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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 18.10.1905
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1905-10-18
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19051018021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1905101802
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1905101802
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1905
- Monat1905-10
- Tag1905-10-18
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Abend-Ausgabe Bezug-.Prett 99. ZahMng. Nr. 532 Mittwoch 18. Oktober 1905. Feuilleton hörte. Ich vertraue auf den deutschen Leist und hoffe auf seine Offenbarung auch in denjenigen kkegionen unserex l-ebenx, in denen er, wie ini I-eben unserer öffentlichen Kunst, nur in allerkümmerlichster Entstellung dahinstechte. Ls ist aber das Mesen des deutschen Leistes, dass er von innen baut: der ewige Lott lebt in ihm wahrhaftig, ehe er sich auch den Tempel seiner Lhre baut. U?azn«s. in her HanptexpeLttto» oder deren Äo-yabe- stellen adgeholt: oterteltührltch T40, bei täglich zweimaliger Zustellung w- HauS vierteliährltch »-—» Durch uus«r« au^ Wärtigen Ausgabestellen und durch di« Post bezogen für Deutschland nud Oesterreich vierteljährlich für di» übrige« Länder laut hettungtpretsltste. «edaMon uud Srpedtriour JohaautSgass« 8, Telephon Nr. IÜ3, «r. Nr. I17S Berliner NedakNon-Bureau r Berlin ti V z, Dorvthreuslratz« SS. Del. l, Nr. VS7L. Dresdner iliedaktiouA-Bureau: Tre»den-L,lrs«aerttzstr.Sä^ D«l.l,Ätr.4öSL Var Aicdiigsie vom Lage. * In Kopenhagen trifft man Vorbereitungen für di- Fahrt de- Prinzen Karl von Dänemark nach Nore wegen. (S. Ausland.) Der internationale Müllereikongreß in Paris setzte einen besonderen Ausschuß ein für die Prüfung der Frage eine» einheitlichen internationalen GetreidcvertrageS. * Die von maurischen Marokkanern gefangen ge nommenen englischen Offiziere sind Mar freigelaffen worden, aber England schickt dennoch zwei Panzerschiffe von Gibraltar nach Tanger, da die Mauren englrsche Tor pedoboote beschoßen haben. (S. Ausl.) * Der Anarchist Murello wurde in Madrid verhaftet unter dem Verdacht, Teilnehmer an dem Pariser Atten tat gegen König Alfonso und Loubet gewesen zu sein. veröffentlicht > Major .. .V, )- Darin behandelt er besonders die der Verwundungen durch die vermiedenen Er stellt fest, daß die durch das japanische berbe'geführten Wunden wesentlich raicher als die Verwundungen durch Vas russische heilten .... . . . ... - t ge- sährlichiten Verwundungen führten Bauchschüsse herbei, sobald die Gedärme verletzt wurden; dann verliefen 80 Proz. der Verwundungen tödlich. Schrapnelljülllugeln brachten erheb lich schwerere Verwundungen hervor als die Gewehrkugeln, weil ost Knochensplitterung und Eiterung eintrak. Die schlimmsten Verwundungen von allen Feuerwaffen brachten die von beidenTcilen oft angewandten Handgrana ten hervor. Viel gefährlicher als die Feuer Waffe eiw cS sich aber die Ver wundung durch blanke Waffe. Russen und Japaner gingen mit solcher Erbitterung aus einander los und brachten sich so riese Wunden bei, daß 80 Proz. aller Verwundungen duich blanle Waffen tödlich verliefen. Ueberhaupi fiel der grvgte Teil der im Kriege Umgekominenen nicht der vorbereiteten Fenerwirlung, sondern dem Nahkamps zum Opfer; Ma;or Faller zieht daraus den Schluß, daß man sich vor einer Ueberschätzung der Feuerwirkung zu hüten hat. Freilich wurde der Nahtamps in diesem Kriege durch die eigentümliche Art der Kriegsführung, nämlich durch die Anlage von Befestigungen auch in der Feldichlacht gefördert. Bekanntlich sind aus dieser Tatsache schon weitgehende Schlüsse auf die Kriegführung in künf tigen europäischen Kriegen gezogen worden. Major mit einer Verwünschung wieder ins Zimmer. „Die Schwarte!" sagte ich für mich und las in meinem Byron weiter. Und doch, immer und immer wieder mußte ich einen Blick auf jenes braune, dürftig ausgestattete Heftchen werfen; schließlich auch einen hinein. Da standen fromme, gläubige Verse, die ein felsenfestes Gott vertrauen verkündeten Da wurden das Sachsenland und seine Fürsten mit schlichtem, patriotischem Sinne gepriesen. WMcrTag Malt Handelszeitung. Amtsblatt des H-nigl. Land- und des H'önigl. Amtsgerichtes Leipzig, des Aates und des Aolizeiamtes -er Ltadt Leipzig. ein reiches Programm sozialer Fürsorge und suchte eS in die Praxis unnuseycn. * Zur Lvhndcwegnu« tn de« sächsisch-thüringischen Webereien wird uuS aus Gera ualrim 17. Oktober ge- ichricben: Die Besorgnis, daß e» au» Mangel an genügenden Arbeitswilligen zu einer Schließung aller Betriebe innerhalb deS Veibandes sächsiich - tbürlngllcher Weberei besitzer kommen wird, gewinnt immer mehr an Wabricheinlichkeit. Heute DienStag abend sanden hier drei stark belachte Weber- Verlammlungen statt, in denen allgemein auf dis Noiwenoig- lrit hingewiefeu wurde, bei dem mangelnden Enigrgeuiommen der Fabrilanien in den Ausstand einzutreten. Die Arbeiter hätten nur eine Regulierung der Lohnverhältniffe gewünicht, sie hätten gar keine Lohnforderungen gestellt. Der Lobutarif der Arbeitgeber sei aber eine Verichlechlerung deS jetzigen Zustande-. Die Arbeitgeber hätten felbit erklärt, daß sie mehr zahlen könnten, aoer nicht mehr zahlen wollten, um nicht die sozial demokratische Organisation unv Streikkasse zu stärken. Auch die ArbeiSbedingungea, von denen die Arbeitgeber so viel Auf hebens machten, sei völlig ungenügend. Die Kampfstim mung in allen Versammlungen war stark ausgeprägt. Auch Vie Vertreter der nichtsozialdemokratischen christlichen Textil arbeiter sprachen sich unter den obwaltenden Verhältnissen für einen Streik aus — von weiteren Verhandlungen mit den Arbeitgebern will man bei der AuSsichrslosigleit diese» Unterfangens absehen. Nächsten Freitag treten zunächst die 900 Mann außer Arbeit, die in 4 Fabriken ordnungsmäßig gekündigt haben. Morgen hält der Geiamivorstand de- Ver bandes der fächsisch-thüringilchen Webereien in Greiz eine Versammlung ab, in der über daS Vorgehen der übrigen Ortsgruppen deS Verbandes Beschluß gefaßt werde« soll. Zweifellos werden auch diese zur Ausfperrung schreiten. * Häufung der Meine,ds»rrbrrchen? Aus juristischen Kreisen lchreidt man unS: Bei der Eröffnung der gegen wärtigen SchwurgerichtSperiove in Braunfcbweig bat der dortige Erste Staatsanwalt von der „Anhäufung der Meineivsverbrechen" gesprochen. Nach seiner Auffassung hat nicht der Mangel an Respekt vor der Justiz die Meine,de „so häufig werden lassen", sondern die „geminderte Religiosität". ES mag fein, daß gerade bei einer Schwur- gerichtSperiode die Zahl der abzuurteilenden Meiner»« besonder» groß ist, aber der vorliegende Fall beweist wieder einmal, wie bedenklich «S ist, einen vereinzelten Fall zur Verallgemeinerung zu benutzen. Tatsächlich hat die Zahl der Meineide eher abgenommen al- zugenommen — V. h., um uns vorsichtig auszudrücken, dre Zahl der Ver urteilungen wegen Meineide- hat eher abgeuommen, denn leider ist ja gew ß die Zahl der Meineide, die tatsäch lich geleistet werden, unendlich viel größer al- die Zahl der Anklagen wegen Meineides. DaS letzie Vierteljahr-Heft der Statistik des Deulschen Reich» für 1904 gibt nun eine Ver gleichung der Bestrafungen wegen Meineids für den Zeit raum von 1898 bis 1903. Danach sind in vieler Zeit bestraft worden wegen Meineid» 783 bezw. K80 bezw. 81k bezw. 725 bezw. 631 bezw. 628 Perionen. Im Jahre 1903 sind also 155 Perionen weniger wegen Meineid» bestraft wordtn als 5 Jahre vorher. Hingegen sind im Jahre 1903 wegen Veigrhung gegen Reich-.,extze überhaupt 505 000 Perionen bestlaft worden gegen 477 OOo im Jahre 1898. Während also die Gesamtzahl der strafbaren Handlungen in einem, wenn auch nicht erheblichen Maße zugenommen hat, haben die Bestrafungen wegen Meineid» abgenommen, so daß also diese Abnahme nicht nur eine abiolute, sondern auch ein« relative ist. Daß die Leistung eine» Meineids mit wahrer Religiosi tät völlig unvereinbar ist, geben wir natürlich ohne weiteres zu, baß aber die bloße Kirchlichkeit lein sicherer Schutz gegen den Meineid ist, gehl wohl schon daraus hervor, daß gerade in bäuerlichen Kreisen ost recht leichtfertige Auflassungen über den Eid herrschen. Kleine P-litische Nachrichten. Wie die „T. R." meldet, soll auch d>r prru>,sich« Haueminister von Wedel amtsmüce sein. Ai« sein Nachfolger au, diesem politisch unbedeutenden Pogen wird vtraf August Eulenburg genannt, an dessen stelle der jetzige Lbrrslallmeister, frühere Obersihosmeisler der Kaiserin Friedrich Freiherr von Reischach Oi-rrnbofmarfchall werdiu soll. — Die Erste hessische Kammer tritt am Donnerstag zur Beratung über politische Tsgerrcbau. Leipzig, 18. Oktober. Die Betriebsmittelgemeinschast. Ter Betriebsmittelgemeinschaftsplan ist nun glücklich durch die bayerischen Vorschläge so reduziert worden, daß von ihm nur noch das Projekt ernes Gifterwagcnübereinkommens übriggeblieben ist. Tie Vertreter Württembergs und Badens haben dies mit dürren Worten in der jüngst in Berlin avge- haltenen Konferenz ausgesprochen und zugleich erklärt, sie wollten an den Beratungen der bayerischen Einschränkungs pläne nur teilnehmen unter der Voraussetzung, daß der ur sprüngliche, umfassende Gedanke wieder zur Grundlage der Beratungen gemacht werde. Angesichts dieses Vorbehalts ist es nicht recht klar, wie man in Bayern zu so optimistischer Auffassung der Situation gelangt und die Verwirklichung dieses Plantorsos schon nahe sieht. Denn eine Majorisierung der einzelnen Eilenbahnstrecken ist bei diesen Beratungen na türlich ausgeschlossen. Es will uns scheinen, als verfolge der preußische Staat seine Resormabfichten nicht mehr mit dem Eifer, der ihn die Verhandlungen einleiten ließ, sonst könnte er sich nicht so bereitwillig, wie nach Münchener Nachrichten geschehen, mit den bayerischen Vorschlägen einverstanden er klären. Diese Vorschläge verdienen den Namen Reform über haupt nicht und dienen wohl nur dazu, die Pläne, Erwägun gen und Konferenzen nicht als völlig nutzlos und gescheitert erscheinen zu lassen. Uns in Sach,en würden gerade die bayerischen Absichten wenig nützen, denn unser Güterwagen park ist verhältnismäßig groß, jedenfalls größer als der preußische, prozentual natürlich, so daß dieses Verhältnis bereits von sächsisch-konservativer Leite als Argument gegen ftgliche Gemeinschaft angeführt worden ist. Wir wissen, daß der tiefere Grund der Abneigung dieser Partei gegen die Eisenbahnvcrständigung ein anderer ist, daß auch partikula- ristische Bedenken dabei eine Nolle spielen, und daß Verkehr und konservative Gesinnung ihrer Natur nach Gegensätze sind. Ader trotzdem bat der spezielle konservative Einwand seine Berechtigung. Wenn man im höheren Interesse und in Er wartung größerer Vorteile durch eine weitergehende Gemein- schäft über die Güterwagenfrage Hinweggehen konnte, so ändert sich doch das Bild, wenn überhaupt nur noch diese zur Verhandlung steht. Sachsen ist eisenbahnpolitisch in der un günstigsten Lage, es ist durchaus abhängig von dem preußischen guten Willen. Wir wollen hier diesen gewichtigen und trotz dem so flüchtigen Faktor durchaus als gegeben ansehen, wollen auch die leidige Umführungsfrage, die bekanntlich offiziell gar nicht existiert, hier nicht erörtern, aber es hieße doch, sich blind stellen, wenn wir die Nachteile des jetzigen Systems nicht zuaeben wollten Sachsen liegt zwar beinahe zentral, aber doch leider nicht so, daß es nicht zu umgehen wäre, und gerade für Leipzig ist die durchaus begreifliche preußische Kon- kurrenzbahnpolitik äußerst schmevßhaft. Ein Blick aus den Durchgangsverkehr nach Bayern und die sorgfältig gepfleg ten Halleschen Verkehrsverhältrsi"» zeigt, wie es um uns steht und wie es im geeinigten Deutsche« Reiche stehen könnte und sollte. Die Reichseisenbahn, die Io selbstverständlich und naturgemäß gewesen wäre wie die Post es unbestritten ist, haben wir glücklich verpaßt, und selbstverständlich hat nie- mand gehofft, die Betriebsmittelgemeinschaft werde nun mit Faller warnt vor solchen Schlüssen, weil der russisch japanische Krieg unter ganz besonvelen Verhältnissen verles, da sowohl die Russen wie die Japaner nur eine beschiänkte Macht in bestimmter Richtung zu entfalten v-rmochten und vavurch vie Russen Zeit zur Anlegung von Befestigung»- werken gewannen. Auf einem europäischen Kriegsschauplätze würden vie Verhältnisse anders liegen. Dichter au» dem Volke. Ich war eben wieder einmal mit „Ehilde Harold" über das wilde Meer gefahren und seufzte in Matkowskyscher Ton art: „tbousb Dime not ^et dntk tiog'ä loolc« reilb «et luitb bs reckt Mduke'or wv «oul snjo^'ä, und vitb tb« Ul« ok Llä anno variier ^e»r» allozi'ä," al» mich plötzlich ein uimeschickteS Klingeln aus meiner Byronschwärmeret riß. Hch vergaß de« Weltschmerz, „Ehilde Harold" und Inez und öffnete die Vorsaaltür. „Wieder so ein Hausierer!" dachte ich ärgerlich und wollte eben dem alten schlichten Manne, der vor nur stand, aus daS Schild verweisen, auf dem deutlich zu lesen war: „Betteln und Hausieren ist streng verboten", da sagte er in demutig-höf- lichem Tone: „Verzeihen Sie, daß ich störe! Ich bin der Dtchter und Leineweber Karl Gottlieb Hauptmann au» Sebnitz. Ich wollte Sie nur bitten, mir ein Exemplar meiner Gesichte abzukaufen. Hohe und höchste Herrschaften haben sie empfohlen und mich unterstützt." Und nun zeigt« er mir eine Liste, auf der eine Anzahl glänzender Namen de» Lande» und besonder» Dresden» stand. Halb verächtlich und halb Mltlridia icbauie ich auf den alten Hand- man nicht» von dem freien Schwung und der natür ichen Frische eines Burns; nichts von der sinnigen Schlichtheit eine» Kolzow; nicht» von der tiefen Erkenntnis der Welt und der Menschen eine» Nikitin- nicht» von der Kühnheit eine» Chatterton und nicht» von der Herzinnigkeit eines Reboul. Von Thomas Hood und Ebenezar Elliot gar nicht zu reden! Alle die ich hier genannt habe, sind ebenfalls Dichter auS dem Volke. Der schlichte sächsische Weber kann sich nicht mit ihnen vergleichen. Er ist nur «in bescheidenes Talent, wäs^ rend die anderen alle Prinzen aus dem Genielande sind. Auf Robert Burn» mich hier näher einzulassen, hieße, den Leser beleidigen Die meisten und besten seiner Lieder sind auch Eigentum der Deutschen geworden, ganz wie Shakespeare» Dramen. „Mein Herz ist im Hochland sinat man bei uns in allen Schulen, und auf allen Studenten kneipen ertönt der fchwermülrg-schöne Sang „Nun holt mir eine Kann« Wein". Da» traurige Lied von der süßen Dirn von Hnv«rn«ß und da» schalkhafte Zwiegespräch zwischen einem Schlage alle Schäden beseitigen. Um das leisten zu können, war auch sie nicht radikal genug. Aber wenigsten» auf die Heilung einiger schlimmer Uebel durfte man hoffen, und nun soll auch daraus nichts werden. Was die Ver koppelung der Gemeinschafrsfraae mit der angelobten soder soll man sagen angedrohten?> Tarifreform anoetrisft, so ist sie nach einer Zustimmung zu den bayerischen Plänen ganz hinfällig geworden. Die wesentlichste Schuld an der neuen Situation wird man wohl der Zentrumsherrschaft in Bayern geben dürfen^ um so mehr, als diese sich das Scheitern der größeren Pläne sicher noch zum höheren Ruhm anzurechnen eifrig beflissen sem wird. Dr. PeterS über England uud Deutschland. Dr. Karl Peters, der frühere Reichskommissar für Teutsch-Ostasrika, der bekanntlich seit Jahren in London lebt, bespricht in der Londoner „Finanzchronik" das Verhält nis Englands zu Deutschland und erinnert dabei in Bezug auf eine etwaige Landung englischer Truppen auf deutschem Boden an die bekannte Unterhaltung, die Fürst Bis marck vor dem dänischen Kriege mit dem britischen Bot schafter in Berlin hatte. „Was werden Euer Exzellenz denn machen", so bemerkte der Botschafter, „wenn die britische Re gierung ein Armeekorps nach Schleswig-Holstein ent sendete?" — „Ich würde es arretieren lassen", ant wortete der preußische Staatsmann sarkastisch. Der Ver fasser fährt dann fort: „Das eine drängt sich dem aufmerk samen Beobachter in England mehr und mehr auf: die Miß stimmung gegen Deutschland wird von Tag zu Tag größer und der Ton der Presse immer despektierlicher. Dian fühlt sich hier so recht behaglich hinter dem Schild der anglo-japa- irischen Allianz in Asien und der Entente mit Frankreich in Europa. Einen Krieg mit Deutschland freilich möchte man nicht, und am allerwenigsten einen einseitigen Krieg mit der waffenstarrenden mitteleuropäischen Großmacht. Denn man will hier in erster Linie Geld verdienen, und zwar ohne viel arbeiten zu müssen, und sodann schreckt immer noch die Möglichkeit eines deutsch-russischen Bünd nisses, das die indische Stellung auch heute noch bedrohen könnte und dem die japanische Allianz am Ende doch nicht oe- ivachsen wäre. Aber alle Welt gegen Deutsch- land verhetzen, das Reich in Europa und über See isolieren, es praktisch in die Ecke drücken und im Rat der Völker durch seine Isolierung zu einer ,,qimntätL machen, das ist da» Ziel britischer S t a a t s m a n n sch a f 1." Deutsches Keich. Leipzig, l8. Oktober. * Jur St» afprozetzreform. Alsbald nachdem die so genannte ReichSlustizloinmission zur Prüfung von Fragen wegen Aenderung ver Strafpro;eßordnung ihre Beraiunarn beendet batte, wurden auf Grund der letzteren un Reichs justizamt Vorschläge auSgearbertet. Diese gingen an die Ernzelregierungen, damit deren gutachiliche Aeußerung zu den einzelnen strittigen Fragen eingeholt werde. Dw Einzel- regierungen selbst waren in der Reichsjustizkommrlsion nicht mit ihrem Urteil hervorgetretrn. Sie batten ihre besten Sachverständigen au» der Praxis heraus in die Kommission zu entsenden befürwortet, aber deren Stellungnahme in keiner Weise beeinflussen wollen. Die Avgabe ver schriftlichen Gutachten der Einzelregierungen über die von der Sachoerstänbigenlommission berbeigejübrren Be schlüsse hat sich einigermaßen verzögert. Es stellte sich mehr- sach das Bedürfnis heraus, zunächst in unverbindlichem freien Meinungsaustautch das Für und Wider der verschie denen, in den Beraiungen der Reichsjustizkommission zustande gekommenen Beschlüsse zu diskutieren und erst ^rach voran gegangenem mündlichen MeinungSaustauich die Stellung der einzelstaatlichen Justizverwaltungen zu den wichtigste» Flagen der Strafprozeßreform festculegen. Zum Zwecke der Vor besprechung werden demnächst Vertreter der einzelstaatlichen Justizverwaltungen in Berlin eintreffen. * Koloniales. Zugleich mit dem neuernannten Gouver neur von Südwcstasrila wird sich ver Hauptmann v. Heyde- breck, ein aller Afrikaner, in vie Kolonie begeben. Er hat die Aulgabe erbalten, eine Art militärischer Adjutant de» neuen Gouverneurs, die Mittelsperloa zwischen ihm und dem Oberkomniandierenden der Schutztruppe zu sein. Diese Ein richtung war nölig, weil Herr v. Lindequist auch den Ober befehl über die Truppen im Schutz,zediere erhalten har, der Veiler Ver Mllilärischen Operationen ihm also unterstellt ist. * AinanzicllcS vom Vergarbcttcrftreik. Nunmehr liegt die Schlußrechnung der Siebenerkommission vom großen Bergarbeiterstreik vor. Bis zum 7. Februar waren 983 217,40 cingegangcn. An Streikunteistützung wurden 1 199 947,10 aus.ft.ahlt. Von dem 216 729,70 be tragenden Defizit Übernebmen der alte Verband 177 820 der christliche Gewerkverein 38 699,70 -4, die Polen 200 Nach dem 7. Februar gingen noch 86 629,92 ein, die sich durch Verrechnung gemeinsamer Druckloslen auf 76 086,17 ermäßigen. Von diesem Betrage wurden zugcwiesen dem alten Verbände 41 50t,54 -6, dem christlichen Gewerkverein 27 667,69 ^k, den Polen 6916,92 * Landesrat Dr. Brandts ist, wie schon kurz gemeldet, im Alter von 51 Jabren gestorben. Neben seiner beruflichen Tätigkeit war er ans sozialpolitischem Gebiet ein Mana reicher Verdienste. Er war besonders em unermüdlicher Vorkämpser auf dem Gebiete des Arbeiterwohnungswesens. Schon zu anfang der neunziger Jahre versuchte er in Düsseldorf eine Statistik über Wohnungeverhälln sse herzuslellen. In verschiedenen Monographien, in den Sitzungen de» Deutschen Vereins sirr Wohltätigkeit und Armenpflege biach Dr. Brandls eine Vanze sür die Reform der Wohnungen des kleinen ManncS. Mit freudigem Herzen übernabm er die Geschäfte der Vandesversicherungsanstalt. Hier hatte er das richtige Gebiet für feine sozialpolitischen Pläne gefunden. Mit Eifer förderte er die Ziele des Raeluischen Wohnungs vereins, reichliche Mittel flössen aus den Ucberichüssen der Versicherungsanstalt in Form von Darlehen den gemein nützigen Baugenossenschaften zu. Auch sonst entwickelte er Verwundungen und Kamp,Methoden im ruifisch-iapanischen Kriege. In der Zeitschr'st „Die Umschau" veröffentlicht "Major Faller interessante militärische Rückblicke aus den „russisch, japanischen Krieg". ' ' Wirkungen Waffen. Gewehr heilten, Gewehr. Brustichüsse durch beide Gewehre bei sehr gut, ebenso Kiiochenschüsse obne Splitterung. Die AnzeiqeN'Prei» hi« 6 gespaltene P-tltzeü« LL Pf. Familien, Wohnung»- nnd Stelle» Anzeigen kO Pf. Finanziell« Anzeigen, Leschüstsan,eigen unter Text oder au besonderer Stelle nach Taris. Für da- Erscheinen an bestimmten Tagen u. Plätzen wird leine Garantie übernommen. «nzetgen-Anuahme: AngustuSplatz 8, Eck« Johanntsgaff«. Dir Expedition ist wochentags ununterbrochen geöffnet von irüh 8 t4S adeud- 7 llhr. Siitab-Erpebttioa; Berlin, vützowstr. 1V. , . Dresden, Marienstr. kK Druck und Verlag von E. P»lz tu Leipzig (Inh. 0r. St. -t W. «ltnkhardt). Herausgeber: Or. Viktor -kltnkhurdt. sinket. Man nehme nur einmal den Dichter Iwan Niki tin an, der Kolzows Nachfolger und Heimatsgenosse war. Herbergsvater ist er gewesen. In seiner Spelunke ver kehrten betrunkene Fuhrleute und fahrendes Gesindel. Und unter diesem trunkenen Volke war der Poet nicht immer der nüchternste. Und doch, wa» für einen tiefen, klaren Blick hat er von seiner rauchigen Kneipe aus in die Welt getan! ' '»wermütig und ergebunasvoll war die Seele des Man- r ost um sich nur rohe Flüche und gemeine Reden Dumpfe Schwüle — Kienspanräuchern Kehricht spannenlang — In den Winkeln Spinngewebe — Schmutz auf Tisch und Bank; Rußbedeckte, schwarze Wänd« — Wasser, hartes Brot — Husten — Aechzen — KindeSwtinen - . . Elend, bittre Not! Und ein Beltelbrol nach Jahren Herber ArbeitSmühe Pein! . . . , Lerne hier auf Gott vertrauen Und geduld a sein .... Da» ist ein Gedicht, dos eine Nacht in einem russische» Bauernhause schildert. Keine Goldschnittpoetz«. Poesie des Elends, der Knechtschaft! So kann nur der düster gestimmte Slawe, der geknechtete Russe klagen Wie ganz ander» erklingen dft trotzigen, oft schneidend höhnischen Verse des Bristoler Schreiberiunaen Chatterton de» genialen Fälschers, der einen allmächtigen Horace Walpol« a« der Nase herumführte und Gott Kolbst mir kühnem Witze angriff! Der ertrug seine Not und Enttäuschung nicht geduldig. Der schalt und höhnte. Mit siebzehn Jahren schon hatte er seinem undankbaren Vaterland« Lieder geschenkt, die zu den besten seiner Nation gehören. Dann schrieb er einige lief- trauriae, scharfsinnig« Vene — eine Verteidigung de» Selbst morde». Und dann trank er Gift weit- und men'chen- verachtend, der SiAehnjährig«! Hetz, hat man in Bristol dem knabenhaften Dichter, d«n ein grenzenloser Ehrgeiz in den Tod trieb, ein ichöne» Monument ge'etzt. Ganz ander» geartet ist der san'ie, gemütvoll» Jean Reis» l. E» Findlay und seinem Schatz ist uns Deutschen ebenso bekannt wie den Briten. Der treffliche Uebersetzungsmeister Fresiig- rath hat uns ja die Burnssche Poesie ebenso zugänglich ge macht wie Gildemeister die Byronsche. Robert Burns soll also hier nur ganz kurz erwähnt sein. Weniger bekannt ist der ihm geistig verwandte Alexej WassiljewitschKol- »ow. Man nennt ibn den russischen Burns. Nun, den Ackerpflug hat er auch geführt wie der Schotte. Pslüaer- und Liebesliedchen hat er auch gesungen. Aber seine Muse läuft arbeitend durch die Furchen des Kornfelds. Die des Schotten hat lichte Flügel. St« schwebt über Wälder und Fluren, Täler und Berge. Lebenslustig und verliebt wie öurns war Kolzow ebenfalls. Seine Lebenslust artete zu- etzt auch in Zügellosigkeit aus. Der russische Bauernsohn Me sich in eine Leibeigen« seines Vaters verliebt, und »war o ernst, daß er sie zu seinem ehelichen Weibe machen wollte. Der Alte aber machte kurzen Prozeß. Er handelte echt russisch. Er verkaufte da» Mädchen einfach. Den stingen Kolzow warf der TrennungSschmer, in ern heftige» Fieber. Lange schwebte ,r zwischen Tod und Leben. Als er endlich genesen war, sucht« er Trost in der Poesie. Schlichte Lieder sind es, die er singt. DaS Schnitterleben, den Wald und di« Flur schildern ne. Hier und da findet man in der Ge- dichtsammlung auch ein ernste», schwermütiges Lied, wie die „Dorftragödie" und „DaS letzt« Ringen Nicht» von Robert Burns' freiem GeisteSflug und leidenschaftlicher Ge- mütStief«! Wer ein Dichter, und »war ein echter Dichter ist Kolzow doch. Rußlands bester Liedersänaer ist er, der zum ersten Male beim Dichten russisch empfunden und nicht west lich anempfunden hatte. Und deshalb ward er im Volke der- stauben wie keiner vor und nach ihm. Er stieg rasch die RuhmeSleiter empor. Die Salon» und die Herzen der Damen öffneten sich ihm. Eine aber hatte ihn ganz einge nommen, hielt ihn ganz in ihren Netzen verstrickt: eine wie sie Dumas der Jüngere in seinem Halbweltdrama schildert. Der junge Bauerndichter begann ein zügellose» Leben. Der Größenwahn und die Großmannssucht chatten ihn ge packt und er stürzte jäh von seiner glänzenden Höhe wieder h'.nao. In Not und Elend starb er, der einen so raschen Ausflug genommen hatte. Rußland hat ganz eigentümlich« Leister geboren, wi« man si« and«r»wo nur lehr vereinzrlt werker, der auch Verse machte. Die Jugend ist ja so leicht hochmütig. Und ich kaufte dem Alten ein Bändchen feiner Poesien ab. Eine Mark, glaube ich, kam cs. Der Druck war schlecht, das Papier noch ichlechter. „Wie mögen da erst die Verse sein!" dachte ich. Der Weber-Dichter Hauptmann — bitte, mich nicht mißzuverstehen! -- ensternt sich bescheiden dankend. Die Tür slog zu. Ich ai — ... Und doch immer wieder mußte ich einen Blick auf jenes bi ausgestattete Heftchen werfen; schließlich auch Da standen fromme, gläubige Verse, die ein fels vertrauen verkündeten Da wurden das Sac feine Fürs.... „... — _.. ... Da wurde die allaütige Natur mit kindlich-fröhlichem Gemüt besungen. Ich lächelte überlegen. Ein Primaner ist ja so gescheit, so weltersabren; weiß sich so mit Gott und der Menschheit auSeinanoerzusetzen, daß ihm unmöglich die Art Poesie imponieren kann! ... Viele, viele Jahre sind seitdem vergangen. Ich dachte nicht mehr an den simplen Poeten, obwohl ich gerade später, mich gern und viel mit den Dichtern aus dem Volke beschäftigte. E» ist wahr: in Karl Gottlieb Hauptmann» Gedichten indet
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