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02-Abendausgabe Dresdner Nachrichten : 30.04.1903
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1903-04-30
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19030430022
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1903043002
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-19030430
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1903043002
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Nachrichten
- Jahr1903
- Monat1903-04
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Nerlao rrsn Kiepsrli S Rerchkrvdt. Nnnabme vo» U»klindia»»ae>» bi« nachmilioas s Mir. Sonn- und Neiertanr nur Marieninabe so II biÜ'/,iUbr. Die iwallioevirund. «eile ica- s Silbrni ro Pin - Rn- kündiaunocn ans der Prioalieitc ejeile rsPio: die rixalline Zeile als „Em- aeiandl" oder aus LeUicite so Pig An Nummern nach Sonn- und ?>eier >a,cn l- de,, rivalliae Grund,eilen so. no de,, so und so Pi«, nach de- ionderem Tarif. AuLwarliae Aui- ircige nur ge»en iLorauademliluna. Belesblütler werden mit IO M. berechnet. vernivrechanschlub! Amt l Str. U und Ar. ««««. SrLuvrvl Lvkvvitr j ßW- vo» koliior Aookarrollll übor- RU «uv«? trollen«», tivrvorraKsock dsllvmmlivksll «r. in». Stic» ^ Neueste Drahtbelichte. König Georg in Wien, Hofnachrichten, Innere Miision. Walpnrgls. TvnuerStag, 30. April 1W3. Neueste Drahtmeldungen vom 29 April. Berlin. Der Kaiser trat um 12'/ß Uhr die Reise nach Bückeburg und Rom an. Berlin. (Priv.-Tcl^ Der Reichstag war anfangs ziem lich gut besetzt mit Rücksicht auf den ersten Gegenstand der Tages- orbnung. die Interpellation der Abgg. Graf Limburg und v. Nor- mann oetr. Kündigung der Handelsverträge. Nach dem aber auf Vorschlag des Abg. Trimborn lZcntr.j beschlossen worden war, Zunächst in der zweiten Beratung der Krcinkcnver- sicherunasnovelle sortzufahren. leerte sich das Haus, io Las; sich schließlich bei der ersten Abstimmung Beschlußunfähigkeit heraus stellte. Der'Präsident beraumte auf 2 Uhr eine neue Sitzung an mit der Interpellation des Grafe» Limburg als ersten Gegen stand auf der Tagesordnung. Da dies die 300. Sitzung war. so batte man in der Eile ein grosses Bukett beschosst, das vor dein Präsidenten aufgestellt wurde. Aus die übliche Frage des Prä- sidenten, ob der Reichskanzler bereit sei, die Interpellation des Grasen Limburg zu beantworten, erklärte Staatssekretär Graf Posadowsky, daß, abgesehen von den staatsrechtlichen Beden ken, und weil diese Frage in dielcm hohen Hause wiederholt eingehende Erörterung gesunden habe, der Herr Reichskanzler zur Zelt azrs dringenden sachlickten Gründen, die besonders auch die Landwirtschaft nahe berühren, keine Auskunft darüber geben könne, wann die bestehenden Handelsverträge durch neue ersetzt oder gekündigt werden sollen. Der Reichskanzler müsse daher die Be antwortung der Interpellation ablehnen. lBcwegung und Heiter keit.! Hierauf wurde trotz der ablehnenden Antwort in die Be sprechung der Interpellation eingetreten. Berlin. sPriv.-Tel.j Die verstärkte Grschäftsordnungs- kam Mission des Reichstags trat heute früh zusomnien, um über den ihr zugewiesenen Antrag zu berate», der bezweckt, dah die Reichsdehörde stets von Etatüberschreituugcn dem Reichs kanzler Kenntnis geben soll. Bei der W chtiakeit der Angelegenheit wurde beschlossen, in eine sachliche Verhandlung nicht cinzuireten, vielmehr die Sache der Beschlußfassung des nächsten Ne.chsiags zu überlassen. München. Die Krankheit der Herzogin Karl Theodor nimmt einen leichten Verlauf. Die Herzogin wird voraussichtlich im Laufe des Tages auf einige Stunden das Bett verlassen dürien. Rom, Bei dem Festmahl, dos gestern abend im O.uirinal zu Ehren König Eduards von England stattsand, brachte KönigDiktor Emanuel folgenden Trinkspruch in italic- irischer Sprache aus: Ew. Majestät, die wir heute das Glück haben, als unseren Gast zu sehen, entbiete ich mit innigster Befriedigung meinen Gruß. Seit den entferntesten Zeiten entwickelten sich herz liche Beziehungen zwischen meinen Vorfahren und den Herrschern, die Ew. Majestät auf Ihrem ruhmreichen Throne vor- angingen. In einer näherliegendcn Zeit während der denk- würdigen Regierung der Königin und Kaiserin Viktoria, Ew. Majestät verehrter Mutter, in dem Augenblicke, da inmitten ernster Ereignisse Italiens Geschicke der Entscheidung cntgegcn- reiften, hatte Italien England beständig auf seiner Seite, im Glück wie im Unglück, und letzt ruft die Anwesenheit Ew. Ma>estät die alten und neuen Erinnerungen wach, Erinnerungen, die mir und meinem Lande heilig sind. Möge die zwischen beiden Thronen und beiden Völkern bestehende Freundschaft ewig währen und immer fester werden. Mit dielem Wunsche und in diesem Glauben wünsche ich der großbritannischsn Nation alles Glück und trinke aus das Wohl Ew. Majestät, Ihrer Majestät der Königin und Kaiserin und der gesamten König!. Familie Englands. Tie Musik spielte die englische Nationalhymne. König Eduard erwiderte hierauf in englischer Sprache: Ew. Majestät wollen mir gestatten, meinen auf- richtigrn und lebhaften Dank auszusprechen für die so sehr liebens würdigen Worte, mit denen Sie meine Gesundheit nusgebracht haben. Ich kann Ew. Majestät versichern, das; es mir sehr an genehm gewesen ist, wieder einmal nach Nom ,;» kommen und Ihnen einen Besuch abzustatten. Ich hege das volle Vertrauen, daß die Gefühle gegenseitiger Freundschaft, die seit so langer Zeit zwischen den. Alle beide lieben wir die Freiheit und die freiheitlichen Ein richtungen, und mit diesen großen Zielen vor uns sind wir zu sammen auf dem Wege der Zivilisation und des Fortschrittes em- hergeschritten, gleichzeitig bestrebt, den allgemeinen Frieden aus- rechtzuerhalteu. Es ist nicht lange her, daß wir Seite an Seite ge kämpft haben, und wenn ich auch der Zuversicht bin, daß eine Ge legenheit dazu nicht wiederkehren wird, so habe ich doch die Gewiß- heit, dah wir stets vereint sein werden für die Sache der Freiheit und der Zivilstalio», wie für das allgemeine Wohl und die Wohl fahrt aller Volker. Ew. Majestät wollen gestalten, daß ich Ihnen nochmals für Ihre so herzlichen Worte danke, besonders auch für den rührenden Hinweis auf das Andenken meiner geliebten Mutter und für die liebenswürdigen Worte, mit denen Sic der Königin Alexandra und der übrigen Mitglieder meiner Familie gedachten. Auch danke ich Ew. Majestät und Ihrer Majestät der Königin für die warme Ausnahme, die mir von Ihnen und Ihrem Volke bei meiner Ankunft zu teil geworden, eine Aufnahme, die ich nie vergessen werde. Ich trinke auf die Gesundheit Ew. Majestät und Ihrer Majestät der Königin. R o m. Bei prächtigem Wetter und unter lebhafter Teilnahme der Bevölkerung fand heute vormittag die große Parade zu Ehren des Königs von England statt. Bald nach 8 Nhr fuhren der König und die Königlichen Prinzen mit glänzendem Gefolge unter Eskorte von Kürassieren nach dem Paradcfcldc. Kurz daraus trafen der König von England und die Königin Helena, gleichfalls von Kürassieren eskortiert, dort ein und wurden vom König, der inzwischen zu Pferde gestiegen war, begrüßt. Die Musik spielte die englische und die italienische Nationalhvmne, während die Volksmenge die Majestäten mit lauten Zurufen begrüßte. Die Parade, an der 20 000 Mann unter Befehl des Korpskomman deurs Resozzi teilnohmcn, verlief alänzcnd. Der König von Eng land sprach dem Könige wiederholt seine Bewunderung über die Haltung der Truvocn aus. Nach Beendigung des Vorbeimarsches subren die Majestäten unter begeisterten Huldigungen der Be völkerung zum Quirinal. Petersburg. In Sewastopol brach gestern, nachdem morgens warmes sonniges Wetter geherrscht hatte, plötzlich ein starker Orkan aus, der die Dächer von den Häusern riß und Bäume entwurzelte. Eine Barkasse, auf der sich eine Anzahl von Personen besanden. wurde ins Meer entführt. Zur Rettung der letzteren ging ein Torpedoboot in See. Oertllches und Sächsisches. Dresden. 29. April. —* König Georg in Wien. Kaiser Franz Joseph geleitete vorgestern vormittag den König nach seiner Ankunft in der Hofburg in seine Appartements — die großen Frcmdcnappartements gegen die Bellaria — und blieb mit seinem Kaste eine halbe Stunde lang im Gespräch beisammen. Bald nachdem der Kaiser ihn verlassen, machte der König dem Kaiser einen Gegenbesuch, der eine Viertel stunde dauerte. Unmittelbar darauf machte der König in einer Hvfequipage seine erste Ausfahrt. Sie galt seinem Schwieger- sohne, dem Erzherzog Otto, und seiner Tochter, der Erzherzogin Maria Joscpha. Um 11 Uhr fuhr König Georg beim Äugartcu- Palais vor und begrüßte das Paar aus das Innigste. Sodann fuhr der König ^u den Erzherzogen Franz Ferdinand, Ludwig Victor, Leopold Salvator, Franz Salvator und Rainer und gab für sie seine Karte ab. Nach dieser Besuchstournec fuhr der König zur sächsischen Gesandtschaft wo um halb 1 Uhr ein Dejeuner stattsand. Vom Frühstück kehrte der König um s/R Uhr in die Hofburg zurück. — In die Hofburg zuruckgckchrt, hat König Georg zwischen 3 und 4 Uhr im Spicgclzimmcr die Ebcfs der in Wie» akkreditierten diplomatischen Vertretungen empfan gen. Nach dem Empfange der Divlomatcn gab König Georg einer Abordnung der sächsischen Kolonie in Wien Audienz. Die Abordnung bestand aus den Herren Bruno Everth, Ehcs der Petroleumfirma Everth u. Cie., Zcntraldirektor Felix Scysert der Ter Gesandte Graf Nex stellte die drei Herren einzeln vor, unv der König erkundigte sich in leutseligster Weise nach ihren Vcr- hältnissen. — Um 12 Uhr mittags war der König beim Äodurgschcn Palais auf der Scilerstätw vorgefahren und hatte dem Prmzcn Philipp von Sachsen-Koburg und Gotha, der gleichfalls beim Enip- fanae auf dem Südbahnhose gewesen war, einen Besuch abgestattet. — lieber das Galadincr, das am Montag 6 Uhr abends im Zeremonicnsaale der Hofburg stattsand, berichtet die „N. Fr. Pr." folgende Einzelheiten: Borcm schritt der König oon Sachse», der leine Tochter, die Erzherzogin Maria Joscpha. am Arme führte. Die Gemahlin des Erzherzogs Otto war das einzige weibliche Mit glied des Kaiserhauses, das an dem Galadiner teiluahm. Tein Paare folgte der Kaiser, hinter ihm die Erzherzögc, dann schritten die wenigen Damen einher, deren Toiletten sich an der Mittel- tafel recht wirkungsvoll von dem vielfarbigen Wechsel der Uni formen abhoben. Die übrigen Gäste folgten. Die fürstlichen Persön lichkeiten laßen heute in der Milte der Tafel. Zur Rechten des Kaisers Erzherzogin Marie Joscpha, ihr zur Rechten König Georg, dann folgten die Erzherzoge Franz Ferdinand, Ludwig Victor und Franz Salvator, während zur Linken des Kaisers Erzherzog Otto saß, dem sich die Erzherzögc Leopold Salvator und Rainer anschlossen. Der König von Sachsen ist eine breite, stämmige Erscheinung, etwa um einen halben Kopf kleiner als uuicr Kaiser, Auch die imposante Gestalt seiner Tochter, der Erzherzogin Maria Josepha, überragt ihn um Handbreite. Der sächsisckfe Monarch erscheint ungemein rüstig. Sein Aufenthalt im Süden scheint ihn sehr gekrästigt zu haben. Während unser Kaiser die Erzherzogin Maria Josepha sofort sti ein anscheinend heiter angeregtes Gespräch verwickelte, ver hielt sich der König von Sachsen wenigstens zu Beginn des Diners ziemlich reserviert und tauschte nur einige kurze Bemerkungen mit «einem Sitznachbar, dem Erzherzog Franz Ferdinand. Der Ge- siclitsausdrnck des Königs erinnert in frappierender Weise an das bekannte Bild seines Almen August des Starken, dessen Reproduk tion sich auch in Onckcns ,,Deutscher Geschichte" sinket. Breit- ausladende Stirne mit kräftig ausgcmeihelten, stark hervortreteu- den Hügeln, etwas tiefliegende, nicht allzu große Augen, mit scharf beobachtendem, mitunter gleichsam zögerndem Blick, mächtige Hakennase, ein kurzes, das ganze Gesicht scharf abschließendes Kinn, Tie Ähnlichkeit mit seinem Bruder und Vorgänger König Albert ist keine allzu große, sie beschränkt sich so ziemlich auf die Barttracht: Eotelettes, kurzgeschnittener Schnurrbart, ousrasiertes Kinn. Das Hauptkaar des Königs ist noch nicht vollständig er graut. Dem Hofdiiier waren die Spitzen der, Hosäwter, die höchsten Staatswürdenträger, der sächsische Gesandte und seine Gemahlin, ferner die dem König von Sachsen zugeteiltcn Ehren dienste, sowie die Mitglieder der Generalität beigczogen. Es waren 94 Gedecke aufgelegt. Der einzige Frackträger war der Bürgermeister von Wien. Auf der äußersten Linken flankierte die Längstascl Ministerpräsident Dr. v. Körbcr, der das grüne, weiß umsäumte Band des Stephans-Ordens trug. Seine Tischnach- barin war die Gräfin Kielmanscgg. Zahlreiche Gäste hatten bereits die ihnen verliehenen sächsischen Orden angelegt. — Das Menu des Galadiners war daS folgende: Lotaus Löautöit: lloueliöes ä In parisienue; Istuitos au bleu, sanco böainaiso; Liees cls baout et seile äe montan; I'oularäes L ln Onumout; tRauäkroicl äs coq äe biu.vvro; Lorbet: Lnusräs cie Trance, salnäo eompots; .^spei'ASS sn brnnedes: 6c>mbs böntaiuevlenu; I-'romngs; Olness nnx groseillss et su cnte; Dessert. Nach dem vierten Gang erhob sich der Kaiser, der die sächsische Ulancnunisorm mit dem Bande des Hausordens der Rautenkronc trug. Sesselrücken, Erheben von den Plätzen, dann tiefe, feierliche Stille. Der Kaiser verlas seinen Trinkspruch mit lauter, scharf pointierender Stimme. Als er in seinem Toaste von den „politischen und wirtschaftlichen Banden" sprach, die Sachsen mit uns enge ver binden, ging eine sichtliche Bewegung durch die Reihen der Fest- gäste. Der Kaiser sprach diese Worte, in denen er der politischen Bedeutung dieses Frenndcsbesuchcs gerecht wurde und an das deutsch-österreichische Bündnis mahnte, mit erhobener Stimme, indem er den Blick von dem Manuskripte erhöh und den König vo» Sachsen, dem er sich zugcwcndct hatte, ins Auge faßte. Nachdem die Klänge der deutschen Hymne, welche die Musik- Kunst mid Wissenschaft s* Di« Erstaufführung von Gjellcrups indischer Legende -Opferfeuer" — Musik von Scheldcrup, dem in Dresden lebenden skandinavischen Komponisten, — ist in der Koni gl. Hofoper für den 8. Mai angesctzt. s* Frl. Sophie Sedlmair, den Dresdnern unter dem Namen Irl. Offenay bekannt — als solche war sic vor etwa 20 Jahren am hiesigen Nesidenzthcater als Operettcnsängcrin engagiert — ist vom Kaiser von Oesterreich zur Kaiser!. König!. Kammersängerin ernannt worden. Die Künstlerin gehört seit sechs und ein viertel Jahren der Wiener Hofopcr an. Meist er folgen derartige Ernennungen erst nach zehnjähriger Wirksamkeit, so daß die Verleihung der Kammersängerin-Eigenschaft an die .Seldmair als eine besondere Auszeichnung betrachtet werden muß. -s* Ein allgemeiner „Deutscher Kunst genösse lisch afts. tag" wird Ende Mai in Dresden stattfindcn. Er wird sich in der Hauptsache mit der Ausstellimgsaffäre von St. Louis und dem Protest der Kunstgenojsenschastcn gegen das sogenannte Künstlerkomitee, <m daS vcr Reichskommissar Lewald die Auswahl und Unterbringung der Kunstwerke für die Weltausstellung ver- geben hat, zu beschäftigen haben. s* Das diesmalige PreiSausschreibcn der „Deutschen Shakespeare-Gesellschaft" hat folgendes Resultat er- geben: nach dem einstimmigen Gutachten der Preisrichter ist der Preis für die beste Arbeit über die Bekanntschaft Shakespeares mit der schönen Literatur Englands Herrn Dr. Anders, z. Z. in London, der Preis für di« beste Arbeit über Garrick als Shakespeare-Dar- steiler und seine Bedeutung für die heutige Schauspielkunst Herrn Dr. Christian Goehde-Dresden zuerkannt worden. Der 1. Mai war unseren heidnischen Vorfahren ein hoher Walpurgis. Einer der merkwürdigsten Tage des Jahres ist der Wal- purgiStaa, der auf den 1. Mai fällt. An ihm gewinnt der Freund der Volkskunde eine reiche Ausbeute an Aberglauben, Zauber und ZukunstSdeutuug. Der Tau des 1. MaimoMns, „der Walpertau", gilt als Mittel zu sympathischen Kuren. Wenn e» am WalpuraiStage über dürren Bäumen donnert, so erwartet man in Westsolen ein fruchtbares Jahr. Regnet es am 1. Mai, so gibt e- nach mecklenburgischer Bauernregel eine schlechte Ernte. In Schlesien weiß man, daß Kinder, die an diesem Tage ge boren sind, ungeschickt und blöde werden. Allgemein aber findet sich in ganz Deutschland am WalpnrgiStage ein ausgebreiteter Hcrenaberglaube mit Bergcsfahrt und Walpurgistanz. Alle dies« Reste volkstümlicher Anschauung haben ihren Ausgangspunkt in beidnischüi Vorstellungen. der Hochzeitszug, welcher >n der vorbergchcnden Nacht, der Wal purgisnacht, stattfand. Man dachte sich die Götterkönigin Halda an der Spitze eines Zuges, der aus Walküren und Imsen, den heiligen Schlachten- und Äaldjungsrauen bestand. Holda hieß als Anführerin der Walküren im Norden „Walfrepa". Bei dem nächtlichen Zuge der Frau Holda träufelte Tau und Regen aus den Mähnen der Rosse, »nd das machte die Felder fruchtbar. Noch beute erzählt man in Thüringen von dem segnenden Zuge Holdas folgende Sage: „Wenn vor alten Zeiten die ersten Schwalben einzogen und den Frühling verkündigte», da zog auch aus dem Felscnschlosse bei Buchsart ein wundersames Fräulein und eilte im Weißen Gewände über die Berge »nd streckte schützend ihren goldenen Stab über die ganze Gegend. Oder sie saß auf elnem schönen, weißen Hirsch und durchritt über Berge und Hügel die Fluren und Wälder bis über den Ettersberg bei Weimar. Kam aber der Herbst und nahete seinem Ende, dann zog das Fräulein scheidend von der Gegend mit ihrem Hirsche wieder in das Buchfarter Felscnschloß, wo eS den Winter verschlief, bis die lauen Frühlingslüste cs wieder weckten." In der germanischen Heidcnzcit scheinen an diesem Tage Auszüge nach den heiligen Plätzen Holdas stattgcfunben zu haben. Diese Züge hießen „Walperzuge". Besonders berühmt war der Walperzug der Erfurter, über dessen Ursprung es verschiedene Sagen gab. Nach der einen hat vor Zeiten ein Schloß mit Raubrittern, denen ein auS Erfurt vertriebener Bürger als Koch dienen mußte, auf der Kuhweide gestanden. Da sie nun einst auSgeritten, bemächtigte sich der Koch mit List des Schlüssels, ging in die Stadt und er bot sich zur Auslieferung der Wegelagerer, wenn man ihn wieder aufnehmen wolle. Da kamen nach seiner Aniveisung die Erfurter aus weihen Nossen und wurden eingelassen^ weil man glaubte, es seien die Räuber. Nach anderer Uebcrlicserung haben ans der Wageweide Ritter gewohnt, die Strauchdiebe wurden. Derselben Burg Dienstberg haben die Erfurter mit Hilfe Kaiser Rudolfs von HabSburg erobert und alles zerstört. Bei der Zerstörung kam die Burgfrau mit ihren beiden Söhnen, welche sie reich mit Geschmeide behängen hatte, und tat einen Fußfall vor dem Kaiser. Da begnadigte er sie. und man brachte t»e Junker nach Erfurt. Zum Andenken daran haben die Erfurter ein Lied gemacht, das von den Kindern beim Walperzuge gesungen wird. Der Walper- zua soll den Einritt der Krieger darstellen, darum führt man auch dabei zwei reich geschmückte Knaben mit herum. Der alte Erkürter Historiker Falkenstein meint, der Zug sei zum Andenken an die Zerstörung der Raubburg Dicnstberg durch Kaiser Rudolf und die Erfurter gehalten worden. Aber die Sitte des Walpcr- zuges wird viel älter sein. UHIand sieht die Walperzuge als Mairitte au, denen die Idee vom Streite des Sommers und Winters zu Grunde liegt. Er sagt: „Die Zerstörung der thürin gischen Raubburgen durch Kaiser Rudolf in Gemeinschaft »nt den Bürgern von Erfurt konnte wohl im Laufe der Zeit sageuhastes Ansehen erlangen und das Andenken an die Kricgsfahrt dem ört lichen Feste verknüpft werden, aber der Walperzug als solcher gehört nicht der Stadt Erfurt ausschließlich an, er fällt in den allgemeineren Zusammenhang der deutschen Maifeier. Dieser Walperzug mochte von Anfang an auf eine Eroberung ausgchcn, aber die Besiegten sind nicht Raubritter, sonder» Wiuterunholde, denen der freundliche Sommer abgewonne» wird. Die zwei rcich- gcschmücktcn Knaben, die man mit den Maibüschcu in die Stadt geleitete, waren ursprünglich nicht Söhne der Erfurter, sondern Träger des einkchrenden Frühlings. Das Geschmeide, mit dem sic behängt sind, mahnt an das Reigenlicd Ncidharts«, ,8eböii nls vin l„Schön wie aalt xiuanat «ler livreu." Gold grünet der Hag. j Schon in der deutschen Heidcnzcit dachte man sich die Teil nehmerinnen am nächtlichen Zuge der Holda nicht nur als segen- svcndende Gestalten, sondern sah auch die Nachtsahrerinnen «IS Unholdinnen an. Als das Christentum kam. wurde der nächtliche Zug der Holda erst recht als ein teuflischer, grausiger und schreckcn- bringendcr angesehen, und die am Zuge teilnehmenden Gestalten waren schadensmtcnde Hexe» geworden, welche ans „Kälbern und Böcken, durch Stein und Stecken" ritten oder auf Bänken und Stöcken, Spinnrocken, Besen und Oscngabcln. nachdem sie diese mit der Hcxensalbe bestrichen hatte», durch die Lüste fuhren. Die fröhliche Fcstfclcr des höchsten Götterpaares verwandelte sich im Volksglaube» zu wüsten Gelage» und wilden Tänzen der Teufel und Hexen ans den Hcrcntanzplätzcii, deren cs in den verschieden- stcn deutsche» Landschaften verschiedene gab. In Thüringen ist als Hexenocisammlinigsort der pigeiirciche Hörsclberg bei Eisenach bekannt; in Baden gelten der Schwarzümld und der Kandel als Berge der Hexen, in Holstein der Blumenberg bei Oldesloe, und in verschiedenen Gegenden verschiedene Bncksbcrge, BockshornS- bergc, Brochclsbergc, Glockeiisbcrgc. Ter Brocken, die höchste und bis gegen Ende des 16 Jahrhunderts unzugängliche Erhöhung des Harzes, wird erst seit jener Zeit vereinzelt als Hexenberg genannt, und erst seit der Mitte dcS 17. Jahrhunderts gelangt er zu dem Ruhme, der Hauptvcrsainmliingsvlatz der deutsch» Hexen zu sein, welcher Ruhm dann durch GoetheS WaHurgtSnccht im „Faust" fest begründet wurde.
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