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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 11.07.1905
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1905-07-11
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19050711010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1905071101
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1905071101
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1905
- Monat1905-07
- Tag1905-07-11
- Monat1905-07
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BezugS-PretS 1» der Hauptexpedttio» »der dere» rlaOgaV»- ftelleo «bg«h»ltr Merleljährltch ^-8.—, det zwetmaltgn täglich« Fuß«tt»"g tu« H-»s Ü.7L. Durch die Post bezogen für Deutsch land ». Oesterreich vierteljährlich ^l 4.K0, für di« übrige« Läud« laut Zeüuoqtprei-ltst«. Diese Nummer k»ftet ML aus allen Bahnhöfen und I »I bei de» Zeitungt-Bertäus«» Ardatti»« nu» Ervedtttv« IÜS Kernsprrcha Ws Johannttgasi» 8. Haupt-Stltat» Lresdeur Marienstratz« 84 (Fernsprecher Amt 1 Nr. 1718^ bauvt-Stttal» Berlin: TarlDn acker, Hrrzal.Bayr.tzofbllchdaudsg, Lüsowllrabr 10 Fernsprecher L»U VI Rr. 4M8I Nr. 347. Morgen - Ausgabe. UripMer Tageblalt Haudelszeitung. ÄmtsSkatt des HSnigk. Laub- und des HSnigk. Ämisgerichtes Leipzig, des Nates «ud des Nokizeiamles der Ltadt Leipzig. Dienstag 11. Juli 1905. An zeigen-Preis die «gespaltene Petitzeile LL Familien» »nd Stellen-Anzeigen SO tztuauztell« Nuzeignh Aeschäfttaazeigra unter Text od« an besouderrr Stell« »ach Daris. Di« 4 gespalten« Nellamezatl« 7Ü N»»Uh»eschlutz für »»zeige,: Ibaud-AuSgab« oormittog» 10 Nhr. irOrgeu-auägad«: »achmtttags 4 Uhr. «»zeige» swb ftets «» bi« Lrrxdtti»» zu richt«». Ertru-Veil«,«» luur «n d« Morge». Lnsgabg» »ach besonder« Vereinbarung. Die ErpedUt»» gl vocheutng« »»unterbrochen aeSffnrt »»» früh 8 bi» abend« 7 Uhr. Druck und Verlag von U. Patz tu Leipzig (Inh. vr. «„ R. » W. «linkbardtl Herausgeb«: vr. Victor äkUukhnrht. 98. Jahrgang. Var Aicdtigrie vsm läge. * DaS sächsische Kriegsministerium plant die Errichtung eine« sbchsischen MilitärautomobiikorpS nach preußi schem Muster. * Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" veröffentlicht den Text der zwischen dem Fürsten Radolin und Rouvier getauschten Schriftstücke. (S. ven Artikel.) * Bei dem Brande auf der Zeche „Borussia" in Bochum kamen 35 Bergleute in den Flammen um. (S. Vermischtes.) * In der ungarischen Krise sollen bis zur Beendigung de- SommerausenthalteS des Kaisers Franz Josef keine rntschelvendeu Schritte getan werden. (S. Ausland.) * Der russische Botschafter in Rom, Graf Murawiew, der sich in der nächsten Woche zu der Friedenskonferenz nach Washington begeben wird, ist gestern vom Zaren in Audienz empfangen worden. * General Linse witsch meldet über die Besetzung der Insel Sachalin durch die Japaner, baß diese Infanterie, Kavallerie und Artillerie dort au-geschifft haben. (S. rusf.» jap. Krieg.) Italien unä Nsräskrilra. Auffällig in dem großen Ringen um Marokko muß es erscheinen, daß Italien ganz still dem diplomatischen Kampfe zuschaut, während sonst Bescheidenheit nicht ge- rade den Schmuck des römisä-en Kabinettes bildet. Man wird sich freilich im Ouirinal sagen, daß Ansprüche im Reiche des Scheriffen genau so großen Erfolg haben wär- den, wie der Versuch, die Flagge SavoyenS auf chinesi- sclieni Boden zu hissen. Als Dreibundgenosse könnte Italien zwar in Versuchung kommen, an dem Erfolge Deutschlands teilzunehmen und in Marokko zu seinem Teil zu kommen, wie es 1888 Venetien erhielt, aber da Deutschland ausdrücklich eine Aufteilung Marokkos ver hüten zu wollen erklärt, zerfallen alle geheimen Pläne italienischer Begehrlichkeit nach dieser Richtung in sich selbst. Bestehen bleibt aber der schone Traum, einst die Flagge Italiens auf den Zinnen von „Tripoli de la Barbarie" wehen zu sehen, und dieser Gedanke ist seit dem Einmarsch der Franzosen in Tunis zum eisernen Bestände der italienischen Politik geworden. Als 1881 die Turkos und Spahis aus Ostalgerien über die tune sische Grenze rückten und mit einem Schlage Tunis zum französischen Protektorat machten, fiel es wie ein Reif tn der Maiennacht auf die italienisckxm Hoffnungen. Gerade Tunis, das durch die hin und herflutenden Be ziehungen zu Italien seit Jahren als eine Art italie nischer Dcpendenz betrachtet wurde, glaubten die Ita liener niemals an Frankreich verlieren zu können, das durfte nach ihrer Ansicht der stille Bundesgenosse im Mittelmeer, das seegewaltige England, nicht zugeben. Aber Frankreich lieh marschieren und England schwieg. Um so lauter schrie man freilich im „dello paove" und mit Grund. Denn Tausende von fleißigen Ita- lienern fanden ihr Brot in Tunis. Italienisch ist heute noch die Lingua Franca des Landes, immer neuer Zu- zug kam übers Meer, ersetzte die Rückwanderer und steckte die Grenzen der Kolonisation immer weiter. Hier war wirklich von einem „wirtschaftlichen Eindringen" die Rede, das Herr Tittoni vor einiger Zeit für Tripo lltanten in seiner Programmrede empfahl. Tunis als EmigrationSgebret wäre kür Italien ein geradezu idealer Besitz gewesen — um so bitterer, daß gerade das „bluts verwandte Frankreich" diesem schönen Traum ein Ende machte I Sofort warf man ein Auge auf Tripolitanlen, das gleichfalls „vor den Toren Italiens" liegt. Aber die Pforte war nicht gesonnen, diesen Rest türkischer Herr- schäft in Nordafrika aufzugeben. Nicht als ob es noch ein blühendes Land wäre, wie zur Römerzeit, da kolossal« Bewässerungsanlagen und zahlreiche Brunnen ai^f weiten Strecken die Weizenfelder und Obsthaine ihre relchen Ernten tragen ließen, wo heute auf öder Stein wüste nur noch die Reste dieser altrömischen Arbeit ragen, Denksteine für die vernichtende Flut des ISlam, dieses Fluches für die Gestade Nordafrikas. Aber Tri- politanien ist heute für die Türket der einzige Zugang zu der gewaltigen islamitischen Welt Zentralafrikas ge- worden, von hier aus vermag der Großtürke jeden Augenblick als Herr aller Gläubigen auf den afrika nischen Frieden einen unberechenbaren Einfluß auszu üben. Diese Position will der Sultan aber unter allen Umständen aufrecht erhalten. Unnachsichtlich versagen die türkischen Behörden - - abgesehen von wenigen Aus nahmen — jedem Europäer den Eintritt tn da« Innere des Wilajets. AlS die Italiener ihre Postagentur in Bengbasi errichteten, sträubte sich der Sultan mit aller Gewalt hggegen und erst das Erscheinen eines italie nischen GescknvaderS vor Tripolis ermöglichte die Er öffnung der Agentur. Auch durch wirklich praktische Be- mliknmgen sucht der Sultan den türkischen Einfluß zu stärken., Bei Grenna, dem alten Cyrene, und Marsa Susa, einst Apollonia, wurden zahlreiche Mohammeda nisch Flüchtlinge aus Kreta angesiedclt. Die Reformen in der Vcnoaltung, die man 1900 einführte, wurden da gegen von der Bevölkerung nicht sonderlich freundlich ausgenommen. Mit besonderem Nachdruck aber ließ der Sultan die Reorganisation der trivolitnnischen Truppen betreiben. An der Spitze dieser Arbeit stebt ein deut scher Kavallerieoberst. der sich dar nicht leichten Mühe unterzog, aus den Eingeborenen d«S Lande- eine Art Miliz zu bilden die Hamidiörcgimenter, und langsam d«r Ersatz d«r türkischen Ttammtrupven, di« schleunigst nach dem Einmarsch der Franzosen in Tunis aus Alba nien herübergesandt waren, zu ermöglichsn. Heute stehen neben den fanatischen Eingeborenen, die ihre Reiterschwärme inS Treffen senden können stets 19 000 Mann regulären Militärs, gut geschult, vorzüglich be waffnet und verpflegt, das, wie sich ein französischer Emissär in seinem Bericht jüngst ausdrückte, „sich lieber in Stücke hauen läßt, ehe es den Platz räumt." Die Streitigkeiten zwischen Eingeborenen und Türken hören in Friedenszeiten zwar nie ganz auf, aber jede christliche Invasion wurde Türken, Araber und Berber in einer Reihe finden. Der türkische Ehrgeiz scheint sich neuerdings indes nicht nur auf die Erhaltung der Regentschaft ip Tripo- litanien zu beschränken, er versucht, auch in der Sahara vorwärts zu kommen, aber Frankreich überwacht eifer süchtig die Türken im tripolitanischen Hinterland. Zwar den Besitz von Ghadamas und Ghat, von wo zahlreiche Karawanen nach dem Tschadsee ausgerüstet werden, kann es den Türken nicht streitig machen, aber die Franzosen lassen keinen Zweifel darüber bestehen, daß sie diese Handelszentren, die Konkurrenz des tunesisch-französi schen Gabes, nie an die Italiener fallen lassen würden, falls diese wirklich das Wilajet an sich reißen. Man darf allerdings den Handel, der von Inner afrika seinen Weg nach Tripolitanien nimmt, nicht über schätzen. Ueber Fezzan, Mursuk und Bilma geht auch der Verkehr mit Kanem und Wada, dem französischen Besitz am Ostufer des Tschad, aber ein sehr großer Teil des Sudanhandels nimmt seinen Weg heute zur Guinea küste und wird das in noch stärkerem Maße tun, wenn erst die Route vom Tschad über den Benutz zum Niger ein wirklicher Weg geworden ist. Indes werden die Franzosen stets die Politik verfolgen, sich aller Ver kehrswege zwischen Zentralafrika und Tripolitanien zu bernachtigen und sie nach Kräften über Tunis mit Europa in Verbindung zu setzen. DaS ist die fülle Ent schädigung für Faschoda. Mit England hat sich Frankreich 1899 in einem besonderen Vertrage über das tripolitanische Hinterland auseinandergesctzt und die türkisen Proteste dagegen einfach zu den Akten ge- legt. Das beunruhigte natürlich Italien, da- seine Ent täuschung von 1881 noch nickst verwunden hatte. Zwar, konnte der Admiral Canevaro, damals Minister de» Auswärtigen, am 24. April 1889 im Senat versichern, daß Frankreich und England „weder jetzt noch künftig irgend etwas gegen Tripolitanien unternehmen wür- den", aber diesem Landfrieden traut trotzdem niemand von Herzen. Trotz des italienischen Besuches in Paris, trotz der Verbrüderungsfeste in Toulon, trotz aller ge flissentlichen Betonung der nationalen Verwandtschaft der Lateiner — vor den Gelüsten Frankreichs auf Tripo lis hat man in Rom heute noch die größte Furcht. Tuuis hat man unter dem Vorwande weggeschnappt, daß von dort aus jeden Augenblick Algier bedroht wer den könne und gleichzeitig von dort das einzige Fahr wasser tllr tiefgehende Schiffe zwischen dem Ost- und Westbecken deS Mittelmeere» beherrscht werde. Aber um einen neuen Vorwand würde man in Paris nicht verlegen sein, wenn man zu Tunis noch Tripolis er wischen könnte. Einen leisen Versuch, die italienische Hoffnung auf Tripolis in ihrer gegenwärtigen Stärke zu erproben, machte Frankreich erst unlängst, als die Meldung von Konzessionen des Suttons an französische Gesellschaften in Tripolis auftauchten. Da flammte die Entrüstung von neuem auf. man sah in Italien auch Tripolis be reits von den Franzosen eingesackt, und selbst vaS aus- drückliche Dementi Tittonis und die Erklärungen der Pforte fanden zunächst keinen Glauben. ES scheint also, als wenn Italien den künftigen Besitz des Wila- iets als ein Iutangibile ansieht. Wie es mit den Tür ken und Eingeborenen fertig wird, ist feine Sache, aber ein militärischer Spaziergang würde eine Okkupation an der Syrte keinesfalls werden. Die Italiener haben in ihren gesamten kriegerischen Expeditionen überhaupt bisher keinen sonderlich üppigen Lorbeer zu pflücken vermocht, die Sarden auf der Krim, Baratieri bei Adua — keine militärischen Ruhmestaten, nicht zu gedenken der Hiebe, die sie von Oesterreich bezogen. Eine Guerilla in Tripolitanien, wo der Fanatismus der Beduinen immer wieder aus dem Innern des Kontinent» neue Wetter wolken heranziehen ließe, wo die Schwärme der Reiter, die geschulten Truppen erst zu besiegen wären, wo ja die Versorgung mit Wasser besonders schwierig fein würde, wenn der fliehende Feind die Brunnen zerstörte, würde ungeheure Opfer an Blut und Geld fordern. Aber zu einer solchen Okkupation müßte Italien einen besseren Vorwand haben, als es heute ihn inGestalt seiner Handelsbeziehungen aufzuwerscn vermag. Die italieni'cve Einfuhr nach Tripolis rangierte nach dem letzten französischen Konsulatsbericht erst an vierter Stelle, die Ausfuhr nach Italien gar erst an fünfter. Selbst die Türkei steht für Tripolitanien kommerziell höher. Die Errichtung des italienischen Postamtes in Benghasi ist etwas völlig Belangloses, mehr wertet schon die Dampferlinic, welche die Reederei Florio-Rubattino einrickstcte. Ihre Schiffe laufen heute von Genua über Neapel. Messina. Malta nach Tripolis Benghasi, Derna und weiter bis Kreta. Diese neue italienische Linie hat die Malteser Fahrzeuge verdrängt und hat nur an einer Marseiller Route, der OomMpcnig cko vnvt<r»1!oa mixte Do,melle, eine Konkurrenz. Die Türkei ahnt wohl die Gefahr, welche für ihren eigenen Vorrang tn der Er richtung der itnlienifchcn Linie liegt: sie ließ daher tue türkischen Schiffe, die nach Angabe der Hoben Pforte „trdv eonvenndlement" bis dahin den Dienst zwischen Konstantinopel, dem Archipel. Rhodos und Kreta per- sahen, auch bis Tripolis und zum Gestade der Ehre- naica laufen. Italien sieht auch aus diesem türkischen Segevzug, daß eS vom Großherru keinerlei Entgegenkommen zu er warten bat. wenn eß nach Tripoli» marschieren läßt. Der Sultan steht vielmehr gerade tn den Italienern lästige und begehrliche Nachbarn. Der Schwiegersohn des Fürsten der Schwarzen Berge, dieses schlimmen Pfahles im türkischen Fleische, wird sich nie der Sym- pathie des Herrschers der Osmanen zu erfreuen haben. Abdul Hamid kennt sehr genau die Absichten der Ita- liener auf Albanien, er weiß, daß italienische Emissäre dort die Flamme des Aufruhrs schüren, wo sie können, aber, wie er dort zähe und unerbittlich diesen Gelüsten standhält, wird er auch in Tripolitanien niemals gut willig das Feld räumen, so lange er sich dort noch regen kann. Der Einfluß des Sultans auf die Mohamme daner Afrikas ist aber größer, als wir gemeinhin an nehmen. Wie uns die Herrschaft über die Recht gläubigen im deutschen Tschadgcbiete wesentlich erleich tert wird durch die Freundschaft unseres Kaisers mit Abdul Hamid, von der die Kunde bis in den letzten mohammedanischen Winkel Afrikas gedrungen ist, so würde im Notfälle derselbe Abdul Hamid den Ita- lienern ein Feuer anzündcn köunen, an dem sie sich die Finger arg verbrennten. Von diesem Gesichtspunkts aus versteht man es. wenn Italien immer noch leise hofft, durchs den Dreibundfreund Wilhelm den Türken sultan sich günstiger stimmen zu können, ja, große Phan tasten glaubten, diese Verwendung sei eventuell mit Massaua nicht zu teuer bezahlt — als ob das wertvolle Verhältnis zwischen uns und dem Beherrscher des Orients mit dem fragwürdigen Besitz am Ro^en Meer auch nur zum kleinsten Teil ausgewogen wäre! Deutschland wird wahrscheinlich sehr gleichmütig zu schauen, wenn Italien nach den vielen Reden endlich zur Tat übergeht. Aber eS scheint aus guten Gründen sich diesen Gang nach Tripolis noch reiflich zu überlegen. Bisher hat Europa das alte Piratennest nie dauernd zu zwingen vermocht: wohl haben französische Galeeren dem Bey von Tripolis ein paar Bomben in den Palast ge worfen, Spanier und Malteserritter kurze Zeit dort das Kreuz hochgehalten, aber stets schüttelte der Fanatismus de» Volkes die Fremden rasch wieder ab. Nur die Dynastie der Karamanli vermochte dies Piratenvolk durch ein unerhörtes Schreckensregiment zu bändigen. Vor den Italienern selbst hat mqn in Nordafrika keinen Respekt. Der Muselman ist gewöhnt, den Ita liener als Proletarier kommen und ein erbärmliche» Dasein voll niedriger Arbeit und Dürftigkeit führen zu sehen. Er sieht ihn darob über die Achsel an und wird auch vor einem italienischen Regiment nie eine beson dere Achtung haben. Die „große Kraft", von der selbst der fanatisierte Araber mit Ackstung und Furcht spricht, ist, wie überall im islamitischen Afrika, Frankreich. Von dem ägyptischen Experiment Bonapartes an, dessen An denken sich noch heute tief im Innern Afrikas erhalten hat — der Hauptmann Edmond Ferry fand bei Say am Niger noch einen Scheck», der von „Mi Bonaberdi" als einem ..trtz» Franck odok" sprach — bis zu dem küh nen Vorstoß moderner Expeditionen, der Foureau-Lamy und Gentil, haben sich die Franzosen, wenn nicht die Liebe, so doch den Respekt der Mohammedaner zu sichern gewußt. Italien wird diese Probe erst zu bestehen haben. Seine vielbesprochene Okkupation Tripoli tantens bedeutet einstweilen einen Plan nichts weite- reS. Projekt und Erfolg sind aber zweierlei. k'. Vie Vereinbarungen rvircde» staaolin «na «-«vier 1» imrttcder farrimg. Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" meldet, daß die zwischen dem kaiserlichen Botschafter Fürsten Radolin Und dem französtschen Ministerpräsidenten Rouvier aus getauschten Erklärungen über die Marokko-Konferenz in der Uebersetzung lauten: Da« Schreiben Rouvier» an den Fürsten Radolin vom 8. Juli: ,Lerr Botschafter! Die Regierung der Republik ist durch die Besprechunaeu, die »wischen den Vertretern beider Länder sowohl in Pari«, wie in Berlin, stattgefunden baden, zu der Ueberzeuqung gelangt, daß die kaiserliche Regierung auf der vom Sultan von Marokko vorgeschlagenen Konfereu: keine Ziele verfolge« wird, die die berechtigten Interessen Frankreichs in diesem Lande in Frage stellen, oder in Widerspruch stehen mit den Rechten Frankreichs, die sich au» seine« Verträgen (oder Arrangements) ergeben und sich im Einklang« mit den folgenden Grundsätzen be finden: Souveränität und Unabhängigkeit deS Sultan-, In tegrität feines Reiches, wirtschaftliche Freiheit ohne jede Un gleichheit, Nützlichkeit von politischen und finanziellen Reformen, derrnEinsührung für kurzeZeil auf Grund einer internationalen Vereinbarung geregelt werden soll, Anerkennung der Lag«, die für Frankreich i» Marokk» geschaffen wird durch die lang ausgedebate Grenzberührung zwischen Algerien und dem scheriststyen Reiche, durch die sich hieraus für die. beiden NachoarlLnder ergebenden eigenartigen Beziehungen, sowie durch da» hieraus für Frankreich folgende besondere Interesse daran, daß im scherifischn, Reich« Ordnung herrsche. Infolge dessen läßt die Regierung der Republik ihre ursprünglichen Einwendungen gegen di« Konferenz fallen und nimmt die Einladung an." Die Antwort de- kaiserlichen Botschafter- Fürsten Rladolin an den französischen Minister de« Auswärtigen Ministerpräsidenten Rouvier vom 8. Juli: „Herr Minister präsident! Da die Regierung der Republik die von dem Sultan von Marokko vorgefchlageae Konserenz annimmt, bat die kaiserliche Regierung mich beauftragt, Ihnen die mündlichen Erklärungen zu bestätigen, wonach sie auf dir Konferenz keilte Ziele verfolge» wird, welche die berechtigten Interessen Frankreich« iu diesem Lande in Frage stellen oder in Widerspruch siehe« mit den Rechten Frankreich-, die sich au- 'einen Verträgen (oder Arrangements) ergeben «nv sich im Einklänge mit den folgenden Grundsätzen befinden: Souveränität und Unabhängigkeit des Sultans, Integrität sein«« Reich«-, wirtschaftlich« Froheit ohne jede Ungleichheit, Nützlichkeit den polizeilichen U»d fimruziellt» Reformer, deren Einführung für kurze Zeit auf Grund einer internationalen Vereinbarung geregelt werden soll, Anerkennung der Lage, die für Frankreich in Marokko ge schaffen wird durch die langau-gedehnte Grenzberührung zwischen Algerien und dem scherisischrn Reiche, durch die sich brerauS für die beiden Nachbarländer ergebenden eigenartigen Beziehungen, sowie durch da- hieraus sirr Frankreich fol gende Interesse daran, daß im scherifische» Reiche Ordnung herrsche. Radolin.* Die gemeinsame Erklärung des Fürsten Radolin und des Ministerpräsidenten vom 8. Juli: „Die deutsche Re gierung und die Regierung der Republik kommen überein: I) gleichzeitig ihre zur Zeit in Fez befindlichen Gesanbt- schafien nach Tanger zurückzuberufen, sobald die Kon ferenz zusammengetreien sein wird; 2) dem Sultan von Marokko gemeinichaftlich durch ihre Vertreter Ratschläge erteilen zu lassen zur Feststellung de- von ihm zur Konferenz vorzuschlagenden Programm- auf dea Grundlagen, wie sie in den unter dem 8. Jul« zwilchen dem deutschen Botschafter in Paris und dem Ministerpräsidenten und Minister der aus wärtigen Angelegenheiten auSaetauschten Schreiben avgegebe» sind. Pari«, den 8. Juli. Radolin. Rouvier.* Vie „ASlnisehe Kelttrng^* schreibt offiziös: Monatelang hat di« marokkanische Frage schwer auf dem politischen Leben gelastet, «nd es gab eine Zeit, wo man besorgen konnte, daß trotz de- aufrichtigen Wunsches nach Frieden die Dinge einen gefährliche» Ver laus nehmen würden. Dank der Ruhe und Vorsicht, mit der von beiden beteiligten Regierungen die Frage behandelt wurde, gelang e- aber, nachdem einmal die Politik Delcassös von Frankreich selbst verworfen war, alle die Schwierigkeiten zu überwinden, die sich dem Werke der Einigung entgegenstrllten und die in der verfahrenen Lage wurzelten, die durch da- rück sichtslose Vorgehen des früher« französischen Minister- des Auswärtigen geschaffen war. Wir dürfen wohl sagen, daß da« Bestreben der beiden Regierungen, za einem befrie digenden Abschluß z« kommen, in beiden Ländern aufs wirksamste von der Oeffrntlichkeit und der Presse unter stützt worden ist, die mit verschwindenden Au-nahmen in dem Wunsch« einig war, au- Marokko keine zweite spanische T hr o n ka ud id a tur werde» zu lasse». Es gab Augenblicke, wo eine herausfordernde und aufreizende Sprache der Zeitung«» die Lage sehr wohl hätte verschärfen und die Losung erschweren können, aber die Presse ist sich ihrer Verantwortung durchau- bewußt gewesen, und wenn das bei Deutschland weniger überrascht, so verdient es doppelte Anerkennung bei den Franzosen, die sich leichter hinreißtn lasse». ES fehlte bei ihnen f» auch nicht a« von außen kommenden Ermutigungen durch Elemente, di« einen deutsch-französischen Streit nicht ungern -efehen hätten, aber sie prallten ab an der ruhigen Ueberleaung der Franzosen, die ihre Politik nur nach ihren eigene« Interessen regeln wollten. Durch die Einigung zwischen Deutschland und Frankreich ist zwar noch nicht alle- erreicht, denn man wird nun noch Vie Konferenz selbst zu hören haben, aber man darf wohl sagen, daß der schwierigste und vor allem der gefährlichste Teil der Arbeit erledigt ist. Boa den Verhandlungen, die m Pari- zwischen Herrn Rouvier und dem Fürsten Radolin geführt wurden, war sowohl von deutscher wie französischer Seite, nament lich aber von letzterer wiederholt ganz besonder- versichert worden, daß sie sich nicht nur in korrektestem, sonder« sogar in einem sehr freundschaftliche« Tone abgewickelt haben. Wir nehmen an, daß diese Tonart vorbildlich sei» wird für die Verhandlungen auf der Konferenz. Wir haben schon einmal darauf hiugewiesen, wie grundlos e- fei, wenn einzelne Franzosen zu befürchte» schienen, daß »cm sie auf die Konferenz locken wolle, um Frankreich dort wie au- einem Hinterhalte zu überfallen. Don einer solche» Politik kann und darf keine Rede sein, und man hat ganz im Gegenteil auf deutscher Seite die Absicht, den Franzose» durchaus ehrlich entgegenzukommen. Nicht um Frankreich zu kränken oder zu demütigen gehen wir auf dir Konferenz, sondern mit dem ßesten Vorsatze, dir getroffenen Abmachunaeu loyal zu halten. Nicht gegen Frankreich, sondern soweit als irgenvmöglich Hand in Hand mit ihm wollen wir zusammen arbeiten, um die Beratungen gut und nützlich zu gestalten, nützlich für Marokko und auch für Deutschlaud und Frank reich, di« hier ein Feld zu gemeinschaftlicher und freunb- sckastlicher Arbeit finden können. Die Konferenz wird er öffnet unter durchaus günstige» Aussichten; zwei große Kulturvölker haben, von friedlichem Sinne beseelt, an scheinend schwer zu beseitigende Schwierigkeiten gütlich aus dem Wege geräumt und damit eine neue Lage geschaffen, die nicht nur die Gegenwart beruhigt, sondern befruchtend auf die Zukunft wirken sau». Gewalttaten in siurrlanä. Ueber bke Zersetzung der russische« Flotte schreibt der dazu berufene Kapitän Klado in der „Now. Wremja": „Es hatte den Anschein, al» wenn nach der Schlacht bei Tsuschima und der schmachvollen Ergebung NebogatowS die schweren Prüfungen für die russische Flotte ein Ende genommen haben. Man hoffte, daß auS dem Rest unserer Flotte der Kern der zukünf tigen Flott« gebildet werden könnte. Nun ist auch diese Hoffnung dahin. Die russische Flotte hatbeiOdeisa eine viel schwerere Niederlage al» bei Tsushima erlitten. Kleine Schläge sind der russi schen Flotte seit langem beigcbracht worden und hoben' sie bis in ihre Grundfesten erschüttert. Der ganze Um- fang dieser zersetzenden Arbeit trat mit einem Male bei Tsuschima und Ldcffa zutage. Das ist kein Zufall, son dern von langer Hand vorbereitet; daß zeigt, wie zer- s-htderPersonalbestand unserer Flotte und baß erunfähig ist den Kern der künftigen Flotte zn bil den; hier muß alles umgebildct werden, denn gerade hierin liegt die Ursache unserer Mißerfolge und Nieder lagen. Die Vorgänge in der Schwarzmeerflotte sind ohne ieden Zweifel auf redolutionär« Dropa-anda zu- rückzuführen, di« seit lang« Zeil energisch betrieben
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