische» Namen und eine glorreiche militärische Tradition geerbt habe, erwarten konnte. „Daily News" würde es verstehe», wenn die Empfindlichkeit der Franzosen durch die Rede verletzt würde, allein das Blatt kann nicht cmschen, warum dieselbe die Franzosen zu einer übereilten Unternehmung anstachcln sollte. slnrerrka. Seit der Rückkehr Blaine's nach den Vereinigten Staaten entwickelt die republikanische Partei eine ungewöhnliche Thätigkeit i» der Wahlkampagne und man hört infolgedessen schon Klage» auf demokratischer Seile über Lässigkeit der Parteileitung. Andererseits hat Blciinc im republikanischen Lager dadurch einige Verwirrung erregt, daß er dem Plane der republikanischen Senatoren, eine eigene Tarifbill ailsznarbcitcn, cntgegcngetreien ist, vcrmnthlich nur deshalb, weil in dieser Beziehung eine Einigung nicht zu er zielen ist. Das Projekt scheint infolge dieser Schwierigkeiten über haupt cinfgcgcbeii worden zu sei», wenn auch scheinbar die Verhand lungen zur Aufstellung eines Tarifs fortgesetzt werden. — Der Sieg der Aufständischen in der Republik Haiii, deren bisheriger Präsident General Salvmvn sich ans ein englisches Schiff geflüchtet haben soll, wird nunmehr von allen Seiten bestätigt. Seit der Hinrichtung der beiden Neger, welche an den Brandstiftungen zu politischen Zwecken angeblich theilgenommen hatten, scheint die aufständische Bewegung bedeutend an Ausdehnung gewonnen zn habe». Vor einigen Tagen wurde gemeldet, daß Seid Tölemagne, der „Schwarze General", vom Norden her auf Port an-Priiice inarschire, »nd die Annahme ist daher gestattet, daß derselbe die Hauptstadt der Republik bereits be setzt hat. Der flüchtige General Salomo» wurde zuerst im Jahre 1870 und dann wiederum im Jahre 1886 ans sieben Jahre znm Präsidenten gewählt. General Boisrond-Canal, ein Mulatte, welcher als Chef der neuen provisorischen Negierung genannt wird, ist der Führer der liberalen Partei und war bereits von 1876 bis 1879 Präsident der Republik. Die jetzige Vcrsass- nng decselbcn wurde am 14. Juli 1867 verkündck. Darnach be stehen zwei Kammern, deren Mitglieder Diäten erhalten, während die Executive ein Präsident leitet, der zwar ans 7 Jahre gewählt, dessen Amtszeit aber häufig durch Revolutionen unterbrochen wird. Solche Aufstände fanden in den Jahren 1882 und 1883 statt, und bei der letzterwähnten Jnsnrreclion wurde ebenfalls in der Haupt stadt Feuer angelegt, welches eine große Anzahl kaufmännischer Niederlagen zerstörte. Die Hauptstadt hat 35,000 Ein wohner, während die gelammte Bevölkerung der Republik Haiti 600,000 beträgt, meist Neger und französisch sprechende Mulatten. Am Handel sind hauptsächlich Großbritannien, Frankreich und die Verein. Staaten von Nordamerika bciheiligt und so viel bekannt. „Ach, du lieber Gott, nein," stöbiilc die Frau, der jetzt die traurige Wirtlichkeit mit verdoppelter Schwere ans die Seele zn fallen schic», „es ist ja solch' ein Jammer — solch' ein Jammer." Und weinend drückte sie das Gesicht i» die Hände. Die kranke Johanna hatte unterdessen mit großen, verwunderten Augen ttnverwandl ans Elsrttde geblickt. Wie i»r feines Our das vvn alle» anderen »»bemerk! gebliebene, schüchterne Klvpfen der Com- lcssc vernvmmen Halle, so schien sie jetzt auch etwas vvn dev eigent lichen Bedeutung dieses Urankenbesnches z» ahnen. Sic laS die Be fangenheit und Mnthlvsigleit ans dem schöne», blassen Gesicht des jungen Mädch.ns, und da rs ihr zn schwer wnrde, sich ans eine andere Weise verständlich zn machen, zwang sie sich zn einem kleinen Lächeln und machte eine» Bccsnch, der Gräfin ihre Hand zn reichen. Und dies rohrende Beginnen ließ vtifriede plötzlich alle Scheu »nd Beklommenheit Volieren Sie »ahm die dargevulenc Hand in ibre beiden .pändc, welche so kalt waren, wie die der Sterbenden, »nd indem sic sich ans den Rand des Bettes setzte, sagte sie mit ihrer belle» wohlklingenden Stimme: „Machen Sie sich keine Sorge mehr, liebe Johanna! Ich gebe Ihnen das feste Versprechen, daß cs Innen a» nichts mehr sc, len jvll, was Sie für Ihre Genesung brauchen! Und auch Ihre E iern sollen aile-Z haven, ivaS ihnen sell. — Da, sehen Sie her — ich habe alles mitgebracht, was ich im Angenbiiek beiaß. Wenn eS auch »icht vicl ist, sv wird cs Ihnen doch vielleicht gerade jetzt Vvn einigem Nutze» sein " Und indem sic ihren Mantel zurückschlug, unter welchem die zerdrückten und zerknitterten Spitzen ibres dusligen, weißen Gesell schaftskleides rinn Vorschein kamen, nestelte sie vvn iareni Glittet ein kleines Geldtäschchen lvs, durch dessen lvse gel akel e Maschen G goldig winkle, und das einen Hellen, melallischcn Klang gab, als sie es »eben sich auf das Tiicbcheii legte. „Es ist kein Geschenk, für das Sic sich bedanken müßten," fügte sic elrvthend hinzu, „cs ist ja unsere Schuldigkeit — und Ihr Vater tann cs mir znrü «gebe», wenn cS ihm einmal recht gut geht." J.tzt znm erste» Mal seit ElsncdcnS Eintritt regle sich der finstere Mann am Konsince des Beltes. In seinen tiefliegende» Am en treiterieitmlc.e cs »nhciml'ch, »nd mit einer unwilligen Be wegnng schvb cr der Ccmlcsse das Geldtäschchen wieder zn. „Behillen Sie das immerhin!" sagte cr rauh. „Wäre cs ein paar Jahre früher gckvminen, damals, als ich den He>r» Grafen Hierzu „Lustiges Bilderbuch" für vie Lebarat-Aboutteutett desselben. -W . - M bat, mir ans meinem unverschuldeten Elend zn helfen, so hält' ich die gnädige Herrschaft verehrt wie den lieben Gott. Jetzt aber macht mir das Almosen mein Kind nicht mehr gesund, und was aus uns anderen tvccdcn mag, das ist mir verteufelt gleichgillig." Clfuedc war erst dnnkelrvth geworden und dann überzog Leichen- blässc ihr Antlitz. Sic war einer Ohnniacht nahe und keines Wortes mächtig. Da kam ihr Beistand und ReUnng vvn einer Seite, von welcher sie sie am wenigsten hätte erwarien können. Ans eigener Kraft und ohne jede fremde Hilfe richtete sich Johanna in eine sitzende Stellung empor. Sie schob den Verwand, der sie beim Sprechen zn ungewöhnlicher Anstrengung zwang, ein wenig zurück, und sagte mit schwacher, aber deutlich vcrnchmbarcc Stimme: „Der Vater meint es nicht, wie cr's sagt! Es macht ihm Kammer, daß ich — sterben muß, aber wenn — das vorbei ist, wird cr — Sie um Verzeihung bitten — wegen seiner nng'.rechten Worte! — Ich — ich danke ihnen, gnädiges Fräulein, und — der liebe Gott — segne — Sie — tansendwal!" Mit einem Ansstöhncn, das »nr wie ein Seufzer klang, fiel sie zurück und ans ihrem Gesicht ging jene merkwürdige Veränderung vor, welche jedem »livergeßtich bleibt, der ei» einziges Mal an einem Todtenvette gestanden. „Barniherziger Himmel," sthric die Frau ans, „sie stirbt!" Und Devendahl fiel »eben dein Bette ans 0/v Knie, indem cr in ein lautes Weinen anSbrach, welches wahrhaft herzerschütternd klug. Elscicde war ein wenig znrückgetrcle»; ihre Knie zitterten nni/ sic fühlte den Schlag üneS Herzens bis in den Hals hinauf. Da sah sie, wie der Pfarrer sich tief auf die Sterbende hcrabncigie und nitt sanfter, gedampfter Stimme zu ihr sprach: „Furchte Dich nicht, meine liebe Johanna! Du wirst ei» wenig schlummern und wenn Du erwachst, werde» all' die Deine» dci Dir sein und Ihr werdet nichts mehr wissen vvn Armnth und Entbehr ungen und irdischer Nvth. So viel Liebe, als Dich nmgicbt, jetzt, da D» cinschlätst zn kurzer ergltickender Ruhe, so viel Liebe wird Dich c»i"sang>», wenn eine sauste Stimme Dich anferweckt z» einem neue» freudigen Ledcn. Gute Nacht, weine liebe Johanna I Der Friede des Herr» sei mit Dir!" Er hengtc sich ans sie »nd küßte ihre Stirn, und dabei schloß er mit einer zarten Handbewegnng, die von den Anderen kaum bemerkt werbe» konnte, ihre gebrochenen Auge». Wie er sich dann aufcichtete, die Hände faltend, glänzte es ivie Verklärung ans seinem Antlitz. -
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