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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 04.02.1891
- Erscheinungsdatum
- 1891-02-04
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189102047
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18910204
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18910204
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1891
- Monat1891-02
- Tag1891-02-04
- Monat1891-02
- Jahr1891
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 04.02.1891
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Krdartion und Lrprdition Johannesgaffe 8. Aprrchstundrii Lrr Urkiariion: Vormittags 10—12 Uhr. Nachmittags ö—6 Uhr. kt.1 »» Nn,e1,n»in Vi.nuicrwl« «acht sich tu viidaction nicht »»rbindtich. Annahme »er sür Sie nächftfslgenSe Rnmmer »eftimmtrn Jiiserntr an W-«en»«-e» >t „hx Nachmittag«, a» so»»-««ö FesUagenftüh bis' ,i> Uhr. ck» drn /ilialrn für 3ns.-^nnal>mr: clt« stiemin » Sortim. («tsrc» Hahn). Universitätsskraß« 1, Laut» Löscht, Aatharianistr. 14 pari, und Königsplatz 7, mir bi» llhr. Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- «nd GeschSstSverkrhr. Abomieme«tSpr»t- vierteljährlich 4>!, Mk. in Alt-Leipzig, incl. Brtnqerlobn 5 Ml., d»ch die Post bezogen 6 M. Einzelne lltru. L0 P*. Belegexemplar 10 Pf. Gebühren für E;trabeilaara (in Tageblatt-Format gesalzii ohne Poiibeförderuag SO Mk. mit Postbeförderung 70 Mk. Inserate 6gespaltene Petitzeile 80 Pf. Größere Schriften laut uns. Preisverzeichnii. Tahellarijcheru. Zisserusatz nach Höhen»Tarts. Nrclamen unter dem Redactionsstrich dl« 4a«svalk. ZeileöOPi.vor den Fa milienaaib richte« die ügespalten« Zeile 40 Pf. Inserate sind stet- an die Expedition z» senden. — Rabatt wird nicht gegeben-, Zahlung pnrevmuernocko oder durch Post» Nachnahme. Mittwoch den 4. Februar 1891 85. Jahrgang. Amtliche Bekanntmachungen. Bekanntmachung. Bel dem Unterzeichneten Rath« ist durch freiwilligen Abgang des bisherigen Inhaber» die Stelle eines VriirtStngriiirnrS für den 1. April dsS. IS mit einem Ansangsgehalte von 8600 ^l und Pensionsberechtigung neu zu besehen Rach dem Regulative über die Gehalte der Gemetndebeamten rückt der Inhaber der Stelle süns Mal »ach je vier Dienstjahren um 250 -Al, also bis auf -1850 X aus. Bewerber haben nachzuweisen, daß sie entweder die »weite säch sische v-auplprükung für drn höheren technischen Staatsdienst, und zwar für das Ingenieurfach im engeren Sinne, nach der Verord nung vom 1. Juli 1888 bezw. nach der Verordnung vom 24. De- cember 1851 bestanden, oder einer anderen, dieser gleichstehenden letzten Prüfung in einem deutschen Bundesstaate sich mit Erfolg u,Herzogen haben. lie Anstellung erfolgt zunächst probeweise aus ein Jahr. Gesuche sind unter Beifügung der Zeugnisse bei uns spätestens bis zum 20. Februar d. I. einzureichen. Leipzig, den 80. Januar 1891. Der Rath der Stabt Leipzig. Ie384. vr. Georgt. Eichorius. Bekanntmachung. Die Leuchtkraft des städtischen Leuchtgases betrug in der Zeit vom LS Januar bis 1. Februar d. I. im Argandbrenner bei 2,5 Milli meter Druck und 150 Litern stündlichem Consum das 18,5sache de: Leuchtkraft der deutschen Normalkerze von 50 Millimeter Flammenhöhe. Das specifische Gewicht stellt sich tm Mittel auf 0,452. Leipzig, am 3. Februar 1891. Dr« Raths Deputation zu drn Gasanstalten. Nutz- und Lrenlchohanclion. Montag, den v. Februar d. I«., ,ollen von Vormittags 9 Udr an ans dem diessährigen Schlage im Nosenthal, dicht an der Waldstraßenbrücke und dem Fahrweg nach Gohlis I!» Rmtr. Elche,I-Rutzscheikk I. u. ll. El.» 114 - Eichen- 1 33 « Buchen- I 20 - Rüstern- , .Vrennschette. 9 » Linden- I 1 - Eller- ' unter den öffentlich aushangenden Bedingungen und gegen so- sorltgc Bezahlung an Ort und Stelle meistbietend verkauft werden. Zusammenkunft: an der Wnldslrahenbrücke, am Rojenthale. Leipzig, den 29. Januar 1891. De» NattzS Forstpepntattou. Bekanntmachung. Ein neues vervollständigtes Lerzeichntß der Herren Eassen-Aerzte oer Lrlskrankencaffe ist erschienen und liegen Exemplare desselben bei der Cassen-Verwaltung und den Meldestellen zur Empfang- »ahme bereit. Leipzig, am 3 Februar 1891. Tie vrlSIrankrncasft für Leipzig nutz Umgegend. Albert Brockhaus, Vorsitzender. Oktsentlieke II»nckel8lekr»n8t«It. keelnn ckea kl. 8edul^»kreo am 8. 4prll cklene» cknlires. Oie Zeitoroujpnisss cker Iilltiere» Xbtliellung cker Xnotolt (äreffildruporOursu») dsrvolitigen rumLivürkrirr-l-ftoinnIlheev-llienüt. kllr suugv l.out«, vvelcko sied «len npfl^ üein /.um klinjä>»Üx-b'roin iIIigev-I>lou.<ko srcr-c>rl»on >mt»n, ist oin knilinft-u-n- >eh»ftll> Iior Ourou» von ö»br«ck»uer bei 34 l-ekmlunckon in ckor IVocb« einr-erioktet. Iloterriokt in allen Tknmipeo cker blirvcksl»- «issensohan. t'ran/ö»>z>ü><> uml enalisciis 8praok« obliipntorisek, ilaüeviscks unck spanisobs Sprache tacultativ. schulgetck 240 Gl küe äa8 ckadr. ämusläuvxen erbittet sieh cker blllterreickueto in cken IVocbsn- t^en von 11—12 ftbr. I-eipr.ip, iw bebnnrr 1891. Oarl Holkrum, vireotor. Bekanntmachung. Die Stelle des tt. VaurontraleurS unserer Baupolizei-Ab- theüung ist vom 1. März pieseS JahrrS an neu z» besetzen. Tie Stelle ist mit einem Anfangogehalt von 2lOOGi ausgestatiet. Bauiechniker, welche di« staatlich« Meisterprüfung bestanden Imben, wollen ihre Bewerbungen unter Beifügung von Zeugnisscu bis 1'». Februar dsS. IS. bei uns schrifttich einretchen. ishcmnitz, den 27. Januar 1891. Der Rath der Stadt Chemnitz. 1)r. Andrö, Oberbürgermeister. Wilde. Bekanntmachung. Die Cantine im hiesigen Schloßcasernemcnt soll am 1. April d. I. ab anderweitig verpachtet werden. Versiegelte Angebote müssen bis I März d. I. der Uitterosficier-Schule eingereicht sein. Die Bedingungen können im Zahlmeister-GeschüftSzimmer eingesehen werden. Tie Vergebung erfolgt an einen der drei Bestbictenden. WkißenfelS, den 2. Februar 1891. USntgliche Unter osficier-Lchulr. Die Wahlen in Spanien. Aus den bisher vorliegenden Meldungen ist zu k»tiichi»en, daß die spanische Regierung mit dem Ergebnis) der Wahlen zu den CorlcS wohl zufrieden sein kann. Bis zum 2. Februar waren als gewählt scstgcstcllt: 224 konservative, 37 Libe rale. 9 Republikaner und 7 Carlisten. Ja Madrid wurdcn gewäbii o Conservative und 2 Liberale» in HucSca ist Eastclar alS Sieger a»S der Wahlurne hervorgegangcn. Man k.nnlc daraus den Schluß ziehe», daß alles in bester Ordnung vor sich gegangen Ware, da- ist aber nicht der Fall. In 'Barcelona drang ein Haufen Wähler in die Walil- ftcale ein und zerbrach die Urnen, ferner haben Ruhe störungen stattgcfunten in Santander, Leon, Bilbao, zwischen liarhsicn, Liberalen und Republikanern, i» Cartagena, Balcucia und Cadix seitens der Republikaner und Socia- I sten. in Badajoz endlich war die Aufregung so groß, Laß Milair zu Hilfe gerufen werden mußte. Cs ist offenbar das Streben Vorbauten, die Lage im glinstigslen Lichte dar- iistcllcn. Immerhin ist die erste Probe auf die Anwendbar en des Allgemeinen Stimmrechts in Spanien so günstig wie woglich ausgefallen, es bat sich auch unter den veränderten Verhältnissen die Erfahrung erneuert, daß in Spanien die Wahlen slets^nach den Wünschen der Regierung auSfallen. TaS ist eine Thatsacbc, welche für die zukünftige Entwickelung t Landes von größter Wichtigkeit erscheint, denn sie beweist, daß durch die Emführmig des Allgemeinen Stmunrechl« an den bestehenden Zuständen so gut wie nicht- geändert worden ist. Die Auffassung war berechtigt, daß eine Partei, welche so offen gegen dir jetzt zum Gesetz erhobene Neuerung Einspruch erhoben hatte, wenn sic ans Ruder gelangte, von drr öffent lichen Meinung bekämpft und zur Räumung ihres Platze- gezwungen werden würde. Bon den fünf Jahren drr Regent- chast sind vier unter dem liberalen Ministerium Sagasta verflossen, erst das fünfte brachte ein Ministerium CanovaS del Castillo. Es hat nicht an Kundgebungen gefehlt, welche diesen Umschwung als bedenklich erscheinen ließen, und be- onderS war eS die republikanische Partei, welche geneigt schien, daraus für ihre Zwecke Nutzen zu ziehen. Versuche dazu sind gemacht worden, wir die Wablberichte a»S einer Anzahl Städte erkennen lassen, aber die Gesammtstinimuna des Lande- ist davon nickt beeinflußt worden. Das ist nach Lage der Ver hältnisse und besonder- nach der vorangegangenen Entwicke lung überraschend, denn man kann sich dabei nicht auf alte, eingewurzelte Gewohnheiten berufen. Da- Allgemeine Stimmrecht ist und bleibt ein Wahlsystem, welche- die wahre Meinung der Wähler am richtigsten zum Ausdruck bringt. Wird unter der Herrschaft dieses System« von der jeweiligen Regierung dennoch die gebietende Stellung behauptet, so ist das ein Zeugniß dafür, daß die Wähler sich entweder ihrer Befugnisse nicht bewußt sind, oder daß sic keinen Gebrauch davon macken wollen. Als charakteristisches Merkmal der panischen Wahlen wird die Gleichgiltigkeit der Wähler und die große Zahl der Wablenthaltungcn hcrvorgeboben. Man ersieht auch daraus wieder, dah die Spanier in poli tischer Beziehung völlig unberechenbar sind. Als da- Deutsche Reich auf die Carolinen-Jnseln Anspruch erhob, gcberdeten sich die Spanier im ganzen Lande, als cb man ibnen das Dbcuerste rauben wollte, und als König Alsons XU. gestorben war, brack fast unmittelbar darauf ein Militairausstand an-, dessen verderbliche Folgen wesentlich durch die Festigkeit der Königin-Regentin abgcwendet wurdcn, weil sie Gnade für Reckt ergeben ließ. ÄlS CanovaS del Castillo in Spanien umher reiste, um gegen daS Allgemeine Stimmrecht aufzutreten, wurde er in der Provinz be schimpft und bei der Rückkehr nach Madrid sein Wagen mit Steinen beworfen. Nachdem er an die Spitze der Regierung getreten ist, fällt ikm die große Mehrheit der Stimmen zu, und nur in einer Reibe von Städten macken Liberale, Republikaner, Socialisten und Carlistcn Opposition. DaS sind ebensolche Widersprüche, wie sie sich bei der Erhebung dcS Anspruchs der Generalität gezeigt haben, in politischen Angelegenheiten mit zu entscheiden. Als daS Ministerium Sagasta entlassen wurde, war die Auffassung nach den sonst allgemein geltenden politischen Grundsätzen wobl berechtigt, daß der Monarchie daraus Gefahren er wachsen müßten, das Wahlergebniß liefert den Beweis, daß diese Befürchtung unbegründet war. DaS sind eben cosas ä'kspaffa, wir pflegen in Fällen, wo wir einer unbegreiflichen Tbatsacke gcgcnübcrstcben, zu sagen: »DaS komnit mir spanisch vor!" Man siebt, daß dieses Wort noch heute seine volle Berechtigung bat. DaS der Regierung günstige Wahlergebniß ist in diesem Augenblick ui» so wertkvoller, als sich in dem benach barten Portugal ein Ausbruch republikanischer Gesinnung acreigt hat, welcher beim Gelingen wahrscheinlich seine Rückwirkungen auch in Spanien geäußert haben würde. Die Bewegung in Oporto steht nicht so vereinzelt da, wie die ersten Berichte vermuthen ließen, sie war von langer Hand vorbereitet und stand mit gleichartigen Bor gängen in Coimbra, Braaa und Bizeu in Perbindung. Auch auf die Hauptstadt Lissabon waren bereit- die Plane der Republikaner gerichtet, und man hoffte, sie nach Abzug der Garnison zu überrumpeln. Der wohlvorbereitetr, aber in der Ausführung durch die Führer in Oporto übereilte Plan zum Sturze der Monarchie in Portugal ist glücklicher Weise durck die Energie der Regierung vereitelt worden, cS scheint, daß Dom Carlos das Heft vollständig in Händen hat und daß die Bewegung inS Herr getroffen worden ist. Andernfalls wären die Folgen unberechenbar gewesen, da die Zustände in Spanien trotz ihrer freundlichen Außenseite, wie sic sich nach de» Wahlen karbictet, keineswegs so fest sind, als man glauben könnte. Es kommt hinzu, daß eine Krisis in Italien besteht, auf welche die republikanischen Ele mente der Bevölkerung nicht ohne Einfluß geblieben sind. Gegenwärtig ist weder in SDanirn, noch in Portugal Grund zu einer düsteren Auffassung der Verhältnisse vor handen, da« Ministerium CanovaS verfügt über eine starke Mehrheit der Volksvertretung, die Regierung der Königin- Regentin ist im ganze» Lande populär, und der Nimbus, welchen ihre Persönlichkeit auSströmt, erweist sich mächtig genug, um alle feindlichen Bestrebungen gegen den Bestand der Ästonarckie zum Schweigen zu verurtbcilen. Dir republi kanische Schilderhebung in Portugal scheint ganz unabhängig von den Parteigenossen in Spanien erfolgt zu sein, denn andernfalls würden entsprechende Kundgebungen in Spanien nickt haben auf sich warten lassen. Nachdem der Versuch, die Monarchie in Portugal zu stürzen, vergeblich war, ist ge gründete Aussicht verbanden, daß darauf eine Klärung der Verhältnisse aus der iberischen Halbinsel hervorgeben wird Nichts ist so schädlich für bestehende Zustände als der Zweifel an ihrer Haltbarkeit und deshalb ist eS mit Freude zu be grüßen, daß die republikanische Erhebung in Portugal statt- gesunden hat und sofort kräftig unterdrückt worden ist. Mit der Wiederherstellung des Ansehen« der monarchischen Re gierung in Portugal ist zugleich eine Befestigung der Mon archie in Spanien verbunden, denn eine republikanische Schilderhebung in Spanien würde aus noch weit kräf tigeren Widerstand stoßen, als er in Portugal beobachtet Worden ist. * Leipzig, 4. Februar. * Ter Bundes rath bat sich in der letzten Zeit mit der Behandlung der NaturalisationSgesnch c an der Hand eine- Antrages Preußen« beschäftigt. Bei der Handhabung dieser Angelegenheit waren tbeilS durch die Verschiedenartig- keit des StaiidpuncteS in den verschiedenen Bundesstaaten, tbeil« durch die Ausführung der bestehenden Vorschriften vielfach Unznträglichkeiten entstanden. Tieftlbcn sollen nun dadurch abgcstcllt werden, daß nach dem Beichluß de« BundcS- ratbS an die Emzelrcgierungen daS Ersuchen gerichtet werten foll, über NaturalisalionSgesncke ehemaliger Angehöriger de« Reiche« und solcher Ausländer, welche sieb in einen, ander» Bundesstaate aufzehaltcn haben oder noch aujhalten, nicht eher Entscheidung zu treffen, als bis den Behörden derjenigen Bundesstaaten Gelegenheit zur Aeußerung gegeben ist, welche entweder al- Heimathstaat de- Antragstellers oder weil dieser auf ihrem Gebiete sich aufgebalten hat oder noch aufbalt, nach dem FreizügigkcitS- oder nach dem Gesetze Uber die Reichs- und Staatsangehörigkeit ein Interesse zur Sache haben. * Line charakteristische Probe von der Sprache, die stellen- weise auf dem Flügel der protestantischen Ortho doxie geführt wird, findet sich im „Kropper Anzeiger . DaS Organ des bekannten Pastor- Pantsei, in Kropp hatte jüngst da« Bildniß de- CnItnSministerS von Goßt er gebracht mit der Unterschrift „Unser Papst". Jetzt kommt da« gedachte Blatt auf da» Bild und die Unterschrift zurück, indem eS schreibt: „ES soll durch da« Bild bezeugt werden, daß wir denselben Kamps gegen den Minister zu »ihren haben, wie Luther gegen den Papsk.^Und darum müssen wir dringend bitten, dies nicht als einen scherz aufrusasftn, sondern als einen bitter» Ernst. Luther bat einst die Juristerei verbrannt, um Gotte-Wort wieder seinen Platz anruweiseii. Dafür rächen sich jetzt dir Juristen an der Kirche, indem sie sie wieder der Mcnsckenknechtschast überliefern. Aber wir sagen mit I)r. Luther: „Gottes Wort kann nicht gebunden werden " — Wir meinen, Herr Pastor Paulsen hätte daS Schrislwort zu beherzigen: „Seid untcr- than der Obrigkeit!" * Die württembergische Abgeordnetenkammer hat über den Entwurf der VerwaltungSreform die Schlußabstimmuiig vorgcnommcii, wobei sich die Annahme derselben mit 70 gegen 13 Stimmen ergab. Von drr deutschen Partei stimmlen 27 mit Ja, nur der Abgeordnete Wagner von Heilbronn-Aiiit schlug sich zur Opposition. Vo» der Linken ist ein volles Drittel, 7 von 21, für den Entwurf eingetrctcn. Es erzicbt sich schon daran« die Uiibaltbarkeit de- „bcobachterlichcii" Vorwurfs, daß die deutsche > national liberale) Partei schuld an der Auuahine diese« „rcaclionaircn" Gesetzes sei. Abgesehen davon, daß das Gesetz gar nickt reactionair ist, sondern erstens manche Berbesserungcn bringt und zweitens sonst nur Bestehendes aufrecht Hali wie die LebenSlänglichkcit der OrtSvorsteber), würden die 27 Nationat- liberalen gar nickt stark genug gewesen sei», mit den l3 Ab lehnenden eine Mebrbeit z» bilden; der Entwurf wäre trotz dem mit 43 gegen 40 Stimmen durckgekrungen. Indessen lag zur Verwerfung desselben Grund nur für lolckc Poliiikcr vor, welche sprechen: „tiat prngisminn »N8tr»m ot poroat wunstus". Bon einer solchen Sorte von StaakSlunst will ei» großer Tbeil der Linken selbst nichts wissen. * AuS L rlgrad. 3t. Januar, wird gemeldet: Es be- ätigt sich, daß daS Cab inet Gruitsch nickt dcmissio»irt at, es bandelte sich lediglich um die definitive Ernennung eines Ministers de« Inner». Der radicale Club hat sei» Bertranen zu dem Ministerium Gruitsch auSgcdrückt. * Parnell ist nack wie vor stegesgewiß und in Irland der Held de« TagcS. Man meldet der „Vossiscken Zeitung": * London, 2. Februar. Parnell bat dock noch eine Rede in Irland gehalten und zwar in Ennis: cS Hecht jedoch, ec- sei un- widerruslich die letzte. Aus der Reise dahin von Dublin war er ans jedem Haltepunkte Gegenstand begeisierier Huldigungen seilens grvsicr Volksmasse»: Äegenluiidgcbungeii fanden »irgendo slali. In Eiiiliü selber war fein Cmvsang ein grcchartigcr. Aus dem Marki- playe hielt Parnell an eine Massenversammlung eine Ansprache, in welcher er in triumphirendei» Tone ankiindigle, seine Politik, sür welche er seit 1880 stets gclaiiipft, habe jetzt einen neuen glanzenden Sieg errungen. Diese Polilik »Insasse die Her stellung einer wirklich legislativen ltnabbangigkett sin Irland ohne englische Einmischung. Durch das Ergebnch der Wahl tn Harliepool sei sic von dein Volke gut gehechen worden. In wenigen Lage», sngle Parnell bedeutungsvoll hinzu, werde sich die Wahr- heil seiner Bebauptung Herausstellen, das; das irische Volk eine Lösung der irische» Frage erziel» habe, die seinen Patriotismus sür ewige Zeiten mit Ruhm bedecken werde. Irland würde ein Par- lamcnt erhalle» unk wirklicher Machlbesugnch zur Wahrung der Interessen einer jeden Elasjc des Gemeinwesens, welches auch die Landbesitzfrage lösen und die Aussicht über die Polizei ausnben werde. „Ich kämpfe", schloß er, „jetzt nicht für meine eigene Stellung, sondern lediglich sür die legislativen Rechte Irlands." Süenn Parnell im Ernste gesprochen hat, laßt sich seine Erklärung fast nur dahin deuten, daß der Riß im irischen Parteiiagcr gehellt sei und daß Giadstvn« der irische» Partei, die von Parnell alS »neriästlich be- zeichneien Zugeständnisse betreffs der Machlvollkommenhellen des künftigen irischen Parlaments zugestanden habe. Die „Tally News", welche darüber Auskunft gebe» tüiinle», veröffentlichen Parneli'S Rede ohiie Erläuteruiig. Die nächsten Tag« werden zeigen, ob Gladsione die Zugeständnisft gemacht Hot oder ob Parnell nur die McEar- lhyaner veranlaßt hat, diese Zugeständnisse von Gladstone ebenso entschieden zu fordern, als er selbst dies gethan zu haben scheint. * Um etwaigen Unruhen zu begegnen, hatte die belgische Regierung zum Tage, an dem die Kmidgehuiig zu Gniisicn der VerfassnngSdurchsicht stattfindcn sollte, zwei Regimenter Miliz einberufe». Während nun zwei Claffcn der neulich einberufenen Miliztriippcn entlassen wurden, mußten diejenigen, deren Garnison Brüssel ist, unter Waffen bleiben. Infolge dessen entstand nntcr letzteren Unrusricdcnhcit. Sonntag Nachmiliag wollten sich zahlreiche Milizsoldalc» au dem Luxcniburgplatz versammeln, wovon jedoch die Militair- bchordcn benachrichtigt worden waren Als die »liswergiiügten Soldaten in großer Anzahl z» der Versammlung sich aus rem Platze einfanden, erschienen plötzlich Gendarmen Ucber den Verlauf der Auslebniing meldet man der „Vossischen Zeitung": * Brüssel, 2. Februar. I» Folge der Anweisung de» kiriegs- minislcrS, vte ciliberusenen Mllizsoldalen der Brüsseler Regimenier nicht zu entlassen, entstand gestern Nachmittag eine Annecrevolie. Zweihundert Jäger, CarabinlerS »nd Grenadiere veranstalteten o» dem Luxeinbiirger Platze. »Keilwelle die Marseillaise singend, eine Straf,enkilndgebung. Oificicre, Gendarmerie und Polizei haben die Hausen der aufsässigen Mllizsoldalen zerstreut. Andere Soldaten- gruppen erschienen aus dem Zaavclplatze: st« wurden jedoch ans- elnandergctriebc». Einzelne Soldaiciibaiiden durchzogen, die Marseillaise singend, die Arbeiterviertel. Beim Nachlappcll fehlte in den Kasernen ein« Anzahl Soldaten. Der „Nation" zufolge hatten sich Sonntag Abend von Neuem Soldaten auf dem Luxeiiibtirgplatzc aiigesamiurlt, dieselbe» wurden aber von der Polizei sofort zerstreut. Die Soldaten kehrten säinnitlich in Ruhe nach ihren Onanieren zurück * Ein Interview eines Berichterstatter- dcS Pariser „Figaro" mit dem Papst zerstört sic letzten Hoffnungen der Monarchisten, da der Papst in aller Form die Mei nungen La v igc r ic'S zu den scinigen macht A» den jungen Männern sei eS. eine Republik mit einfachen guten Gesetze» :n gründen Die gute Republik lieben, beiße die schleckte bc kämpft». Wenn inan etwas Besseres schaffen könne als eine Rer»blik, so sei eS gut, wenn nickt, so »lüsft man die an- nchmcn. Trotz der bekannten Unzuveriässigleit des Corrc- pondenten des „Figaro" Bonnefon dürfte die Inhaltsangabe lleSmat richtig sein. Die Klerikalen und Monarchisten be- indcn sich ,n immer ärgerer Verlegenheit. Die Krisis in Italien. * AuS Rom wird bestätigt, daß der König nur die Präsidenten des Senats und der Kammer bisher empfangen bat und daß Beiter Ansichten über die Person des mit der Bildung eine- neuen CabinetS zu beauftragenden Vertrauensmannes nock getbeilt sind Die Schwierigkeit der Lage und die Unruhe der CarnevalSzcit machen eS wahrschein lich, daß die Ncnbildung de« CabinetS sich etwa- hinansrickei» wird. Inzwischen trackten sämmtiiche Gruppen des Parla ments, sich so viel als möglich innerlich zu kräftigen und äußerlich zu verstärke», um iin Kampfe uni die Ministerstcllen u siegen. Die Blätter der verschiedenen Schattirungen der nSbcrigcn Opposition, „Opinione", „Fcmfulla" und „Tri- duna", versuchen eine Art Vertbeidigung »nd sind darauf bedacht, glauben zu machen, daß weder von recht« noch von links Druck auSgcübt worden sei, um die Verlegenheiten der Regierung auSzubeuke». Demgegenüber muß ftstgebaltcn werden, daß das ganze Spiel der äußerlich regierungsfreund lichen Gegnerschaft von beiden Seiten darauf huiauSlief, CriSpi möglichst scharfe Bedingungen auszuzwingen. Es würde durch diese- Hin- und Herzicben die Krisis um böchstcnS einige Wockcn binauSgesckoben, zugleich aber CriSpi der Sclave seiner bisbcrigcn Gegner. Er zog cS deshalb vor, cbrcnvoll abzutreten und cS schon jetzt den Gegnern zu überlassen, daS von ihm erfolgreich begonnene Werk Weiler zu führen. Sehr kiel zu denken geben die Auslassungen der Presse des In- und Auslandes über de» Sturz CriSpi'S. Die Ber liner „National-Zeitung" schreibt: Der Sturz CriSpi'S wird in Deutschland aus« Lebhafteste bedauert werden. Hat sich dock der bisherige italienische Conseil- Präsident seit langer Zeit alS ein aufrichtiger Freund Deutschlands erwiesen. In diesen» Zusammenhänge dar» auch an die innigen Beziehungen Crie-pi's zuin Fürsten Bisniarck erinnert werden, Beziehungen, die allerdings auch dem italienischen Consell- präsidenlen in den Augen vieler seiner Landsleule ein besonderes Prestige geben: daß dieses seit dem Rücktritt de) Fürsten Bismarck sortgesalle» war, gehört vielleicht zn den Iinvondera- bilien, welche zu dem Sturze CriSpi'S mitgewirkt. Die Tripcl- Allianz l-ind CriSpi bei der Uedernahme der RegierungS- eschaite bereits vor, io das; diese hoffentlich auch nach seinem iücklritle in voller Kraft sorlliesiehen wird, zumal da Rudini und Nicotera, die als ecnsckaiie Candidaleu für die Nach folgerschaft CriSpi'S gelten, bei jeder Gelegenheit ihre volle Zu stimmung zum Bündnisse mit Deutschland und Oesterreich betonten. Rudini, der Führer der „jungen Rechten", erklärte sogar bei Ge legenheit einer Wahlrede in seinem sieilianischcn Wahlkreise aus drücklich, daß er geraume Zeit, ehe CriSpi mit der Leitung der Re gierung betraut wurde, dem Dreibünde aus vollem Herzen zugeslimmt habe. Was die Finanzirage betrifft, welche den Anlaß zum Sturze CriSpi's gab, so sind die Vorwürse ffcherlich u»- hegründet, die gegen die Finanzvelwaltnng der Linken erhoben worden sind. Waren diele Verhällnisje Loch zur Zelt der Herrschaft drr Conjorieria well ungünstiger, während es erst TeprcliS gelungen war, daS damalige Deficit zn beieiligcn. Die „Hamburger Nachrichten" bemerken: Ter König bat mit den Präsidenten der Kammer und deS Srnals die durch das Votum der Kammer geschaffene Lage beralhcn, nachdem er am Sonnabend Abend Oll . Uhr den Ministerpräsidenten llrispi in Audienz eiiipjangcn Halle Ter König behielt sich zunächst seine Entschließung über die Annahme der Demission des Ministeriums vor. Es scheint aber zu ciner solchen z» komme», wenigste»« hat der König Rudini, der ihm vom Kaininerpräsidcnicn als Nach- solger Crispi'S vorgeschlagen ist, bineitS rnipsangen. Wie dem auch sei, der Rücktritt Erispi's würde nicht nur sür Italien, sondern sür ganz Europa ein weittragendes Ereigniß sein. Charakteristisch in erster Linie ist die Befriedigung, welche in Paris über daS Votum der italienischen Kainnier gegen Crispi herrscht. Das „Journal des Töliats" sagt, ob Crispi blcihe oder nicht, jedenfalls würden sich die gegenseitigen Beziehungen Frank reichs und Italiens besser gestalt»». Tie übrigen Blätter besprechen die Demission Crispi'S al« eine Thatsachc, welche ans die allgemein« europäische Politik nicht ohne Einfluß bleiben werde. Diese Ansicht wird überall da gelheilt werden, Ivo inan annatziil, daß die Zu- aehörigkeit Italiens zum Dreibunde im gewissen Sinne »iit Crispi stehe und solle. Mit besonderem Interesse must inan den Aeuße- rungen von englischer und rujpscher ceeile über den Rücktritt Crispi s ciitgegknsehc». Im Lager der „deutschen" freisinnigen Partei herrscht natürlich eilet Jubel unk Frohlocken ob des Sturzes CriSpi's. ist er doch wie der gleichfalls gestürzte Tibra eine feste Stütze dcS vom Fürste» Bismarck, dem Schöpfer deS Deutschen Reiche-, geschloffenen Dreibni!dcS gewesen. Alle-, waS das Werk BiSmarck'S acfäbrdcn. wankend »lachen oder bcrabzusctzcn geeignet ist, findet vollen Beifall bei diese» Anwälten der Negation, die ihre Ausgabe in der Besserwissers«, Verkleinerung des wabrcn slaalSmännischcn Verdienste« und in der Selbslberäuchcrung i» mnsaron» ftlm-i»,,, der Parlci erblicken, anstatt positiv an dein Gedeihen der Nation niitzuarbeiten und die Machtstellung de- dcnlschen Volke« befestigen zn helfen. Von den Iuvtlbyiiinen in der Fortschritt-Presse mag folgende Auslassung der „Vossischen Zcilung" hier Platz siiiden: Es war zn Termini am <>. Dcccmber, alS der italienisckie Ab geordnete di Rudini, der Führer der „junge» Reckten", hei dem Festmahle, welche- seine We.Iiler für ihn veranstaltete», rückhaltslos auSsvrach, dost Crispi mibedingl ans die Unterstützung seiner ans- »-artigen Politik durch die von Rnviiit gesuvrlc parlainenIari'cheGrnppe zählen dürft, daß sie amt, die innerc Politik de» Ministerpräsidenten im Wesenllichen z» fordern bereit sei. Und am Sonnabend war es Rudini, der nach Crispis Rede auiwrang und dein Minister- Präsidenten die Worte ins Antlitz schlenderte: „Das ist feige" und nilt Bonghi, L»z;atti, Finale La- Zeichen zur Zerschneidung des Tischtuches zwischen der Mehrheit »nd Crispi gab. Denn in jener Rede von Termini hatte Rudini auch erklärt: „Man lmt nicht, wie behauptet worden ist. den aninaßcnLcn Gedanken, Crispi z»»> Ge fangene» zn machen: man will aber auch leihst nicht Gesungener der Mehrheit jcin. Weit enliernt, Crispi z» bekämpfen, null man ihn vielmehr untcrstütze», aber ohne aber die Grenze der eigenen Meinungen und Ukherzeugiiiigeii btnauszngeben." Viel- lelcht hätte der Redner noch blnzuiügen dürfen, daß die Parteien nicht gewillt seien, dem leitenden Staatsmann« ihre Würde »nd Selbstachtung zum Opfer zu bringe». Crispi nahm keinen Anstand, so gut fremde Berichterstatter, wenn sie die italienischen FliiaiiiiN nicht loben wollten, zum Lande hinouSzittverseii, wie seinen eigenen College», wenn sie eine eigene Meinung auch nur oudtitten, in bnitaler Rücksichtslosigkeit den Stuhl vor die Tdüre zu stellen. (!) Er verstand eS, seine Widersacher zu entzweien und darum zn beherrschen: immer wieder machte er Kraftproben auf seine diplomatische Gcichicklichkeit, ans seine» Einfluß bei der Krone; jede Abstimmung aus Monte Cilorio wurde zu einem
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