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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 09.04.1904
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-04-09
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19040409016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904040901
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904040901
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-04
- Tag1904-04-09
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Feuilleton. Mi.chMd.i.0.to r>M Knabe in er seit Durch die sich in der Slaßgrauer teuer Schön he -en Besmaner unwillkü edle Pacho- des vortn mein, wenn er auch in INUN und !N, aber man tonnte doch cherte. Der Mabe hatte Mlitald «erts-Denk»^ tu «rnfta-t (Thüringens dpfer der Bildhauer Peter in München ist, wurde t. Es soll neck den bisherige« Feststellungen am Sonntag, l, ans dem Platz« vor dem -urdause enthüllt werden. r dfisen den 2 . Boa einer gr-hleren Feierlichleit dürste dabei in Rücksicht auf die ardher« »nm ISoOjübrigen JubULum der Stadt geplanten Festlichkeiten abgesehen würden. Wffmschest. Naturwahrheit einen hohen Wert auf die Schönheit des Kolorits. Der rotbraune Samt vor dem grünen Mantel, die cremefarbenen Spitzen usw. gehen zu jenen warmen breiten Akkorden zusammen, wie wir sie von den späten Venezianern gewöhnt sind, bei denen ja auch die besten Niederländer der Renaissance in die Schule gegangen sind. Von TarlLeipoldt sind noch einige Oelbilder zu erwähnen, stimmungsvolle Seestücke aus Hamburgs Um gebung, „Muhle" „Abendstimmung", „Altwärder bei Hainburg" und andere. Es sind nicht in kraftvollen Far ben leuchtende Arbeiten, auch nicht solche, die sich in der Wiedergabe der feuchten Atmosphäre gefallen, wie sie meist über Hamburg liegt, und wie sie Kallmorgen so vor trefflich malt. Aber wie durch einen Schleier, durch einen leichten Nebel gesehen, so muten uns auch diese Poesie- vollen Naturausschnitte an Weich in -er Stimmung und geschmeidig in der Farbe wie das Pastell, von nicht hohem künstlerischem Werte, aber liebenswürdig und ge fällig in ihrem Gesamteindruck, vr. l-uävig ^Vodsr. Krmst. Dal Vseehia« Amwftsedl»«. Henry Lntzte«. Gr hat sich zu jenem krastvollen^herben Naturalismus bekannt, wie er von Tourbet und Millct in die Welt ge rufen wurde und wie er gegenwärtig in Frankreich in den Werken de» Lhermitte und Genossen und in Deutschland in Menzels „Eisenwalzwerk" und in vielen Gemälden Liebermanns seine konsequenteste Vertretung findet. Luyten hat die Antwerpener Akademie besucht und ist Schüler von Beauxfaux und Berlat gewesen. In seiner Heunat wurzelt seine Kunst. Den streikenden Berg- Werkern, den beimkehrenden Fischerinnen, den Frauen vor der Vacksternbrennerei, seinen Bäuerinnen im Walde und auf dem Felde, ihnen allen haftet bi» in jede Kleinig keit hinein das Wesen heimatlicher Eigentümlichkeit an. Aber auch im rein Malerischen kommen diese Eigenheiten zum Ausdruck. Go in der Art, wie die oft schwere Luft, o« Himmel, die fetten Weiden, die üppigen Waldpartien, die Rinder und vor allem die Menschen selbst auf dem ihnen vertrauten Stückchen Erde, in der feuchten Atmo sphäre oder im Sonnenbrände, umflossen vom Lickst, in seinen Bildern sich uns präsentieren. In der Auffassung strebt er jenen grossen Ernst an, wie ibn Millet, Lorot, Rousseau zeigten uns wie ihn zuletzt wieder Segyntini an- schlug, der ja ebenfalls von den großen Franzosen so viel gelernt hat. Dasjenige Bild Luyten». da» ihm bi» jetzt den größten Erfolg eintnrg, ist bei weitem nicht sein beste». E» ist da» t,Der Kampf «rn» Dasein", bwtz-en ,en veranschaulicht. Auf dem Mittel- hungrigen Kindern; das Betteln ist ihr LoS geworden. Das rechte SeitenbÜd zeigt die Folgen der Katastrophe; ein Soldat bewacht die gefallenen Arbeiter. Wohl gibt Luyten in diesem Gemälde den menschlichen Körper in der Vielgestaltigkeit seiner Erscheinung als malerisches Ob jekt, wie eS vom Lichte umspielt ist, und auch die Farbe, die nicht mehr auf der ursprünglichen Höhe steht, geht noch zu einem ruhigen Akkord zusammen. Ader der Gegenstand selbst ist zu sehr auf oen äußeren Effekt ge- malt. Der Stoff dominiert im allgemeinen, und im be- sonderen wiegt bald das dramatische, bald das krimina listische Interesse über. DaS Mittelstück ist gut kompo niert, aber da der Maler sich schon mit Gruppen beschäf tigt, so könnten die beiden Seitengruppen etwas stärker betont sein im Verhältnis zu dem breiten Kapitel in der Mitte. DaS Mittelstück ist außerdem bei der starken Be wegung, in der die tobenden und schreienden Arbeiter dar gestellt find, und bei der Unmenge von Konturen und Linien, die durch diese Bewegung bedingt werden, wie auch schon von anderer Seite ausgesprochen wurde, viel mehr für die Kunst des Stichels oder des Stiftes als für die de» Pinsels geeignet. Ganz Maler ist Luyten aber, wenn er un» wie beim „Mittag" oder bei der „Heimkehr am Abend", „Auf der Weide" eme weite Ebene zeigt, von stimmungsvoller, landschaftlicher Liefe, unter klarer Luft, unter lebendigem, flirrendem Lichte. Und wie das Licht in den Gräsern de» Boden» spielt, wie e» sich auf dem Felle einer Kuh festsetzt oder die Konturen eine» mensch lichen Körpers fester umreißt, da» weiß Luyten mit sei- tener^Schönheit wiederzugeben. Dies« Bilder find eS, die unwillkürlich an Segantini erinnern. DaS «raße» hat er mit dem Italiener ge- , wenn er auch in der Größe und Wucht der Stim- «diesem nicht gleichkommt. Eine Spezialität in Licht- Farbenwirkung find Luytens Waldinterieurs. Wie da» Sonnengold Stämme, Aeste und Blätter mit neuen Farbenwerten au»stattet, wie da» Licht durch die Zweige -ringt un- den mit gefallenen Blättern de- deckten braunroten herbstlichen Waldboden er« wärmt, da» ist mit dem feinen Ge fühle de» echten Maler» wiedergegeben. Als Por- hatte. Im Februar d. I. erschien ein 5 ^jähriger Ki U>er Dorpater Augenklinik; seine Ettern gaben an, daß September IVOS an einer «uaenerkrankung leid«. D» Untersuch««- d«S Auge» wur! vordarkaanner, gleich hiitter t Wurm von etwa 7 mm Länge 1 des Wurm« ließen sich nicht v konstatieren, daß er seine Lag« Triibung der Sehkraft. Professor Ewetzkh schritt zur Operation, entfernte das Tier au- der Augenkammer und konnte am 16. März den kleinen Patienten als geheilt au» der Klinik er lassen. Die Sehkraft des operierten Auges dürfte allerdings für die Dauer geschwächt bleiben. Professor von Kennel be stimmte den Wurm, der auS dem Auge entfernt worden war, als eine Flieaenlarve von 7,4 mm Länge; er ist fast ganz durch sichtig. ES tonnte nicht mit Sicherheit festgestellt werden, wie die Larve in das Auge hineingekommen ist; wahrscheinlich hat die Fliege bei Ablegung des Eies die Hornhaut durchstochen; es ist aber auch möglich, daß die Larve sich selbst in das Auge hmeingebohrt hat. ie. Experimente über Schlaganfälle. Der amerikanische Biologe Professor Howell hat an Hunden, die durch Mor phium und Aether unempfindlich gemacht wurden, eine Reihe von Versuchen angestellt, um zu ermitteln, von welchen Be dingungen d.-r Eintritt des Schlags abhängig ist. Selbstver ständlich wurde der Blutdruck während des ganzen Verlaufs der Versuch« sorgfältig gemessen. Als Ergebnisse werden fol gende Sätze angeführt: Das wichtigste und gefährlichste Merk mal eines schweren Schlaganfalls ist ein fortgesetzte- Sinken des Blutdrucks bi» zu 80 bis 10 mm Quecksilber. Howell be zeichnet ein solches Vorkommnis als einen Gefäßschlag und schreibt ihn einen« lang dauernden AuSsetzen der Tätigkeit in den Organen zu, die für die Zusammenziehung der Blutgefäße zu sorgen haben Ein zweiter wichtiger Umstand ist eine sehr fcknelle und dabei schwache Tätigkeit de» Herzen», die zum Herzschlag führt. Obgleich diese Erscheinung vielleicht auch al« Folge deS sinkenden Blutdruck» eintreten kann, so geschieht sie dock' wohl auch unabhängig davon. Einspritzungen von alka lischen Salzlösungen (0,0 v. H. Kochsalz, 0,5 v. H. kohlensaureS Natron) in die Adern, veranlassen ein Steigen des Blutdruck» durch eine Verstärkung de» HeizschlagS. Durch Wiederholung dieser Einspritzungen kann die Wirkung gesteigert iverden. Die eigentliche Ursache de» Gefäß- und Herzschlag liegt nach Pro fessor Howell nicht in der Erschöpfung der betreffenden Organ« durch Ueberbetätigung, sondern in einer mehr oder weniger dauernden Behinderung durch übermäßig« Reizung. - rte Marrant-Gesellschaft nn» dter»ßltfttzeV^wrrw«l- tNNZ. Denn auch die in letzter Zeit durch die Presse gegangene Meldung, daß di« englische Postverwattu ng mit der Marroni-Gesellschaft «men förmlichen Vertrag be treff» Zulassung der drahtlosen Telegraphie für den telegra phischen Poswerkehr abgeschlossen habe, al» zu weitgehend und mindesten» al» »erfrüht bezeichnet werden muß. so ist doch soviel sicher, daß Lord Stanley, der GeUeralpostmelster, Widerstand, den seine Vorgänger im Amte, Lord Londonderry und Mr Austen Thamberlain, dauernd gegen da» funkentele^ graphische System bekundeten mifaegeben HF und mit den Vertretern der Marconr-Gesellschaft in Verhandlungen «in- S8. Jahrgang. Nr. 179. Sonnabend den S. April 1904. zeugung gekommen sein wird, daß etwas geschehen muß, so wird sie finden, daß inzwischen die Zechen stillgelegt, die Ortschaften verödet, die Bergarbeiter auSgewandert und die kleinen Landwirte und Gewerbetreibenden ruiniert sind. Dann aber kann der bureaukratische Kreislauf so gleich aufs neue beginnen. Vernehmungen, Ermitte lungen, Erhebungen, Erwägungen können wieder statt finden, wie der Schaden gut gemacht werden solle, und der deutsche Staatsbürger überzeugt sich aufS neue, daß er in der besten der denkbaren Welten und in dem treff lichst organisierten aller Mandarinenstaaten lebe. Graf Bülow hat einmal der richtigen Ansicht Ausdruck gegeben, die Ansiedelungskommission in der Provinz Posen müsse nach den Prinzipien einer gut geleiteten modernen Bank arbeiten. Aber in solch einer Bank ist immer eine zen trale Persönlichkeit vorhanden, die al» Motor fungiert. Diese scheint heute zu fehlen. Die Initiative Deutsch- lands ist verreist und die Exekutive sitzt still über den grünen Tisch gebeugt. Das ist die kaiserlose, die schreck- liche Zeit, und daß eS dahin kommen mußte, daß in allzu vielen Fällen auf den Wink des Monarchen gewartet wird, das ist der schwerste Vorwurf, den wir den leitenden Männern von heute machen müssen, ein Vorwurf, neben dem selbst Verdienste, so laut die Offiziösen sie rühmen, verblassen. S. der großen Revolution die ungeheure Majorität Le» französischen Volke» die Aristokraten aus dem Vaterlande verbannte, weil sie internationaler Umtriebe überführt oder auch nur verdächtig waren, so handelte sie in ge botener Selbsterhaltung und aufs tiefste davon durch drungen, daß nur diese Härte eS ermögliche, die Mensch beit zu erneuen und sie den glücklichen Tagen entgegenzu- führen, von denen die bluttriefenden Schwärmer jener verworrenen Zetten träumten. Wie immer, wenn Menschen handeln, war Gut und Böse eng verkettet, neben leuchtenden Heroengestalten stehen perverse Scheusale, und niemals hat da» persönliche Interesse ganz geschwiegen, niemals aber fehlte e» auch an einer sittlichen Triebfeder, an einem höheren Ziel, und diese Betrachtung wirkt ver söhnend, wenn wir die tragischen Geschicke der Weltge schichte, gewitterschweren Wolken gleich, an unS vorüber ziehen sehen. WaS sich im Ruhrkohlengebiet vorbereitet, ist anderer Art. Luch hier ist Tragik, denn eine Art Fatum zer- bricht erbarmungslos Hunderte, vielleicht tausende von Existenzen, aber diese Tragik ist ohne Ethos, ohne be freiende Größe, ohne verjüngende Schauer. Da» waltende Schicksal ist der Kapitalismus, das einzig treibende Motiv die auri »aora kawsa. Als im vorigen Jahre das Fortbestehen der rheinisch-westfälischen Kohlensyndikates gefährdet erschien, stellte es sich heraus, daß die meisten Gesellschaften in den letzten Jahren mit Hochdruck an der Erweiterung ihrer Anlagen gearbeitet hatten, um bei dem Abschlüsse des neuen Syndikatsver- trage» eine möglichst hohe Beteiligungsziffer zu erzielen. Einige der größereil Unternehmungen haben aber beim Abschluß des neuen Vertrages nicht die Beteiligungsziffer erreicht, der ihre Anlagen gerecht zu werden vermochten, Md um ihre Förderung-mittel voll quszunutzen, haben sie kleinere, weniger ergiebige Zechen im Süden deS Ruhr gebietes angekauft. Mit diesen Ankäufen wächst ihre Be teiligungsziffer, aber die angekauften Zechen werden still- gelegt, und die Hauptzeche kann nun bis zur vollsten Er giebigkeit arbeiten. Die Taktik der Unternehmer ist nicht neu, noch niemals aber waren die Folgen so schwer, weil in früheren Fällen die Stillegung langsam Durchführung sand und sich auf den benachbarten Gruben Arbeit für die Belegschaft bot. In den jetzt betroffenen Gegenden aber sind die Bergleute meist seit langem ansässig, sie haben ein kleines Anwesen und sind nun genötigt, die paar Hufen Lande-, an denen ihr Herz hängt, eilig und zu jedem Preise zu veräußern und in der Fremde mit Weib und Kind den Kampf umS Dasein aufzunehmen. Wir sind nicht gewohnt, den Unternehmer als ein blutsaugerisches Monstrum, als einen ausbeutenden Vampyr zu schildern, wir lieben den Stil und die An schauung des Hintertreppenromans nicht und sind jeder Art des Mystizismus abhold. Wir stellen uns den Kapi talismus nicht als einen Moloch vor, dessen unablässig zermalmendes Gebiß täglich neue Hekatomben fordert. Ein Kapitalist ist ein Mensch, wie jeder andere, egoistisch wie MoStNK kwi-rrmtt». Im Ruhrkohlengebiet bereitet sich ein Ereignis vor, da» juristisch interessant, menschlich ergreifend ist. Dort soll eine Reihe kleinerer Zechen geschlossen werden, und wenn die» geschieht, so verlieren viele tausend Berg arbeiter ihre Arbeit. Vie können auch in der Umgegend keine neue Verwertung ihre» Fleißes finden. Sie sind gezwungen, ihr kleine» Lyfoesen zu verlassen und fortzu wandern, in eine ungewisse Zukunft. Diese modernen Emigranten sind nicht, wie e» in früherer Zett geschah, von fanatischen Priestern, von despotischen Fürsten und aufgereizten Pöbelmassen Vertrieben worden; sie werden qanz still und leise enteignet, entwurzelt und von dem Grund und Boden Vertrieben, auf dem sie gelebt, gear beitet und Lei- und Freud ertragen haben. Da» Schreck- liche vollzieht sich in legalen Formen. ES fließt kein Blut, mrr viele, viele Tränen fließen, und das Motiv, da- die Armen au» ihrem Heim vertreibt, hat nicht einmal einen Schein von Gerechtigkeit, nicht einmal einenGchatten von Idealismus, wie er in religiösen und politischen Ver folgungen doch immerhin noch erkennbar ist, wie sehr auch die Leidenschaft da» ursprüngliche ethische Motiv verzerren mag, wie unzertrennlich sich auch die niedrigen Beweg gründe mit idealen Zielen verschmelzen mögen. Wenn ein Fürst in seinem Lande Ketzer nicht dulden wollte, so handelte er nach den Lehren der Kirche und nach den Ideen seiner Zeit folgerichtig, und selbst das Unmensch- lichste Tun wurde menschlich begreiflich, denn der Landes herr war nach dem Grundsätze „Oruuy rvxio «iua roligio" berechtigt und verpflichtet, seinen Untertanen den von ihm al» heilsam erkannten Glauben aufzuprägen, er war ver- antwortlich für die ihm anvertrauten Seelen, und es schien besser, daß der Leib verbrannt werde, al» daß die Seele zu Schaden komme. Die Unbeugsamen, deren Ueber- zeugungstreue selbst die Höllenstrafen deS Mittelalters, deren Folterwerkzeuge wohl mancher auf der Burg zu Nürnberg schaudernd betrachtet hat, nichts anzuhaben vermochten, dies« unbeugsamen Rebellen wider göttliches Wort und menschliche Obrigkeit, die verwies der zürnende Fürst mü Recht aus seinem Lande. Und wenn zur Zett jeder andere und altruistisch wie jeder andere. Und so müssen wir uns fragen: Sind die Männer, die an der Spitze jener Unternehmungen stehen, kühl und unberührt geblieben, als sie sich sagen mußten, daß ihr Vorgehen Hunderte von Existenzen vernichten werde? Einer der beteiligten Herren, der Geheime Bergrat Schultz, hat da rauf die Antwort gegeben. Dieser Herr hat in der Gene ralversammlung der Aktionäre des Bochumer Vereins be hauptet, die Erregung in den betroffenen Kreisen sei ein Produkt der „Verhetzung" und das Erliegen von Kohlen zechen sei ein „naturnotwendiger Prozeß". Es wird dem Herrn Bergrat schwerlich gelingen, als eine Naturnot wendigkeit hinzustellen, was in Wirklichkeit lediglich ein geschäftlicher Schachzug ist. Bei einigen der ausgekauften Zechen soll sachkundigen Berichten zufolge ein Kohlen bestand vorhanden sein, der noch auf die Dauer von etwa zwanzig Jahren einen rentablen Betrieb ermöglichen würde. Wir sind natürlich nicht in der Lage, aus der NedaktionSstube heraus zu beurteilen, ob vielleicht die einzelnen Unternehmungen unter der kor« mnjsur« einer wirtschaftlichen Notwendigkeit handeln. Sehr erbaulich wirkt zwar die Aeußerung deS Herrn Schultz gerade nicht, aber schließlich erkennen wir auch in ihr nur einen Aus- läufer der veralteten manchesterlichen Doktrin, die alle wirtschaftlichen Bewegungen „notwendig" und „harmo nisch" fand. Wir hüten uns deshalb davor, über das Vor gehen der Gesellschaften den Stab zu brechen, aber wir können unS freilich auch nicht verhehlen, daß die Unter nehmer nicht daran denken, von der modernen Methode des Bauernlegens, das sie bei den Feudalen so entrüstet zu verurteilen pflegen, Abstand zu nehmen. Wir möchten nur eine andere Frage stellen, und diese lautet: Wie ver- hält sich der Staat dazu, daß die Gesellschaften eine ganze Arbeiterbevölkerung expropriieren? Die agrarische Presse zetert über die Landflucht, der Kanzler verkündet ein Programm der inneren Koloni sation, wir schaffen Ansiedelungsgesetze, projektieren eine Heimstättenpolitik, -ie Parteien mühen sich um -ie Wette in sozialpolitischer Fürsorge ab, und nun sieht die Regie- rung mit gekreuzten Armen Vorgängen zu, die als uner- hört bezeichnet werden müssen und für die hundert Jahre europäischer Geschichte keinen Parallelismus aufweisen. Wir haben lange gezaudert, bevor wir uns zu der Er örterung des leidigen Themas entschlossen, das vor unge fähr vierzehn Tagen zum ersten Male in einem führen den Blatte besprochen wurde. Jetzt endlich wird aus Essen gemeldet, daß der Regierungspräsident von ArnS- berg die in Frage kommenden Landratsämter zur Be- richterstattung aufgefordert habe. Vermutlich werden nach der Berichterstattung Erhebungen angestellt werden, dann werden die Behörden in ernste Erwägungen ein treten, hierbei werden sich gewichtige Bedenken geltend machen, diese Bedenken werden eingehende Ermittelungen erfordern, zur Begutachtung dieser Ermittelungen wird die Vernehmung von Sachverständigen notwendig werden, und wenn die Regierung dann zu der Ueber- ver wriirch-ftpsnirae firieg. Der Uebergang des Dampfers „Fürst BiSmarck" von der Hamburg-Amerika-Linie in russischen Besitz wird ge- wissen ausländischen Blättern wieder erwünschten Anlaß bieten, die Neutralität Deutschlands anzuzweifeln und nachzuweisen, -aß Deutschland die Pflichten der Neutrali tät durch den Besitzwechsel des Schiffes verletzt habe. Es wird den Vertretern dieser Ansicht wenig angenehm sein, zu erfahren, daß die japanische Gesandtschaft in Berlin ihre Ansichten nicht teilt. Man ist auf der Ge sandtschaft der Ueberzeugung, daß es sich um em reines Handelsgeschäft der Hamburg-Amerika-Linie handelt und hat sirr alle Haarspaltereien völkerrechtlicher Theoretiker lediglich ein Lächeln übrig. „Es liegt nicht der geringste Grund vor, den Verkauf des „Fürst Bismarck" irgendwie als eine Handlung aufzufassen, der auch nur die geringste Bedeutung zukommt", so wurde einem Vertreter der „Nationalztg." auf der Gesandtschaft erklärt. „Von einem gewissen Standpunkt aus sehen wir den Ankauf guter Schiffe durch Rußland sogar gern: Die Russen kaufen die Schiffe, und wir kapern sie." Inzwischen hat auch der Norddeutsche Lloyd, wie uns aus Bremerhaven gemeldet wird, seinen Salonschnelldampfer „Kaiserin Maria Theresia" verkauft. DaS Schiff, daS sich auf seiner dritten Orientgesellschaftsreise befindet, wird bei seiner Ankunft in Genua von seiner deutschen Mann- schäft verlassen werden. Der schlanke, 546 Fuß lange und 52 Fuß breite Dampfer wurde 1900 auf dem „Vulkan" zu Stettin erbaut. Mit seinen 17 500 Register tonnen Raumgehalt, seiner Maschinenstärke von 8290 Pferdekräften und seinen drei mächtigen Schornsteinen v»r Mchtigrte v»» lagt. * Die Beratung über die sächsische Wahlreform ist von der Kammerdeputation in erster Lesung zu Ende geführt worden. Fü, die in der Denkschrift vorgeschlagenen Grundlinien soll kein« einzige Stimme abgegeben worden sein. * Gonveraevr Leatwein meldet au» Okahandja, daß die Hauptabteilung unter Oberst Dürr Donnerstag nach mittag voa Okahanvja au» den Vormarsch auf Otjosasu an getreten hat. * Der Ständerat der Schweiz nahm einstimmig ei« Gesetz au, durch welche» die verherrlichuag auarchi- stischer verbreche» mit Gefängnis bestraft wird. Morgen-Ausgabe Mora«.«-»gäbe, ohne Postbef^danm» , mit Poftbrsdrdenmg . Anzeisev-Prers die Sgespaltene Pettt-eile Ev ««zeigen find -et» mdteExpEon »»richt«. Di« Expedition iss wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 HÄ abend» 7 Uhr. Drnck nnd Verlag von G. Gott in Leipzig ignh. vr.K «. »ttnkharb^ z Neklom«, «nwr dem Nebattil»»-r«ch MtlpWktCWtdlass Anzeiger. Limtsölatt »es Königliche« Land- n«d des Königliche« Amtsgerichtes Leipzig, des Nate» nnd des Nolizeiamles der Ltadt Leipzig. «MMB-veeU HMtpGGMcko GroStzom -«PP-Siltole Varlm:
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