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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 22.12.1902
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-12-22
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19021222011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902122201
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1902122201
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1902
- Monat1902-12
- Tag1902-12-22
- Monat1902-12
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Judson (Ids drovth ot tds «moricaa d-atiou) bestätigen zusammen mit anderen der früher angezozenen Autoren eS in der Theorie, daß e» sich auch hier nur um ein politische- Prinzip, nicht um ein Gesetz handelt. UeberdieS kann aber nicht entschieden genug darauf aufmerksam gemacht werden, daß eigentlich auch dieser Teil der Monroe-Doktrin antiauirri ist: seit beinahe 80 Iadren gibt eS keine Heilige Allianz mehr, und kein europällcher Staat denkt daran, kann überhaupt noch daran denken, da- absolutistische System der damaligen Zeit auf amerikanischem Boden einzusühreu. Aber dir Monroe-Doklria hat im Lause der Zeiten wesentliche Um wandlungen namentlich in diesem zweiten Teile durchgemacbl, ein neuer Beweis für ihre Unverwendbarkeit im Völkerrecht. Diese Wandlungen werden im weitere» ihre Beleuchtung erfahren. Es geschieht das am besten, indem wir die Ereignisse an führen, bei denen die Doktrin Anwendung gefunden hat oder hätte finden müssen, wenn sie als bindendes Gesetz zu be trachten wäre. Wir sprechen zunächst von dem Prinzipe der Nichtkolonisierung. Als die Engländer nach der Be gründung des neuen Staates Guatemala ihre Nieder lassungen über den bisher als Grenze angesehenen Rio Belise ausdehnten, wandte sich 1835 die Regierung des jungen Frei staates unter Berufung auf die Monroe-Toktnn an die Regierung zu Washington. Aber Präsident Jackson sand nicht, datz ihn die Gefährdung des Wohlergehens der Ver einigten Staaten oder die angerufene Doktrin zum Ein schreiten veranlasse und so blieb eS, bis der zwischen Guate mala und England 1859 abgeschlossene Vertrag die Grenzen von Britiich-Honvuras regelte. — Ein weiteres Interesse gewährt der Fall der Negerstaaten Domingo und Haiti. Jenes empörte sich gegen Spanien, diese- gegen Frankreich; beide Republiken vereinigten sich eine zeitlang, trennten sich aber wieder 1844. Die Vereinigten Staaten machten 185l den Veriuch, übrigens nicht im Einklang mit der Doktrin und überdies ohne Erfolg, England und Frankreich zu einer gemeinsamen Aktion zur" Wiederherstellung der O'dnung zu gewinnen. Nach langen inneren Kämpfen sand eS der sogenannte Präsident von San Domingo, Santana mit Namen, sür gut, der damaligen Königin von Spanien, Isabella, seine Unterwerfung anzu bieten, die diese unter dem 19. Mai 186 l annahm. Präsi dent Lincoln protestierte im Namen der Monroe-Doktrin da gegen, konnte aber, durch den Sezessionskrieg iu Anspruch genommen, nicht- Weitere- unternehme«. UebrigenS aber war der Protest ungerechtfertigt: es handelte sich uicht um eine Nrukolonisation einer fremden europäischen Mact>t, sondern um die freiwillig angebotene Rückkehr in den alten kolonialen Abhängigkrit-zustand, den die Doktrin ja gerade anerkannt hatte. Die bedeutendste Durchbrechung der Doktrin wird durch die Beilegung der sogen.Oregon-Frage gebildet. ES handel,« sich hierbei um das Gebiet, da- von >818—1828 für neutral erklärt worden und auch dis 1845, wo James Polk Präsi dent wurde, keine uennen-werte Besiedelung ei halten halte, nun aber von Polk reklamiert wurde. Er berief sich dabei aus die Doktrin, grstalietr sie aber dabin um, daß er da> Prinzip der Nichtkolonisalion auf Nordamerika beschränkte, den Begriff der Nichlkoloniiatioa aber dahin auSdehnte, daß überhaupt keine fremde Herrschaft sich aus dem Nordamerika- niichen Kontiarnie bilden dürfe, wodurch z. B. >ede engere Vereinigung vou Canada mit Gioßbritannien, vor allem aber eine Erweiterung von dessen Besitz, beauuandel worden wäre. Er drang damit auch nicht durch. Es kam zu einem vorläufigen Vergleich, der den 49." n. Br. als Grenz» .wischen engliichem und Ui>ion«g»biel srstsetzte. Da aber über das Gerier an dem pac fischen Ende des Breitengrade» neue Streitigkeiten entstanden, namentlich über die Zn- gehörigkttt gewisser Imeln in der Iuan-de-Fuca-Straße, ,o unter breiteten neide Machte die Frage Ka l l er Wil beim I., der am 21. Oktober 1872 im weientlichen zu Gunsten der Bereinigten Slaaien entichied. War schon dir Heranziehung eines fremden, europäischen Monarchen schwerlich im Sinne Walhinglons und MonroeS, so muß man sich auch die Möglichkeit eines gegenteiligen Urteils voistellen, das also «ine GedietSeiweilerung einer europäischen Macht auf Kosten der Union bedeutet haben würde. Dre bedeutiamsten Anwendungen und Wandlungen aber erfuhr MonroeS Lehre bezüglich deS vieldeutigen Inter- ventionSprinzips. Adame, der aui Monroe 1825 in der Präsieentschait jol,te, sah wohl ein,daß dieAnwrnvno.'de-P' in- zipS auf den amerikanischen Gesamtlontiuent der Union schwere Verpflichtungen aufoürden würde. Deshalb dielt er mit der Belchickung des von Simon Bolivar, dem Befreier von fpaniichrr Herrschaft, anbeiaumlen Kongresses der neuen Freistaaten <u Panama, so lange zurück, bi- der Kongreß sich aufgelöst halte. Dafür sprach er in einer präsiventicllen Botschaft vom März 1826 den weisen, aber billigen Rat aus, daß >eder der neuen Staaten au- eigenen Kräften Vic Monroe-Doktrm zur Anwendung bringen solle. Diese er fuhr gleichzeitig eine wesentliche Modifikation infolge einer am 14. April 1826 nn Senat gehaltenen Rede Dan. Websters^ infolge deren vom Senat eine Bill angenommen wurde, daß das Volk der Bereinigten Staaten sreie Hand bei jeder Ent scheidung im Falle von Interventionen baden müsse, daß ihm seine Handlungsweise im jeweilig gegebenen Moment durch seine Freundschaft für die südlichen Republiken, durch seine eigene Ehre und seine spezielle Politik diktiert werden würde. Man merke: hatte Monroe den zukünftigen Regierungen der Union die Aufgabe zugeichoben, für Gesamiamenka eine interessenlose Schutzpolilik m führen, so trat mir diesem Beschluß gerade das Interesse, der jeweilige Nutzen der Union, alS maßgeblich in Er cheinung und die Doktrin gestaltete sich zu einem opportunistischen Gummi, au« dem jeder jede- ge stalten konnte. Wir wenden uns nun auch hier zu den Anwendungen der Theorie in der Praxis. Dir Gewinnung von Texas gibt da« erste, »»gleich »eckst lehrreiche Beispiel. Nachdem dieses Gebiet 1836 die mexikanische Herrschaft abgeschüttrli batte, fand es Anerkennung al- selbständiger Staat bei Flankreich, England und bei der Union, während Mexiko diese Anerkennung noch versagte. 1845 beantragt» Texas ,eme Aufnahme in den Verband der Vereinigten Staaten, sah sia» jedoch zurückgewiksen, weil die der Sklaverei feind- l'chtii R.publikaner im Senate die Majorität hallen und Texas ein iktavenbaltender Staat war. Da jedoch eine englisch-französiiche Vermitielung drohte, so drückte der schon erwäbnle Präsident Polk am 29. De zember 1845 die Einverleibung unter Berufung aus die Doktrin curch. Damit war natürlich der Krieg mit Mexiko eröffnet, der am 30. Mai 1848 durch den Frieden von Querctaro decndct wurde und Texas gegen die Zaolung von 15 Mill. Dollar in den Besitz der Vereinigten Ttaaten übergeben ließ. Ltzo blieb dabei die ursprünglich durch die Monroe-Doktrin zuaesicherte Beachtung der gegebenen Besitzverhältniffe? Das Versabren Polke gewinnt arer noch ein ganz betontere- Re lief durch sein Verhallen gegen D u k a t a n. Genau wie Texas machte sich diese» Gebiet von Mexiko unabhängig und boi sich den Vc>einigien Staaten im April 1848 an. Man lehnte unter H nwers auf die Monroe-Doktrin ab, die man soeben unter genau den gleichen Verhältnissen sür «ine gegenteilige Haltung angerusen, und überließ Jukalan seinem Sch>ck>ale.— Dagtg-N stand die von NapvUon IU. hrraufdesawor«»« mexikanische Verwickelung (1862—67) durchaus unter dem Z-ichen der ur'prüngtich'n Aaele^'. r.g o«, Monroe Lokum. Die durch den Seze,sion«krieg voll beschäftigten Vereinigte» Staaten vermochten nur eine abwartende Haltung einmnebmen, erkannten aber stets nur Iuarez als Pia» sidenien an. Seil 1865 Sieger, zwangen sie Napoleon zum Rückzug; Kaifer Maximilian wurde am 19 Juni 1867 zu Queretaro erschossen: die Doktrin hatte einen unzweffrlbasien Sieg davongetragen, d. h. nicht als völkerrechtlich anerkannte Maxime, sondern als die Politik der Vernunjt gegenüber der Polilit de- Abenteuers. Seit dem Abschluß d«S Sezessionskriege« beginnt die mit jedem Iahie rapider sich eniwickelnde wirtschaftliche Macht ver Vereinigten Staaieu und damit da» Anwachfen de» Be- dürsnisseö, diefeS wirtschaftliche Uevergewicht u> ein politische- umzusetzen. Für solche Begehrlichkeit »st nun mit einer völ ligen Verkennung ihrer ursprünglichen Gestalt die Monroe Doktrin herangezogen worden und zwar stet- al- ein« allge mein anerkannte Autorität. Da- Schicksal von Cuba, da- auf Grund der Doktrin die Jingo«- zwar nicht Cleveland, aber Mc. Kinley schließlich entriss«», ist noch in unser aller Gedächtnis. Cleveland hat sich, so lange er im Amte war, gegen die Uebergriffe der IingoeS gewehrt, wohingegen er in einer aneeren Frage mit einer gewissen Brutalität deren Standpunkt vertrat und dabei sogar einen prinzipiellen Er folg erreichte. Seit 1836 nämlich gab e- Grenzstreitigkeiten »wischen England und Venezuela wegen der von beiden Staat«» in Anspruch genommenen Gebiete in Guyana auf dem linken Ufer deS Essi qulbo. Nachdem sich die Vereinigten Staaten bislang gänzlich uninteressiert gezeigt hatten, betont« plötzlich die Bot- fchaitClcoclandSvom 18.Dczember 1895 nach vorauSgegangenrm Depeschenwechsel mit England mit größter Schroffheit da- Prinzip der Nickstinterventlvn. Wenn man auch in Eng land über diese neue Ar» erstaunt war, so bewahrte Lord Salisbury doch seine ruhige Würde und lebnte vor allem cai- von den Vereinigten Staaten vorgeschlagene Schieds gericht ab. Wesentlich war dabei, daß Venezuela die »guten Dienste" der Bereinigten Staaten noch überhaupt nicht au- ^esprochen hatte. Die Wogen im Kongreß gingen so hoch, daß am 21. Januar 1896 eine Bill des Senators DaviS ein^ebracht werten konnte: jeder Versuch eines europäischen SlaaieS an irgend einer S elle io Amerika Land zu er werben unter irgend welchem Titel auch immer, sei al« Kriegs fall anzuieben. Natürlich gelangte da« nicht zum Beschluß. Aber England, nunmehr durch die Tran-vaalang«lrgenh«it ,n Ämpruch genommen, ordnete sich am 8. November 1896 dein verlangten Schiedsgericht unter, da« heißt, e« er kannte indirekt die Monroe-Dokinn al- kür sich verbindlich an; ein durch die Lage erzwungener Verrat an Europa. Bon gesamt europäncher Bedeutung ist aber die Krage der Kontrolle über den zukünftigen IstbmuS-Kanal. Der Clayton-Bulwer-Traktat vom 19. Iauuar 1850 sichelte England und weiterhin jedem dem Vertrag« bei tretenden Staate A teil an dieser Kontivlle und wavrte damit den mt»> nationalen Charakter de« Kanal«. Nach dem Scheitern de- Lcfs psschcn ProfekteS wurde man ,n den Bereinigten Staaten immer dringender mit dem Verlangen nach Aushebung des Clayion-Bulwer-Bertrage. WicverlMk nach längerem Sträuben und, wiederum sich die Hände ge- vuneen suhlend durch die TranSvaal-Angelegenheit und vor nehmlich auch durch die feindselige Haltung v«- Kontinent«, bat sich England gezwungen gesehen, Milte November 1901 auf jede Miikonirolle über den zukünftigen Kanal zu ver zichten. Der Clayion-Bulwer-Traktat ist al'o beseitigt. Coll nun noch über die mii der Doktrin in Zusammen hang tretenden wirtschaftlichen Fragen geredet werden? — Bedarf es überhaupt »och eme« wetteren Worte»? — Vläeunt ooosulösl Eine Wette. Weihnachtsskizze von Gerhard Walther tBleckendorfj. Nachdruck verbeten. So war er denn iurn glücklicher Student, und das Herz schwoll ihm vor Lust, als er an einem sehr schönen April tage aus dem Bahnhof der Musenstadt schritt, zu deren akademischen Bürgern er fortan gehören sollte. Erhobe nen Hauptes ging er durch die Straßen. Er war ein statt- ltcher Herr, groß, kräftig, blühend von Gesicht, mit blon dem Kraushaar und Schnurrbart: das Bild eines unver dorbenen deutschen Mannes, aus dessen blauen Augen ein unverwüstlicher Jugendamt leuchtete. „Donnerwetter, famoser Kerl!" sagten zwei KorpS- Lurschen, die dem Bahnhof gegenüber vor einer Restau ration Posto gefaßt hatten: „den behalten wir im Auge!" Ihr geübter Blick hatte gleich erkannt, mit wem sie cs zu tun hatten. „Prachtvoller Renommierfuchsl" sagte -er andere. „Aber da kommt er ja, weiß Gott, gerade hier herüber: -en keilen wirk Zu jung ist er nicht!" Er setzte sich an einen Tisch dicht neben ihnen und be- stellte ein Glas Bier. Das war eine paffende Einleitung, und bald danach saß der Neuhinzugekommene am Tisch zwischen den beiden zuvorkommenden und eleganten Herren. Es war so ganz von selbst gekommen, und ebenso kam eS ganz von selbst, -aß er bei ihnen aus der Kneipe zu Mittag aß und am Nachmittag mit ihrer zehn, die schon beisammen waren, einen köstlichen Bummel ins Land machte, baS bereits im Blütenschnee stand. Da draußen auf der Exkneipe stieg ein Schoppen, wie er ihn nie geträumt hatte, und sein junges Herz ging auf Flügeln des Gesanges mit ihm durch. Am Abend sprang er ein, und am nächsten Morgen war er ungeheuer verwundert, als einer seiner neuen KorpS- brüder vor seinem Bett im Hotel saß und ihn -um Früh- schoppen abholen wollte. Allmählich aber begriff er die Wirklichkeit und sah mit Stolz und Erstaunen di« rote Mütze, die er seit gestern abend trug, neben seinem Bett liegen. „Nnn müssen wir dir aber eine Bube suchen!" sagte der neue Freund überlegen. „Tu' ich allein! Außerdem möchte ich in Düsternbrook wohnen. Wetten, daß ich da einziehe?" sagte der Fuchs und sprang a»S dem Bett. Er hatte einen guten Dickschädel und ein starkes NnabhänaigkeitSaesuhl. Und er ließ sich nicht davon abbringen. So wanderte er denn am Nach, mittag allein die wundervolle Allee entlang, deren Billen sich stolz im Wasser spiegelten. Bor einer blieb er plötzlich stehen und klinaelte. ES nahten leichte Schritte. Die Tür tat sich aus und vor ihm stand ein junges Mädchen, das bei seinem Anblick erst zurückfuhr und dann ihm lachend die Hand reichte: „Aber Herr von Papenburg, wo kommen Sie denn her? Zunächst aber treten Sie ein. Also Sie wollen hier wirklich studieren?" Er saß ihr gegenüber. Ihre lebhaften Augen ruhten mit Wohlgefallen auf dem frischen, unternehmenden Ge- festen. „Ja, gnädigstes Fräulein, und ich wollte Sie fragen, ob ich nicht bei Ihnen in diesem reizenden Hause wohnen kann. Sic sollen auch gar keine Last von mir haben; nur um einen Hausschlüssel bitte ich!" Erst sah das Fräulein ihn tn geradezu maßlosem Er staunen an; daun brach sie in ein unendliches, herzliches Lachen aus: „Sind Sie denn immer noch der tolle Felix von Papenburg?" Er verneigte sich. „Gewiß! Durchaus bin ich baS! Und ich bitte Sie um unserer guten Kameradschaft willen vom Prtmanerball in Osnabrück mein Gesuch zu unter stützen und mich vor Schaben zu bewahren!" „Dor Schaden?" fragte sie erstaunt und belustigt. „Ja, ich habe nämlich gewettet mit den sämtlichen Sueven, daß ich aus Düsternbrook etnztehen würbe." „Ja, dann weiß ich Ihnen nur den Rat zu geben, die verlorene Wette zu bezahlen; bei unS können Sie nicht einziehen —" sagte sie ziemlich kurz. Die Tür ging aus und der Hausherr und Vater, ein kleiner Professor mit freundlichem Gesicht, trat ein und blieb verwundert in der Tür stehen. „Herr von Papenburg — mein Vater!" stellte Fräulein Günther vor mit großer Haltung. „Also das sind Sie!" rief der alte lebhafte Herr und ging auf ihn zu; „meine Tochter hat mir viel von Ihnen erzählt. Das ist hübsch, daß Sie Wort gehalten haben und hierher gekommen sind; wo wohnen Sie denn?" „Ja, denk' dir, Papa, Herr von Papenburg fragte mich eben, ob er hier bei unS wohnen kann!" antwortete Fräulein Liesbeth; „er hat grwettet, daß er auf Düstern brook wohnen werbe!" „Ja, wir sind allerdings darauf nicht eingerichtet", gab der Professor zurück, „aber wie mär'- denn, Liesbeth, bet Tante Kcop; vielleicht hat sie Platz, seitdem Annie fort gezogen ist. Sie sprach einmal davon." „DaS ist auch wahr!" rief das Fräulein fröhlich; „gehen Sie doch einmal in das fünfte Haus von hier und grüßen Sie von unS; vielleicht gewinnen Sie dann Ihre Wette doch noch! Aber bei unS geht es wirklich nicht!" — Ein großes Händeschütteln und Einladung zum Wieder- kommen. „Ein Frechdachs erster Klaffe mit Eichenlaub und Schwertern!" ries das Fräulein herzlich lachend. „Gründliche Abfuhr!" murrte der Student und suchte fünf Häuser weiter. » * , ES war Sommer und Herbst und Vinter geworden. Der Herr von Papenburg war bet „Tante Koop" ein gezogen und hatte seine Wette, in Düsternbrook zu woh nen, gewonnen. Und jetzt kreuzte und segnete er sich, daß er nicht bei dem Professor eingezogen. Bei „Tante Koop" wohnte er wie im Himmel: wundervolle Wohnung und Lage, prachtvolle Verpflegung und bei aller Unabhängig keit wie Kind im Hanse. Und dann die Käthe! Blond, süß, unschuldig, maienfrisch, eine herrliche kilia üc^piraUs! „Nun, Herr von Papenburg, sind Sie eigentlich schon mit meiner Cousine verlobt?" fragte Fräulein Liesbeth auf dem Korpsball ihn in der Quadrille. „Nein: ich verlobe mich überhaupt nur mit dem reich- stcn Mädchen, daS ich finde!" antwortete er; „bitte, Iu Mkiiu Fkiueüs! und es fragt sich, ob die mich haben will; la waiu äroite! Wetten?" — „Stolz lieb' ich den Spanier!" hatte LieSbeth geantwortet. ES war Heiligabend geworden. Von allen Sueven war Herr von Papenburg allein in der Universitätsstadt geblieben. Er behauptete, die Wtnterreise bekäme ihm nicht, und sein Vater, der Oberst leutnant, feierte lieber im Kasino. Er war überhaupt stark in Behauptungen. So hatte er am letzten Kneip- abend wieder einmal gewettet, er würde Weihnachten daS große Los gewinnen. Erst hotte keiner darauf eingehen wollen; nachher waren sie sich um zehn Flaschen Sekt einig geworden. „Ein famoser Kerl, aber verdreht!" sagten die drei letzten, denen er das Geleit auf den Bahnhof gegeben. Nun ging er durch den kalten Nachmittag nach Hause. „Hurra!" sagte er leise vor sich hin. Es dunkelte be reits. Er hatte noch viel zu tun. Die Läden leuchteten alle im hellsten Glanz, und er trat in diesen und jenen hinein. In dem einen traf er LieSbeth Günther. „Was, Sie sind hier geblieben? Die kommt denn da»?" fragte sie erstaunt. „O»r t«1 «1 m<m plaieirl" antwortete er und sah ihr in die Augen. „Ader dann kommen Die doch zu unS!" bat sie. „Bebanre, mein gnädiges Fräulein, ich bin schon für den Abend verpflichtet!" „Aber bann konnnen Sie morgen zu Mittag?" Die lächelte ein wenig So-Haft. „Sehr gerne? Gehorsamsten Dank!" In der von ihm bewohnten Billa schien da» Licht nnr aus einem einzigen Fenster. Tr trat ein. „Ich bitte, Fräulein Käthe im Salon sprechen zu dürfen!" sagte er zu dem Mädchen. Sie kam, das Licht hoch in der Hand haltend. Ein liebliche». goldinnrahmteS Bild. „Fräuletn Käthe» ich mußte St« notwendig noch sprechen, begann er in seiner herzlichen Art. „Sie müssen mir einmal freundlich helfen. Ich habe nämlich mit allen Sueven gewettet, daß ich Weihnachten bas große Los ge winnen will, sonst muß ich zehn Flaschen Sekt bezahlen. Wollen Sie mir helfen dabet? Die Düfternbrooker Wette habe ich auch mit Ihrer Hülfe gewannen —" „Ja. mein Gott, wie kann ich denn das?" sagte Käthe zag-aff und verwundert. „Ja, wissen Me, das ist ganz leicht. Sie brauchen mir nur zu versprechen, daß Sie mich einmal heiraten wollen —" „Aber . . . Herr von Papenburg —!" Sie sprang auf und hielt die Hände abwehrend vor sich. „Ach waS, Herr von Papperlapapp! Süßes Mädel — willst du mich? Dann hab' ich das große Los für all' mein Lebtag; willst du nicht, dann laß mich reisen; ver mutlich verlumpe ich dann; denn von dir lassen — Mädel, daS kann ich nicht! Willst du mein guter Engel sein?" fragte er mit innigem Ton ganz leise und ganz nahe an ihrem Ohr, „mein WeihnachtS- und mein Schutzengel? Glaubst du'S, daß der tolle Felix Wort halten kann?" „Aber Käthe, wo bleibst du denn?" klang die Stimme der Mutter auf dem Flur, „wir sind ja noch lange nicht fertig!" „Aber wir sind fertig!" rief Herr von Papenburg. Die Mutter stand mit über dem Kopfe zusammen geschlagenen Händen in der Tür. Ihre Käthe, ihre holde Unschuld, lag im Arme des Studenten! „Aber, Käthe, um Gottes willen!" rief sie entsetzt. Der Herr von Papenburg streckte ihr die linke Hand entgegen: „Bitte etnschlagen. Krau Schwiegermutter; es ging halt nicht ander», e» galt eine Wette, und der Einsatz war mein Lebensglück. denn so eine, wie die Käthe, die find' ich nicht wieder, und sonst kommt ein anderer und holt sie mir weg! Nnn laßt die Lichter brennen; sie haben alle einen kleinen Heiligenschein um sich, gerade wie die Käthe; um den zu sehen, bin ich ja gerade hier geblieben -um Fest, und ihren Widerschein in Käthes süßen Augen!" Das gab ein großes Leuchten auS den Fenstern jetzt. Don der Stadt her schlug's zehn vom Turm. Käthe kniete vor ihm und hatte die Arme über seine Knie gekreuzt. Am Baume brannten immer wieder neue Lichter. G» sah sie ihm, glanzbestrahlt. ins Gesicht. „Felix, mein toller Felix, ich hab' dich ja so lieb", sagte sie leise. Am ersten BcibnachtStagmorgen ginaen neun Tele« gramme ab an die Sueven im Lande: „Wette gewonnen!" Und am ersten VeihnachtStage mittags saß der Herr von Papenburg am Tische deS Professors. Er sah sehr glück lich aus. „Nun, was wissen Sie Neues?" fragte Fräulein Lisbeth ihn übern Tisch. „ES wird von einer neuen WeihnachtSverlobnng ge munkelt". sagte er und rührte in -er Muschel «fit Ragaüt kin. „Nun?" fragte sie eifrig. Ich habe mich mit Käthe Koop verlobt! Ich wollte das große ko» gewinnen nnd meine zweite Wette auch. Und ein reiche» Mädchen sollte es ia auch sein die reichste, die ich finden konnte. Ich will einmal im Ueberslriß leben!" Er hob lein GlaS: „Dat et unö woblgehe up unse ollen Dage, wie die Ditmarser saaen." Ter Professor stieß kräftig mit an. Fräulein Liesbeth ganz leise. „Ein toller Bursche!" sagte sie in Gedanken. Aus dem Nebenzimmer wogte der Duft der Weihnachten. Dahestn faß die Käthe
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