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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 12.09.1903
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1903-09-12
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19030912016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1903091201
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1903091201
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1903
- Monat1903-09
- Tag1903-09-12
- Monat1903-09
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Tabellarischer und Zifsernsap entsprechend höher. — Kebühren für Stachweisungen unk Offerteuanoahme 25 (excl. Porto). Ertra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesörderung SO.—, mit Postbesörderung 70.—. Ännahmeschluß für 2iuzeigeu: Abend-Ausgabe: Vormittag- 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag- 4 Uhr. Anzeigen sind stets au di« Expedition zu richten. Die Spedition ist Wochentag- ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi- abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Potz iu Leipzig. 97. Jahrgang. Architekten und Ingenieure vor Gericht. k. Die Baukunst wird als eine freie Kunst bezeichnet nicht in dem Sinne, daß, wie es leider geschieht, ein Jeder sie auSübeu kann, sondern weil sie eine Kunst darstellt, die sich frei entwickeln und entfalten kann nach der schöpferischen Idee deS mit ihr vertrauten Künstlers. Die auf Hoch- und Tiefbauten ausgedehnte Bautechnik ist an Material und gewisse Regeln, die Resultate physi kalischer und mathematischer Erörterungen und Erwägungen, gebunden. Hieraus entspringt der Unterschied zwischen Bau kunst und Bautechnik. Der Künstler entwirft, der Bau techniker berechnet. Für große Bauten, insbesondere monumentale Hochbauten, trennt man oft diese Arbeiten und läßt dem berufenen Künst ler Gelegenheit zur Entfaltung der freien Baukunst, besonders in der äußeren Architektur, während man für die Sicherheit der Konstruktionen einem technisch gebildeten Baumeister die Verantwortung überträgt. Auch für Bauten der Jngenieurkunst tritt zuweilen eine solche Unterscheidung ein, indem die Hüttenwerke vielfach die Durcharbeitung von Eisenkonstruktionen übernehmen und für sparsame Materialverwendung bei genügender Sicherheit haften, nachdem vom Ingenieur der Entwurf einer großen Brücke oder Halle aufgestellt worden ist. Aus diesen Verhältnissen entspringt für Architekten und Ingenieure vielfach eine zivilrechtliche Verantwortlichkeit, für die der Verband der deutschen Architekten- und Ingenieur vereine bereits im Jahre 1888 Bestimmungen berausgegeben hat. Maßgebende Rechtsgelehrte haben dieselben als geeignet bezeichnet, die Verantwortlichkeit der Architekten und Ingenieure auf ein angemessenes und billiges Maß zurückzuführen, während Architekten und Ingenieure nach bestehenden gesetzlichen Bestimmungen ohne besondere vertragliche Festlegung ibrer Verantwortlichkeit, unter un günstigen Umständen auch ohne entsprechende« eigenes Ver schulden, in einem Maße herangezogen werden können, das in keinem Verhältnis steht zu den vom Bauherrn dem Archi tekten oder Ingenieur gewährten Gegenleistungen. ES war nun in Frage gekommen, ob diese vom Verbände aufgestellten Bestimmungen infolge der Einführung de« deutschen bürgerlichen Gesetzbuches einer Aenderung zu unter werfen sein würden, doch hat die in diesen Tagen in Dresden abgehaltene Versammlung der Abgeordneten des Verbandes diese Frage verneint und den Fachgenossen empfohlen, allen Verträgen mit Bauherren die im Jahre 1886 aufgestellten Bestimmungen unter geringfügigen redaktionellen Aenderungen zu Grunde zu legen. Erscheinen in der vorstehend bezeichneten Richtung hin nicht selten Architekten und Ingenieure vor dem Zivil- oder Strafrichter als Angeklagte, so kommt es doch weitaus häufiger vor, daß die Richter aller Instanzen die gelernten Bautechniker als Sachverständige berufen, oft in Angelegen heiten, die auch dem gelehrtesten Rechtskundigen gänzlich fremd erscheinen müssen und ohne Mitwirkung der Techniker nicht entschieden werden können. Es ist nun schon seit längerer Zeit von den mit Hoch schulbildung versehenen Architekten und Ingenieuren recht bitter empfunden worden, daß für eine derartige wichtige, ost recht schwerwiegende und aufregende Mitwirkung an der Rechtsprechung den Architekten und Ingenieuren Gebühren zuerkannt werden, die sich mit denen für Zeugen aller Berufsstände decken und gegenüber den Gebühren, welche Rechtsanwälte erheben dürfen, recht minimal erscheinen. ES haben sich deshalb die Bautechniker mit Hochschul bildung wiederholt beschwert gefühlt und sich unter einander beklagt, besonders über Handhabung der Gebührenordnung vom 30. Juni 1878, die zwar in Z 4 eine Handhabe zur Gewährung eine» angemessenen Honorar» bietet, aber von vielen Richtern dadurch unanwendbar gemacht wird, daß sie die betreffende Berichterstattung und Begutachtung nicht al» für einen „schwierigen" Fall gegeben anerkennen wollen. Nur für diese, nicht aber für die gewöhnlichen Fälle läßt die Gebührenordnung eine Honorierung „nach dem üblichen Preise" zu und Richter wie Kassenbeamte der Gerichte verlangen häufig auch bei schwierigen Fällen die Berechnung nach Stunden, damit sie durch Multiplikation der Stunden gebühr mit 2 (der Gebührensatz pro Stunde beträgt 2 ^tk) die Richtigkeit de« Gebührenansatzes prüfen können. E» wird wohl von vielen Richtern, ebenso wie von Prozeßführenden und ihren Rechtsanwälten anerkannt werden, daß in vielen Fällen da« Urteil der Sachverständigen von großer Wichtigkeit ist und daß nicht selten die Abgabe desselben rin Maß von tech nischem Wissen erfordert, für dessen Bekundung man ein Stundenhonorar als kläglich bezeichnen kann. Der Verband deutscher Architekten- und Ingenieur-Vereine hat daher mit dem Verein deutscher Ingenieure diese Angelegenheit beraten und der eingesetzte Ausschuß hat vorgeschlagen, eine bezügliche Eingabe an da» Reichsjustizamt zu richten. Geht man dabei auch davon au«, daß in den gewöhnlichen Fällen die Recht sprechung nicht durch Erhöhung der Sachverständigengebühren verteuert werden möge, so glaubt man doch, daß die „schwie-! rigen Fälle" der Rechtssprechung auch den zur Abgabe von Gutachten zugezogenen Architekten und Ingenieuren zu gute kommen dürfen und daß bei den oft erheblichen Objekten der Prozesse eine entsprechende Erhöhung der Gebühren nicht als bedenklich in Frage kommen könne. Acußerliche Gründe haben die Hauptversammlungen beider Bereinigungen abgehalten, sich schon in diesem Jahre über den Entwurf der Eingabe schlüssig zu machen, doch wird vor aussichtlich der eingesetzte Ausschuß weiteres Material sammeln, so daß die Gebührenfrage dem ReichSjustizamte bald wird unterbreitet werden können. Betriebssicherheit und Personalausbildung bei den lächsilchen Slaatseisenbahnen. Der unter dieser Ueberschrift in unserer Nr. 421 (Morgenausgabe vvm 20. August d. I.) veröffentlichte und auch in andere Zeitungen übergegangene Artikel, der eine noch zweckmäßigere Ausbildung der Eisenbahn-Betriebs beamten in Lachsen befürwortet, hat auch in den Kreisen Beachtung gefunden, für die er bestimmt war. Aus diesen Kreisen gehen uns fetzt über jene Ausbildung die folgen den tatsächlichen Mitteilumgen zu, die besonders durch ihren Schlußsatz befriedigen: Als Anwärter für den mittleren Eisen bahndienst auf den Stationen werden in der Regel nur solche Bewerber angenommen, welche die Ab gangsprüfung auf einer Realschule oder auf einer nach Bestimmung des kgl. Finanzministeriums den Realschulen in dem Lehrziele gleichstehcnden Unterrichtsanstalt des deutschen Reiches bestanden oder ein Gymnasium oder Realgymnasium -es deutschen Reiches wenigstens bis einschließlich Untersekunda mit Erfolg besucht haben. Diese Anwärter werden zunächst alsDiätisten ein gestellt und einem zweijährigen AusbildungS- und Probe dienst unterworfen. Die Ausbildung während dieser Zeit erfolgt durch Beschäftigung in verschiedenen Dienst zweigen, und zwar in der Regel so, daß in angemessenen Zeitabschnitten nacheinander im 'Telegraphendienste, im Wagen- und Güterschreiberdienste, im Fahrkarten- und Gepäckdienste, im Güterabfertigungsdicnste, im Rech nungswesen und bei der Material- und Inventar verwaltung Beschäftigung stattfiudet. Hierbei sind die betreffenden Dienstvorstände ver pflichtet, den Lernenden hülfreich an die Hand zu gehen und die nötigen Belehrungen zu geben, namentlich auch die für die einzelnen Dienstzweige geltenden Dienst vorschriften zu erläutern. Diejenigen Diätisten, die sich während des Probedienstes strebsam und genügend be fähigt erwiesen haben, werden nunmehr mit der Absicht auf dauernde Beibehaltung als Aspiranten eingestellt und für ihren künftigen Dienst als Beamte weiter aus gebildet. Diese Ausbildung erstreckt sich auf eine nnn- destens zwölfmonatige Beschäftigung in einer größeren Güterverwaltung, eine sechsmonatige Beschäftigung im Block- und Stellereidienste und eine mindestens sechs monatige Beschäftigung im äußeren Stationsdienste bei verschiedenen Stationen: selbstverständlich wieder unter spezieller Aussicht und Anleitung durch die Dienstvorstünde. Zur selbständigen Ausübung des äußeren Sta tt o n sd i e n st e s werden nach besonderer Vorschrift nur solche ältere Aspiranten herangezogen, denen bereits eine genügende Ausbildung zu teil geworden ist. Nach Abschluß der Ausbildung als Aspirant, die in der Regel vier Jahre beansprucht und über die schriftliche Nachweise geführt werden, haben sich die Anwärter vor einer Prüfungskommission bei der Kgl. Generaldirektion einer Prüfung zu unterziehen, wobei sie die für ihre zukünftige Beamtenftelluna im mittleren Eisenbahndienste nötige Befähigung und die erforderlichen Kenntnisse nach- zuweisen haben. Wer diese Prüfung nicht besteht, kann nur als Dta- tionsgehülfe weiter beschäftigt werden, oder in eine Be amtenstellung -es unteren Dienstes «inrücken, voraus gesetzt, daß er die nötige Eignung für Liese Stellung be sitzt und nachweist. Ebenso wie für das Personal des mittleren Eisenbahndienstes ist auch bei dem unteren Personal vor der Verwendung an verantwortlicher Stelle in Gemäßheit der vom BundeSrate des deutschen Reiches erlassenen Bestimmungen über die Befähigung der Eisen bahnbetriebsbeamten ein Probe- und Ausbildwngsdienst nötig: nur ist derselbe naturgemäß weniger umfassend, sondern mehr auf eine bestimmte Tätigkeit gerichtet. Zur regelmäßigen Belehrung und Prüfung des im äußeren Dienste beschäftigten unteren Personals sind für den Bereich der sächsischen Staatseisenbahnen besonders praktisch erfahrene Beamte bestellt, denen ausschließlich ob liegt, an der Hand der Dienstvorschriften Belehrungen und Prüfungen namentlich aus dem Bereiche des Signal wesens, des Rangierdienstes, der Sianal- und Weichen stellereien usw. Vorzunehmen, bestehende Zweifel aufzu klären und dem Personal di« Verantwortlichkeit des Dienstes immer erneut zum Bewußtsein zu bringen. Mit den Fabrbcdien steten werben überdies In st ruktions stunden durch die Vorstände oder geeignete Assistenten der Fahrdienststationen abgehalten, wobei namentlich der Verkehr zwischen dem Personal und den Reisenden behandelt wird und Fäll« besprochen wer den, in denen dieser Verkehr sich erfahrungsgemäß schwierig gestaltet. Wie bei den mittleren Beamten, so wird auch bet den unteren Beamten die «tatsmäßige Anstellung von dem Bestehen einer besonderen Prüfung abhängig gemacht. Alle diese Maßnahmen haben sich bewährt und dazu ge- führt, daß die sächsischen StaatSeisenbahncn über ein im allgemeinen wohl unterrichtetes und den Anforderungen des Dienstes geivachsenes Personal verfügen. Selbstverständlich wird die Vervollkommnung der Ausbildung von der StaatSeifenbahnverwaltung immer im Auge behalten und nach Befinden durch weitere Verfügungen gesichert werden. I Deutsches Reich. H Leipzig, 11. September. Nachdem die „Magdeb. Volksstimme" dem bisherigen Parteisekretär der national sozialen Partei, I)r. Maurenbrecher, bestätigt hat, daß ihm auf Grund seines vorbehaltlos-sozialdemokra tischen Glaubensbekenntnisses der Ehrentitel „Genosse" nicht länger vorenthalten zu werden brauche, approbiert ihn jetzt auch die „Lcipz. Volksztg.". Sie rühmt die „Wärme und Wahrhaftigkeit" seiner Erklärung, die sie aber „wegen Raummangels" nicht abdruckt, und schreibt dann: „Es ist ein unglückliches Zusammentreffen, daß sich der Eintritt des Genossen Maurenbrecher in die Partei zu einer Zeit vollzieht, wo sich ein gewisses Miß trauen gegen bürgerlichen Zuzug, speziell auch von nationalsozialer Seite, geltend macht: umso mehr halten wir uns verpflichtet, hervorzuheben, daß nach unserer Kenntnis der Dittge (Genosse M. ist ein Leip ziger Kind) sein Uebertritt aus rein idealen Beweg gründen erfolgt. (Aus welchen denn? D. Red.) So wenig wir ihn voreilig willkommen heißen, so sehr sind wir überzeugt, daß er jenes Mißtrauen, falls es sich auch gegen ihn geltend machen sollte, im Dienste der Partei nicderzuarbciten verstehen wird." * Leipzig, 11. September. Wir hatten uns erlaubt, einigen Zweifel an -er Aufrichtigkeit des von der „Köln. Volkszeitung" dem Kaiser ob seiner Merseburger Lutkerrede erteilten Lobes zu hegen und damit nicht hinter dem Berge zu halten. Daran taten wir recht, wie jetzt die klerikal« bayerische Presse beweist, die so hohe staatsmännische Parkett politik, wie ihre vornehme rheinische Kollegin, nicht treibt und deshalb in diesem Falle sagt, was sie denkt. In dieser Kürassierstiefcl-Presse (um mit Herrn Lieber seligen An gedenkens zu reden) acht ein Artikel um, in dem es heißt: „Einem bayerischen, österreichischen oder überhaupt einen« Regenten, dessen Untertanen im religiösen Glauben uneins sind, würde es niemals einfallen, durch den schärfsten Ausdruck seines subjektiven Empfindens den großen Bruchteil seiner Unter tanen, die anderen Glaubens sind als er, zu verletzen. Wie ängstlich befleißigen sich alle Monarchen in dieser Hinsicht der größten Zurückhaltung, und wie übel würde eS beispielsweise einem Könige von Sachsen angekrcidet werden, wenn er als Katholik solche Worte gebrauchen wollte, w i e sie der Kaiser als Protestant gesprochen hat. Könnte er überhaupt noch länger König von Sachsen sein? Wir glauben, diese Frage ruhig ver neinen zu können. Was aber den Protestanten recht ist, muß den Katholiken billig sein." Wir teilen dies hauptsächlich zur besseren Information einer sächsischen ultramontanen Zeitung mit, deren Namen wir nicht gern nennen, um ihr keine Freude und über große Ehre anzutun. Berlin, 11. September. (Das Zentrum im O st e n.) Eine Betrachtung über die vorbereitende Tätig keit der Parteien zu den bevorstehenden Landtagswahlen entlockt der „Köln. Volksztg." die Klage, daß das Zentrum in den östlichen Provinzen sich gar nicht rühre. Das Blatt weist dabei darauf hin, daß auch bei den Reichstagswahlen das Zentrum infolge seiner Saumseligkeit in den östlichen Provinzen bedauerliche Schlappen erlitten habe, so in Danzig-Land, Deutsch-Krone und Könitz. Das seien doch ganz unhaltbare ZustänLe. Die Auffassung des rheinischen Blattes von der Saumseligkeit seiner Partei genossen im Osten ist eine ganz äußerliche. Der Grund liegt tiefer, nämlich darin, daß das Zentrum durch seine bekannte Haltung in der Polenfragc die Katholiken in der Ostmark in drei Teile zersplittert: 1) in einen solchen, der der Partei treu bleibt: 2) in einen, der für die Polen ein tritt: 3) in einen, der, angewidert von der undeutschen Haltung des Zentrums in der Polenfrage, sich Len andern deutschen Parteien am'cbließt. Die „Köln. Volksztg." hätte -außer den drei von ihr angeführten Wahlkreisen auch noch Lissa-Fraustabt erwähnen können, der mit jenen Kreisen Las Gemeinsame hatte, daß den Zentrums bewerbern ein polnischer Kandidat gcgenüberstand. So erhielt der polnische Bewerber in Danzig-Land 1400 Stimmen, und es ist höchst wahrscheinlich, daß dank der polnischen Sonderkanüidatur das Zentrum bei den nächsten Wahlen von der Sozialdemokratie aus Ler Stichwahl hcrausgedrängt werden wird. Die Kreis« Deutsch-Krone und Könitz sind für das Zentrum von geringerer Be deutung, weil in dem ersteren Wahlkreise stets ein deutsch nationaler Bewerber, in Könitz aber immer ein Pole ge wählt wird. Am meisten tritt die Dreiteilung der katho lischen Wähler im Wahlkreise Lissa hervor. Dieser Kreis hat von 1898 bis 1903 dem Zentrum gehört, ist aber dies- mal von einem reichsvarteilichen Bewerber gewonnen worden. Zentrum und Polen, die bei der vorigen Wahl zusammengegangen waren, stellten diesmal gesonderte Kandidaten auf, ein Teil der Katholiken stimmte also für den polnischen Bewerber, ein anderer kür Len Zentrums mann. Daß ein dritter Teil von beiden Parteien nichts missen will, sondern gegen Polen und Zentrum stimmt, zeigte sich infolge der diesmal feiten» der Freisinnigen ziemlich stark geübten Wahlenthaltung nicht so sehr, wie 1893. Damals erhielt der Pole 2800 Stimmen, der Zen» trumSmann 1500, zusammen also 4300. Demgegenüber kam der Reichsparteiler auf 3700, der freisinnig« Bewerber auf 2600, zusammen also 6300. Diese beiden Parteien waren also dem Zentrum und den Polen um 2000 Stimmen über- legen, obwohl der Wahlkreis zu 60 Prozent katho lisch ist. Daraus geht zur Evidenz hervor, daß ein sehr bedeutender Teil der Katholiken weder klerikal, noch pol- nisch gesinnt ist, sondern lieber mit den Konservativen oder den Freisinnigen geht. Sehnliches läßt sich vom Wahl kreise Meseriv-Bomst und andern nachweisen. Das Zen- trum befindet sich in der Ostmark in einer Zwitter stel l n n g: die Deutschen, auch vielfach solche katholischer Konfession, sehen in ihm einen Gegner, weil es in den Parlamenten und in der Presse fast immer die Lache der Polen verficht, die Polen hinwiederum betrachten das Zentrum trotz aller seiner KreundschastSbekundungen, doch als eine deutsche Partei, die als solche bekämpft werden muß. Nähme das Zentrum klar gegen Las Polen- tum Stellung, so sind wir überzeugt, Laß eS In der Ostmark viel besser abschneiden würde, weil es wohl den weitaus größten Teil der Deutchen hinter sich hätte. Tast aber gerade Katholiken der Ostmark, die Loch die Polen frage bester zu beurteilen vermögen, als die Zentrums männer am Rheine, mit dem Zentrum in Liefer Frage nicht übereinstimmen, ist die schärfste Verurteilung der Haltung Les Zentrums. /S. Vertin, 11. September. (Friedensidee und Welfentum.) Das hannoversche Welfenoraan erfreut sein Publikum durch eine Uebersicht über die Geschichte der Ver drängung der Friedensidee und des Völkerrechtes durch Erhebung der Macht zum politischen Hauptfaktor. Wir sagen absichtlich „erfreut", denn die Uebersicht des WelfenblatteS besteht in dem „Nachweise", daß durch die Machtpolitik Brandenburg-Preußens von den Tagen des Großen Kurfürsten an bis zum Jahre 1866 Friedensidee und Völkerrecht verdrängt worden feien. Es wird manchen geben, den die hier Branden burg-Preußen zugeschriebene weltgerichtliche Rolle einiger maßen in Erstaunen setzt. Ist doch die Macht politik Brandenburg-PreußenS als eine isolierte schlechter dings undenkbar und in ihrem Wesen durchaus nickt ver schieden von der Machtpolitik Hannovers selbst, das beispiels weise die Erlangung der Kurwürde nickt ohne Anwendung von Gewalt gegenüber der Wolfenbütteler Vetternschaft durch setzte. Aber dergeschichtSplnlosophischeStandpunkt des hännover- fchen WelfenblatteS hat seinen wohlberechneten Zweck; er erhellt aus folgender Schlußausfübrung: „Der Versuch, das Reckt wieder über die Gewalt zu setzen, wird immer scheitern, so lange die Eroberung als Rechtsgrund von Annexionen gilt. Der Friedensgedanke in seiner weltbealückenden Bedeutung muß folgerichtig dre Aufhebung d es Unrechts von 1866 zur Grundlage haben. Die Krone Preußens würde im reinsten Lickte erstrahlen, wenn ihr erhabener Träger den hockherzigen Ent schluß faßte, in obigem Sinne den von aller Welt ersehnten wahren Frieden besser und fester als durch Kriegsrüstungen zu begründen; die Weltgeschichte träte damit in eine neue Aera des Völkerrechts ein und würde deren Wiederhersteller höher preisen, als irgend einen seiner Vorfahren." — Kann cs einen absurderen Gedanken geben, als die Meinung, die welt politischen Machtfragen der Gegenwart würden durch die Wieder-. Herstellung der im Jahre 1866 annektierten deutschen Staaten aus der Welt geschafft werden? Ist eine derartige Annahme vollkommen grundlos, so entbehrt jene welfische Forderung auch gänzlich der Logik. Denn kann das Recht über die Gewalt erst dann gesetzt werden, wenn die Eroberung nicht mehr als Rechtsgrund von Annexionen gilt, dann darf Preußen bei der Wiederherstellung der im Jahre 1866 annektierten deutschen Länder nrcht stehen bleiben, sondern muß, weil es auch früher schon Eroberungen gemacht hat, alles herausgeben, was es auf gründ dreser früheren Eroberungen besitzt! Daß dem hannoverschen Welfenorgane die logische Folge seiner ge schichtsphilosophischen Auffassung^ verborgen geblieben ist, erklärt sich zur Genüge aus der iDelbstsucht des Welfentums: bat erst das ehemalige Königreich Hannover durch Wieder herstellung sein „Recht", dann hat damit das Recht schlechthin triumphiert und die Verdrängung der FriedenSibee aufgehört. DiKoilv sativum von soriborv. * Berlin, 11. September. (Die Verpflichtung zur Aufnahme einer Berichtigung straf- barcnJnhaltes.) In einem Artikel der „Fränkischen Tagespost" war berichtet worden, daß der Magistrat der Stadt Scheinfeld aus Betreiben eines Geistlichen einer Frau in deren Abwesenheit vom Hause ihre drei Kinder habe wegnehmen und in eine Zwangserziehnngsanstalt schaffen lassen. Der Pfarrer und der Bürgermeister sandten hierauf ein« Berichtigung, deren Auf nahme verweigert wurde, weil sie sich nicht auf tat sächliche Angaben beschränkte und schwere Be leidigungen gegen die betreffende Krau enthielt, in- dem behauptet wurde, daß si« einen schäm- unL sittenlosen Lebenswandel führe usw., auch gedroht habe, Laß sie die Kinder eher vergiften werde, als daß si« dieselben in die Anstalt schaffen laste. Um keine strafbare Handlung zu begehen, wurde die Aufnahme dieser Berichtigung ab gelehnt. Das Gericht stellt« sich jedoch auf einen andern Standpunkt und kam zu einer Verurteilung, in- dem es auSsprach, daß, wenn auch die erwähnten Borwürfe beleidigender Natur seien, di« Einsender Loch zweifellosgedeckt seien Lurch den 8 193 Les Straf gesetzbuches. Die nachträgliche Aufnahme der Berichtigung wurde angeordnet und der Redakteur zu 20 Geldstrafe verurteilt. Dieses Urteil ist zweifellos ungesetzlich. Der 8 11, Abs. 1 des Gesetzes über die Presse lautet: Der verantwortliche Redakteur einer periodischen Druckschrift ist verpflichtet, eine Berichtigung der in letzterer mit geteilten Tatsachen auf Verlangen einer beteiligten öfsent. lichen Behörde oder Privatperson ohne Einschaltungen oder Weglassungen aufzunehmen, sofern die Be richtigung von dem Einsender unterzeichnet ist, keinen st rafbarenJnhalthat und sich auf tatsächliche Angaben beschränkt. Außerdem kam eS wicht darauf an, ob der Einsender der Berichtigung Lurch den § 193 gedeckt wäre, sondern darauf, ob Ler beklagte Re dakteur im Falle der Aufnahme eine solch« Deckung hätte. Und was Len auten Glauben deS Richters an Len „zweifellosen" Schutz durch 8 IW Les Strafgesetzbuches be trifft, so dürste Lessen fast grundsätzliche Nichtanwendung gegenüber der Presse genüaend bekannt sein. Ist «s doch vorgekommen, -aß ein Redakteur Lurch gerichtliches Ur teil zur Aufnahme einer beleidigenden Berichtigung gc- zwungen worden war und darauf in Strafe wegen Be leidigung verfiel. D Berlin, 11. September. (Telegramm.) Mit Be zug auf die Behauptung der „Frankfurter Volk-stimme", daß der preußische Justizminister an die St aatSanwälte eine Verfügung erlassen hätte, die f»ti«l»enrskr«tsche Presse g^
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