Suche löschen...
Dresdner Nachrichten : 11.09.1926
- Erscheinungsdatum
- 1926-09-11
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-192609113
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-19260911
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-19260911
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Nachrichten
- Jahr1926
- Monat1926-09
- Tag1926-09-11
- Monat1926-09
- Jahr1926
- Titel
- Dresdner Nachrichten : 11.09.1926
- Autor
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Sie Deutschen an der Arbeit in Gens. Ein Tag -er Feiern in -er Völkerbun-ssta-l. — Fren-iges Echo ans aller Well. Der geschichtliche Augenblick in Genf. Der feierliche Akt des deutschen Eintritts in den. Völker bund ist vollzogen, die Reden sind gewechselt und im Rate wie in der Bundesversammlung wird nun Deutschland den ihm gebührenden Platz einnehmen. Man kann es dem Reichs- a uh e n m t n i st e r nachfühlen, dah er angesichts der auf alle Fälle bedeutsamen geschichtlichen Episode. in deren Mittel punkt er gestern stand, von hoher Genugtuung erfüllt war: denn auf dem von ihm mit dem deutsch-französischen Stcher- hcttspakt beschrittene« Wege bildet Genf unzweifelhaft einen Markstein. Herr Dr. Strescmann ist aber ein viel zu ge schulter Diplomat, um von solchen Empfindungen, die sa auch durch daS geglückte französisch-polnisch« Widerspiel stark ab gedämpft werden muhten, äußerlich etwas merken zu lassen. Er sprach mit verhaltener Würde, betonte, dah der Völker bund ein Instrument der Versöhnung werden könne, wenn er sich streng an daS Prinzip der Gerechtigkeit hält, und legte Nachdruck darauf, dah keine Nation, die dem Völkerbund bci- Iritt. ihre nationale Eigenart preisgibt. Man kann also fest- stellen, dah Deutschland in durchaus angemessener und ein- wandfreier Weise sich in Genf eingeführt hat. Dah bei einer solchen Gelegenheit kein deutsches Aktionsprogramm ent- wickelt werden durfte, ist selbstverständlich. Brtand ver mied eS ebenfalls, di« üblichen romanischen Phrasen zu stark auszutragen, und sprach offenbar mit besonderer Absicht von der ..Geduld", mit der alle Vorkommnisse behandelt werden mühten. Dafür hat der polnische Aubenminister vor- der auherhalb des Genfer Saale» um so mehr verzuckerte Worte gebraucht. Warten wir die Taten ab! Die Begleiterscheinungen, unter denen sich diese Wendung abgespielt hat. sind gewih alles andere eher alS erfreulich, und soweit die deutsche Presse besonders fest im natürlichen, nicht parteipolitisch verbildeten nationalen BolkSempfinden ver wurzelt ist. hat sie aus ihrem Mihbchagen über das fran zösisch-polnische Kulissenspiel, das sich burchzusetzcn verstand, kein Hehl gemacht. Nachdem wir nun aber einmal vor der vollendeten Tatsache stehen, gilt es, sich mit ihr abzufinden und das Beste hcrauszuholen. das sich für die deutschen Interessen daraus hervorholen läßt. Die nationale Opposition muh nunmehr die Mitverantwortung und Mttbeteiligung an der deutschen Auhen- Politik übernehmen, um zu verhindern, daß Deutschland in Genf aus dem politischen Schachbrett nur Figur ist, die von den anderen geschoben wird, um zu bewirken, dah Deutschland selbsttätig am Spiele teilnimmt. Wir werden also sehr bald in Genf unsere Rechnung zu präsentieren haben, soweit sie sich auf Forderungen bezieht, deren Erfüllung unumgänglich nötig ist. wenn nicht die Grundlage unserer staatlichen Souveränität, auf der sich unser ständiger Ratssitz aufbaut, erschüttert werden soll. Die einzelnen Posten dieser Rech nung sind folgende: Die Herabminderung der rheinischen BeiatzungSstärke aus ein Matz, wie es im wesentlichen der deutschen Truppenzahl vor dem Kriege entspricht, die Zurück ziehung dcS französischen Militärs aus dem Saargebtete, di« Abkürzung der Räumungsfristen für die zweit« und dritte Zone, die Einstellung der Tätigkeit der interalliierten mili tärischen Kontrollkommission, die Berücksichtigung Deutsch lands bet einer Neuverteilung der Kolontalmandate, die Ausmerzung des berüchtigten Artikels 281 über die Kriegs- schuldlüge auS dem Versailler Vertrage, dt« Revision diese» Vertrages selbst und die allgemeine Abrüstung. In dem nachdrücklichen Beharren aus diesen Punkten mühte nor malerweise ganz Deutschland einig sein und wie ein Mann hinter der Netchsregterung stehen, wenn sie die Initiative in Genf ergreift. Dah an leitender Berliner Stelle das Be- wutztlein von der Notwendigkeit einer solchen Aktion lebendig ist. zeigen die jüngsten Auslassungen des demokratischen nnenministerS Lr. Külz, der in der Presse seiner Partei die iel« bargclegt hatte, aus die Deutschland nach seinem Ein tritt m den Völkerbund hinstrrben müsse. Seine Offenheit ist ihm aber in Frankfurt übelgenommen worben. DaS dortige Parteiorgan wendet sich in ziemlich brüsker Weise gegen ihn durch die Erklärung, auf einem Irrtum beruhe die Vorstellung, wir würden uns viel damit nützen, wenn wir in Genf sofort recht tüchtig mit der Faust auf den Tisch schlagen würden, ohne Rücksicht darauf, ob der Völkerbund dadurch gesprengt wtrde oder nicht So ist e» natürlich nicht gemeint. Was wir nach Rech« und Gerechtigkeit zu fordern haben, muh unsere Diplomatie nicht mit der „Faust", sondern mit Takt und Geschick in der Form, aber mit unerbittlicher Energie in der Sache der Erfüllung entgegcnführen. Sonst wäre unsere «»Wesenheit in Gens nur eine dekorative Schaustellung, die weiter keinen Zweck hätte, als dah die Westmächte unS noch fester in der Zange hätten als zu der Zeit, wo wir noch -rauhen waren. Der Gedanke, -ah durch die sachlich« Ber- folgung unsere» Rechte» ber gerade zu besten Durchsetzung berufene Völkerbund gesprengt werden könnte, ist echt pazi fistisch. Wäre das wirklich möglich, so läge darin «in drastischer Beweis für die eigentlichen Absichten, die Frankreich mit unserer Ausnahme verknüpft hätte. Auf jeden Fall erhellt aus dieser Art der Behandlung der Frage, wie wir uns in Gens verhalten sollen, die nationale Unzuverlässigkeit, auf die wir uns von pazifistischer Sette gefatzt machen müssen. Wenn eS nach diesen Elementen ginge, mühten wir im Völker- bunde mäuschenstill dasttzen und dürften uns nicht mucksen. Wir sind aber nicht in den Genfer Reformationssaal etn- gezogen. um als blohe Statisten zu fungieren, sondern um kräftig mit zu raten und zu taten, und um daS zu können, ist vor allem eine gründliche Bereinigung unserer eigenen inter nationalen Vage erforderlich, soweit sie uns noch unerträg liche Fesseln auferlegt die uns an unserer souveränen Be wegungsfreiheit hindern. Die Auslassung des Frankfurter Demokratenorgans kommt gerade zur rechten Zeit, um die deutsche Oessrntlichkeit noch einmal daran zu erinnern, wie ungemein wichtig e» ist, daß bet der Auswahl der Persönlichkeiten, die Deutschland in Genf vertreten sollen, kein Fehlgriff getan werde. Schon bei einer früheren Gelegenheit wurde diese Notwendigkeit unserer öffentlichen Meinung durch das würdelose Gebaren pazifisti scher Kreise eindringlich zu Gemüte geführt. Das war im An sang dieses Jahres, als der deutsche Anschluß an den Völker bund in Aussicht stand. Nach der ganzen Lage war damals von deutscher Seite die größte Zurückhaltung geboten. Statt dessen drängten sich aber pazifistische deutsche Bewerber an da» Gencralsekrctariat in Gens heran, um sich schon im voraus Stellen zu sichern. Jener Vorgang mutz unS heute zur War nung dienen. Was wir in Gens brauchen, sind Männer von erprobter überparteilicher Gesinnung mit starkem nationalen Rückgrat, die sich in den in Gens un» erwartenden Gefahren und Fallstricken gründlich auSkennen und frei sind von pazifi stischer internationalistischer Schwarmgeisterei. Nur mit solchen Vertretern, die einem Briand und Chamberlain an diploma tischer Gewandtheit und sachlicher Zielstrebigkeit gewachsen sind, können wir in Genf unsere Stellung ehrenvoll und gleich mäßig zu unserem eigenen Vorteil, wie zum Nutzen der Bölkerversöhnung und der Erhaltung de» Weltfrieden» be haupten. Ein Punkt. In dem sich unsere Stellung in Genf im Ver- gleich mit den Verhältnissen, wie sie im März waren, ver schlechtert hat. ist in unseren Beziehungen zu den Neutralen gegeben. Bis dahin genossen wir in den neutralen Kreisen volle» Vertrauen, und man erhoffte von unserer Teilnahme am Völkerbund in den nordischen Ländern, in Holland und in der Schweiz eine Verstärkung der neutralen Position gegen über Frankreich. Namentlich in Holland und der Schweiz hatte man daS französische Projekt eines „neutralen RheinstaateS". dem die Niederlande und die Eidgenossenschaft als Kopf und Schwanz angehängt werden sollten, nicht vergessen, und so sah man dem Eintritt Deutschlands mit dem beruhigenden Gefühl entgegen, dah dadurch eine Isolierung der Neutralen im Völkerbünde verhindert werden sollte. Die weitere Haltung Deutschlands enttäuschte dann aber wegen ihrer zu großen Kompromihnetgung die Neutralen zusehends, und von der da durch erzeugten Stimmung legte der Artikel des „Berner Tageblattes" mit ber Ueberschrift „Wieder hineingelegt" ei» ziemlich derbes Zeugnis ab. Nachdem die Wogen der Erregung sich nunmehr verlaufen haben, wird auf neutraler Seite die schwierige internationale Lage Deutschlands aus dem Wege von Locarno nach Genf wohl allmählich etwas ruhiger und ob- jektioer gewürdigt werden, und es ist sicher zu erwarten, dah wir in Gens die Sympathien der Neutralen rasch wieder gewinnen werben, wenn nur unser Auftreten dort da» nötige Zielbewußtsein erkennen läßt. „Klar das Ziel, fest daS WollenI". wie Graf Westarp in Köln sagte. Diese Parole, ver ständnisvoll befolgt, wird uns in dem Genfer Hause, das wir nun mitbewohnen sollen, ein zuverlässiger Wegweiser sein. Das Endziel unserer Bemühungen, ber Kern unserer ganzen Politik, die Quintessenz aller unserer Anstrengungen aber wird die Revision des Versailler Vertrage» sein müssen. Bon Berbandsseite ist schon „befürchtet" wor den, daß wir auf die Verwirklichung dieser Absicht in Genf hinarbetten würden. Das ist selbstverständlich: sonst ver dienten wir nicht, Deutsche zu hcihen. Der Völkerbund ist zur Vornahme einer solchen Revision die geeignete Instanz: denn in Artikel 1V des Versailler Vertrages heißt es ausdrücklich, bah das Genfer Forum von Zeit zu Zeit eine Nachprüfung derjenigen internationalen Verträge vornehmen kann, die nicht mehr zeitgemäß sind oder durch ihren Fortbestand den Frie den gefährden. Erst wenn der Völkerbund sich für diese Lö sung des europäischen BefricdungSproblems reis zeigt, wird er den überzeugenden Beweis liefern, dah er wirklich ein Frieden», und VersöhnungSiiistrnmcnt ist. Bei alledem aber kann die Welt versichert sein, dah wir ehrliche Völker- bunbSpolitik treiben und nichts tun werden, was dem wahren Geiste der Einrichtung zuwider ist. Besteht auf der Gegenseite der gleiche gute Wille, so k a n n die Genfer Episode vom 10. September 182S für ganz Europa zum Segen werde». Die deutschen Vertreter in den Kommissionen. Die Aachmiliagssisiung -es Völkerbundes. Genf, 10. Sept. Die NachmittagSsihung im Reformation», faalc wurde durch die Ausführungen de» ersten Delegierten Australiens eröffnet, der den heutigen Tag alS einen der denkwürdigsten des Völkerbundes bezeichnete. In überaus herzlicher und warmer Weise hieß er Deutschland als neues Mitglied im Bunde willkommen. Der österreichische Bundes» kanzlcr Dr. Ramek begrüßte darauf in deutscher Sprache auf das herzlichste die deutsche Delegation im Völkerbünde und kennzctchnetc den deutschen Eintritt in seiner historischen. Be deutung. — Hierauf beglückwünschte der japanische Bot schafter in Paris, Jshii, Deutschland zu seinem Eintritt in den Völkerbund und erklärte, die deutsche Mitgliedschaft werbe wesentlich zur wetteren Entwicklung de» Völkerbundes beitragen und bedeute eine neue Garantie de» Frieden». Er drückte das Bedauern de» jaPanischen Volkes über daS Fern- bleiben Brasiliens und Spaniens von der gegenwärtigen Tagung auS. Hierauf wandte er sich gegen die Vorschläge von mehreren kontinentalen Völkerbünden mit dem Zentrum in Genf, die allmählich den Völkerbund ersetzen sollten. Hierauf wurde die Sitzung voll, Präsidenten geschlossen. » Genf, 10. Sept. Die deutsche Delegation ist in den sechs Kommissionen brö Völkerbünde» folgendermaßen vertreten: In ber ersten (juristischen) Kommission durch Reich»- antzenmintster Dr. Strescmann und Dr. Gautz, in der zweiten (für OrganisationSfragen) durch Frei- Herrn von Rhetnbaben, in der dritten Kommission tfür Abrüstungsfragen) durch Graf Bernstorff, in der vierten Kommission (Ftnanzkommis sion) durch Professor Kaa», in der fünften tfür soziale Fra- gen) durch Br eit scheid und in der sechsten lpol tit schen Kommission) durch Staatssekretär v. Schubert. Erneute Beratung -er Aatserwetlerung. Genf, 10. Sept. Heute nachmittag tagten im Völker- bunbSsckretartat die erste Kommission tt uristische), die zweite (technische) und die sechste (politische) Kom- Mission des Völkerbünde». I» der Sitzung der ersten Kom mission, an der Dr. Strescmann und Dr. Gauß teil- nahmen, begann die Generaldebatte Uber daS Reformprvjekt der Studienkommission zur Umwandlung des RateS. ES sprachen vor allem die Vertreter der kleinen Staaten, u. a. Schweden, Norwegen, Dänemark, Holland und auch China, die das Projekt der St udicnkom Mission im einzelnen zerpflückten und scharfe Kritik an feinen Bestimmungen übten. Die erste Kommission faßte hierauf de» Beschluß, eine Nntcrkommisstou aus 11 Glieder« zur erneuten Prüfung des Projektes der Studien» kommission einznsetzen. Es sind dies Deutschland. England» Chile, China, Dänemark, Frankreich, Italien, Kolumbien, Japan, Norwegen, die Niederlande, Rumänien, Polen und die Schweiz. Genf, 10. Sept. Die zweite Kommission ber Völker bundsversammlung trat heute nachmittag zusammen. Der Vorsitzende begrüßte zu Beginn der Verhandlung den Abg. Freiherrn von Nheinbabcn, der als Vertreter Deutschlands an der Sitzung tcilnahm. ES wurde zunächst ber Bericht über die griechische FlüchtlingSsürsorgc ange nommen, in dem daraus hingcwlcsen wird, baß bereits eine Million griechischer Flüchtlinge angcsicdelt worben seien. Die -rutschen Dölker-un-sposten. Pari» fürchtet eine Uebcrfremdung durch Dentsche. Paris, 10. September. DaS „Echo de Paris" beschäftigt sich mit der Frag« der Neubesetzung der Posten im Völker- buudSsekretartat nach dem Eintritt Deutschlands und führt aus, daß die Franzosen im Bölkerbundssekrctariat vier Posten hätten, während die Engländer nur drei Posten hätten. Tiner der französischen Posten müsse aufgegcbcn werden. ES handele sich um den Posten des Direktors ber politischen Abteilung, Mantoux. Der Vertrag Mantoux' laufe am 1. Januar ab und werde nicht mehr erneuert. Ein Japaner werde sein Nachfolger werden, wofür ein anderer Japaner, der gegen wärtig daS Internationale Bureau im Sekretariat leite, dnrch eine« Dentsche« ersetzt werbe. Im Vordergrund stehe »edoch die Neubesetzung des Postens de» Direktors der inriflische« «btetlnn«. für deren Leiter man den Brasilianer Dr. Fernande» habe ernenne» wollen. Infolge de» Rück-
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite