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01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 08.02.1901
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-02-08
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19010208010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1901020801
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1901020801
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Nachrichten
- Jahr1901
- Monat1901-02
- Tag1901-02-08
- Monat1901-02
- Jahr1901
- Titel
- 01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 08.02.1901
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SerugsgebUhr: NstchwE 2VL ««,.: dm« Dl« .Dredduv-iElLt«»' «r«»ek,k, di, N«jt,d«r in r«««d«n «d d«r nüiNiln, Ln,,i>wia. »o di« Nittra«»i>a durch «i««« Bote« ob« «ommblioiiLre erivlai. «rdalin, ia» Blatt a» Äochentas«. die nicht aut Kain > oder veikrtao« w>a«n. i» «wei rbeilauüaaden «de»»» und «»„«« t-«u«>U. ftür Rdilaabe etnariaudter Schritt- lütch leine Berdtndlichleit. ft-rntdrechantckluti: «»»I «r. u und «r.«««. r«I«,ramm »drett«: Rachrlchtdn Lresd««. Ergründet 1856 Lsatlsr, V»Ustr. IS vwpüsblt in Liu-vatil: 1^ie!0VMÜ "vä »«>'«1«, Ilreiin-, Riü^d«n- l Lltdvrüv vvtvtt - «t l iisltki. - Ua»i«I vvi^I»vr-, .? Gt»«IiI»»t- ' 8. k-srosLMLim ^ Mitwttrivdiusll-k'rtknlk. ^ T«legr.-Ääres,e: Nachrichten, Dresden. i> ^diiMLeLüerktr. ^Unvo- dl»o"-'tr. ü. IU»tkki1»^r»tr. 4l w U I^ktuu r A 13 uu<I Ilsnir uu f Or< i^oiü^v^i/cü»<o d. ^ elloUlMdiiSLN 4i «Hr'K-kLL;'' eiddliMMpllsster, 4t«»» i-i-»»«-. vorsüsUeko, »vürlü-^i^ littst! /-ur ^imlaruiir nwl koduoNon Nüsvitixvnx üsci L-uoklmstonv. Vorvrmilt urtQÜ -:» * * « -x- LsI.llolüpoMvke, Vre8ä6ll, Seorseatdor. ' votillon LL Bnaborttolkno Xonbeiton. ti KL>»vr-d»tn»^8« S. I^LlI HnuonesnsxxeMoii K l'elnplie»! .Im> II lIV2. Ü8Ü8Ü!Ä»^. 'lalozik»» -inn II II62. A I-llUlvipIstr So. I und knessultrstr. So. 2 (t-näo ilvr Ssnttilvrslr.) ^ sniptiolilt 5d:k 7.in .^iwüdmv von laxsratou u. ^bvvnvmvut« ß- Lüi io „Ii»i v8«>iivr ^s»«Iiri«Iitvn.' ^ VIr«Ivr, V»^I i««Isv IINil Sl«lrl8vli« ^«Nvn»ltr»vli1«»n fön Hvnnvu «uit I»»ui«u r:u O««tüuit«»tvu «jmsitiolilt. L tvntitt au8 VIn«I» 8vlilu8!,8tn»>«,«v A»«». LL, piitt mnf I Lt-ix tzl)^ Stt Lnisass' Sturz des italienischen Ministeriums. Hofnöchüchten. Eisenbahnwagen-Beleuchtung. Reform > Mllthmaßliche Witterung:! »r ^S tSlS I «Ul-a Av» IVtlsikt. der Lehrerbildung, Hur ,,rauenslaae. Hauöbesikerverein. Gastwirtbsverein. Gerichtsverhandl.! Allmaliliche Aufklärung. ! 8» Rvvt» Die ttaNeilische MmisterkrisiS. Durchschnittlich lebt ein italieni'ches Ministerimn nicht länger als zwei Jahre. Diese Lebensdauer hat das Kabinet Saracco nicht zu erreichen vermocht. Nach einem nur siebenmonatlichen unrühmlichen Dasein bat eö sein Leben beschlossen genau so. wie es begonnen. Kläglicher Schwäche und Nachgiebigkeit gegenüber den Umstürzlern verdankte cS seine Entstehung, und cS ist soeben ohnmächtig zusammengebrochen, nachdem es vor den Revolu- twnsvarteien kapitulirt hatte. Es belaß bei seinem Sturze in der Hauptsache nur noch das Vertrauen der Umstürzler. Mit der überwältigenden Mehrheit von 312 gegen 102 Stimmen sprach die Kammer den, Ministerium ihre Mißbilligung aus: außer der kleinen Rudini'schen Gruppe wollte mir die äußerste Linke in ihrem Interesse dem Kabinet Laraeco noch eine Gnadenfrist be willigen. Die Umstürzler auf Kosten der Staatsautorität zu versöhnen, ist die Aufgabe gewesen, die sich das Kabinet Saraceo zwar nicht programmatisch gestellt, aber in Wirklichkeit zu erfüllen suchte. Als saracco die Zügel der Regicmng übernahm, war sein erster Akt. aus die verschärfte Geschäftsordnung zu verzichten, welche die Kammermehrheit beschlossen hatte, um der parlamentarischen Anarchie der sozialdemokratischen und republikanischen Obstruktion wirksam cntgegentreten zu können. Er hatte nicht den Muth, den Kampf gegen die Fraktionen der äußersten Linken aufzunehmen, obwohl diele nur eine kleine Minderheit gegenüber denjenigen Parteien bildeten, welche die antiobstruktionistischc Geschäfts- m-nmig durchgeseßt hatten. Die Obstruktionisten feierten einen glänzenden Sieg, als die Regierung in ihrer schwächlichen Zriedensliebc die ihr zur Verfügung gestellte Waise zurückwies, die ihnen die Fähigkeit genommen hätte, an die Stelle des verfassungsmäßigen parlamentarischen Mchrheitswillens den Terrorismus ihres revolutionären Mindcrheitswillens zu setzen. Licht nur die Autorität der Regierung, daL Selbstvertrauen der nerlassungstreuen. staatserhaltenden Elemente, sondern auch das Prestige der StaatSeurrichtungcn und der monarchische Gedanke erlitte« in dem Triumph der Antimonarchisten eine schwere Nieder lage. Die Verdoppelung der Zahl der Abgcordnetenmandate, welche die Sozialdemokraten kur; vorher bei den Neuwahlen er langten. halte deren Machtaniprüche ohnehin gesteigert und ihnen einen großen Zuwachs an Ansehen im Lande verschafft. Nur zu bald sollte es sich zeigen, daß ihre Entschlossenheit, die Monarchie. die staatlichen Einrichtungen und die sonstigen Grundlagen der bestehenden Ordnung zu untcrwühlen, mächtig ge stiegen war. Der Ministerpräsident Saracco hatte in seiner Eigen- ichast als Minist« des Innern die Arbeltskammer von Genua, die cm Mittelpunkt umitürzlerischer Bestrebungen geworden war, auf gelöst. Das war gewiß eine ancrkennenswerthe Maßnahme. Aber als Laracco die Thatkrast der Konsequenz beweisen sollte, versagte er: er hatte nicht blos nicht die Energie, die Auflvsuiigsmaßrcgcl ausrecht zu erhalten, sondern er streckte die Waffen, sobald die Sozial demokraten chm ibren eigenen Willen entgegenstellten. Die sozial demokratische» Arbeiter von Genua beantworteten die "Auslosung der dortigen Arbeitskammer mit einem Streik, der Saracco der gestalt rmponirte. daß « es für angemessen hielt, einen Parla mentarier von ausgesprochen republikanischer Gesinnung, den Abg. Piazza auS Rom. mit d« Aufgabe zu betrauen, dem Ausstairdc ein Ende zu machen. Dieser rcpüblikaniichc Dcputüte erledigte de» Slustrag d« Regierung natürlich in seinem Sinne, indem er den Präfekten von Genua dazu bestimmte, sich den Streikenden zu unterwerfen. Der sozialdemokratische Abgeordnete Chiesa verhandelte durch den Telegraphen mit dem Ministerpräsiden ten wie eine gleichberechtigte Macht mit der anderen und Jarocco unterwarf sich willenlos den Bedingungen, dir chm von den Revolutionären gestellt wurden. Diese Bedingungen waren in erst« Linie die sofortige NeubUdung der Arbeitskammer und die Gewährung einer großen Volksversammlung Im Theater Carlv Felice, um den vollständigen Sieg über die Regierung zu seiem. Bei dieiemBolkssest. berichtet derrömischeBerichterstatter der „Nat.-Ztg.-, hieben die republikanischen und sozialistischen Abgeordneten Reden, wie sie vielleicht Julius Caesar nach der Eroberung Galliens hätte halten können: der republikanische Dcputtrtc. der Vertrauensmann der Regierung, den man bis dahin nicht einmal vom Ansehen in Genua lamrte» sagte: ..Wir haben nicht nur gesiegt, sondern glorreich gesiegt 1" Die Regierung hatte sich also nicht nur damit begnügt, sich selbst zu desavouiren. indem sie dm Forderungen der Sozialdemokraten und Republikaner widerstandslos nachgab, sondern sie stellt« dies« unversöhnlichen Gegnern der bestehenden StaatSeinrichtungm auch die lokale Obrigkeit zur Verfügung und setzte da» Ansehen de» Präfekten auf eine Weise herab, daß eS gleich Rull wurde. Die Regierung Kat durch ihr Verhalten gleichsam fest- gestellt. daß die der Monarchie feindlichen Parteien das Recht «ine» Veto» gegenüb« dm Regierung-Handlungen haben. Jeder Volitiiche Akt der Regierung kann von dm Umsturzvarteim annullitt werde», indem diese einen Streik auockmen. Als wenige Tage noch da Kapitulation d« Regierung vor dm Umstürzlern in Genua eine Ersatzwahl stattfand, trug der republikanische Kandidat ein« glänzenden Sieg davon. Der hinlänglich erwiesene» Schwäche d« Regierung trugen die Umstürzler noch dadurch Rechnung, daß sie die Abmachung, wonach die Mitglieder der aufgelösten Arbcitskammer nicht wiedergewählt werden sollten, einfach ignorirtm, indem sie acht von diesen mit Präsidialämtem in der neuen Kammer betrauten. ^ Daß unter solchen Umständen die große Mehrheit der Deputirten- kammer dem Kabinet Saracco ihr Wohlwollen entzog, ist gewiß be greiflich. Nur der biedere Saracco selbst scheint das nicht erwartet zu haben: ererklärtedasResultatdcrAbstimmungcn, das seinem Minister- Präsidium daS wohlverdiente Ende bereitete, für ein sonderbares: er hatte vielleicht ein besonderes Vertrauensvotum dafür erwartet, daß er den SlaatSwillen dem Willen der Todfeinde der Monarchie unter- worfril hatte- Immer tiefer gleitet Italien auf der schiefen Ebene des Umsturzes hinab und es ist nach den Erfahrungen der letzten Jahrzehnte mehr als fraglich, ob ictzt noch ein Aushalten möglich ist. Jedenfalls erscheint das parlamentarische Regierungschstem. wie cs in Italien herrscht, gänzlich außer Stande, der revolutionären Entwickelung unübcrsteigbarc Schranken zu ziehen. Die einzige Rettung könnte von der Krone, die ja dabei selbst auf den, Spiele steht, kommen, wenn sich ihr Träger in der Ucberzengung. daß der reine Parlamentarismus, der die Monarchie zu seinem willenlosen Werkzeuge macht, Schiffbruch gelitten hat, dazu zu entschließen vermöchte, einen eigenen selbstständigen, unbeugsamen Willen zur Beseitigung der parlamentarischen Korruption zur Geltung zu bringen. Aussichten hierfür sind zur Zeit noch nicht zu erkennen. Die gegenwärtige Krisis wird wie jede andere Kabinetskrisis ver lausen, eine neue Parteircgierung wird aus der Mitte des rcgierungsnnsähigen Parlaments emporsteigen und die Stürme in Monte Ettorio werden fortdauern trotz aller Mahnungen ein sichtig« Patrioten, der Roth des Vaterlandes eingedenk zu sein und der inneren Zerrissenheit und Verwirrung, die zum politischen Bankerott, zum Abgrunde der 'Revolution führen muß» ein Ende zu machen. Neueste Dralitmeldungen vom 7. Februar. * Bukarest. Der König empfing heute Abend den Minister präsidenten Carv. Morgen findet ein Ministerrath statt. Man glaubt darnach, daß das Kabinet seine Entlassung giedt. Berlin. (Priv.-Tel.s Reichstag. Die Berathung des Etats der Neichsiustizverwoltulig wird fortgesetzt. — Abg. Lieber mann v. Sonnenberg tAnt.) erörtert den M o rdProzeß in Könitz. Man klage im Lande ttiatsächlich schon, daß die Judensurcht bereits die Behörden ergriffen habe. Er selbst glaube ja nicht, daß eS bei uns schon so weil iei. wie in Oesterreich-Ungarn, wo Andiassu erklärt habe: .Die Inden in TiSza- ESzlar haben allerdings die Esther Solomoss« ermordet, aber wie durften Ivir dos zugcben? Es wären ja sonst in Ungarn 17000 Juden an einem Tage «mordert worden, und wo sollen wir denn das Geld hernehmen?" Aber Vorbeugen müsse unsere Regierung, daß es bei uns nicht io wett komme. In Könitz seien die Tumulte nur durch die jüdische Anmaßung und durch ihre Frechheit hervoraerufen worden. Die neuesten Kleidcrsunde be weisen, daß die Mördcrbande auch jetzt wieder nur bezwecke, die ruhige Bevölkemng zu Gewaltthätigkeiten zu veranlassen. Ebenso seien diese Funde ein Beweis dafür, daß cs sich um eine» Mord aus Aberglauben handle, denn ein Mörder pflege doch sonst nicht, schon der Enldccknngsgefahr halber. Kleidungsstücke des Ermordeten so lange aufzubcwahrcii. Die nach Könitz geschickte Kriminalvolizei habe von vornherein die Ueberzeugung mitgebracht, daß der Mörder überall zu suchen sei, nur nicht bei den Juden. Bei solcher Vor eingenommenheit sei cS natürlich schwer möglich, rechtzeitig die richtige Spur zu finden. Daß ein ganzer antisemitischer Generat- stab rn Könitz gewesen sei, darin habe man Ricken schmählich be logen. wohl aber sei in Könitz ein fönnlichcs jüdisches Verwirrungs- nnv Vcrtuschungskomitee mstallirt. Er, Redner, und seine Freunde erwarteten icdenfalls von den Justizbehörden, daß sie die jetzt noch übrig gebliebenen Spuren, die sämmtlich nur aus Juden Hin weisen, sorgfältig verfolgen würden. — Abg. Beckh lfreis. VolkLp.) plaivirt für bedmgte Lcrurtbeilmm im Gegcntbeil zur bedingten Begnadigung und verlangt Abstellung der gegenwärtigen Mißstände im preußischen Gerichtsvollzieherwesen. sowie Entschädigung für unschuldig Verhaftete, um sodann aus den Mordprozeß m Könitz überzugehen. Das Märchen vom Ritualmorde sollte doch längst als überlebt gelten. Gleichwohl diele Hetze in Könitz, und min hier im Reichstag! Die Antisemiten hätten in Könitz einen Unter suchungsausschuß neben dem staatlichen eingesetzt, um die Unter suchung in die Fährte eines Ritualmordes zu leiten. Bindemald habe ncnlich unter Hinweis auf Sello von Verfolgung jüdischer Anwälte gesprochen, nun, Verfolgungen kommen überall vor, ohne Unterschied der Konfession. Er beruse sich dem gegenüber »uf ein Kailcrwort. das in letzterer Zeit gefallen. (Zuruf rechts: Münncr- stolz vor Königsthronen!") Was Sic mir da zurusen. sollten lieber die Herren beachten, die ihre Stellung als Abgeordnete vcrwcrthen. um nach oben hin Vortheile zu «reichen. (Präsident Graf Balle strem bezeichnet diese Wendung mir Bezug auf die Abgeordneten als unzulässig.) — Abg. Stadthagen (Soz.) bedauert, daß man immer noch mit dem blödsinnigen Märchen des Rttualmordes dausiren gehe: er meine natürlich Leute außerhalb des Hauses. Ein solches Verfahren richte sich von selbst in den Augen aller anständigen Menschen. Redner geht dann auch auf den Sternberg- Prozeß ein. der schwere Mlßstänve aus dem Gebiete unserer Rechts pflege ausgedeckt habe. — Staatssekretär Niederding bemerkt auf eine Aeußerung des Vorredner«, daß der Behörde von unsitt lichen Annoncen von Masseusen nichts bekannt gewesen sei. — Abg. Spahn (Centr.): Der Reichstag sei allerdmgs d« Ort. um Recht-fälle zur Sprache zu bringen, damit eventuelle Mißgriffe Anlaß zu geietzgebrttjchen Schritten geben können. Doch Warn er davor, mehr auf die Details solcher Prozesse einzugehen. In Bezug auf den Könitz« Fall ist den Beamten nicht der Vorwurf gemacht worden, daß sie ihre Schuldigkeit nicht gethan hätten. — Staatssekretär Nieoerding: Er habe dem sause nickt das Recht beschränken wollen, über Nechtsfälle zu sprechen: er habe nur gesagt: 1. er sei gegen eine Einmischung in schwebende Pro zesse zu den, Zwecke, darüber ein Urtheil des Hauses hrrbeizmühren: l 2. er sei gegen eine Beurtheilung ;n Ende geführter Prozesse, nu: , um sachverständige Urtkeile von Gerichtshöfen eurer anderen Bc- urtheilung zu unterziehen. Er habe nicht für unzulässig erklärt, daß der Reichstag ein Urtheil eines Gerichtshofs bespreche, um daraus Folgerungen zu ziehenzum Zwecke einer Reform der Gesetz gebung. — Abg. Heine (Soz.) kritisirt die neue preußische Regelung des Gencktsvollzielierwescns und die neulichen Er kiärungcn des preußischen Justnminitters im Abgcordnetenhausc in Bezug auf die Konzession der Notare. Recht ist Recht, und wenn man ein veriassungsmäßigeS Recht nicht zur Ausübung kommen läßt, so ist das eine Verdrehung des Rechtes. (Viceprändent Büsing: Herr Abgeordneter, Sie dürfen nicht einen, preußöchcu Justizininlster nachsaaen, daß er das Recht verdrehe.) Redner sucht alsdann klarzulegen. daß die Gerichte nicht unabhängig und unbefangen urthettten. Er beruse sich zum Nachweise dessen auf eine Reihe von Majestätsbeleidigungs- und andere Prozesse, bei welchen in geradezu lächerlicher Weise der äolns eventual» mit- spicle, so auch bei dem bekannte» Prozeß gegen Harden. In diesem Falle lasse sich eine dtrette Beeinflussung der Justiz von oben her lestttellen, indem bei einer Neuvertheilung der Geschäfte der Land geüchtsdircttor Alerander Schmidt, der in einem früheren Prozeß Haiden sreiaeivrvchen hatte, von dem Vorsitz entfernt wurde. Das iLchlimmste sei die allgemeine Willensschwäche.der Richter gegen über den Wünschen von oben, gegenüber brutalen Zumnthnngen. - Staatssekretär Nieberding: Vorredner bat Vorwürfe gegen die Ehre bestimmter Richter gerichtet, wie sie schwerer nicht sein können. Wenn ich solche Vorwürfe erhöbe, würde ich das au anderer Stelle thuu. wo man Mann gegen Mann steht, wo der Andere sich vertheidigen kann. Vorredner selbst hat zugegeben, daß ein nur nicht bekannter Versuch. .Herrn Schmidt gegen seinen Willen an eine Civilkammer zu versetzen, erfolglos blieb: d« be treffende stückt« hat erst aus Zureden freiwillig de» betreffenden Antrag gestellt. Meine Herren, wenn Sie sich diesen Zusammenhang vergegenwärtigen, dann können Sie sich, meine Herren, ob sprühende Phantasie des Redners vorstellcn. «Beifall rechts.) — Abg. Rickert (sreis. Ver.) wendet sich eingehend gegen die Aus führungen des Äbg. Licbcrmann v. Sonnenberg, indem er an das Luther'sche Wart von der Narretei in Bezug am Rttualmarde abermals erinnert. Weiter verurtheilt Redner die Aeußerungen des Jnstizministers in der Judennotariatsfrage. Ter Minister babc sich darüber beklagt, daß man gerade ihn der Zurück,.tzung der Juden beschuldige, während es in anderen Ressorts in dieser Be ziehung noch ganz anders aussehe. Wir werden die Anklage des Justizministers gegen seine Kollegen in anderen Refforts noch zur Sprache bringen und Antwort verlangen: wir werden es nicht dulden, daß in solch« Weise die Verfassung verletzt wird. (Beifall und Lacken.) — Abg. Werner (Ant.) meint, bestreite man auf gegnerisch« Seite den Ritualmord, so sollten die Juden doch end lich dem zustimmen, daß einmal der Talmud amtlich übersetzt werde. An der Debatte betheiligen sich »och die Abgg. Lieber mann v. Sonnenberg und Bindemald (Ant.), Hase und Heine (Soz.), woraus gegen Uhr der Titel „Staatssekretär" bewilligt wird. — Morgen: Erste Lesung des Schaummcinstcuergesctzes und des Wcingesctzes. Berlin. jPriv.-Tel.) Die N e ichsta gsl om in i.ss i on für das Urheberrecht nahm heute die Schlußbestinmumgeii unverändert an. Seitens der Mitglieder des Eentrums wurde be aiitragt, einen neuen r- gzs des Inhalts ciiizusngen: Wer nach Ablauf der Schutzfrist Schriftwerke und Werke de, Tonkunst ver- vicifältigt und gewerbsmäßig verbreitet, wer Bühnenwcrke oder Werke der Tonkunst öffentlich aufführt, hat aller drei Jahre von dem für diesen Zeitraum ermittelten Reingewinn 10 v. H. an den Reichskanzler abzufnhren. Aus dieser Einnahme hat der Reichs kanzler bedürftigen Wittwen und Verwandten von Schriftstellern und Komponisten des Inlandes Unterstützungen zu gewähren. Tie Vertheilung erfolgt durch den Reichskanzler oder den von ihm er wählten Vertreter unter Mitwirkung eines Bcirathes. d« aus 1-1 Mitgliedern besteht, von denen der Bundcsrath 1 aus seinen Mitglieder», 0 aus den Kreisen der Urheber und Verleger, der Reichstag -1 aus seinen Mitgliedern wählt. Aller 5 Jahre finde! eine Neuwahl sämmtlich« Mitglieder statt. Im Ucbrigeu wird die Organisation des Beiraths durch ein vom Bundesrath zu er lassendes Regulativ und seine Thätiakeit durch eine sclbstgegebenc Geschäftsordnung geregelt. Der Antrag wurde nach stundenlanger Debatte einer Subkommission überwiesen. Staatssekretär v. Nieberding gab die ausdrückliche Erklärung ab. daß er Alles, was er thun könne, aufbieten würde, um baldmöglichst die Harmonie des gelammten Urheberrechts herzustellcii durch Vorlcgcn von Gesetzentwürfen über den Schutz der Werke der Photographie, der bildenden Kunst, sowie von Mustern und Modellen. Berlin. iPriv.-Tel.) Der Bundesrath überwies heute die Vorlage betreffend die Befreiung polnischer Arbeiter von der Jnvaliditäisversicherung und betreffend die Verleihung von Kor- porationsrechten an tue mit dem Sitz in Berlin nrugebildetc Otavc-Minen- und Etsenbahngesellschast den zuständigen Ausschüssen Die Zustimmung wurde erlheilt den Ausschußbcrichten üb« die Vorlage von, 4. Januar ds. I.. betreffend die Errichtung eines Fccibezirls in, Emden« Außenhafen, über die Vorlage von, 10. Januar ds. I. betreffend Ergänzung des Schiffsbaurcaulativs und über den Entwurf einer Geichoftsordimng für den Reichs- gesundheitsrath. Berlin. iPriv.-Tel.) Das Abgeordnetenhaus setzi- die erste Berathung der Kaualvorlage fort- — Abgg v. Caldern und Himburg (koni.) führen aus, daß man von den geplanten Hasenregnlirungen in den Elbgegenden eine schäd liche Wirkung insofern fürchtet, als der Elbe größere Waffnmaffen zugesührt und dadurch Ueberschwemmungen im Elbegebiet ver ursacht werden würden — Abg. v. Babenhausen Ikons.) hegt Bedenken wegen des Wasserstandes im mittleren Laufe d« Elbe, wenn dort Wasser für die Speisung des Mittellandkanals ent nommen würde. — Vom Regierungstische aus wird diesen Be- fürchtungen entgegengetteten. — Abg. v. WüIlihsen (kons. > bestreitet die strategische Bedeutung des Kanals und tritt den gegen die Rechte erhobenen Vorwürfen entgegen, sie wolle die Ro>m«> auS dem Kuchen nehmen: in der Vorlage seien überhaupt keim Rosinen. — HandelSministerBrefeld: UnsereKohlenschätzc. dos mü,scn wir stets im Auge behalten, werden noch lauge Vorhalten, wenn die Gruben in Belgien und Frankreich längst «schöpft sein
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