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Feierabend : 17.01.1909
- Erscheinungsdatum
- 1909-01-17
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id497197782-190901177
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id497197782-19090117
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-497197782-19090117
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungFeierabend
- Jahr1909
- Monat1909-01
- Tag1909-01-17
- Monat1909-01
- Jahr1909
- Titel
- Feierabend : 17.01.1909
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Schweizer Kulturlmmpsbildrr. Von F. Graudaus. s. Forlsetzimg. Nachdruck vc-rbolcn. Drittes Kapitel. Herr Felix Werner, welcher dein nltramontan gesinnten nnd zur Disposition gestellten Kassierer Kramer das Häns chen, in dein dieser schon seit dreißig Fahren wohnte, ge sündigt hatte, war ein reicher Fabrikbesitzer, Stadtrat nnd Mitglied verschiedener Vereine. Dlme gerade in wissen schaftlicher Beziehung eine Leuchte zu sein, — denn mit aller Not hatte er das Examen an der höheren Stadtschule be° standen —, zählte er doch zu der „Intelligenz" der Stadt lmd pochte gewaltig auf seine Bildung und Humanität. Er war ein ausgesprochener Feind der Kirche, hauptsächlich, weil er nie eine Kirche besuchte und mit dem Pastor seiner Pfarrei ans gespanntem Fuße lebte, zudem hatte er Geld nnd glaubte, „nach niemand etwas fragen zu müssen". Seine Religion fasste er in die schön klingende Phrase: „Tue recht nnd scheue niemand"', auch wußte er viel von dem „eigent lichen Kern" des Christentums, der Nächstenliebe, zu spre chen. und verstand es meisterhaft, über die ..Intoleranz" der Römlinge zu schimpfen. Alle staatssrenndlichen Adressen trugen seinen Namen, und obschon er in politischer Be ziehung ein Vollblutdemokrat war, stand er doch jetzt bei allen Erlassen der zentralistisch gesinnten Berner Negierung ..aus innerster Ueberzeugung" voll und ganz auf seiten dieser Negierung, weil man. wie er sagte, dieselbe in dem Kampfe gegen Nom mit allen Mitteln unterstützen müsse, wenn auch die Eigenart der schweizerischen Vcr- 'assung allmählich sich von der vollkommenen VolkSherr- schaft entfernen und die vornehme Klasse die Zügel der Negierung an sich reißen sollte: auch hielt er bei Zweckessen und sonstigen Gelegenheiten gewaltige Knlturreden. die er vorher mit Dr. Blumenfeld einstndiert hatte. Am zweiten Weihnachtstage saß Herr Werner in seiner behaglich durchwärmten, elegant eingerichteten Wohnstube und las die soeben eingelrosfenen Zeitungen, als man ibm meldete, sein Abmieter Trainer wünsche ibn zu sprechen. ..Was will der Mensch?" fuhr Werner auf: ..kommt er etwa, um zu betteln, daß ich die Kündigung rückgängig mache? Sagen Sie ihm. ich sei nicht zu Hause?" „Ich hatte dies erwartet," sagte der alte Kranker ein tretend, ..deshalb folgte ich der Magd. Weisen Sie mich in der Tat zurück, ohne mich gehört zu haben. Herr Werner?" „Nun. was wünschen Sie denn?" fragte dieser, unge duldig auf den Mann zuschreitend: ..aber fassen Sie sich turz, meine Zeit ist kostbar." „Sie haben richtig vermutet, ich komme nicht zu betteln, ober Sie zu bitten, mich nicht aus dem Häuschen zu weisen." „Das geht nicht, mein Entschluß ist unwiderruflich." „Aber weshalb denn, Herr Werner? Habe ich meine Miete nicht stets pünktlich bezahlt? Und zu sonstigen Zwecken können Sie das kleine Haus ohne Hofraum in der engen Gasse doch nicht benutzen. Ich wohne so viele Jahre in demselben und möchte nun für den Rest meiner Tage nicht wechseln, zumal nicht jetzt im Winter." „Was ich mit dem Häuschen will, kümmert Sie nicht, Kramer, selbst wenn es leer bleiben sollte. Gehen Sie. es bleibt bei dem. was ich gesagt." „Aber um Gottes willen, so sagen Sie mir wenigstens den Grund, weshalb Sie so handeln!" „Gut. den sollen Sie hören: ich will mit einem Ultra- montanen nichts zu tun haben! Nun wissen Sie's und kön nen gehen." „Ah so! . . Ter alte Mann, dem vor Leid und Zorn die Tranen in die Augen traten, machte kurz kehrt und verlieh das Ge mach. „Wie Gott will!" murmelte er. — In dem Nebenzimmer saß die Tochter des Hauses nach lässig hingeworfen in die Kissen eines Sofas, und wäh rend sie in der Nechten kokett eine Schmachtlocke tanzen ließ, streichelte sie niit den beringten Fingern der Linken den Nacken einer schnurrenden Angorakatze, auf deren schwarzem glänzenden Felle sich das Armband prächtig abhob. Ihr zur Seite saß Tr. Blumcnfeld, der durch ein in die Falte der Nasenwurzel gepreßtes goldgefaßtes Lorgnon der rei chen Tochter des Hauses bewundernde Blicke zuwarf und sich so liebenswürdig wie möglich machte. Engcnie zählte zwanzig Jahre, stand also in dem Alter, ni welchem sie alle zur Führung einer Haushaltung nötigen Kenntnisse sich schon angeeignet haben mußte. Allein von all diesen Dingen verstand sie gar nichts; in der Küche war sie fast nie gewesen, und nie hatte sie irgend eine Arbeit in derselben verrichtet: ebensowenig verstand sie vom Waschen, Bügeln und den anderen weiblichen Hausarbeiten. Sie war eben nicht zur Hausfrau, sondern zur Modedame er zogen worden. Bis zum 18. Lebensjahre hatte Eugenie ein französisches Pensionat besucht, in welchem sie alles Mögliche, was eine Hausfrau nicht nötig hat, lernte, und wo das Nötige zu erlernen eine Gelegenheit nicht geboten ward. Sic hatte viel Romane gelesen, spielte Klavier und plapperte allerliebst französisch: auch schwärmte sie für die Frauenemanzipation und für Sffiziere. Ihr Vater hatte nicht verabsäumt, seine Tochter „in die Welt" einzuführen, das heißt er besuchte mit ibr die Theater, Konzerte und Bälle und freute sich, wenn Engenchen so herrlich zu plau dern und mit allen so schön zu tun wußte. Die Mutter war zwar mit dieser Erziehungsmethode nicht einverstanden; sie batte lieber gesellen, wenn ibr Kind sich auch des Haus wesens angenommen nnd um andere Dinge, als bloß um Modejournale, Bälle nnd Kaffeekränzchen bekümmert hätte, c.llein die aufgeklärtere und fortgeschrittene Tochter meinte, die „hausbackene" Mutter „verstehe von solchen Sachen nichts", nnd der aufgeklärte Vater warf der besorgten Mut ter vor, sie gönne ja ihrem Kinde auch kaum ein Vergnügen. Eugenie war nickt schön, aber sie wußte das. was ihr an natürlickien Reizen abging, durch künstliche zu ersetzen. Ein großer Haarberg, der ans fremdem Boden großgezogen worden, und von dem sich einzelne Locken aus die Sckmltern niederringelten, deckte den Hinterkopf: die Prachi ihrer Kleider und der „Geschmack", den sie in denselben zu ent falten wußte, erregte den Neid all ihrer Freundinnen, kurz, sie verstand es. den Wünschen ihres Vaters, der sein Töchter- Sie liebte es namentlich, mit gelebrten Herren gelehrte Ge cken gern bewundert sah, in vollem Maße gerecht zu werden, 'präcbe zu sichren, obschon sie nur allgemeine Pbrascn an- einanderreiben konnte, welche sie bei ibrem Romanlestm sich angeeignet batte. So war sic namentlich sehr erfreut, wenn sie die Ehre hatte, mit Dr. Blnmenfeld sich zu Unterbalten,
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