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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 10.03.1903
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1903-03-10
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19030310016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1903031001
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1903031001
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
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- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1903
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Nnzeigen.PreiS die ügespalleae Petit^il« SL Reklamen nute» dem Redaktton-Ürlch s-gesp-Uml) 7» vor de, tzamilleuuach. richt« («g, spalt.,) so Tabellarischer und Ziffernfatz entsprechend hoher. — Gebühr», für «achiveisunge, mid Oflettenauaahma LS H (»xck. Porto) Extra-vei lag», (gaialzt^ »tt der Moraar-LuSaaba, ,h,a Posttepstcheeuiig ü5^, a^ Postbesöadenmg 70^-. Änuahmrschluß fitr Dystßtt: «»and «MGntzat MmNNa,, W r-n M»r,a» An--,»« MchmNüdlB s Uh» An»eige, p>ck stet» «, dt, Uxpedttto» M richte». Di» Expedition ist »ochauüG» «nmtrrvrocher ,eüff«t »an frth 8 bck admck» 7 Uhr. Druck und Verlag von «, Poltz tu Leipzig. Dienstag den 10. März 1903. 97. Jahrgang. Vas Neichsseilchenyeittz und die Lnderkulose. Vr. t?. Die Aussührungsbestimniungen zu dem Gesetz betr. die Bekämpfung gemeingefährlicher Krankheiten sind vor kurzem in erster Lesung vom preußischen Abgeord netenhaus«: beraten worden und es dürfte wohl bei der naheliegenden Möglichkeit, daß das preußische Gesetz auch auf die Entschließungen der übrigen Bundesstaaten einen maßgebenden Einfluß gewinnen wird, nicht unnütz sein, einzelne Punkte des Entwurfs, soweit sie die Kritik heraus fordern, etwas näher anzusehen. Bekanntlich hat sich das Reichsgesetz in erster Linie die Beiämpfung der exotischen Krankheiten, desAussatzes, üesFleckfiebers, deS Gelbfiebers, der Pest und der Pocken, zum Ziele gesetzt, weil gerade für diese vom Ausland eingesch'epvten Leuchen sich am ehesten einheitlich für das ganze Reich maßgebende Grundsätze der Absperrung, Isolierung, Desinfektion usiv. aufstellen lassen. Die Bekämpfung der einheimischen Infektions krankheiten sollte dagegen im wesentlichen der Landes gesetzgebung Vorbehalten bleiben, weil der Gesetzgeber von der Ansicht auöging, baß hier die Verschiedenheit der lokale« Bcrhältnisse, der Volkssitten, die kommerziellen, industriellen und landwirtschaftlichen Besonderheiten eine einheitliche Regelung außerordentlich erschweren. In Preußen soll nun das Ausführungsgcsetz die Möglichkeit an die Hand geben, an Stelle des längst veralteten Regu lativs vom Jahre 1835 Bestimmungen zu setzen, die unseren modernen Anschauungen über Wesen und Ver breitung der ansteckenden Krankheiten bester entsprechen und vor allen: die Pflicht der Anzeige, der Isolierung und der Desinfektion auch auf das Heer der einhcinrischen In fektionskrankheiten ausdeünen. Damit holt Preußen nur etwas nach, was in den meisten andern Bundesstaaten durch Gesetz oder Polizeiverordnung schon längst fest stehende Einrichtung gewesen war. Es hätte darum auch keinen Zweck, zu jenen in der Praxis bewährten Grund sätzen etwas zu bemerken, wenn nicht der preußische Gesetz entwurf auch die Tuberkulose unter die anzeigepflichtigen Krankheiten ausgenommen hätte: wenigstens sollen die fortgeschrittenen Fülle von Lungen- oder Kchlkvpftnber- kulose, wenn der Kranke die Wohnung wechselt oder seinem Leiden erliegt, anzeigepflichtig sein. Es ist nun leicht m»g- lich, daß diese Bestimmung, wenn sie erst in Preußen Gesetz geworden ist, auch in andern Bundesstaaten zur Ein führung gelangt, und es wird darum doch geboten sein, etwas näher auf sie einzugehen. Die Pflicht des Arztes, gewisse Krankheiten der zu ständigen Behörde anzuzeigcn und die sich daran schließen den Maßregeln der Isolierung und der Desinfektion der Wohnung und aller mit dem Kranken in Berührung ge kommenen Gegenstände sind für diesen und seine Angehöri gen immer mit Aufregungen und Unannehmlichkeiten aller Art verbunden. Gleichwohl müssen solche Rücksichten un bedingt schweigen, wenn man durch jene Maßregeln mit Sicherheit der massenhaften Verbreitung von Krankheiten Vorbeugen kann, wenn es sich also um Erkrankungen han delt, zu denen die Anlage ziemlich allseitig vorhanden und deren Erreger gleichzeitig leicht der Vernichtung zu gänglich ist. Würden auch bei der Tuberkulose die Ver hältnisse derart liegen, so wäre gegen die Auzcigepflicht nichts einzuwenden: allein hier bleibt cs doch sehr frag lich, ob die Unannehmlichkeiten, die einer großen Zahl von Staatsbürgern auferlegt werden, im Verhältnis stehen zu dem Nutzen, welcher der Allgemeinheit erwächst. Die Tuberkulose ist bekanntlich eine meist außerordentlich chronisch verlaufende Krankheit; die Absperrung der Be herberge! des Kranküettsstoffes, die sich bei den an- dern Infektionskrankheiten bewährt hat, ist darum hier unmöglich, wenn man nicht gerade die Lungenkranken aus der Gesellschaft auSstoßen will. Viel Nutzen können also jene in Preußen beabsichtigten Maßnahmen nicht bringen. Es sind aber auch noch andere Verhältnisse zu berücksichtigen. Die Tuberkulose befällt meistens mehrere Glieder und Generationen einer Familie. Wo nun die Tuberkulose einer Familie sozusagen offiziell festgestellt ist, da werden ganze Generationen in sozialer Beziehung, wie in der Ausübung ihres Berufes darunter zu leiben haben. TaS könnte man nur dann mit in Kauf nehmen, wenn fick» wenigstens mit Sicherheit ein durchschlagender Erfolg Vorhersagen ließe. Aber nach dem Urteil aller er fahrenen Acrzte, die sich nicht einseitig durch bas Tier experiment des Laboratoriums besttrnmen lasten, liegen doch bei der Tuberkulose die Verhältnisse viel zu kompli ziert, um von derartigen rein sanitätSpolizeilichen Niaß- nahmen einen Nutzen zu erivarten. Der Erreger der Krankheit ist beinahe überall z« finden, wo Menschen wohnen. Die große Anzahl der Lungenkranken, die vielen tuberkulösen Erkrankungen unter den Tieren schließen eS auS, daß man, ähnlich wie bet akuten Infektionskrankheiten, alle AustccknngSqnellen jemals vernichten könnte; wirb doch der Tuberkelbazillus nicht allein durch zerstäubten Auswurf, sondern auch mit den Flüssigkeitströpschen, welche beim Husten, Niesen, Sprechen usm. auS dem Munde geschleudert werden, in die Luft verbreitet. Trotzdem erkrankt nur eine Minderzahl von Personen, weil eben der Erzeuger nur dort zu wirken vermag, wo eine besttnnnte Krankheitsanlage vorhanden ist. Diese Anlage kann ererbt, sie kann auch durch Krank heit, mangelhafte Ernährung, Uebcranstrcngung und der gleichen erworben sein; sie ist, praktisch genommen, von größerer Wichtigkeit, als der Kampf gegen den Krank heitserreger, der bei der Kvniplizierthcit der Verhältnisse doch inuner Stückwerk bleiben muß. Die Bekämpfung der allgemeinen Disposition durch Verbesserung der Lage der llnbemittelien Klassen, durch Hebung der VvlkSernährung, Beseitigung ungesunder Wohnungen usw., die Be kämpfung der individuellen Disposition durch ausge dehnte Krankenfürsorge, Errichtung von Nckonvalens- zentenhäufcrn und ähnlichen Wohlfahrtseinrichtungen: das sind wohl Aufgaben, deren Lösung mehr nutzen wird, als die Vernichtung einer kleinen Zahl von Tuberkel bazillen. Was soll es überhaupt helfen, wenn nur die vor geschrittenen ErkrankungSfätte anzeigepflichtig werben- Die Menge der Bazillen im AnSwurf steht ja keineswegs im Verhältnis zur Höbe der Krankheit; bei den schwersten Veränderungen beider Lungen kann der AnSwurf unter Umständen nur sehr wenige Bazillen enthalten, während andererseits auch in den Ansangsstadien Kranke schon reichlich Bazillen auöwcrfen können. Letztere sind vom bakteriologischenStandpunktc aus die gefährlicheren; trotz dem bleiben sie unbehelligt. Praktisch genommen, wird eS darum dem subjektiven Ermessen des ArzteS überlasten bleiben, wenn er eine Erkrankung als vorgeschritten und anzeigepflichtig ansehen will, und eS werden voraussicht lich, namentlich in der Praxis der besseren Stände, die Aerztc in dieser Beziehung sehr zurückhaltend sein. Könnte es doch der Familie eines Kranken unter Umständen recht schwer fallen, wieder eine Wohnung zu finden; so manche Hausbesitzer werden aus Aengstlichkelt oder um sich die Unannehmlichkeiten der Desinfektion zu ersparen, den Familien der Lungenkranken überhaupt nicht oder nur zu höherem Mietpreise Wohnungen zur Verfügung stellen. Wenn mau konsequent fein wollte, dann müßte man jeden Tuberkulosen, der Bazillen entleert, zur Anzeige bringen, man müßte die Bewegungsfreiheit dieser Kranken einschränken und sie von gewissen Berufen, wie z. B. des Lehrers, des Geistlichen, des Arztes, des Offiziers usw., ausschließcn. Es genügt diese Perspektive, um das Ab surde der einseitig bakteriologischen Richtung zu kenn zeichnen. Wenn man aber mit Ernst an die Verbesserung der WohnungSvcrhältnisse in den unbemittelten Volks schichten Herangehen, wenn man selbst die Anordnung treffen wollte, daß jede dichter bevölkerte Wohnung beim Wechsel der Mieter gründlich gereinigt oder desinfiziert werden muß, bann würde man wohl mehr zur Be- käuwfung der Tuberkulose beitragen, als durch derartige halbeMaßregeln, die vielleicht einige ängstlichcGemüter be ruhigen, sonstaber keinen nennenswerten Nutzen bringen. Es ist verkehrt, die Bekämpfung der Infektionskrank heiten nach einem und demselben Schema leiten zu wollen; was für akute Krankheiten mit weit verbreiteter Dis position gut ist, das eignet sich darum noch nicht für chro nische Zustände mit weniger allgemeiner Krankl-eitsanlage. Die Hebung der Ernührungö- und Wvhnungsverhältnissc, die Beförderung der Reinlichkeit durch Wasserversorgung, Kanalisation usw. dürften vollauf genügen, nm einer be- ängstigenden Zunahme der Krankheitserreger vorzu beugen; im übrigen wird der Kampf gegen die Tuberku lose nicht aus bakteriologischem, sondern auf jozialökono- mischem Gebiete geführt werden müssen. Deutsches Neich. Berlin, o. März. (Wasserstraßen und Wasserläufe.) AlS 100. Band der „Schriften des Vereins f ü r S o z i a l p o 1 t t t k" ist soeben der erste Teil der Untersuchungen erschienen, die der genannte Ver ein über die Schiffahrt der deutschen Ströme, ihr Abgabcnwesen, ihre Regnlierungskosten und Vcr- kehrsverhältnisse herausgibt. Or. Georg Bindewald behandelt in diesem Teile die Elbschisfahrt, O. G. Gie r s- berg erörtert die Bedeutung der Wasserstraßen im öst lichen Deutschland für den Transport landwirtschaftlicher Massengüter und Gustav Leibt stellt die Wartheschiffahrt dar. vr. Bindewald kommt in seiner Untersuchung über die Entwickelung des Abgabervcsrns und der Regulie- rungskostcu der Elbschisfahrt in den Jahren 1871 bi- 1000 zu -em Ergebnis, daß die erste Elbstromfchau- kommission vom Jahre 1842 mit vollem Rechte zu dem Standpunkte gelangte: an und für sich sei die Schiff- fahrt der natürlichen Bestimmung des Stromes fremd und nur eine Nutzung des selben. Bindcwald führt in dieser Beziehung aus: Mit Nichten sind Elbe sowohl al» ihre Nebenflüße natürlich« Wasserstraßen, sie sind vielmehr natürliche Wasser läufe, deren menschliche Intelligenz und Kraft erst Herr werben mußte, sie dem Schiffsverkehr auch nur mit einiger Sicherheit dienstbar und nutzbar zu machen. Nm das durchzusührcn. mußte diesen Wasserläufen Gewalt an getan werden, und -war unter Aufwendung ein<r unge heuren Summe menschlicher Arbeit: das natürliche Bett wurde zu einem künstlichen umgestaltet, dadurch der natür lich« Wasserabfluß künstlich von Menschenhand geregelt. Erst so wurde der gebändigte Strom willfährig zu einer „Nutzung" durch die seiner „natürlichen Bestimmung fremde Schiffahrt" —, aber zufolge der ihn» innewohnen den elementaren Eigenschaften, sowie der Abhängigkeit gegensätzlicher Witterungseinflüste auch dann noch nicht «in zu jeglicher Zeit unbedingt zuverlässiger Träger deS ihm anvertrauten Verkehrs. Wie sehr es zur Durch führung jener Nutzung des Eingriffs von Menschenhand benötigte, zeigen am meisten die Strecken, die der Kana lisation bedurften, um schiffbar zu sein, so die der unteren Moldau und der oberen Elbe in Böhmen, so der Unstrut und Saale, sowie die meisten der oberen und teilweise der mittleren Havel, aber kaum minder die volle Strecke des Hauptstromes von Aussig bis Hamburg-Har burg, dessen Lauf in ein künstliches Bauprofil eingeschnürt werden mußte, um in geregeltem Wafserab- flub bei Hoch-, wle bei Ntederwafser Fahrzeuge bcstiimnten Umfanges zu tragen, aber auch die Strecken der Spree, ja selbst der kleinen Ilmenau konnten derartiger Arbeiten nicht entraten, sollten sie im Dienst« der Schiffahrt Ver wendung finden. Dem Umfange der Arbeiten entsprachen die Aufwendungen. In der Zeit von 1871 bis 1900 haben Oesterreich, Sachsen, Preußen, Anhalt, Mecklenburg und Hamburg für die Elbe ans rund 1522 Kilometer Uferlänge an einmaligen Aufwendungen, einschließlich Hafen anlagen rund 69 Millionen Mark aufgewandt. Die laufenden Ausgaben der genannten Staaten betrugen in der Zeit von 1806 bis 1900 für die gleiche Uferlänge rund 2,1 Millionen Mark. />'. Vertin, 9. Mürz. tEiue Universität in Hamburg und das „Gelehrtenproletaria t".) Die letzthin veröffentlichte Mitteilung, daß Hamburg an geblich beabsichtige, eine Universität zu begründen, veran laßt die „Kreuzzeitung" zu Bemerkungen, die recht charak teristisch sür die unüberwindliche Abneigung dieses spe zifischen Junkerorgans gegen eine der Zentralen des deut schen Handels sind. Das Blatt schreibt nämlich: „Wenn die Hamburger den Ehrgeiz haben, nicht nur hervorragende Kaufleute, sondern auch bedeutende Männer der Wissen schaft zu z ü ch t e u, so ist das an und für sich gewiß nicht zu tadeln; ein Gegengewicht geistigen Lebens kann einer großen Handelsstadt am wenigsten schade n." Diese einleitende Zustimmung wird durch den höhnischen Ton derselben in das volle Gegenteil verkehrt; „züchten" und „Brutanstalt" (dieser Ausdruck kommt in dem Artikel nachher) sind ja Ausdrücke, die gerade den Lesern der „Krcuzzeituug" sympathisch und geläufig sind; aber auf das geistige Leben werden sie besser nicht an- gewendet. Die Bosheit, daß eine Steigerung des geistigen Lebens einer großen Handels st adt nichts schaden könne, verdient auch Beachtung; die Bewohner der Han delsstadt werden danach als lediglich im Gelderwerb und in materiellen Genüssen aufgehend dargcstellt. Wir glauben, daß auch schon ohne Universität das geistige Leben in Hambrrrg immerhin reger entwickelt ist, als bei der hinterpounnerscheu Klientel der „Kreuzzeitung". Der be dingten Zustimmung folgt darauf eine völlige Ablehnung des Gedankens, weil durch eine neue Universität das „ohnrhin gefährliche Geistesvroletariat", das dem Um stürze neue Vorkämpfer zuführe, noch gesteigert würde; wir hätten an unseren 21 deutschen Hochschulen schon mehr als genug Studenten. Auch wir sind durchaus nicht für eine Vermehrung des geistigen Proletariats, aber wir halten es für ganz verkehrt, aus der Begründung einer neuen Universität auf eine weitere Zunahme der Studie renden zu schließen. Seit einem Menschenalter hat sich die Zahl der Studierenden verdoppelt, ohne daß die Zahl der Universitäten zngenvmmen Hütte, woraus man er sieht, daß die Zahl der Universitäten mit derjenigen der Studenten gar nichts zu tun hat. Wenn wir statt 21 Uni versitäten nur 17 hätten, so würden wahrscheinlich noch nicht 500 Studenten weniger vorhanden sein, sondern Berlin, Leipzig, München irsw. würden noch mehr über füllt sein. Eine Universität in Hamburg würde vor allem Berlin etwas entlasten, was durchaus kein Nachteil wäre. Auch wäre es für die Wissenschaft von großem Vorteil, wenn die zahlreichen wissenschaftlichen Institute Hamburgs durch eine Universität erst recht der Allgemeinheit nutzbar gemacht würden. * Berlin, S. März. (Ultramontane Flegelest) In pöbelhaft-klerikaler Weise, so schreibt man der ,Tgl. Rdsch." auS Rom, rempelt der Mailänder .Osservatore cattolico" in einer seiner letzten Nummern unfern Kaiser an. „Wilbelm II.", so beginnt das Blatt, „liebt eS, fick als Oberpontifex des Luthertum« aufzuspielen und keine Gelegenheit läßt er vorübergeben, ohne seinem Grund satz Ausdruck zu geben: Gott im Himmel und der Kaiser auf Erden ..." Dann sommt das ultramontane Organ auf den Brief an Admiral Hollmann zu sprechen und meint: „Die Worte deS Kaisers daben nicht so sehr einen Wert wegen der Persönlichkeit dessen, der sie ausspricht, als wegen des PubliknmS, an das sie gerichtet sind. Wilhelm giebl sich gern die Pose eines OberpriesterS und Kaisers. Auf seiner Reise in den Orient umarmte der Kaiser den noch vom Blute der Armenier triefenden Abdul Hamid, und oer lutherische Oberpriesier erfüllte damit einen feuchten Glauben-akt." Das ist die Sprache eines Blatte-, dessen Vertreter gerade in letzter Zeit wiederholt von Rampolla ganz besonder- auS- gezeichnet worden sind. Im Vatikan freut man sich über die Ungezogenheiten di- Mailänder demokratischen Flegels und lächelt sich oft in- Fäustchen über eine Regierung, die vor der Person deS Papstes fast in Devotion »rsiirbt, während dieser die Person des Kaiser- durch seine Preßtrabantcn in d»n Schmutz ziehen läßt. (-), Berlin^ ü Mä,z. (Trlrgramw.) Da« Mauso leum im hiesigen S<blvßpark« war deut« am Sterbetag» Kauer Wilhelm- l. mit blühend»» Pflanzen g»schmücki. Um 9 Ubr erschiene» rar katscrpaar und Prinz und Pein- insin Heinrich und legten am Sarg« Kränz» niider. Die hohen Herrichas>»n unternahmen sobaan ein» kurzen Spazier gang im Schloßparke. Im Verlaufe de- Vormittag- wurden weiter zahlreiche Kränze niedergelrgt von den General adjutanten des alten KaisrrS, den Leibregimentern Krieger- und patriotischen Vereinen. Der Kaiser staileie sodann dem Reichskanzler einen Besuch ab, empfing im königlichen Schlosse den Bauinspektor Schulz«, der ein Aquarell von dem Umbau des .Genesungsheim« Villa Hilde brand" in Arco vorltgte, hörte den Vortrag de« Stell vertreter« de« Cbefs des CivilkabinettS von Valentin und empfing mittags Mr. David Francis, Bürgermeister vo>, St. Louis und Präsidenten de- Comilss sür die dortige Weltau-stellung. (-) Vertin, v. März. (Telegramm.) Die .Nord- deutsche Allgemeine Zeitung' bemerkt zu den Mel dungen über die Zurückzietzun, -e» Trierer Putttt-ndumsr Die von der preussischen Staat-regierung durch den könig lichen Gesandten in Rom gemachten weiteren Mit teilungen stimmen, wie wir vernehmen, lediglich mit ihren im Abgeordnetenhaus« abgegebenen Er klärungen überein. Wir freuen unS, daß der Anaeligenheit durch dir Zurückziehung deS Publikandum« de- Bischof- von Trier ihre für den konfessionellen Frieden bedenklich« Bedeu tung genommen wurde. (Der hier erläuterte Au-druck „weitere Mitteilungen" ist wörtlich dem Argenpubli- kandum in Trier entnommen, in welchem er wegen seiner hübschen Vieldeutigkeit als Pflästerchen für den Bischof Korum und zur Schonung von dessen Autorität gebraucht war. — Red.) G Berlin, 9. März. (Telegramm.) In d«r heutig»» Sitzung de« Au«schusses für da« «etteler - Denkmal in Münster (Westfalen) teilte Präsident Boedtker mit, der Kaiser habe 2000 bewilligt. Di» Bersammlung beschloß, da dl» Aus führung gesichert ist, den Bildhauer Hidding mit der Durch führung zn beauftragen. G Berlin, 9. März. (Telegramm.) Geheimer OberregirrungS» rat im preußischen Kultusministerium Loewenßrrg wurde ans der Fahrt nach dem Abgeordnetenhaus« von einem schwertu Un wohlsein befallen. Es wird eine einseitig« Lähmung be fürchtet. — Wir lesen im „Haan. Kour.": E» ist vou Äaterefse, dir Tatsache zu konstatieren, daß unter de» Fürstlich keiten, welche der Jubelkeier de« Papste« im PeterS- dom zu Rom als illustre Gäste ia der ewigen Stadt an gewohnt haben, die vornehmsten durchweg Mit glieder protestantischer Dynastien gewesen sind. Es waren dies die Kronprinzessin von Schweden und Norwegen, Tochter de« GroßherzogS von Baden und Enkelin Kaiser Wilhelms I., Prinz Max vou Baden, der künftige Thronfolger, die Großherzogin von Mecklen burg-Strelitz geb. Prinzessin von Großbritannien und Irland (Cambridge) und die verwittwete Erbgroßherzogin von Sachsen-Weimar, die Enkelin König Wilhelm- I. von Württemberg. Diesen protestantischen Herrschaften kann al- Mitglied eines „regierenden" katholischen Fürstenhauses nur ein Prinz von Liechtenstein gegenüber gestellt werdrn, und ein depofsedierter Herzog von Parma. DaS waren die vor nehmsten katholischen Fürstlichkeiten von dieSseit« und jenseits der Alpen. Auch ein Zeichen der Zeit! Sswpre arauti Evrmaiüu! — Am Militäretat hat die Budgetkommission im ganzen 8 06L710 abgestrichen. Davon entfallen auf die fortdauernden Ausgaben 540 154 .< wahrend der Rest aus einmalige Ausgaben entfällt. Bewilligt sind danach statt rund 578 nur 570 Millionen Mark. — Zur Anzeigepflicht nichtapprobierter Per sonen hat der preußische Kultusminister den Regierungs präsidenten mitgetciit, daß zu den m seinem vorjährigen Erlaß behandelten Personen, welche, ohne approbiert zu sein, die Heilkunde gewerbsmäßig betreiben, auch die Zahn techniker und Zahnkünstler, die nicht geprüften Heil- gehülfcn und Masseure, sowie die Barbiere, welche die kleine Chirurgie betreiben, gehören, die Zahntechniker und Zabngehülfen jedoch nur, soweit sie die Zahn heil künde ausüben. — ReichStagskandidatur. In einer stark besuchten Ver sammlung von BertrauinSmänuern der nationalliberalen Partei aus dem Wahlkreise Halberstadt-Oschersleben- Wernigerode wurde einstimmig beschlossen, den langjährigen, be- währten Abgeordneten, Assessor Rimpau-Eniersleben, wieder aus zustellen, der sich zur Wiederübernahme d«S Mandats bereits erklärt hat. Es wurde beschlossen, die Vorstände der konservativen und der freisinnigen Partei, sowie des nationalen SteichSwahI- verein« zu ersuchen, schon im ersten Wahlgang« sür Herrn Ätmpau mit einzutreten. L Köln, s. März. (Privattelegramm.) Die kleii- kale „Kölnische Volkszeitung" schreibt zu dem Trierer Fall: „CS wird unseren Lesern nicht entgangen sein, daß w" m dem Trierer Gchulstreit seit der Veröffentlichun > KS Publikandum« «in« große Zurückhaltung bevbachtci und diesen Standpunkt auch nach der Beratung der JnirrprUaiion nicht verlassen haben. Daß die« hier und da Befremden erregen würde, haben wir erwartet. E« bat denn auch nicht an Zuschrift«», übrigen« au-ichließlich auS der Diözese Trier, gefehlt, dir dreiem Befremden Aus druck gaben. Sie konnten nicht- an unserer Uebrrzru-mng ändern, daß dir frbr erklärliche Verstimmung über die Ge staltung de« Töchterschulwesen« ia der Trierer Diözese die dortig« kirchliche Behörde auf einen Weg geführt Hai, der nicht zum Ziel« führen konnte. Der Versuch, in einer Einzel frage, wie dir an der paritätischen Töchterschule zu Trier bestehenden Verhältnisse, auf lediglich prinzipieller Grund lage und unter Anwendung de« äußersten Mittels der Absolution-verwei^erung vorzugehen, mußte scheitern, weil eben in anderen Diözesen, speziell auch in Köln, ein« Prapis vorhaoden war, die sich mit dem Vorgehen in Trier nicht vertrug. Jetzt ist da« Publikandum aus päpstlich« Weisung hin zurückgenommen und damit allen Deklamation»« Über die Provokation eine« neuen Kulturkamvfe«, die Herausforderung de» Staate«, di» planmäßige Verhetzung der Konfessionen usw. der Boden ent zogen. Je schneller aber der heilig» Gtudl auf di»s»n Wunsch de« Minister präsidenten eingegangen ist, um so bestimmter muß nun auch ein« schleunig» Untersuchung »er von kirchliche, Geil«
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