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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 26.11.1881
- Erscheinungsdatum
- 1881-11-26
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188111266
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18811126
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18811126
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1881
- Monat1881-11
- Tag1881-11-26
- Monat1881-11
- Jahr1881
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 26.11.1881
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Erscheint täglich früh SV, Ulir. Nr-aclion und Lrpkditi«» Iohaiinesgasse 33. Sprrchliun-r» -er Xrd«lti«a: Borniittaqs 10—12 Uhr. öiachinillais 4-0 Uhr. tzt-r »i» NUNj,aic «i»«k>inttrv ^!»»>i>crU»«e «acht sich tu Oittaciirn nxt» »«Wmdlich »««ah»« »er für die «tchftfnlgeatze Rinuwer »es»i««ten I«< ernte «« Wnchrutngrn bis S Nhr Nach«i»tan». an La»«- nn» Krsttagru frnhbis'/,» Nhr. In -rn 3i!ia>m M Ins.-^nnahmr: Ltto Klemm. UniversilätSftrahe 21, Lnui« Lösche. Katbarinenstraße 18, p. nnr bis '/,S Nhr. Anzeiger. Organ für Politik, Localgefchichte, Handels- «nd Geschüstsverkehr. Auflage La,SS«. Ädannrmrntsvrris viertelj. 4V, MlU, incl. Bringcrlolm 5 ML. aurch die Po>t bezogen ü ML Jede einzelne Nummer 25 Pf. Belegexemplar 10 Pf. Gebühren iür Extrabeilagen »hur PostbeiSrdcrung 38 ML »>t Poiibcforderung 48 Ml. Inserate «gespaltene Petitzeile LO Pf. Gröhere Schrillen laut unserem Preit» Verzeichnis Tabellarischer Say »ach höherem Tarif. Üerlamen nnter den Nedalti»n»Krich die Spaltzeile 50 Ps. Inserate sind stet» an die irrpe»,rt«» »» jeaden. — Rabatt wirb nicht gegeben. Zahlung pr»euuin«-r»»äo ober durch Post» Nachnahme. 330. Sonnabend den 26. November 1881. 75. Jahrgang. Zur gefälligen Achtung. Unsere Expedition ist morgen Sonntag, den 27. November, Vormittags nur bis Ir» Uhr geöffnet. Expedition des I-olprlzor ^uxodlsttos. Amtlicher Theil. Veklumliulljhrulg. Wir bringen hiermit zur öfsentilchen Kenntniß, dah mit dem 1. December ». I. in der ersten Etage de« Stadt» Hause«. Obstmarkt Nr. 3. für die dort unteraebrachten städtischen Expeditionen eine eigene Sportelcasse errichtet wird. Leipzig, den 23. November 188l. Der Nath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. vr. Wangemann. Bekanntmachung Um festzustellen, inwieweit die von hiesigen Gast» und Schänkwirthen gebrauchten pneumatischen Bierdruckapparate in Bezug auf Construction, Ausrüstung und Aufstellung den Vorschriften des ort«polizeilicheu Regulativ«, die Einrichtung und Reinhaltung der pneumalischtn Bierdruckapparate in Leipzig betreffend, von, 24. Juni t88t entsprechen, soll ein mit dem erforderlichen Sachverständniß auSgestattetcr und sonst vertrauenswürdiger Mann mit einem monatlichen Gehalt von l50 Mark gegen 14 tägige Kündigung angestellt werden. Mechaniker. Klempner, Schlaffer, Kupferschmiede und ähnliche Prosessionistcn, welche sich dieser Function gewachsen fühlen, die aber nicht selbstständig mit der Herstellung von Bicrdruck- apparaten sich beschäftige» dürfen, werden daher ausaesordcrt, etwaige Bewerbungen um diese vorübergehende Anstellung innerhalb der nächsten 14 Tage schriftlich hier anzubringen. Leipzig, am 22. November 1881. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Kretschmer. VermietlMg in -er Reischhalle am Haspitalplah. Die mietbsrei werdende Abtheilung Rr. LL der obigen Flcischballe soll vom 24. December dieses IahreS an gegen einmonatliche Kündigung anderweit an den Meistbietenden vermicthet werden und haben wir hierzu Verstcigcrungölermin aus Dienstag, den «. December dS. IS. ivormittaaS LI Uhr an RathSstelle, Ralhhaus 1. Etage, Zimmer Nr. 17, an beraumt. Die Versteigerung«- und VermiethungSbedingungen liegen ebendaselbst aus dem großen Saale schon vor dem Termine zur Einsichtnabmc au«. Leipzig, den 23. November 1881. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Stöß. Nutzholz-Auctlon. Donnerstag, den 1. December d. I., sollen von Vor mittag« 9 Ubr an aus dem Schlage in Abtb. 27» des Burg- auer Forstrevier«, in der Lindenauer Gottge, in der Nähe deS Leutzsch-Leipziger Fahrweges und der grünen Linie ca. 142 eichene, 70 buchene, 117 rüsterne, 23 eschene, 7 mas- holdcrne und 11 ellerne Nutz-Klötze, 4 eichene Kahnknie, 209 rüsterne und eschene Schirrhölzer, 170 rüsterne und eschene Schtrrstange«, 230 rüsterne Hebebä'ume und 100 starke fichtene Stangen unter den im Termine öffentlich aushängenden Bedingungen und der üblichen Anzahlung an Ort und Stelle meistbietend verkauft werden. Zusammenkunft: aus dem Schlage in der Lindenauer Gotlge. Leipzig, am 19. November 1881. De- Raths Forstdepntattoa. Ä.n Lag Sladtverordneten-LoUegsun^ Von Seiten deS Direktoriums der Polytechnischen Gesell schaft ist gestern an die Mitglieder des Collegium« eine Einladung zur Theilnahmc an dem Dienstag, den 20. November, Abend- 8 Uhr in der Eciltralhallc stattsindcndcn Stiftung-feste (Vor träge, Abendessen, Ball) ergangen, unter dem Ersuchen, bis Montag den 28. d, M. Mittag, die Anzahl der gewünschten Taselplätze mitgetheilt zu erhalten. Die Herren Mitglieder de» Collegiums werden daher gebeten, die Tafelplätze bis Montag, den 28. d. M, Vormittag auf unserem Bureau bestellen zu wollen. Leipzig, den 25. November 1881. Goetz. Neu Handelsverkehr mit Au-ralieu -etr. Herr M. A. Vatzse wird in der Zeit vom 23. bis 26 d. M. jeden Vormittag von 9 bis 12 Uhr aus unserem Bureau, Neu- markt 19, I.. zu sprechen sein, um aus Fragen, welche den Handel«, verkehr mil Australien betreffe», Auskunft zu erlhrilen. Leipzig, den 22. November 1881. Li, Handel »ka««er. vr. Nach«muth, Vors. vr. Geusrl» S. Nichtamtlicher Theil. Vas Socialikengelktz. i. * ES ist geradezu wunderbar, in welchem Maaße seit den letzten RcichSlaqSwahlcn die Ansichten vieler Bruchtheile der Bevölkerung üher den Werth de« sogenannten Socialistcn- gesetze« sich verändert haben. Wahrend dieses Gesetz früher l von allen Freunden der Ordnung als ein starke« Bollwerk gegen die Wühlereien der Socialisten dankbar anerkannt wurde, ist eS jetzt auf einmal ein ganz nichtsnutziges, wirkungslose«, ja lächer liche« Ding, da« je eher je lieber wieder beseitigt werden müßte. Diese Ansicht ist weit verbreitet, ihr« laute Verkün digung erschallt au« den Lagern der verschiedensten Parteien. In conservativen, ja stockreactionairen Blättern wird daS Gesetz mit einem mitleidigen Fußtritt bei Seite geschoben, unter den Secessionisten hat es allem Anscheine nach auch nur wenige Freunde, und natürlich ist eS vor Allem die unentwegte GesinnungStüchtigkeil der Fortschrittspartei, welche eben jetzt wieder nnt verstärkter Kraft sich gegen das Gesetz erklärt. Es kann DaS kaum überraschen. Auf dem Programm dieser Partei steht nun einmal nackt und kahl: Ausnahmegesetze sind unter keiner Bedingung zu dulden; daS Socialistengesetz ist ein Ausnahmegesetz,' also muß eS fallen. Und wäre ein solche- Gesetz noch so zweckmäßig und durch die Nothwendigkeit geboten: — thut Nicht-, Kat progrummL, perent wuuckus! Wodurch aber ist ein so ausfälliger Umschwung herbei- aesührt worden? Dmck nichts Andere« als durch die That- sache, daß etwa ein Dutzend Socialdcmokraten Eingang in die Hallen des Reichstags gesunden haben. Diese Thatsache genügt dem politischen Philister, um dem Socialistengesetz ohne Weiteres die Freundschaft zu kündigen. „WaS soll mir — raisonnirt er — ein Gesetz, das nicht im Stande ist, die Feinde, welche c» bekämpfen soll, aus der Volksvertretung auSzu- schließen?" Wer so denkt, ahnt freilich nicht, wie weil er am Ziele vorbeischießt und wie sehr er damit kundgiebt, daß er das Wese» und die Bedeutung de« SocialistengesetzcS nie richtig verstanden habe. Kein ruhig Ucberlegendcr, am allerwenigsten der Gesetzgeber selbst, hat jemals sich der Hoffnung hinqegeben, daß jenes Ausnahmegesetz den SocialismuS plötzlich vernichten, die Anhänger deS letzteren aus einmal vom politischen Schauplätze wegsegen könne und werde. Im Gcgcntheil. Man kennt ja die innere Organisation der socialdemokratischen Partei, man weiß, mit welchem blinden Gehorsam die „Genossen" jedem Wink und jeder Weisung ihrer Führer Folge leisten, mit welcher Sicherheit und Geschlossenheit ihre Truppen an den Wahlurnen sich einsindcn, um Mann für Mann dem einen Erkorenen ihre Stimme zu geben. Dagegen hilft kein Gesetz, und wäre es mit Blut geschrieben. Und dennoch scheint auch in dieser Richtung da- Socia- listengesetz nicht gänzlich ohne Wirkung und Erfolg ge blieben zu sein. Die Gesamnitzabl der socialdcmokranscheo Stimmen ist bei den jüngsten ReichStagSwahlen geringer ge wesen als früher, obwohl notorisch unter dieselben zahlreiche Stimme» von Neactionären, Fortschrittlern, Ultramontane» ,c. mit eingeschmuggelt morden sind.unveSliegtderSchlußnah«.daß doch viele der ältere» und besonnenere» Genossen sich allmälig von der socialdemokratischen Wühlerei zurückgezogen haben. Man darf dreist behaupten, daß auch ohne Socialistengesetz kaum ein Sorialist in den Reichstag gewählt worden wäre, wenn nur die Parteien der Ordnung überall ihre Schuldigkeit gelhan hätten. Wo daS Letztere geschah, ist auch der social- demokratiscke Eandidat regelmäßig geschlagen worden — man denke an Dresden. Leipzig, Sckneeberg, Glauchau u. a. m. —, und wo ein Socialdemökral aus dein Wahlkampfe siegreich bervorging, da waren eS stets pflichtvergessene Anhänger der OrdiiuiigSparteicn. welche durch ihre Verbissenheit und Kurz sichtigkeit e« dahin brachten, daß der Mann, den sie von Gottes und Rechte« wegen mit allem Nachdruck bekämpfen sollten und mußten, durch ihre beklagenSwcrlhe Unterstützung den Siegcrkran; sich erwerben durste. Mit den Reichs- und LandtagSwahlen steht daS Socia- listengesctz an sich also gar nicht in Verbindung, und darum ist eS lhörickt, nach dem Ausfall der Wahlen den Werth diese- Gesetzes schätzen zu wollen. DaS weiß auch Niemand bester als die Socialdemokraten selbst. Sie brauchen keine öffent lichen Wahlversammlungen abziibalte», sie brauchen nicht in der Presse für ihre Candidatcn zu wirken, sie brauchen sich überhaupt gar nicht besonders anzustrengen, um ihre Wahizwccke zu erreichen. Auf den bekannten Wegen geht der Befehl der Oberen durch alle Gruppen und Kreise der Anhänger, und die ihn erlaffen, dürfen mit Sicherheit darauf rechnen, daß ihr Commanko richtig befolgt wird. Wenn aber dennoch aus der Mitte der Socialisten Klagen erschallen über die höchst unangenehmen Hindernisse, welche daS Socialistengesetz ihnen in den Weg legt, so ist Dies auf ganz andere Dinge rurückzusührcn, die sie selbst natürlich nur ungern zum Gegen stände öffentlicher Besprechung macken, die aber aus verschie denen Gründen eine nähere Betrachtung verdienen. Und Die« soll in einem zweiten Artikel geschehen. Leipzig, 26. November. Die Liste der Zusammensetzung deS Reichstags nach Bcrufsständen ist nicht ohne praktisches Interesse. Wir ersehen daraus, daß aus die Landwirthschast 107 Ab geordnete entfallen, während nur einige 30ReichslagSmitglieker der Industrie und dem Handel angehören, gegen 50 der Staats» und Eommunalverwaltung, gegen 30 dem Ricklerstand, einige 20 der Rechtsanwaltschaft. 18 der Wissenschaft, 22 dem geist lichen Stande, 20 der Schriststellcrei; die übrigen Mitglieder gehören verschiedenen in größere Rubriken nicht »nterzubrin- gcndei, Ständen an. Zunächst fällt dabei in die Augen die unverhältnißmäßig starke Vertretung der Landwirthschast. die sich a»f über ein Viertel der Gcsammtzahl beläuft und dem in Beamten- und RechtSanwaltstclluiigen befindlichen Iuristentbum mindesten« gleichkommt. Die bekannten Klagen deS Reichskanzlers Über die „Arbeitsbienen und Drohnen" !m Parlament erfahren durch diese reiche Vertretung der landwirthschaftlichcn Interessen eine neue Widerlegung. Zu beklagen ist die noch immer unverhällnißmäßig geringe Zahl von praktischen Männern deS Handels und der Industrie. ES ist aber bei den Ansprüchen an Zeit, welche der Parlamentarismus erhebt, kaum zu boffcn, daß Männer aus diesen Ständen deS praktischen Leben« jemal« >» größerer Zahl nach Mandaten streben, so wichtig und wünschenSmcrth dies auch gerade im Reichstag mit seinen vorwiegend wirtk- sckastlichen Ausgaben wäre. Eine Erscheinung, die mit jedem Jahre an Umfang zunimmt und ebensnll« dem Reichskanzler bereits zu Klagen und zwar einigermaßen berechtigteren Anlaß gegeben hat, ist die überaus große Zahl von Abgeordneten, die in Berlin ihren ständigen Wohnsitz haben. Der normale und wünschcnSwcrth« Zustand, daß di« Abgeordneten au- der Mitte der Wahlkreise bervorgeben, verändert sich immer mehr zu Gunsten des Borwiege,iS b'eS Berlinerlhum». Einen ansehnlichen Theil der Schuld'an der Erscheinung, daß immer mebr Wahlkreise heimische Vertreter nicht mehr finden, sondern sich auS Berlin versorgen lasten müssen, trägt ohne Zweifel der Mangel an Diäten, der c« vielen sonst geeigneten und bereitwilligen Männern zur Unmöglichkeit macht, monatelang in der Reichs- Hauptstadt zu leben. Die Bildung der großen liberalen Partei m nächster Zukunft wird ein unverwirklichte- Ideal bleiben; alle Angaben über Verhandlungen, betreffend die Verschmel zung (Fusion) der Gruppen der Linken zu dieser „großen liberalen Partei", sind unzutreffend; dagegen steht fest, daß — bei der feindseligen Haltung de« Reichskanzler« und der mit ihm verbündeten Ullramontanen und Conservativen — alle drei Gruppen in großen grundsätzlichen Fragen ge meinsam, wie bei der Präsidentenwahl, verfahren werden. E» handelt sich jetzt um die Anbahnung eine« gemeinsamen (parlamentarische») Verkebrsorgan« bekufs Verständigung beim taktischen Vorgehen in Fragen, welche gemeinsame libe rale Interessen der rechte» Seite de« Hause- gegenüber be- treffen. Sonst erweist sich da« getrennte Vorgeben der Libe- ralen in drei Colonnen als da« zur Zeit Zweckmäßigste. Hoffentlich bleibt aber bei getrenntem Marschiren die Sorge für vereintes Schlagen zur rechten Zeit nicht außerAchl. In conservativen Kreisen zeigt man sich dein TabakS- monopol gegenüber äußerst kühl und vorsichtig, und man kann wobl sägen, daß der Reichskanzler sich mit seinem Pro- ject aus keine einzige Partei im Reichstage stützen kann. Auch im BundcSrath finden sich gegnerische Stimmen, wenigsten« wird versichert, die Regierungen von Baiern, Baden. Hessen, Mecklenburg und die Hansestädte ständen dem Monopol nicht freundlich gegenüber. Die Gründung de« Weltpostvereins hat bei der Marine-Verwaltung eine nickt unbeträchtliche Er sparung herbeigesührt, indem die Portokostcn geringer ge» worden sind. I»i Etat für 1880/8t waren z. B. 33,660.04 Mark als Kosten der Beförderung von Briefen, Telegrammen. Post- und Frachtstücken vorgesehen. Nach der jetzt dem Reichs tag vorgelegtcn Uebersicht der Einnahmen und Ausgaben für 1880/81 ist von diesem Betrage die Summe von 26,339.98 Mark erspart worden, so daß bereit« in den Etat für 188l/82 nur der für diese Au-gaben bestimmte Betrag um 11,000 Mark gekürzt werdeu konnte. Wie e« heißt, sprach Fürst viSmaeck a« Donnerstag Sei einem parlamentarischen Esten Uber die innere Polin! mit überrasckiender Milde und Versöhnlichkeit. Er saß zwischen Franckei,stein und v. Bennigsen. Sonst anwesend waren u. A. Hatzscldt, Stephani. Kameke, Rickert, Windthorst. A. Rei- chenspergcr, alle Schriftführer deS Reichstage« außer Wölscl. Ter Kanzler äußerte, zum Conflict sei nicht der mindeste Anlaß durch die jetzige Lage gegeben. (?) Ihn halte nur der kaiserliche Wunsch im Amte. Bezüglich der auswärtigen Politik seien für ihn die fünf Acte de- Drama zu Ende, er sei da entbehrlich. Solle er sich aus da« Altentheil zurückziehen, weil er in der Socialpolitik nickt mil der augenblicklichen Mehrheit übercinstimme? Er bilde sich nicht ei», daß Alles, was darüber in der Thron rede stehe, gleich oder auch in hundert Jahren ausführbar sei. ES sei darin nur ein Ziel gesteckt, aus Vas man loSmarschiren niüsie. Er babe Recht, seine Meinung gegen Anderer Meinungen aufrecht zu erbalten. Deshalb komme er immer wieder »nt denselben Vorlagen, ein Conflict sei deshalb nicht nöthig. Vom Culturkamps war nicht die Rede. Der antisemitische „Deutsche Volksverein" in Berlin hat neulich ein Telegramm an den Fürsten BiSmarck ge richtet. Darauf hat nun der Reichskanzler dem Herrn Lieber- mann von Sonnenberg da« folgende, vom „Deutschen Tage blatt" veröffentlichte Schreiben zustellen lasten: „Berlin, den 20. November 1881. Euerer Hochwohlgeboren Telegramm habe ich erhalten und danke der Berlammlung de« Deutschen Volk-Vereins für die freundliche Gesinnung, welche sie mir ausgesprochen hat. Die Zukunft meiner persönlichen Stellung kann sich erst im Lause der Sitzung deS Reichstages entscheiden. von Bismarck." Auch dte „Nak.-Ztg." meldet, daß in den Vorzimmern des Reichstages daS Gerückt umging, der Papst habe die Absicht ausgesprochen, seinen Aufenthalt in Fulda zu nehmen. Bon anderer Seite wurde die« Gerückt vervollständigt, der Papst habe einen bahin zielenden Wunsch bereits Herrn von Scklözer mitgetheilt gehabt. Wenn diese Gerüchte auch auf Zuverlässigkeit keinen Anspruch machen können, reai- striren wir jene Nachrichten, La sie auch von ernsthafter Seite nicht unbeachtet gelassen wurden. DaS italienische Königtbum würde jedenfalls sehr zufrieden damit sein, wenn der Pontifex Rom verlassen und den Staub der ewigen Stadt von seinen Füßen schütteln wollte. Ueber die Wiederbesetzunq VeSevangelischenBiSthumS Jerusalem schweben, wie da- „B. T." meldet, noch Ver handlungen. Obgleich Preußen nach dem Tobe des von England ernannten letzten Bischof- da- Ernennung-recht zufällt. so scheint die Neubesetzung doch nicht ohne Vorbe sprechungen mit den maßgebenden britischen Kreisen zu erfolgen. ES ist selbstverständlich, daß man nach Jerusalem nur einen Geistlichen ernennen kann, der mit den dort!. n BcrhLltniffe» genau bekannt ist; fast alle bicrzu geeigneten Personen habe» aber bessere Fühlung nach Großbritannien als irgend wo ander« bin, und von London au« lasten sie sich deshalb am besten aussinden. Dem Vernehmen nach wird die Anregung zur Gründung von Trinkerasylen, die der Abg. Birckow in der ver flossenen ReichStagSsession in Ergänzung der TrunksucktS- vo rlage gegeben, zunächst ohne Ergcbniß bleiben. Ein entsprechender Enlwurs der ReichSregierunq steht nickt zu erwarten. Wenn gleich an maßgebender Stelle die Zweck dienlichkeit de- voracschlagrnen Heilmittels anerkannt wird, so macken sich doch Bedenken geltend, ob ein Gesetz, wie e« der Birckow'sche Antrag verlangt, nicht die Competen, de» Reick« überschreite und richtigerweise der Gesetzgebung der Einzel- floaten überlasten werben müßte. Würde sich freilich da» Reich-gesnndheitSamt so entwickelt baben, wie man bei seiner Gründung zu hoffen berechtigt war, dann erschiene diese ganze Frage vorn vornherein zu Gunsten de« Reich gelöst. Nach dem schattenhaften Dasem, da« jetzt jene Be hörde führt und das sie z» einem trefflichen Gegenstück deS glcichSsallS in der Entwickelung stecken gebliebenen ReichS- Eisenbahnamts macht, ist wohl oder übel zuzugebcn, daß da« ReichSgesundheit-amt in der That keine Belastung mit neuen und großen Ausgaben erträgt. In Heidelberg ist in diesen Tagen der Professor des StaalSrechts, vr. Herrn. Sckulze, an Stelle de» verstor benen Bluntschli, zum Vertreter der Universität in der badischen ersten Kammer gewählt worden. Damit ist der wohl ganz außerordentliche Fall eingetrclen, daß ein Mitglied de« preußischen Herrenhauses gleichzeitig in die Berlrelung eines anderen Staates entsandt worden ist. Professor Schulze ist nämlich aus jener Zeit, als er in BreSlau an der Universität wickle, Mitglied de» Herren hauses und KronsyndicuS. Allerdings kann er seinen Pflichten auS Liesen beiden Stellungen nicht Nachkomme», Io lange rr außerhalb Preußens seinen Wohnsitz hat. die Berechtigung aber bleibt »hm. da er auf Lebenszeit gewählt ist. Di« Bewilligung der Kosten für den Hamburger Zollanschluß wird, soweit bisher die Stimmung im Reichstag bekannt geworden, mit großer Mehrheit be schlossen werden. Auch aus Seiten der Fortschrittspartei scheint man, nachdem die Frage durch daS ttcbercinkvmmen zwischen dem Reich und Hamburg einmal bis zu diesem Puncle gelaugt ist. einen wetteren Widerspruch nicht mehr für angebracht zu halten. Ebenso wenig wird wohl vom Centrum unter den heutigen Umständen zu erwarten sein, daß e« bei dieser Frage Opposition mackt. Man darf sonach hoffen, daß diese Angelegenheit, die so unendlich viel Erregung und Erbitterung erzeugt hat, jetzt endgillig von der Tagesordnung verschwinden wird. Hoffen wir. daß die Vorl heile deS Zoll» anschluffes für beide Theile den schweren Opfern entspreche» werden. Der Reichstag aber wird bei dieser Gelegenheit zeigen, daß er „nicht so schlimm ist wie sein Ruf." Wie au« der Schweiz berichtet wird, führt die deutsche Polizei einen, wie eS scheint, schwierigen Kamps gegen die Einschmuqgelung socialistischerSchr,sten nachDeutsch- land. Ihre Maßregeln haben bereit« Beschwerden bei den BundeSbehvrden veranlaßt. Bor einiger Zeit gingen di« socialistischcn Flugblätter in Gestalt von Handelücircularen mit der Post über die Grenze. Um die Täuschung vollstän dig zu machen, werden sie mit den Stempeln bekannter Handelsfirmen in Basel, Zürich re. versehen. Tie List ist entdeckt und die Finnen, deren Stempel mißbräuchlich benutzt waren, haben den Nachtbeil, daß ihre Circulare re. ange» hatten werden. Dann wurden Blechbüchsen vollgepackt mit den Flugblättern und al- condensirte Milch verzollt. Ei» Zufall hat auch diese List verrathen und uun werdeu Blech büchsen mit condensirter Milch mit Argu«augen bewacht. Am vergangenen Sonntag fand man. wie Meldungen an» Rom besagen, daselbst an den Straßenecken Placate ange schlagen, welche die Aufschrift trugen: ,^Xda»»a il ealoneUo austriaca!" (Meder mit dem österreichischen Oberst.) Die Placate enthielten grobe Schmähungen gegen den König und die Wiener Begegnung und endigten mit dem Ausrufe: ,,E« lebe die Republikl ES lebe die Revolution! Es leben Triest und Trient!" Die Placate gingen vom republikanischen Verein Maurizio Quadrio au«. Mehrere Verhaftungen wurden vorgenommen. Gambe tta gefällt sich in den Manieren de« gnmck seignsur. Am DonnerSlaq hatte er seinen ersten wöchent lichen EinpsangStag. Zahlreiche Diplomaten benutzten diese Gelegenheit, um den neuen Minister zu begrüßen oder mit demselben zu berathen. Bon den Botschaftern hatten Fürst Hohenlohe. Gras Beust, Lord Lyon«, Herzog Fernan Nunez. der Vertreter Spanien«, längere Besprechungen mit dein Minister. Wie der „N.-Z." mitgetheilt wird, hat Gambetta sich in Versicherungen der friedlichen Richtung der Politik seines Ministerium« überbotcn und besonders betont, daß er sein Hanptstreben daraus richten werde, in allen wichtigen internationalen Fragen gemeinschaftlich mit den anderen Mächten zu handeln. Die Erklärungen Gambelta'S scheinen einen günitigen Eindruck gemacht zu haben. Die Verhandlungen der französischen Kammern sind ohne besonderes Interesse. Im Senat zog am Donnerstag Griffe seinen Protest gegen die Wabl Laverni-re'S zum lebenslänglichen Senator zurück und bracklc de» Antrag aus Erlaß eines Gesetzes ein, der daraus ebzielt. die Be dingungen für die Wählbarkeit der lebenslängliche» Senatoren näher zu bestimmen. Laveriiiöre wurde hieraus zui» lebens länglichen Senator proclamirl. — In der Deputirten- kanimer brachte der Finanzministcr eine Vorlage wegen Bewilligung der für die Expedition nach Tunis bis Januar k. I. erforderlichen NachtragScrcdit ein. — Bei der Beratdung über die Wahl deS für Loudeac (Deparlcinent Cote« du Nordl gewählten Deputirtcn Bescher, erklärte der Bischof Freppel von AnacrS, daß er für den KleruS dieselben Rechte in Anspruch nehme, welche anvere Bürger hätten. Der KleruS habe sogar daS Recht, von der Kanzel auS den Gläubigen die Thcttnahme an der Wahl aiizuempsehlen. um die Pflicht gegen daS Vaterland zu e> füllen. Mebrere Deputirte der Linke» legten hiergegen Verwahrung ein. Der Minister de« Inner», Waldeck- Rousseau, erklärte, die Regierung könne solchen Doclrinen gegenüber, die eine Einmischung des Klerus in die Wahlen zur Folge hätten, nicht gleichgittig bleiben, die Negierung sei der ganz bestimmten Austcht, daß sich der KleruS streng innerhalb der Grenzen de« ConcorvalcS balle, ebenso sei die Regierung gewillt, sich aller gesetzlichen Mittel zu bel jenen, um dem KleruS Achtung vor dem Gesetz und vor der Ver fassung ciiisznlcgen. Die Wahl von Bescher wurde mit 402 gegen 93 Stimmen für ungillig erklärt. Reichstag. Im Reichstage stand am Donnerstage die erste Ve- rathung deS Etat« aus der Tagesordnung und wurde vom StaatSsecretair Scholz mit einer nüchtern-sach lichen Rede eingclettet, welche sich bestrebte, auS einer Reihe von Zahlen de» Etat« die Finanzlage de- Reich« und die bisherigen Erfolge der Steuerpolitik in einem möglichst günstigen Lichte erscheinen zu taffen. Redner führte au«, dah da» Etat«jahr 1880—81 mit eien» Deficit von 12,362.467 ^l al'schlieht. Sr selbst habe vor Jahre«, frist anSaeivrochen, dah da« Etaisjahr mit einem Ueberichuh von etwa 3 Millionen Mark abschliehen würde, wenn nicht bei der Rüben,uckersteuer ein Su-sall entstünde. In der Thal Hobe, abgesehen von der Zuckerstener. sich an Mehreinnahmen und Minder» a»«gaben ein Plu« von 7,103,394 ergeben. Die Rübenzucker« stener Hab« aber einen Ausfall von 18,734.226 ^ ergeben. Diese« Resultat fei lediglich eine Folge de« bestehenden Treditirung«. fysteni«, wodurch es rnnSglicht werde, dah die Sxportvergütnng«»
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