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Dresdner neueste Nachrichten : 27.05.1932
- Erscheinungsdatum
- 1932-05-27
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id490223001-193205274
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id490223001-19320527
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-490223001-19320527
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner neueste Nachrichten
- Jahr1932
- Monat1932-05
- Tag1932-05-27
- Monat1932-05
- Jahr1932
- Titel
- Dresdner neueste Nachrichten : 27.05.1932
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Mat 4932 Saalschlacht im Preußenhaus - und die Men Oie Aussichten einer Rechisloalition in Preußen-Neue Gerüchte über Einsetzung eines Neichskommissars-Meißners Vortrag bei Hindenburg Das Parlament als Unruheherd llr. Meißners Besuch in Aeudeck Wer heute morgen in London, Paris, Washington oder Rom die Berichte über die gestrigen Tumnlt- szencn im Preußischen Landtag liest, mnft die Vor stellung bekommen, daß bei uns in Deutsch land bereits alles drunter und driiber gebt. Solange deutsche Parlamente bestehen, viel leicht sogar solange Parlamente in mittel- und west europäischen Ländern tagen, hat sich Derartiges noch nicht ereignet. Das war keine gewöhnliche Prttgcl- odcr Tnmuttszcnc, wie sie uns in unfern sogenannten .hohen Häusern" bereits oft genug vorgesiihrt wurde, das war eine große Saalschlacht, und daö Mobiliar des Sitzungssaales wurde genau so in Kleinholz verwandelt, wie das irgendeines Wlrts- haiisjaalcs in der Wahlkampszert. Tie zweite Sitzung des ncugcwählten Preußischen Landlagcö schien zunächst ebenso ruhig »nd sachlich zu verlausen wie die Eröffnungssitzung. Tic Präsiden, icuwahl ging sogar bedeutend reibungsloser von- stallen, als selbst Optimisten geglaubt hatten. Doch aus Teilnehmerkrciscn an der Sitzung wurde mit wachsendem Bedenke» daraus hingewieien- daß die Fieberkurve im Hause immer höher stieg, die innere Spannung und Erregung anwuchs und immer miih. samcr gebändigt werden konnte. Eine kommunistische Provokation während einer Geschüstsor-nnngsdcbattc, die sich an die Wahl des Präsidiums anschloß, löste dau» den Tumult aus. Einen Augenblick standen Ralioualsozialisten und Kommunisten kampfbereit an der Rednertribüne. Dann schlug ein Kommunist dem iialionalsozialistischc» Abgeordneten Hinklcr mit der Faust ins Gesicht. Und nun prügelten die National sozialisten die Kommunisten einfach zum Saale heraus. Im allgemeine» Tumult kamen auch Abgeordnete andrer Parteien zu Schaden, vor allem ein sozialdemo kratischer Abgeordneter, der am schwersten von allen verletzt wurde. Im Aeltestcnrat, der nach Abbruch der Plenar sitzung zusammentrat, erklärten die Nationalsozia listen und Kommunisten, daß ihnen an einer polizei lichen Klärung der Schuldsragc nichts gelegen sei, daß sie ein Eingreifen der Polizei nicht wünschen. Tic Sozialdemokraten — bestimmt vor allem durch die schwere Verwundung ihres Fraktionögcschäftosührcrö Jürgensen — meinten, daß man sich damit nicht zu frieden geben könne. Das Zentrum schloß sich diesem Standpunkt an. Mit dieser Abgrenzung der Standpunkte hat cs aber siir gestern sein Bewenden gehabt. Beschlüsse wurden nicht gefaßt. Ter Landtag seht, wie schon vorher festgesetzt worden war, seine Beratungen am 1. Juni fort. Tann will man im Aeltestcnrat erneut über den Fall sprechen. Damit wird eine gewisse Pause eingelegt, die zur Beruhigung der Gemüter führen kann und hoffentlich auch führe» wird. Die „Germania" meint in ihrer l-culigcn Morgenausgabe, das Tumultbild der gestrigen Sitzung werde hoffentlich siir alle Zukunft unbedingt eine Episode bleiben. Nach den bis herigen Erfahrungen sichen wir diesen Hosfnnngcn etwas skeptisch gegenüber. Eines wirb jedenfalls unter dem Eindruck dieser erschreckenden Szenen immer mehr zur zwingende» Erkenntnis, daß in anormalen Zeitläuften wie den gegenwärtigen die Parlamente kaum mehr praktische Arbeit leisten können, daß sie nur noch Unruheherde bilden, deren demoralisierende Wirkung aus das Land über greift. Wir sagen das vor allem in Hinsicht auf unsre außenpolitische Situation. Im Ausland muß die dort bereits weitverbreitete Auffassung, daß Deutschland infolge seiner inncrpolitischcn Zwistig keiten nicht mehr voll aktionssähig ist, durch solche Vor gänge wie die gestrigen, natürlich immer mehr an Boden gewinnen. Oer Boykott gegen Danzig Scharfe Danziger Note an die polnische Regierung ^VDR. Danzig, 28. Mat Ter Senat der Irrten Stadt Danzig Hai dieser Tage an die diplomatische Vertretung Polens eine Note gesandt, in der es heißt: „Seit einigen Tagen werden in den von Polen «ach Danzig fahrenden Zügen von dem polnischen «erein zur Verteidigung der Westkreife Flugblätter »erteilt, die zum Boykott Danzigs und Zippots aussorbern und Personen, die diefen Boy, Kit nicht befolgen» schwere «nd exemplarische Strasen ««drohen. Die Verteilung derartiger Flugblätter «rsdem Gebiet der Freien Stadt Danzig ifi strafbar und als «les zu bedauernde polnische Hetze «e,en Danzig auss schärsfte zu verurteilen. Um so befremdender «nd empörender ist eS, wenn 8««mte der polnischen Staatöbahnverwaltnng das Vorgehen verantwortungsloser polnischer Hetzer richt nur dulden, sondern sogar fördern «nd schützen. Die Danziger Paßbeamten nahmen die «kschlagnahme der Blätter vor. Bei dieser Dienst, nsöbung wurden sie von dem Zugführer «nd Schass, «r «le auch von dem stellvertretenden Vorstand der Station Danzig,Hauptbahnhos erregt zur Rede gestellt ,«d ansgesordert, die Beschlagnahme zu unterlaßenr hierdei wurden die Sisenbahnbeamten von mehreren N<a«ten der polnischen StaatSbahndirekiion nnter» stützt. Wir bitten dringlichst, baß solche Boykottmaß, «ahnen als den zwilchen Daüztg und Polen bestehen« h» Verträge» zuwiderlaufenh strtterbunden und daß h>« polnischen Sisenbahnbeamten disziplinarisch zur Verantwortung gezogen werbe». Bon dem Veran laßten bitten wir «m Mitteilung. Abschrift dieses schreibens haben wir dem Hohen Kommissar des Vllkerbundes zur Kenntnis übersandt." UmhSkte Stimmungsmache In Paris Telegramm unsres Korrespondenten « oll. Paris, 2S. Mal Um Danzigs Schicksal zeigt sich die nationalistische Pariser Presse plötzlich sehr besorgt und verkündet dem Publikum, daß die ««»UtktS" sehr groß sei. Es wird den Lesern folgende Geschichte ansgctischt: Die Hitlcrbcwcgung beabsichtige, im Korridor „vollendete Tatsachen" zu schassen, d. h. den Danziger Freistaat zu besetzen und die Pole» hinaus- znwcrsen. Da die Warschauer Regierung diesen Plan der Nationalsozialisten kenne, so bereite sie Gegenmal,, nahmen vor. Aber auch die Rcichsrcgicrung befürchte ernste Ereignisse und verstärke deshalb die Grenze gegen Polen. Schließlich habe der Auswärtige AnS- schuß des Reichstages eine Entschließung angenommen, die beweise, daß man in Berlin mit einem Konflikt rechne. Ans Grund dieser alarmierenden Darstellung wird die Ocfsentlichkett in dem Sinne beeinflußt, daß Polen durch Deutschland bedroh t sel (!). Hinter diesen böswilligen Tcndcnzberichtcn und aus. reizenden Betrachtungen steckt, wie gewöhnlich, di« französische Rüstungsindustrie, die daraus hin arbeitet» große Aufträge für Polen zu erhalten. Da die fran- zösische Anleihe siir Polen schwer durchzusetzen ist, so wird nach berühmten Vorbildern wieder einmal das Druckmittel «»gewendet: man müsse Polen im Augenblick der Gefahr Helsen. Die kom mende LinkSregicrung soll von den RtlstnngS- industriellen gezwungen werden, Polen die gewünschte Anleihe zu gewähren. Hcrriot scheint nicht dafür zu sein. Wenn aber die Campagne der RüftungSpresse noch weiter auf die Ocsscntlichkeit einwirkt, so könnt« ein bedenklicher Umschwung cintrctcn und die Stim mung zugunsten dcö angeblich bedrohten Polen Um schlägen. Geheimnisvoller Mordprozeß in Moskau Sonderdtenst der Dresdner Neuesten Nachrichten Moskau, 28. Mai. sDurch United Preß) Ein dichtes Geheimnis umhüllt eiucn politischen Mordprozeß, der zur Zeit hier verhandelt wird. Außer einer kurzen Notlz vor Beginn des Prozesses ist nichts in die Oessentltchkett gedrungen. Es handelt sich bet dieser Angelegenheit nm politische Rivalitäten im ibaukasuS, über welche die Regierung anscheinend Stillschweigen bewahren will. Im ganzen sieben. 17 Angeklagte vor Gericht, die vom Nordkaukasu-7 hierher gebracht wurden und die beschnldigt werden, zwei führende kommunistische Beamte nnd deren Auto- sithrer ermordet zu haben. Alle Versuche auslän discher Korrespondenten, den Verhandlungen beizu wohnen, sind bisher sehlgeschlagen. Hindenburg und die Notverordnungen — Der Zusammenhang zwischen Reich und Preußen * Berlin, LS. Mai. sDurch Funkspruch) Staatssekretär Ur. Meißner ist heute vor mittag wieder in Berlin eingetrossen. Er hat dem Reichspräsidenten in Neudcck eingehend Bortrag ge halten über die vom Kabinett vorbereitete Notverord nung nnd die politische Situation im allgemeinen. Diese Besprechung in Neudcck ist als Zwischenbericht und Vorbereitung der Aussprache zu werten, die der Kanzler, voraussichtlich am Sonntag oder Montag, in Berlin mit dem Reichspräsidenten haben wird. In dieser Aussprache soll der ganze Fragenkomplex geklärt werden, der mit der Notverordnung nnd der Stellung des Kabinetts zusammenhängt. Es liegt aus der Hand, daß der Reichspräsident sich zunächst im einzelnen über die Notverordnung unterrichten nnd seine eigene Auf fassung zum Ausdruck bringen wird, bevor er sich über seine Unterschrift entschließt. Ebenso selbstverständlich ist es, daß die grundsätzlichen nnd personellen Fragen der Neichspolitik vor der Reparationskon serenz geklärt werden müßen, weil in Lausanne nur ein Kanzler nnd Außenminister aus Erfolg rechnen kann, der mit aller oersügvaren Autorität austritt. Wie cs scheint, hat Hindenburg auch gewiße Ei gen wünsche über die Ausgestaltung der vom Kabinett beschlossenen Maßnahmen geäußert, die Nr. Meißner heute a» den Reichskanzler weitcrgcleitet hat. In der Umgcbnng des Kanzlers betont man aber, daß diese Anregungen keine Schwierigkeiten innerhalb dcS Kabinetts hcrvorgerusc» hätten. Zweifellos können aber nach der Auffassung poli, tischcr Kreise die gestrigen Vorgänge im Preu, Kisch en Landtag nicht ohne Einsluß auch aus die Entwicklung im Reiche bleiben. In Preußen haben sic zunächst die Wirkung gehabt, daß die Bcreiischast des Zentrums zu Koalitionsvcrhandluugcn mit de» Nationalsozialisten geschwunden ist. Sollten sich die Vorgänge am Mittwoch wiederholen, so ist an ein parlamentarisches Arbeiten im Preußischen Landtag überhaupt nicht zu denken, und dann würde der Gc, danke neue Nahrung gewinnen, das prcnßischc Pro» blem von der Seite der NcichSrcsorm her anzusaßcn und zunächst einen RcichSkommissar cinzusctzcn. Daraus schon ergibt sich der Zusammenhang zwischen der Neichspolitik und der preußischen Ent» Wicklung. Er wird noch eklatanter durch die komm«, nistische „Aktion", die nicht nur im Preußischen Landtag, sondern mit Erwcrbsloscudemonstrationcn und Unruhen in einer größeren Anzahl von Städten im Reich eingesetzt hat. Daß gerade in einem solchen Moment augenfälliger Bürgerkricgscrschcinungen eine starke Rcichsgewalt unter allen Umständen erforderlich ist, dürste selbstver ständlich sein, und man geht wohl nicht schl, wenn man annimmt, daß dieser Gesichtspunkt in der Aus, forachc zwischen dem Kanzler und dem Reichspräsi denten eine nicht unwesentliche Rolle spielen wird. Eine beispiellose Sitzung * Berlin, 28. Mai. (Eigener Drahtbcricht) Tie Sitzung des Preußischen Landtags vom Milt- woch mar ein Trauerspiel in zwei Akten. Sie glich einem vernichtenden Vulkanausbruch nach trügerisch heiterem Wetter. Ter erste Akt, die Wahl des Land- tagspräsidenten, ist innerlich wohl etwas bewegter als die Eröffnnngssitznng, im Grunde aber doch ruhig und ohne Ucbcrraschnngcn verlaufen. Als nm 11 Uhr, eine Stunde nach der ursprünglich angesctzlcn Zeit, daö Plenum sich versammelte, war die Entscheidung im Acltestenrat schon gefallen (r»gl. die Berichte in der gestrigen Ausgabe der D. N. N ). Die Nationalsozialisten hatten erklärt, sie würden nach parlamentarischem Brauch vcrsahrcn und bei der Präsidentenwahl nach der Fraktiousgröße sich richten. Darauf versicherte das Zentrum, seine Stimme dem Abgeordneten Kerrl geben zu wollen. Damit rvar die erforderliche absolute Mehrheit für den nationalsozialistischen Abgeordneten gesichert. An dieser Tatsache vermochte auch das taktische Spiel der Sozial, bemokratic nichts zu ändern, deren Entscheidung bis kurz vor der Stimmabgabe ungewiß blieb. Im Acltc- stenrat halte Heitmann alle Bedenken aufgezählt, die mau gegen die Betrauung »cs Nationalsozialisten mit -em Präsidentenamt haben müsse. Hernach hörte Mau, sie Sozialdemokratie würde, wenn auch nicht selbst für Kerrl stimmen, so doch wenigstens ihre aussichts- lose Eigenkandidatur znrückzlehen. Heilmanns un- ermttdlichen Anstrengungen gelang cS indes, noch kurz vor Toresschluß, die Einsicht »eS größten Teils seiner Parteigenossen erfolgreich zu besiegen. Man stimmte nach einem entsprechenden Fraktionsbeschlnß dann doch für Wittmaack. Dis Nationalsozialisten verzichteten diesmal auf «ine billige Revanche, enthielten sich der Stimme und ermöglichte« dadurch die Wahl des Sozialdemo kraten Wittmaack zu« ersten Vizepräsidenten. Ja, einige nationalsozialistische Abgeordnete hallen sogar die Weisung erhalten, leere Karlen abzugebcn, damit die Stimmcuthaltung nicht etwa zur Beschluß- unfähigkelt des Hauses führe. Mit der Wahl des zweiten nnd dritten Vizepräsidenten, eines Zcntrums- manncS un» eines Dcutschnationalen — eigentlich nur mehr einer technischen Angelegenheit — war es dann aber ml» der Ruhe vorbek. Di« Kommunisten nahmen die Geschäftsordnungs debatte über den nationalfozialisttscheu Antrag auf Ein. fetzung eines Untersuchungsausschusses zur Prüfung du Rechtsverhältnisse in Preußen zum Anlaß, »meinen Sturm zu entfesseln. Der Abgeordnete Pieck, zu de» Nationalsozialisten gewandt, erklärte: „Durch die nationalsozialistische Partei ist -er Massenmord gegen revolutionäre Arbeiter eingeführt worden. In Ihrem Reich (nach rechts) sitzt eine ungeheure Zahl von Mör dern . . ." Bei diesen Aorten entstand bei den Na tionalsozialisten eine ungeheure Erregung. Die Ab- geordneten erhoben sich von -en Plätzen und stürmten mit erregten Gebärden ans die Rednertribüne zu. Die Kommunisten taten das gleiche und stellten sich schützend hinter ihren Al-geordneten Pieck. Zwischen Kommunisten nnd Nationalsozialisten entstanden stür mische Auseinandersetzungen. Vizepräsident Baum- Hoss (Zcutr.) versuchte vergeblich »er Situation Herr zu »»erden. Im Verlauf des Streits schlug plötzlich ein kommunistischer Abgeordneter den nationalsozialistischen Abgeordneten Hincklcr ins Gesicht. TaS war für die Nationalsozialisten baS Signal zum Gegcnangrisf. Es entstand eine ungeheure Schlägerei, wie sic sich in diesem Ausmaß in einem deutschen Parlament noch nie ereignet hat. Vizepräsident Baumhosf verließ seinen Platz und hob damit die Sitzung ans. Inzwischen war die Schlägerei in vollem Gange, man schlug nicht nur mit Fäusten auseinander ei», sonder« warf auch mit Tintenfässern, Lampenschirmen, Pnltkästcn und zum Schluß sogar mit den schweren Ledersesseln. Die gesamte nationalsozialistische Fraktion stürmte, mit Möbeln «nd andern Wursgegcnständcn bc» «assnet, aus die Kommunisten los, die in wenigen Minuten vollkommen aus dem Saal gedrängt waren. Zahlreiche Abgeordnete erhielten blutende Wunden und wurden von ihren Partei freunden ans dem Saal getragen. In dem allgemeinen Durcheinander erhielten auch schon am Boden liegende, blutend« Abgeordnete von den Kämpsenden noch Fußtritte. Nachdem der Saal von den Kommunisten vollkommen geräumt war, blieb fast nur noch die vollständig ver sammelte nationalsozialistische Fraktion zurück, die darqnf, die Hand zum Fascistengruß erhoben, das Horst-Wcsscl-Licd sang, in das die Mehrzahl der Trlbiinenbcsuchcr ctnsttmqtte. Der Plenarsitzungssaal bot nach der Schlägerei ein Bild grausamer Verwüstung. Schwere Ledersessel, Tischkästen, zerbrochene Lam pen und et» wüstes Tohuwabohu von Papier, Ab-
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