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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 30.01.1907
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-01-30
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19070130014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907013001
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907013001
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-01
- Tag1907-01-30
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Anzeiaen-Prei- BezuzS-PreiS einiger Tilg Malt Handelszeitung Amtsblatt -es Nates im- -es Notizeiamtes -er Ltadt Leipzig Nr. 3« Mittwoch 30. Januar 1907. 4 Tie Angehörigen haben Zutritt, um sie WWWWW * In Kl ein möhlau an der preußischen Grenze hat der Arbeiter Alois Gardiersch seinen Arbeitskollegen aus Rache ermordet. (S. Sachs. Umg. unter Dessau.) Erschütternde Szenen Der Bergmannstod hat unmittelbar nach in den auf 101. Jahrgang. der und ge- * Kolonialdirektor Dernburg wird am 3. Februar in Frankfurt a. M. einen Vortrag halten. fange. Vielmehr ist das Vertrauen sicher gerechtfertigt, daß die auf persönliche Initiative des Kaisers zurückz^süpren'de Gesetzesverbesserung im ganzen Volke dankbar empfunden werden und schon an sich die Neigung zu Majestätsbeleidi gungen einschränken wird. In England, wo Majestäts beleidigungen nicht bestraft werden, ist gleichwohl die Person des Königs und die ganze königliche Familie sicherer vor böswilligen wie törichten Beleidigungen als irgend ein an derer Souverän in seinem Lande trotz schwerer Straffällig keit von Majestäts-beleidigungen. Und dann fürchten wir auch, es möchte durch kleinliche Einschränkungen wieder ver dorben werden, was doch gerade erreicht werden soll, nämlich die Schonung der Urheber unverständiger, unbesonnener, übereilter Beleidigungen. Für solch: Leute ist die gericht liche Verhandlung an sich häufig eine größere Strafe, als die etwa im Urteil diktierte. Auch wenn sie straffrei bleiben, sind sie dann bestraft worden. Es ist deshalb zu erstreben, daß von vornherein auf die Strafverfolgung derartig charak terisierter Verfehlungen verzichtet wird. Erst dadurch wird der Zweck der kaiserlichen Willensäußerung voll erreicht werden, llebrigens halten <.uch wir es für durchaus be rechtigt, daß absichtliche uns böswillige Verleumdungen von Bundessürsten nach wie vor verfolgt und bestraft werden können, schon deshalb, um nötigenfalls die Beleidigten vor ungerechtfertigtem Verdacht zu schützen. Zu diesem Zweck würde cs freilich genügen, wenn man die schwereren Maje stätsbeleidigungen zu Antragsdelikten machte. Jedenfalls ist aber nicht zu verlangen, daß deutsche Bundesfürsten hinsicht lich ihres persönlichen Schutzes .m Gesetz schlechter weg kommen, als alle anderen Staatsbürger. Die Möglichkeit der Strafverfolgung schwerer Beleidigungen muß also ge wahrt bleiben. Die Zeit der Veröffentlichung Les königlichen Erlasses hat mancherlei Vermutungen über seine Motive und Absich ten nahegelegt. Und auch an sie bevorftehenoen Stichwahlen ist dabei gedacht worden. Das ist nach unserer Ansicht eine sehr unwahrscheinliche Kombination. Dagegen liegt es doch sehr nahe, an das den Kaiser ->rsreuende Ergebnis der Haupt- wahlen zu denken und darin den letzten Anstoß zu dem Er lasse zu sehen. Nicht so, als ob der Erlaß nun eine Be lohnung für gute Gesinnung sein sollte. Aber doch gewisser maßen als königliche Quittung für die offenbarte nationale Volksmeinung. Hätte die Absicht einer Wahlbeeinflussung Vorgelegen, so wäre der ^rlaß wohl schon vor dem 25. Januar ersolgt. Der Erlaß ist die erste Willensäußerung des Kaisers nach den Wahlen und auch insofern cm wichtiges Dokument. Wir sehen in ihm eine verheißungsvolle Bürgschaft für den Geist, der in der Regierung der kommenden Legislaturperiode lebendig werden muß, den Geist Ler Anerkennung des guten Dolkswillens, den Geist des Verständnisses für Volkswünsche und berechtigte Volksströmungcn, mit einem Worte für eine liberalisierte Negierungsmethode. Ist diese Anschauung be gründet, so haben wir alle Ursache, dem Kaiser unseren Dank zu zollen für sein schnelle- nd tatkräftiges Erfassen der politichen Notwendigkeiten des Augenblicks. Möchte der Er laß den Beginn einer Periode freiheitlicher Regierungs maßnahmen anzeigen. Dann ist uns um die Zukunft, ist uns auch um künftige Wahlen nicht bange. * Die „Nordd. Allg. Ztg." dementiert den von der „Köln. Volkszeitung" „enthüllten" Plan einer Reichstags- Wahlrechtsänderung. (S. Dischs. R.) Fahrlässigkeit zu ziehen. Dazu würde auch für fahrlässige Beleidigungen gesetzliche Möglichkeit der Bestrafung Wkr wolle» frühzeitig genug auf cruftoerkstun machen und ihnen/ entgegen- AeSutttan und thDeSttla«: JohanniSgassr 8. Trlepho» Sir. IN Nr. LLL, Nr. UL Berliner NeSattiauS-vurem«: Berlin XV. 7, Prinz Lont» Ferdinand- Straße 1. Telephon l, Sir. SL7S. Vie Aadlen in Sayern. lVon unserem Münchner Korrespondenten.) In Bayern, so schrieb ich unter dem Eindrücke Telegraphisch wird gemeldet. * Berlin, 29. Januar. (Eigene Drahtmeldunz.) Die Budgetkommission des Abgeordneten hauses saßt« heute folgende Resolution: Die Budget kommission spricht ihr tiefstes Mitgefühl zu dem schrecklichen Unglück aus, welches am 28. Januar auf der Grube „Reden" so vielen braven Bergleuten das Leden ge kostet hat und durch welche» so viel« schwerverletzt worden sind. Die Budgetkommission erwartet, daß tue königlich« Staatsregirrung ihr Gelegenheit gibt, diesem Mitg-kühl einen praktischen Ausdruck zu geben, insbesondere durch schnelle Fürsorge für die Verletzten und Hinter bliebenen. * Brüssel, 29. Januar. (Eigene Drahtmeldung.) Tie belgische Handelskammer in Brüssel beschloß in ihrer gestrigen Abcndsitzung auf Antrag des früheren Ab geordneten und Regierungskommissar» in Saint Louis, Carlier, der deutschen Regierung durch ein Telegramm an den deutschen Gesandten in Brüssel ihr Beileid zu der Katastrophe in Reden nuszudrücken. * Bukarest, 29. Januar. (Eigene Trahtmeldung.) Der interimistisch« Minister des Auswärtigen Ladooary Hot au» Vnleii bet Unglück» auf der Drude „Reden" durch * In Amerika haben sich die deutsch-amerika- nische und die irische Organisation zu gemein samem Vorgehen bei den Wahlen verbunden. (S. Ausl.) * Das von den Bischöfen angebotene Kompromiß wird wahrscheinlich von der französischen Regie rung -urückgewiesen werden. (S. Ausl.) Anzrigrn-Ännabme: AuguftuSPlatz 8, bei sämtlichen Filialen u. allen Annoncen» Expeditionen de« In- und Auslände-. ver MsjertArbeleiäigungrerlarr. Der Erlaß wegen der Bestrafung von Majestäts beleidigungen ist unterzeichnet Wilhelm R. und ist gerichtet an den Ministerpräsidenten und den Justizminister. Hierin ist genau der Wirkungsbereich vorgezeichnet. Es ist ein preußischer Erlaß und in seiner Wirkung naturgemäß be schränkt auf da- Königreich Preußen. Dieser Umstand schafft nun für die Uebergangszeit, nämlich bis zur Verwirk lichung der vom preußischen König gewünschten reichsgesetz- lichen Einschränkung der Strafbarkeit von Majestätsbeiei- digungeu unbequeme Situationen in den übrigen Bundes staaten. Nunmehr kann es sich sehr leicht ereignen, daß im Bereich ihrer Justizpslege dasselbe Delikt, das in Preußen straffte! bleibt nach dem Willen des beleidigten Königs, be straft wird. Hierbei ist ferner zu beachten, daß der preußische Erlaß sich beschränkt auf Beleidigungen des Königs oder eines Mitgliedes des königlichen Hauses. Er sagt aber nichts über die Bestrafung von Beleidigungen anderer Bundessürsten. Das mag aus Courtoisie gegenüber den übrigen deutschen Herrschern zu erklären sein, vielleicht auch auS dem natürlichen Empfinden, daß das Recht der Ver zeihung sich nur auf Beleidigungen der eigenen Person be schränken kann. Hieraus ergibt sich also, daß auch zu er- wartende analoge Erlasse der übrigen deutschen Träger des Begnadigungsrechtes an der charakterisierten Rechts ungleichheit nichts ändern werden. Schon dieser Umstand rechtfertigt den Wunsch nach einer gesetzlichen Um gestaltung der Materie. Und eS ist seinetwegen mit noch größerer Genugtuung zu begrüßen, daß in dem preußischen Erlaß auf die gesetzliche Einschränkung der Strafbarkeit ausdrücklich hingewiesen worden ist. In einer Gesetzes novelle ist es möglich, ohne Verletzung persönlicher Empfin dungen auch die Fälle zu berücksichtigen, in denen Majestäts beleidigungen iu den Geschäftsbereich einer bundesstaatlichen Justiz gehören, über deren Urteile der beleidigten Majestät kein Begnadigungsrecht zusteht. Wie die gesetzliche Aenderung vor sich gehen wird, ob grundsätzlich das Vorgehen der Staatsanwaltschaft sich auf die Fälle der böswilligen Beleidigung beschränken soll, wird man »st aus der in Aussicht stehenden Novelle ersehen können. E» ist ab» schon jetzt damit zu rechnen, daß von Stellen, die gern königlicher als der König scheinen möchten, auf die Bedenklichkeit ein» prinzipiellen Straflosigkeit fahr lässig» Majestärsbeleidigungen hingrwiesen wnden wird. Maa wird ein« Hochflut von Beleidigungen prophezeien, wird auf die Tendenz unserer Zeit aufmerksam machen, die Persönlichkeit stärker als bisher zu schützen, und es daher zum mindesten der Entscheidung des Gerichts in jedem ein zelnen Fall« überlassen wollen, die Grenze zwischen Bös willigkeit und nölig sein, wenigstens die zu schaffen, solche Absichten treten. Zunächst glauben wir IvrchcmS nicht an «in« solche böswillig, Lusnützuug dar Gtrafft«ih»t in bedrnUichem Um- * Die serbische Regierung beantragt eine kolossale Apanage für den Kronprinzen, die von der Opposition aufs heftigste bekämpft werden wird. (S. A»Sl.j * Wegen schweren Landfriedensbruchs be gannen in Leipzig gestern die Verhandlungen gegen vier zehn t s chechische Stein bruchsaroeiter vor dem Kgl. Schwurgericht. (S. GerichtSsaal.) Var Mchtigrte vom rage. * Der Kaiser hat 100 000 ^k, die gelegentlich kaiserlichen Silberhochzeit von Schülern Schülerinnen höherer Schulen für Marinezwecke sammelt wurden, zu einer Stiftung für die Schiffs jungen der Marine bestimmt. (S. Dtschs. R.) Für da» Sricheinea an bestimmten Tage» u. Plätze» wird tktne Garantie kberaommeu. Morgen - Ausgabe 8 * lieber die Verhandlungen mit den Bondel- zwartS wird amtlich eine Darstellung gegeben. (S. Dtsch. Kolonialnachrichten.) * Der Kaiser hat den Prinzen Friedrich Leo pold nach der Unglücksstätte der Grube Reden entsandt. Die Bergwerksdirektion Saar brücken teilt mit, daß die Bergungsarbeiten auf dem Redenschachte gestern früh wieder ausgenommen worden sind. Die Zahl der Toten betrage wahrscheinlich 148, könne ab» auch größer sein. (S. d. bes. Art.) Harrpt-Ftltale Berlin: LarlDancker, Herzal.Bayr.tz ofbrrchhiwdlg, Lützownraße 10 «Telephon VI, Str. 48VH FtliLl-Ervedttton:Dre»tzen,MarienstrLs. Dies« Nummer kostet ans ßßßL allen Bahnhvsen und bet III de» stritnna«.Verkäufern s inserate an- Leipzig und Umgebung Familien-, Wohnung»- u. Etelleu-A: sowi« An» und Verkäufe 20 Pf., st» Anzeigen 30 Pf., für Inserate von auswärts 30 Pf. Reklamen 7ö Pf„ auswärts 1 Mark. Beilage gebühr 4 Mark p. Tausenv exkl. Postgebühr, chcschästsanzeigen an bevorzugter Ltrlle ün Preise erhöht. Rabatt nach Taris. Für Inserate vom Auslände besonderer Tarif. zwischen den Schlachten hat ergehen lassen. Daß sie mit Rücksicht auf die bevorstehenden Stichwahlen ergangen ist, braucht man nicht anzunchmen, sicher aber ist, daß sie aui den Ausfall der Stichwahlen im Sinn« der Negierung stark einwirken wird. Einer Negierung, die dem Volke eine so wertvolle Gabe darbringt, wie es die Neiorm der Majestätsbeleidigungs-Strafpraxis ist, gibt aber auch das Volk williger. Gegen die unausbleibliche Unterstellung, als wenn der Erlaß nur ein Wahlmanöoer sein solle, wendet sich die „Vosfische Zeitung": Eine solche Auslegung des Erlasses erscheint schon des halb nicht geboten, weil die Gesinnung des Kaisers sich schon bei der Anweisung hinsichtlich des Buches Grand- Carterets zeigte, wo ag Wahlen nicht zu denken war. Aber selbst wenn die Absicht vorläge, Eindruck auf die Wähler- schäft zu machen, so könnte man diesem Wunsch die Berech tigung nicht absprechen. Die „Freisinnige Zeitung" führt aus: So groß auch die Bedeutung des Begnadigengsrcchls der Krone ist, so wäre doch zu wünschen, daß der Monarch in diesem Falle überhaupt erst gar nicht in die Lage käme, dieses Recht auszuüben. Dazu ist aber eine Aenderung der Gesetzgebung nölig. Und diese wird wohl demnächst erfolgen; denn ausdrücklich heißt es in der kaiserlichen Kundgebung: „so lange nicht das Gesetz eine entsprechende Einschränkung der Strafbarkeit enthält". Diese Ankändi- gung nehmen wir mit noch größerer Freude auf, als die vom Monarchen ausgesprochene Absicht, daß von dem Vc- gnadiaungsrechte in Zukunft ein viel reichlicherer Gebrauch gemacht werden soll. Der „Vorwärts" urteilt auffallend freundlich: Wir zweifeln keineswegs daran, daß die Nachprüfung durch den Kaiser manche durch hyperlvyalen Ucbereifer der Justiz verschuldete Unbill aufheben wird. Aber wir ver langen nichtsdestoweniger nicht „Gnade", sondern ein Recht, das dcn modernen Volks- und Nechlsanschauuugen entspricht. Die kaiserliche Kundgebung rechnet übrigens ja anscheinend selbst mit einer nicht länger zu verzögernden „Einschränkung der Strafbarkeit". Wir wissen nicht, ob diese Andeutung so zu verstehen ist, als ob der Kaiser seilst das Unhaltbare des gegenwärtigen Begriffs d«r Majestäts beleidigung empfunden habe. Wir werden daS ja bei der neuen Verhandlung über di« Beseitigung des Majestäts- leleidigungsvoiac,.aphen -rsahren! Dagegen scheut sich die „Leipziger Volksz«itun g" nicht, dem Erlaß folgende gehässige Interpretation zu geben: Wenn ein Unterschied gemacht werden soll zwischen „böswilligen" und „gutwilligen" Majestätsbeleidigern, so ist dies nur ein IftivihPium ockiosuua, ein hassens.vcrtes Ausnahmegesetz gegen die Sozialdemokratie. Den So zialdemokraten wird in Zukunft das ausgebrannt werden, was den Gutwilligen aus allen anderen Lagern geschenkt weiden soll. Vie ssatartropdr im Zsarrevirr (Bericht unseres Spezialkorrespondenten.) In Grube „Reden" erfolgte gestern nachmittag gegen Uhr eine neue Schlagwetterexplosion, welche die von der Katastrophe betroffene Strecke in Brand setzte. Tie Rettungsmannschaften waren vorh» sofort, als die Gefahr sich bemerkbar machte, zurückgezogen worden. Um 5^/2 Uhr abends waren 80 Leichen zutage gefördert. Vermißt werden im ganzen jetzt noch IM Mann. Sie sind alle tot. Von den Schwerverletzten starben 14 schon ans dem Trans- Port nach den Hospitälern, andere sind tödlich verletzt. Im ganzen dürfte also die Katastrophe etwa 230 Opfer ge fordert haben. Es ist keine Aussicht vorhanden, daß auch nur einer der Eingeschlossenen am Leben ist. 64 Bergleute der benachbarten Strecke retteten sich durch den Heinitzschacht. Im Bildslockschacht wurden junge Schlepper durch di« Gewalt der Explosion bis fast an die Erdoberfläche geschleudert, natürlich tot. Manche Leichen sind gut kenntlich, die meisten aber entsetzlich verstümmelt und verbrannt. Von einer Familie sind der Vater und drei S-Hne Opfer des Unglücks geworden. Da die Bewetterung der Grube sehr gut war, auch alle sonstigen Maßregeln für die Sicherheit der Arbeiter getrosten waren, so ist bloß anzunohmen, daß einer der nicht zu vermeidenden Zufälligkeiten, wie sie menschlicher Geist gegenüber den Ele menten nicht zu beseitigen vermag, sein verhängnisvolles Spiel getrieben hat. Die Toten werden, so wie sie zum Tageslicht kommen, in der Zechenlzall« auf Stroh oder aus Tüchern gebettet, zu agnoszieren. spielen sich da ab. dem Geburtstage des Kaisers nur zu reiche Ernte gehalten. Ehrenwerte Erwähnung verdient das Verhalten der höheren Bergbeamten, die unter Mißachtung der Lebensgefahr in die Grube fuhren, um zu retten, was zu retten war. Und dasselbe hohe Lied sei gesungen den vielen einfachen Berg knappen, die sich freiwillig zur Nettungsarbeit meldeten, und zwar in solcher Zahl, daß oirie zurüü?<.-wl«sen werd« mußten. lieber die Ursachen der Katastrophe äußert« sich ein hervorragender Fachmann wie folgt: „Wie fast stets, so wird es wohl auch hier außerordentlich schwierig sein, die Ursachen der Katastrophe endgültig und in zweifelsreier Weise zu ermitteln, denn diejenigen, die am Entstehungsort der Explosion sich befanden, sind wohl alle auf ewig verstummt und können nichts mehr au-sagen. Di« Verwundeten aber werden wohl meist entfernter gewesen sein oder sich auf der Flucht befunden haben, so daß sie kaum Gelegenheit gehabt haben dürften, den Beginn des Unglück» zu beobachten. Wegen der vielen, speziell auf den Zechen de» Saorreviers auftrctenden Schlagwetter sind die Z«- führungseinrichtungen nir frische Luft, die sogenannten „Wetterführungen", von ganz gewaltiger Leistungsfähigkeit. Sie saugen 24 Stunden bis zu 12 Millionen Kubikmeter Luft au» Bauen ab und führen ebenso viel Frischluft zu, die sich Strecken von mehreren Kilometern Länge verteilt. Die Sicherheitslampen werden vor der Einfahrt ins Bergwerk an die Bergleute verteilt, sie sind verschlossen und der Ver- schluß ist plombiert, so daß sie im Innern deS Baue» nicht geöffnet werden könne:', ebenso findet auch eine g-naue Untersuchung der einfahrenden Belegschaften daraufhin statt daß sie keine Streichhölzer, Pfeifen usw, mit sich führt. Sprengungen dürfen nur dann vorgsnommcn werden, wenn eine vorhergegangcne Prü'ung das Fehlen von Grubengas ergeben hat. In Anbetracht aller dir'» Vorsichtsmaßregeln sollte mau al-o eine Exvlosion kür aus geschlossen halten. Es mag in diesem Falle aber ein un glückseliger Zufall die Hand im Spiele gehabt haben. So ist es z. B. schon vorgekommen, daß ein kräftig gegen daS Gestein geführter Schlag vorbeiging, oder daß die Hacke ad- rutschte, wobei die Lampe getroffen und ihr Drahtnetz zerstört wurde: Ob dieser Zufall die Ursache zu der Katastrophe in der Ncdengrube bildete, läßt sich nicht mit Bestimmt'e.t sagsn, und es muß überhaupt zweifelhaft erscheinen, ob man sie jemals wird ermitteln können. und Vororte: 3» der Haupt« oder dm» Sttftgabrtzrllen ab- geholt monatlich: Ausgabe (I «al täglich) 70 Pf., «»»gab« L (2 mal täglich) 80 Pf., bri Zustellung ft» Hau» Ausgabe X 80 Pf., Au-gabe 8 1 Mark. Durch unsere au», wärtigrn Ausgabestellen und durch die Post bezogen (1 mal tägltchjftnrrdalb Deutschlands monatlich 1 Mark auSjchl. Bestellgebühren, für Oesterreich-Ungarn ÜLSüb vierteljährlich, die übrige» Länder laut Zettuag-preiSllste. Die Presse hat fast durchweg den Erlaß des Kaisers über Majestätsbeleidigungen günstig ausgenommen. Immer hin zeigen sich starke Nuancen in der Beurteilung: Die „K r e u z z e i t u ng" schreibt: Der Erlaß wird überall mit aufrichtigem Dank aus genommen werven. Man dar; nichl ift»je.)cn, daß der Monarch nach diesem Erlasse sich mit einem weit geringeren Maße von gesetzlichem Schutze gegen perjönliä.e BeleiLrgungen begnügen will, als ihn >ever Privatmann besitzt. Beleidigungen des Königs und der Mitglieder LcS königlichen Hauses sollen ungeahndet bleiben, wenn sie aus UnoerstanL, Unbesonnenheit, Uebereitung begangen wer- den, währens bei Beleidigungen von Privatpersonen 2er objektive Tatbestand, verbunden mit dem Bewußtsein 0 s Täters von der Beleidigung, entscheidet und iraens welche intellektuelle, Temperaments- oder Charakterschwäche keine Straffreiheit gewährt. Welä>e gemeine Gesinnung müßte dazu gehören, nun noch aus einem sicheren Verstecke heraus Beleidigungen gegen den Monarchen »n die Oesteru- tichkeit zu bringen) Die „Tägliche Rundscha u" urteilt: Dieser hochherzige Entschluß des Monarchen wird allenthalben ungeteilte Sympathien finden, weil er lang gehegten Wünschen entgegenkommt, indem » «ine Ein- chränkung der Strafverbüßung wegen Ma,«stätsocleiui- tung Vorsicht, ohne doch dir Person des Königs den be- onderen Schutz gegen vorsätzlich« und niederträchtige An- würfe zu rauben. Gleichzeitig erweckt der Wortlaut der Verfügung die Erwartung, daß die hi» neu ausgestellten Grundsätze demnächst auch im gesetzgeberisch» Form sejt- gelegt werden. Die „Kölnische Zeitung" bemerkt: Der Erlaß wird in weiten Kreisen des deutschen Volkes lebhafte Anerkennung und warmen Tank finden. Tatsäch lich standen manche Verurteilungen wegen Majesiäks- beleidigung in unverkennbarem Widerspruch mit dem Volksgefühl, weil die Beleidigungen weniger auf der Ab sicht. »u beleidigen, sondern vielmehr aus töricht» Leicht fertigkeit und dem durch Mangel an Bildung erklärlichen Unvermögen der richtigen Einschätzung roh» Redensarten beruhten. Die „Frankfurter Zeitung" sagt: Man wird mit diesem Erlaß allgemein luftieden sein, denn wenn » auch nicht viel bringt, so «st doch seine Tendenz rrsr«Uich. Die „Derltaer Morgenpost" schreibt: Politisch genommen ist »S «in klug» Dchochzug, daß I man di« KabinettSord» d«S Kaiser» just in diesen Tagen In Bayern, so schrieb ich unter dem Eindrücke der Rcicystagsauslösung. gibt es für die Liberalen nicht viel zu gewinnen und zu verlieren. Es gilt vor allem, den schmalen Besitzstand zu wahren. Ob dieses überall gelingt, vermögen erst die Stichwahlen zu zeigen. Auch bei ihnen haben wir nicht mit einem Gegner zu tun. Wenn^ wie das Durchaus nicht unwahrscheinlich ist, ein Kompromiß zwischen Zentrum und Sozialdemokratie zustande kommt, dann wäre zwar von den fränkischen Wahlkreisen nur Forchheim gefährdet, um so mehr aber die Pfalz, wo man sich aus den Verlust von zwei liberalen Mandaten gefaßt machen müßte. Indessen läßt sich gerade über die Konstellation in der Pfalz nichts Be stimmtes jagen: die rheinischen Wahlkreise, in denen Zen trum und Sozialdemokratie selbst um Len Sieg ringen, liegen gar zu nahe. In München selbst, wo Las Waülresultat die Schwarten wie die Roten in gleichem Maße überrascht und verblüfft Kat, bestehen im Zeinrum "evyane Menlung-veriuneüeii- yeiten wegen der Taktik bei der Stichwahl. Ter gemäßigte Teil, dem der ganze Wahlkampf wenig Freude bereitet hat, möchte zum mindesten als Parole Wahlcnthaltung. Tie fa natischen Ullramontancn aber, an ihrer Spitze der Kammer präsident und Oberstudienrat von Ortercr, wollen offenes Eintreten für die roten Brüder. Die Liberalen können den Beschluß gelassen erwarten. Sie Dürfen hoffen, den Wahl kreis München I zu erobern, auch wenn den Sozialdemo katen die offizielle ultramontane Unterstützung zuteil wird, und um so größer wird dann d'e Ehre sein. So hochersreulich auch das Resultat in München I sich schon bei der Hauptwahl gestaltet hat, es wird noch Lurch den Ausgang in München II in Schatten gestellt. Hier, wozu auch starke Lundbezirke gehören, finden sich die stärksten Wurzeln der Kraft für die Sozialdemokratie und nach ihr für das Zentrum, hier, wo Herr v. Vollmar vor 3 Jahren mit einer erdrückenden Mehrheit von 41000 Stimmen glatt gewählt wurde, sind aus den liberalen Kandidaten 11000 Stimmen mehr als 1908 gefallen und es ist ihm gelungen, mit Herrn v. Vollmar, der Diesmal trotz der großen Zu nahme gerade jener Arbeiterviertel auf nicht ganz 40ttH Stimmen gekommen ist, >n die Stichwahl zu gelange,«. Sie wird ja nach Laa« der Dinge „den ungekrönten König von Bayern" diesmal noch nichl entthronen, ab» sie zeigt auf alle Fälle, wie unschwer von den bürgerlichen Parieren, d. b. mit Lilfe eine? nationalen Zentrums, auch diese sozial demokratische Hochburg zu nehmen wäre. Daß dank der Wohlkreiseinteilung das bayrftbe Zen trum seine Position zu behaupten vermag, braucht nicht aufs neue erwiesen zu werden. Immerhin Dürfen die Such- Wahlen in Würzburg und in Immenstadt von dem Ver bringen der Liberalen erfreuliche Kunde geben. In Immen stadt steht es auch nicht aussichtslos: die kleine Zahl sozial demokratischer Wähler vermag den Ausschlag zu g-ben. Dagegen sind dem Zentrum, wie zu erwarten stand, die beiden boaernbündlerijwen Mandate in Niederbayern »u- gesallen. Sie konnten nur durch die Liberalen gehalten werden. Und dies« Unterstützung erfolgte nicht, da die Bauernbündl» die Zusage, für die kolonialen Forderungen jft stimmen, »»weigerten. Damit ist der altboyrische Bauernbund, dank der vierjährigen glänzend«» Unfähigkeit seiner Führer, so viel wie tot. Man braucht ihm tein« Tränen nachzuweinen. Er ist seit geraum» Zeit nicht besser alS da» Zentrum gewe'en.
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