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02-Abendausgabe Dresdner Nachrichten : 23.02.1910
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1910-02-23
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19100223024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1910022302
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-19100223
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1910022302
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Nachrichten
- Jahr1910
- Monat1910-02
- Tag1910-02-23
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Hauptgeschäftsstelle: Marienstraste 28/10. »xescinex kank ^KtienKapilLl unä KS86NV6N 23l'/r ^/lül. k/IK. smptiökl» ist,'6 Orvsckvll-a., LörUx ckostallll-Ltrasss 3 „ „ Vrassr Lt-rasss 3S:.: Vrosckon-Ik^ Sautunor Strasso 3 :.: lAsisson nnck LökLsodsobrociu. :.: :.: Mittwoch, 23. Februar 1910. Fernsprecher: 11 . 2«»« . »631. Anieigrn-Tarif Annahme von Ankitn digmiqen nachm. U Uhr. Sonntags nur Marienstraße 38 von 11 dt- ' Uvi Tie einjpalltfte Ärunl^ite ico. 8 Lilben) 25 4>s., Faulitien. sachlich,.,» nuö Trcodcn -ü Nt i tÄeschaslS A»zeigen aus der ^nratieite Zei'.e 30 Ps.; die giveljpaiuge Zeile a. Textseite 60 Pj. — In Nummern nach Soun" Feiertagen die einspaltige Grund- zejl« 30Ps . aus Privat seile ^OPs., Familicn- Nachnchten a. Dresden die Gr mwzeile 25 Ps. — AuÄwürtige Austrage nur gegen vorauSb, »al-lung. — Jedes Be- legdlatt kostet 10 Ps. Lsreilllaßsen, L.ullLkmv nur VorninsuuA. Ledeclc-Verlredr, Lröüuuuk von Lcstoekkoutön. 'Wertpapiere, ^u- unck Verkauf, LeleiduQx. Loupons, ststnläsun^ uml Vvicvortnns;. :.: Depots, ^utliLwukruux ositznei u. vorsaststWsbsiei. Lreckilbriete uuk »Ile I1üUs,tp!üt/.o 6er >Volt. :.: DtLev eel'iSo Lefev. Geh. Kommerzienrat Theodor Menz ist nach längerem Krankenlager heute früh in Bordighera ge storben. Zur Reform der Ersten Hammer bringt die offiziöse „Leipz. Zig." einen Artikel, der sich in der Haupt sache gegen die Behandlung der Frage durch die National liberalen wendet. Minister Graf v. Achrenthal traf heute früh in Berlin ein. Im Berliner Stadtbahnhos Beusselstraste explo dierte heute früh der Kessel der Lokomotive eines etnlaufenden Nordringzuges. Der Zustand des Wiener Bürgermeisters D r. Lueger ist sehr ernst. Neuerte vrMmelMngen vom 22 Februar. Graf Achrenthal in Berlin Berlin. Der österreichisch-ungarische Minister des Aeutzeren Graf v. Achrenthal ist heute früh hier eingetroffen. Berlin. Der österreichisch-ungarische Minister Graf Aehrcnthrrl stattete heute vormittag dem Reichs kanzler einen Besuch ab und verweilte HL Stunde' bei ihm. — Um 12>^ Uhr empfing der Kaiser den Grasen Achrenthal in Audienz. Beim Kaiserpaar fand um 1 Uhr Frühstückstafel statt, an der auch Prinzessin BtLtoria Luise, -er Reichskanzler, Staatssekretär Freiherr von Schoen, der österreichisch-ungarische Botschafter u. a. tcil- nahmen. Wien. Zu dem Besuch des Grasen A c h r c n t h a l schreibt die „N. Fr. Pr.": „Ganz besonders wird die Be deutung dieses Besuches gehoben durch die schwungvolle Begrüßung, die dem Grafen Aehrenthal am Vorabend vor seinem Eintreffen in Berlin in der „Nordd. Allg. Zig." zuteil wird und in welcher die Bedeutung der Allianz zwischen Oesterreich-Ungarn und dem Deutschen Reiche, wie sic sich in unvergessenen Ereignissen von historischer Bedeutung bewährt hat, in einer so warmen und herzlichen Weise gefeiert wird, daß man weithin anshorchen wird. Wenn Graf Aehrenthal und -Herr v. Bethmann-Holliveg aktuelle Fragen der europäischen Politik besprechen werden, wirb in allen ihren politischen Besprechungen der Dreibund die gleiche unveränderliche Summe sein, die jedem Kalkül und jeder Kombination als Grundlage dient." Das Blatt schließt: „Nach wie vor bleibt die Üebcrcinstimmnna der Politik Oesterreich-Ungarns und Deutschlands eine der un abänderlichen Tatsachen der europäischen Politik. dieItürksie Stütze des Friedens, das Bleibende in allem Wandel und Wechsel nnrnhevollcr Tage." Aus Frankreich. Paris. In der Marinckommission der Kammer er örterte der Martncministcr den neuen Tnv des Panzer schiffes von 23 4NV Tonnen und erklärte, er sei bereit, der Marine eine homogene Flotte durch den Bau eines ersten Geschwaders von sechs Panzerschiffen zu geben.- Die Gesamtbauzcit jeder Einheit werde drei Jahre nicht! überschreiten. i Kuim «ncl MrrenrcdsN. f* Ceutral-Theatcr. Karl Meister, der bekannte Opercttentenor. wurde soeben vom Central-Tbeater für ein längeres Gastspiel verpflichtet. Meister tritt bereits vom Donnerstag ab als Karel in der Geschiedenen Frau auf. !* Zweites Orgelkonzert von Alfred Jittard. Unter Mitwirkung der Kgl. Kammersängerin Frau Eri ka Wede- kind gab gestern Alfred Sittard in der aut besuchten Kreuzkirche sein zweites Orgelkonzert. Johann Sebastian Bachs gewaltige, namentlich im Pedalgcbrauck wuchtige F-Dur-Tokkata bildete den Auftakt zu dem wvlilgclungc- nen, genußreichen Konzert. Max Rcgers erste Sonate für Orgel ans Fis Moll, Op. 33, war das Oracllianvtstttck des Abends. Das ans der früheren Zeit des TvnsctzerS stammende Werk ist ein echter, kraftvoll unacbändtgtcr Reger, dessen knappe Formgebung noch besonders zu rüh men ist. Geeignete Wiederholungen und Zäsuren ver bürgen eine Rundung und Ucbersichtlichkeit der Form, die die etwas einförmige Thematik des Werkes allein nicht zu erreichen imstande wäre. Vier Choral-Imvrovtsationcn aus Werk Ski von Sigfrid Karg-Elert, dem ebenfalls in Leipzig lebenden Tonsctzer, beschlossen das Konzert. Diese Choral-Improvisationen sind wohl in erster Linie für populäre Zwecke bestimmt: sic verwenden geschickt die Ehoralzeilen und geben keine härteren Nüsse zu knacken. Frau Erika Wcdekind sang, ausgezeichnet bet Stimme, erst die Arie ans der Kantate Nr. 137 von Johann Sebastian Bach mit obligater Oboe: „Gott versorget alles Leben" und zwei Gesänge des hier lebenden Tonsctzcrs Adolph P. Bochm. Diese gleich den Stücken Rcgers und Karg-ElcrtS zum ersten Male hier vorgefülirtcn. im Ber lage von Otto Iunnc in Leipzig erschienenen Gesänge suchen vor allem harmonisch zn interessieren und Neues zu bieten. Namentlich ist der Orgelsatz mit besonderer Liebe und Sorgfalt der Stimmführung behandelt. Frau Wcdekind brachte die sehr hohen Gesänge in einer Weise Paris. Die beim Vau der Lokalbahn von Alcnvon nach Mantes beschäftigten Arbeiter traten wegen verweigerter Lohnerhöhung in den A u s st a n d. Sie grif fen den Unternehmer an, der sich flüchtete, und beschädig ten mehrere Waggons einer Feldbahn, die zum Transport von Baumaterial bestimmt war. Zur Lage in England. London. Der Parlamentsbcrichterstatter des „Chronicle" schreibt, es sei nun absolut gewiß, daß die Nationalisten für das Budget nur dann stimmen werden, wenn die Regierung unbedingte Bürgschaften dafür geben werde, daß sie imstande sein werde, die das Veto recht des Oberhauses beschränkende Vorlage durchzubringen. London. „Morning Leader" schreibt: Als das Unter haus sich gestern vertagte, war es klar, daß die Entscheidung über die Weitcrdauer der Negierung nur eine Frage von Stunden sein werde. — „Tailh Telegraph" spricht sich in gleichem Sinne aus. Berlin. Der Kaiser stattete heute vormittag dem Reichskanzler v. Vethmann-Hollweg einen Besuch ab. Berlin. Als ein vom Bahnhof Wedding abgclasse- ner Nordringzug heute morgen 6 Uhr SO Min. in den Bahn hof Bensselstraße cinlief, erfolgte plötzlich eine Explo sion des Loko motivkessels. Ter Lotomotivsührer erlitt schwere Brandwunden und mußte nach dem Kranken- hnuse Moabit gebracht werden. Ter Heizer ist mit leichte ren Verletzungen an den Armen davongekommen. Der Bahnverkehr konnte ausrechterhalten werden. Die Eisen- bahndtrektton Berlin hat sofort eine Untersuchung des Falles eingclcitet. Meiningen. iPriv.-Tel.) Die Großherzogin vonSachsen-Weimar traf heute mittag gcaen ^-1 Uhr aus dem hiesigen Bahuhofe ein und wurde dort vom Herzog Georg von Sachsen-Meint« ae« emp fangen. Sie bestiegen eine zweispannige Eautvaqe, deren Pferde am Eingänge der Stadt plötzlich durch gingen. Sie durchrasten die ganze Länac der Stadt und konnten erst außerhalb zum Stehen gebracht werden. Der Herzog und die Großhcrzogin sind unversehrt und fuhren in einem anderen Wagen nach dem Residenzschlosse. Wien. Bürgermeister Dr. Lueger ist beute vor mittag in der Narkose operiert morden. Neve große Eiterherde haben sich geöffnet. Der Zustand des Patienten ist sehr ernst. Die Acrzte wachen ununterbrochen an seinem Lager. Sevilla. Der König hat ein Dekret unterzeichnet, wodurch allen wegen politischer Bergehen verurteilten Per sonen völlige oder teilweise Begnadigung gemährt wird. Pointe a Pitre lGuadclouve). 2l> OSO Arbeiter haben wegen Lohnstreitigkeiten die Arbeit c i n a c st c l l t und die Zuckcrrohrplantagen in einer Ausdehnung von 3 Hektar in Brand gesteckt. Gendarmerie mußte zum Schutze des Eigentums hcrbcigerufen werden. Die sächsische Regierung und die NationaHiveralen. Zur Reform der Ersten Kammer bringt die offiziöse „Leipz. Ztg." einen Artikel tm Anschluß an die Verhand lungen der Zweiten Kammer über die von den Nattonal- § liberalen, den Freisinnigen und den Sozialdemokraten ein- - gebrachten Initiativanträge. In der Hauptsache wendet zur Wiedergabe, daß ihr der Tonsetzer sehr dankbar sein mutz. Herr Alfred Sittard satz den ganzen Abend über an der Orgel und bewährte seine oft gewürdigten Vorzüge und technische Zuverlässigkeit sowie seine geschmack volle Registrierung wiederum in vollem Matze. Ik. I). f Der Kölner Tonsctzer Fritz Fleck führte am Sonn tag nachmittag nochmals einem geladenen Kreise in der Gesangsschule Armbrnster eine Anzahl Lieder vor, die das Können des in den Rhcinlanden schon ziemlich be kannten Tonsctzcrs abermals in günstigem Lichte zeigten. Wiederum fiel die ungewöhnlich sangliche und melodische Führung der Singstimme und die starke Stimmun'gskraft der Gesänge auf. In Frau Rahn-Rennebaum und Herrn Murschhcuser, dem Schüler Mcschaerts, hatte der jugend liche Tonsctzer vollwertige Interpreten seiner beachtens werten Kunst, die noch manches Schöne von ilim erhoffen lässt. Friedrich Chopin. Z u s e t n em 1 VN. G c b u r t s t a g a m 22. F eb r u ar 1S1 v. In jedem Hanse, wo Klavier gespielt wird, wird der Name Chopin wie der eines Hansgottcs verehrt. Als Komponist verschiedener Mazürken, Walzer, wcnn's hoch kommt einiger Notturncn und Polonäsen, wird er schwärmerisch geliebt, seine Werke erfreuen sich als gute Salonmustl besonderer Wertschätzung- Nichts ist aber verfehlter und ungerechter, als in Chopin das Ideal sogenannter Salonmusik zu sehen. Man mutz sich nur in der flachen, inhaltsleeren Klaviermusik kleine rer, aus Berlcgcrbestcllnngen arbeitender Tonsetzer aus den Wer und 3<ler Jahren umsehen, um schnell zu erkennen, wie turmhoch Chopin über diesen Schreibern steht, wie er als das Genie unter mittclmähigen Köpfen hcrvorragt. Cchopin gehörte nicht zu jenen, die sich »auf Drängen der Verleger" dazu hergaben, mit schlechter Ware d.en Geschmack des Publikums rationell zu verderben. Was Chopin eine Zcttlang bei Unkundigen in diesen Ruf gebracht hat, sind gewisse Eigentümlichkeiten seiner künstlerischen Persön« sich die offiziöse Auslassung gegen die Behandlung der Frage durch die N a t i o n a l l i b e r a l e n. ES heißt da: „Hätten die Nationatliberalen sich über die Stellung nähme der Regierung informiert, so hätten sic beizeiten das erfahren» was der Minister ihnen am 17. Februar gejagt hat, daß nämlich die Regierung in Würdigung der Be deutung der Industrie den allergrößten Wert darauf l c g t, die I n d u st r i c in der Erstcn Kammer durch hervorragende Persönlichkeiten vertrete» z n sehen. Sie hätten auch erfahren, daß bei der Vielseitigkeit der sächsischen Industrie der Regierung die Vermehrung der industriellen Vertreter in der Ersten Kammer nur er wünscht sein würde. Sic Hütten aber auch erkennen müssen, daß die Erfüllung des Wunsches in dieser Session auf er hebliche Schwierigkeiten stoßen würde und daß der Antrag daher zurzeit inopportun war. Inopportun aus d r c i c r l e i G r ü n d e n: aus persönlichen, allgemein- politischen und sachlichen. Der persönliche Grund ist der, daß bei Beginn des Landtags sich nicht nur ein neuer Minister des Innern, sondern auch rin neuer Präsident der Zweiten Kammer und neue führende Persönlichkeiten an der Spitze der nationalliberalcn und konservativen Partei gcgenüberstanden. Ehe man Vcrsassungssragen an schneidet, bei denen die Zweidrittel-Mehrheit in beiden Kammern des Landes in Frage kommt, sollten die maß gebenden Persönlichkeiten Gelegenheit gehabt haben, sich miteinander einzuarbeiten. Hätte sich nun auch dieses Einarbeiten der maßgebenden Persönlichkeiten vielleicht er reichen lassen, so fehlte es doch an einer anderen Voraus setzung gänzlich: an einer sicheren parlamentari schen Majorität. Noch heute wissen die Nationallibe- ralen nicht, ob sie sich zur Durchbringung ihres Antrags aus konservative oder sozialdemokratische Hilfe stützen wollen. Warum soll sich die Regierung über einen Initiativantrag äußern, wenn noch nicht einmal feststeht, wie sich die Parteien zu demselben stellen werden? Und nicht nur die Stellung der Parteien innerhalb der Zweiten Kammer ist unsicher, noch unsicherer ist die Stel lung der Ersten Kammer. Die Erste Kammer hatte im Jahre 1W5 in eine Bermchrung ihrer Mitglieder gewilligt. Seitdem hat sich die Situation vollkommen ver schoben. Die Wahlen haben einen starken Ruck nach Links gebracht. Es ist begreiflich, daß die nationallibcrale Partei den Sieg über die Konservativen auszunntzcn »nd den geschlagenen Gegner auch in der Burg der Ersten Kammer noch aus der ausschlaggebenden Stellung zn dräu gen sucht. Ebenso begreiflich ist cs, daß die Mehrheit in der Ersten Kammer, welche bisher politische Parteien als solche in ihrer Mitte nicht kannte, diesem Streben ein gewisses Mißtrauen cntgegcnbringt und daß sich Stimmen erheben, welche sagen, so willkommen uns die Vertreter derIndustric sind, so sehr müssen wir aus der Hut sein gegenüber der Gefahr eines Eindringens des politischen Partei wesens in die Erste Kammer sowie einer noch stärkeren Liberalisierung unserer Stände- vcrsammlung. — Es kommt aber noch ein sachlicher Grund dazu, der die Stellungnahme der Regierung erschwert. Schon in der Kammer ist darauf hingcwicsen worden, daß sich der nationalliberale Antrag vom zweiten Teile des freisinnigen nur dem Grade nach unterscheidet. Ter freisinnige Antrag ist der kvnscauentcrc, indem er allen größeren Berufsgruppen eine angemessene Vertretung lichkeit, ein stilles, in schwungvollen eigenartigen Melodien sich auslebendcs Dahinträumen, ein plötzlich anfloderndes Temperament und nicht zuletzt der starke nationale Ein schlag in seiner Musik. Mit Chopin hält zum erstenmal das polnische Wesen in der Kunstmusik seinen Einzug: er hat zum erstenmal der polnischen Musil in wahrhaft künstlerischer Weise die Zunge gelöst. Es wäre aber ver fehlt, in seiner Musik nur den künstlerische» Ausfluß der Klage des polnischen Stammes über seinen poli tischen Untergang hören zn wolle»: es lommt in ihr die slawische Nasseeigentümlichkeit zum erstenmal z» voller künstlerischer Anssprache Und diese, grnndvcrichie den von germanischer und romanischer Stammesart, macht mit den Zauber seiner Kunst anS. Dann ist aber vor allem zn bedenken, daß Chopin, anaereat und unterstützt von den Vervollkommnungen des Klavierbaues, namentltci, der Er findung der Repetitionsmechanit, die klanglichen Ausdrucks Möglichkeiten des Klaviers i» ungeahnter, selbst heute noch unübertroffener Art erweitert hat. Sein Vorrat an spiel technischen Figuren, Aktordbrechnngen und vor allem a» melodischen Fioritnren ist heute noch nicht überholt. Hans v. Bülow, der scharfsichtige Musiker und geniale Pianist, hat immer wieder auf Chopin als den geborenen Klavier lomponisten Hingeiviesen nnd gerade seine Art des Klavier satzes gegenüber andere», die nicht immer eine Vermischung non Klavier- nnd Orchestcrstil vermieden, besonders gelobt und vorbildlich hingcstcllt. Auch im harmonischen Ausdruck muß Chopin als echter Romantiker für einen Neukündcr nach den Klassikern gelten. Nicht ohne Recht könnte ma» Chopin de» Wagner dcS Klaviers nennen. In der viel fachen Anbringung chromatischer Fortschreitungen, in den reichen Verwendungen von Scptakkorden zciat er sich bet ge nauer Prüfung als Vorgänger des großen MusikbramattkcrS. Alle diese Punkte weisen Chopin einen Platz nicht nur in der Musikneschtchte, sondern auch im heutigen Musikleben an, an dem Vorwürfe wie Salonmnsik, parfümierte Kunst usw. wirkungslos abprallen. Als Tonsctzer hat Chopin merkwürdigerweise, ähnlich wie Klopstock, keine große Entwicklung burchgewacht. Wir
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