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Dresdner Journal : 31.07.1881
- Erscheinungsdatum
- 1881-07-31
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188107317
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18810731
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18810731
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1881
- Monat1881-07
- Tag1881-07-31
- Monat1881-07
- Jahr1881
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- Dresdner Journal : 31.07.1881
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4do»«»e»r»pre>«, l» »»«« L«-rd^d ck«.6«°tx-N« /»brlied: . . 1» »mol»«, tritt ?«t- uixi j^rliek r 4 60 ?k. giempolrs^jilL^ üium. üio^Ioo Huraworv: 10 kt. l»or»t»»pr«l»«i rar äv» k»um «iE 8«p»It«Ei ?«tit«ilv so kk. Vvt«r „Liog««m<tt" äi« 2«ils 50 kk. ^A^Iiod mit Faiwttlwv ä«r 8onn- rmä ^«iortL^o itdovci» kür äso kolKvorisv 1»^. DreMerImmml. Verantwortliche Redactton: Oberredacteur Rudolf Günther in Dresden. F> LraMÜ«M«r, Ooo»«»jmj«»»r L« Or««tll«r ^our»»U»; U«»d«-»«^ VI« L«tp»t, lEl-»r^»«,-»r«»^rt ». » i L Vo-i«",- U«rU»-Ml«.L»»dv,- kr»U.L«tp^U rrmtklvr» «. L»<j Ito»«,' L«rw»:S.Lor^ot, I«vatt<t«»«ta«t, L. Schott«. Ur—I«: L Sta«-«»'» Lür«*»; RnmIE« L ^a«-«^»otl« ttuellEtäluog; Stritt»: v MA«r,' »Eor«:v ?«rt» U«rU» -Un»»tt«» ». «.- »tou^rt: Da»-« L 6o., Sm»d»r,: D L!»-«!-«», FL St«»«'. S»r»»,U»dorr NSoizi. Lrpsäiüoa äo« l)ro»äQor ^ooro»1^ Vrviävo, Lvii»^«r»trE« Ho. 50. Amtlicher Theil. Bekanntmachung. Die nächste Aufnahme von Expectanteu in da» königlich Sächsische Kadetten-Korp» soll am 1. Oktober diese» Jahre» stattfivden and werden die an da» Kommando de» Kadetten - Korps zu rich tenden bezügl. Anmeldungen am 1b. September ge» schloffen. Die wissenschaftlichen Anforderungen au die Ex- pectanten für die Aufnahme in da» Kadetten - korp», die übrigen Vorbedingungen fowie die näheren Vor schriften, nach denen die etat-mäßigen Kadettenstellen mit einem jährlichen Erziehung»beitrage vou 90, 180 und 300 M zur Bettheilung kommen, find au» dem Regulativ für da» Königlich Sächsische Kadetten- korp» vom Jahre 1880 und dem Nachträge zu dem selben — beide» käuflich zu beziehen in der Buch handlung von Tarl Höckner, Dresden-Neustadt — zu ersehen. Dre»den, am 10. Juni 1881. Kriegs-Ministerium. vou Aabrice. Beyer. Nichtamtlicher Theil. Übersicht. Telegraphische Rachrichteu. Zeitung-schau, rage-geschichte. Ernennungen, Versetzung«» re. i« öffeutl. Dienste. Dresdner Nachrichten. Provinzialvachrichteu. Beilage, vörsennachrichteu. Leirgraphische Nachrichtrn. Pari«, Freitag, 20. Jnli, Lbeud». (W.T.B.) Die Depntirtenkammer erledigte heute noch mehrere Vorlagen. Der Präsident Gambetta »erlas da- rauf das Decret über deu Schluß der Session und knüpfte daran eine Ansprache, in welcher er der Kammer für ihren Eifer bei Grledignng der Geschäfte Dank sagte. Das Land werde nrtheilen über das Werk der Kammer, nnd Jeder werde sich beugen vor dem Urthetl des Landes; er hoffe, daß auch die küuftigr Politik der Kammer der Wohl fahrt des Vaterlandes gewidmet sein werde. Nachrichten ans Oran zufolge ist bei der com- biuirteu Bewegung der drei von Saida, Sebdo« «ad Göryville ausgehenden Truppmeolounen als Zielpunkt Mechexia ins Luge gefaßt, wo ein ver- schanzte- Laaer errichtet werden soll, das einer im Herbst bis nach Kiguia auszudehnendev grö ßern Expedition als Bast» zv dienen bestimmt iS. — Die Insel Djerba ist von den französischen Truppe« besetzt worden. Paris, Sonnabend, 30. Jnli. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Lus Tuuis wird gemeldrt: Lli Beu Khalifa, sowie der Chef der Jusurgeuteu vou Sfax habe« Emissäre ausgesaudt, um eisige Stämme zum Lufstande aufzureiiru, besonders die khrumirs, Uchtrtas und Mogadis. Die Anträge wurden aber überall zurückaewiesen. Es ist das Gerücht verbreitet, eiuige franzö sische Soldaten hätten nach der Einnahme von Sfax einige Hänser im europäischen Quartier, daruuter das Consulatsgebäude, geplündert. Die „Agellce Havas" bemerkt hierzu, es sei nicht zweifelhaft, daß die französische Neaiervug bereits eine Untersuchnag nnd strenge Bestraftvg der Schuldige« ««geordnet haben werde, wenn die rhatsachea sich bestätigen sollten. Mau glaubt, Geueral Logrrot sei zur Ermitteluug dieser That- sacheu nach Sfax gegangen. Nom, Freitag, LV. Juli, Abends. (Torr -Bur.) Die Meldung des „Standard", Oesterreich and Spanien hätten ihre Mediation zur Herstellung eines Mockus rlrouäl zwischen dem Papst nnd Italien avgebotev, wird entschieden dementirt. London, Freitag, 20. Juli, Abends. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung des Unterhauses erfolgte zunächst die Beantwortung mehrerer In terpellationen. In Beantwortung einer Anfrage Monk» erklärte der Unterstaat»secretär Dilke, am vorigen Sonnabend und im Lause de» heutigen Tage» seien der Regierung Mittheilungen der französischen Regierung über den Handelsvertrag zugegangen; rS würden dieselben heute von der Tommijfion erwogen, er sei außer Stande, über den Stand der HandelSvertragSverhandlungen irgendwelche Mittheilungen zu machen. — Der StaatS- secretär für Indien, Marquis v. Hartington, theilte mit, daß daS Treffen zwischen den Truppen Ajub KhanS und denjenigen des Emir» von 8 bi» 11 Uhr gedauert habe und daß der Verlust an Mannschaften auf jeder Seite 300 bi» 400 Mann betrage. Die nächsten britischen Truppentheile seien in Quettah sta- tionirt. Dieselben ständen unter Hume'» Befehl, zähl ten 5000 bi» 6000 Mann und seien in dem District »wischen Pischin und Sibi vertheilt. Der äußerste Vorposten sei Lhaman; er wisse aber nicht, ob derselbe noch von Truppen besetzt sei. DaS Gefecht habe 25 Meilen jenseit Kandahar stattgefunden. Der Vicekönig habe Hume angewiesen, seine Division, wenn noth- wendig, in der Umgegend von Quettah zu concentriren, sobald Unruhen stattfinden sollten. Das Unterhaus nahm sodann nach einer De batte von Sk Stunde« die irische Landbtll in dritter Lesung mit 220 gegen 14 Stimmen an. Der Führer und die große Mehrheit der konser vative« Partei «ad mehrere Parnellitev enthielte« sich der Abstimmung. Im Laufe der Debatte er klärte Healy, der Dank für die Bill gebühre de« im Gefäugmß schmachteude« Agitatoren, aber nicht der Negiervag. Rach einer Meldung von „Reuter s Office" aus Durban von heute find die Verhandlungen zwischen der königlichen Commission und den Boerev in Prätoria nahezn beendet, und der Lb- schlvß einer zufriedenstellenden Regelung steht «a- «ittelbar bevor. Die hauptsächlichsten Bestimmungen dir Tonven tton bestehen in dem Rechte deS Durchmarsch»- der englischen Truppen durch da- Transvaalgebiet, in einem England bezüglich der auswärtigen Beziehungen deS TranSvaallande» zustehenden Eontrolrechte, in ver Aufhebung der Sclaverei und in der Freiheit de» religiösen Bekenntnisse». Die Functionen de» eng lischen Residenten sollen diejenigen eine» Generalkon sul» sein. Wird die Tonvention binnen 3 Monaten nach der Unterzeichnung vom VolkSrathe de» TranS- vaallande» nicht rattficirt, so wird die Königin von England ihre Souveränetät-rechte über da» Tran»- vaalland wieder annehmen. St. Petersburg, Sounabeud, 30. Juli. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Der „Regirruug-auzeiger" veröffeutlicht eiu Telegramm des Miuisters des Juutru, datirt au« Moskau von gestern, 20. Juli, wouach die kaiserliche Familie gestern in Moskau eiugetroffeu und vou der Bevölkerung enthusiastisch begrüßt wordeu ist. Während der Entgegennahme von Salz und Brod vom Moskauer Stadthaupt geruhte der Kaiser folgende Ansprache zu halten:-Nach überlebter großer Trauer, welche mich, meine Familie und ganz Rußland er schüttert hat, schätze ich mich endlich glücklich, meinen Herzenswunsch ausführen zu können, indem ich die üterthümliche erste Residenz besuche. Herzlich danke ich Ihnen für den mir, der Kaiserin und unsern Kin dern bereiteten treuherzigen Empfang. Mein seliger Vater hat mehr denn ein Mal der Stadt Moskau für ihre Ergebenheit gedankt. Moskau hat stet» al» Bei spiel für ganz Rußland gedient. Ich hoffe, daß e» auch in Zukunft so bleibt. Wie früher, so bezeugt auch jetzt Moskau, daß in Rußland Zar und Volk ein einmüthigeS, festes Ganzer bleiben." koustautiuopel, Souuabeud, 30. Juli. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Die türkischen Journale veröf fentlichen im Anschluß an eiu Resumö über deu Staatsproeeß wegen der Ermordung deS Sultan- Abdul Aziz eine offikielle Mittheilung, iu welcher es heißt: Nachdem Mahmud Pascha und Nuri Pascha die Ermordung de« Sultans, einem kaiserl. Zradeh zufolge, eiugestauden und die kaiserliche Gnade angrrufen, hätte eiu außerordentlicher großer Rath nach Prüfung der Supplicatio«»- schristen und nach Constatirung der Existenz be sagten Jradeh« einstimmig die Umwandlung der Strafe der Lernrtheilten beschlossen. Demzufolge und konform eines Jradehs deS Sultans Abdul Hamid seien alle Lerurthrilte gestern nach Taif bei Mekka expedirt worden. New-York, Freitag, 20. Juli, Abends. (W. T. B.) Der „New-Aork Herald" meldet, daß der Nihilist Hartmann von Europa nach New-Aork angekommen ist. Ein Redakteur deS Blattes be- suchte gestern Abend Hartmann, welcher erklärte, er besuche Amerika als Delegirter de- Executiv- eomitt- der russischen revolutionären Partei bei dem Volke der vereinigten Staaten und werde nach Rußland zurückkehren, sobald die Umstände e- erlaubten. Dre-dev, 30. Juli. Die Session der französischen Kammern ist gestern geschlossen worden, und daS Mandat der De- putirten erlischt am 14. October An diesem Tage müssen die Neuwahlen vollzogen sein. Die letzteren sind denn auch bereit» für den 21. August anberaumt. In allen DepartememS wird somit hinreichend Zeit für die Verkündigung deS Decrete- innerhalb der ge setzlichen Frist übrig bleiben. Zugleich publicirt da» „Journal officiel" da- vorgestern vom Senat votirte Gesetz über die Vermehrung der Wahlbezirke, wonach 7 Arrondissements von Paris und 8 in der Provinz da- Recht erhalten, einen Dkputirten mehr zu wählen. In derselben Lage sind die 3 algerischen Departements, die 3 Colonien Guadeloupe, Martinique und Rsunion. Endlich wählt zum ersten Male auch das französische Tochinchina einen Vertreter in die Deputirteukammer Die Wahlagitation muß nunmehr unverzüglich beginnen; denn eS bleibt für alle Parteien viel zu thun. Ob gleich der ConseilSpräsident JuleS Ferry dieser Tage die Ansicht äußerte, daß die Campagne schon lange im Zuae sei, so hat man doch bisher von keiner Seite ein bestimmter Programm aufgestellt. Die Schlag wörter, welche der Tonseilspräsident selbst in seiner Rede von Epinal als Parole auSgab, sind denn doch etwas zu vag, um ein Wahlmanifest darauf zu bauen. Immerhin hatte Tlämenceau nicht Unrecht, als er bemerkte, eS sei nicht genug, zu sagen: „Die Monar chisten müssen au» der Lande-vertretung entfernt wer den!" Die Hauptsache bleibe, zu entscheiden, durch Feuilleton. Redigtrt von Ott» Banck. Allerskelevtag. Novelle von M. I. Rupp. cSortsetzu»^) Schweißend faßen sie beisammen, der Förster An ton und seine Frau, und als st« sich endlich erhoben, um zur Ruhe zu gehen, legte Mane die Hand auf ihres Mannes Schulter und sagte: „Jetzt wissen wir, Anton, warum uns der liebe Gott kein Kind schenkt." „Ja, Marie, jetzt wissen wir eS", erwiderte Anton. Bergen, so hieß der Ott, in welchem unsere Ge schichte spielt, hatte sich in den letzten Jahren ziemlich verändert und vergrößert. Obgleich sich eine Eisen- bahnstatton im Otte selbst nicht befand, war eine solche doch ganz in der Nähe und genoß Bergen da durch den Vorzug leichten Verkehrs mit der Welt und besaß daneben noch die Annehmlichkeiten eines stillen friedlichen Landlebens. Lebendiger war eS durch die Entstehung zweier Fabriken, einer Baumwollspinnerei und einer Papierfabrik, wohl geworden. Außerhalb d«S OtteS — seine Lage war eine sehr schöne — be fanden sich seit einigen Jahren mehrere kleine, freund- liche Villen und wenig entfernter, auf einer Anhöhe, stand sogar ein hübsches kleines Schloß. Dasselbe wurde vor 8 Jahren von einem Baron v. Rotheneck gebaut, der leidend war und hier Ruhe und Landlust genießen wollte. Bor zwei Jahren starb er und das Schloß blieb im Besitz seiner Wittwe, welche eS den größten Theil des Jahres bewohnte. Sie war eine freundliche, leutselige Dame, und wenn sie auch nie vergaß, daß sie unter lauter Bürgerlichen als die ein zige Adelige sich befand, fo wurde doch diefe kleine Schwäche angesichts ihrer wirklichen Vorzüge von Jedermann gern und willig überfehen. Um diejenigen Personen, welche unsere Geschichte berühren, gleich folgen zu lassen, wenden wir uns zu erst ju der sehr beliebten Persönlichkeit det Geistlichen. Dieser war nicht allein für Bergen, sondern auch für die verschiedenen umliegenden Orte, die in seinen Sprengel gehörten, in der ganzen Bedeutung deS Wortes ein Seelsorger. Unverheirathet, in Mitte der 30er Jahre, befand er sich hier mit einer jüngeren Schwester, die ihm da» Hauswesen führte, und sein Leben und Wirken war für Alle segensreich geworden. Al» er vor 3 Jahren hierher kam, hatte er sehr bald die Herzen gewonnen, und eS gab Niemanden, der über Pfarrer Ehrhard je eine unfreundliche Bemerkung gemacht hätte. Er war leidend und nur au- diesem Grunde wurde ihm sein Beruf zuweilen etwa- schwer. Er sprach daS aber nie au», denn ein Grundzug seines Wesens war freundliche Heiterkeit und glückliche Zu friedenheit. An allen und an allem suchte und fand er stets die beste Seite heraus, war beseelt von wahrer Frömmigkeit, ohne Frömmelei, dabei auch im Verkehr mit anders Glaubenden und Denkenden immer der ge bildete Mann, der nie versuchte, seine Ueberzcugung Jemandem auszudrängen, sondern sie nur aussprach, wenn eS unbedingt nöthig war, oder er dazu ausge- fordert wurde. Ein freundliches, frisches Wirsen blümchen war seine Schwester Bettha, die mit unend ¬ licher Liebe an dem Bruder hing und die Sorge um seine Gesundheit als erstes und letzte- auf ihrem Herzen trug. Ein treue- Gemüth und selbstlose» Herz, ein froher Sinn und fleißige geschickte Hände, die überall gern dienten und auShalfen, waren ihr Eigenthum. Nicht hübsch war Bertha zu nennen, aber doch von angenehmem Aeußern; sie schaute au- lieben blauen Augen in die Welt, die sie neben netten hellblonden Haaren zu einer überall gern gesehenen Erscheinung machten. Ein sehr geschätzter Gast im Pfarrhaus war der Bergener Arzt, Doctor Arnold Werner. Wie der Pfarrer in seiner äußeren Erscheinung schwächlich, so war der Doctor ein Bild voll Leben und Gesundheit. Ein schöner Mann mit vollem braunem Haar und Batt und großen dunkeln Augen, aus denen ost ein gutmüthiger Schalk sprach. Al- Arzt und Mensch geachtet, sogar verehrt in der ganzen Gegend und, wa» wohl am meisten heißen will, angebetet von allen Armen, lebte Werner mit Liebe seinem sehr anstrengenden Beruf, der ihm nur selten erlaubte, sich mit Ruhe und Be hagen seiner großen Freude an der Natur hinzugeben. Die spärlich zugemessenen freien Stunden gehörten dem Studium, da», wie er sagte, ein Arzt, zumal ein junger, nicht vernachlässigen dürfe. Obgleich ein aus gesprochener Freidenker in religiösen Fragen, war er doch Pfarrer Ehrhard von Herzen zugethan, und wenn auch in ihren Gesprächen der Eine mit vollster Ueber- zeuguog für den Glauben kämpfte, der Andere da» Forschen nach Wahrheit darüber stellte, so gingen sie trotzdem stet» al» Freunde au»einander. Der Doctor wollte auch ein Mal den Pfarrer auf der Kanzel hören und besuchte die Kirche, welche er welche Mittel sie entfernt werden sollen und durch welch« Reformverheißungen man die Wähler von ihnen abwendig machen kann. Ebenso wenig Hat die „R6- publique franyaise" Unrecht, wenn sie mit schlecht verhehlter Schadenfreude constatirt, daß die Freunde de» Ministerium» nach einem Programm seufzen. Da» Organ Gambetta'» macht sich ein lebhafte» Ver gnügen darau», den Mangel an Einheit in der republikanischen Pattei in» Licht zv stellen. Nicht nur habe man kein Programm, sondern e» fehle auch an einem Tentrum für die Wahlactton. Wa» sollen viele Tandidaten au-ttchten, wenn sie vereinzelt auf treten und wenn sie nicht mehr, wie im Jahre 1877, sich darauf berufen können, daß sie einer angesehenen Partei, der der 363, angehören? Vor Allem komme e» also darauf an, eine Wahlorganifation zu schaffen und Tomitas zu bilden, die im allgemeinen Interesse einer Gruppe thätig sind. — Die Gam- bettisten selber haben freilich kein Programm, oder wenn sie eine» haben, so hielten sie damit bi»her sorgfältig hinter dem Berge. Noch hat sich diefe Partei nicht von dem Schlage erholt, der ihr durch die Verwerfung de» Listenscrutinium» zugefügt wurde. Gambetta persönlich ist äußerst zurückhaltend. Seine näheren Freunde versichern, daß er e» vermeiden werde, bei der Wahlpropaganda eine auffallende Rolle zu spielen; in eine gegen den Senat gerichtete Agitation insbesondere wolle er sich nicht ermassen. Die Zu kunft muß lehren, ob Gambetta dieser bescheidenen Haltung treu bleiben kann. Für sein Organ, die „Repudlique ftanoaise", wird e» schwierig sein, in di Frage der VerfassungSrevlsion, also in der Campagne, welche die Intransigenten gegen den Senat einletten werden, keine bestimmtere Stellung zu nehmen, al» bisher. Diese Campagne wird, allem Anschein nach, bei der Wahlvorbereitung eine große Bedeutung ge winnen; ober die Radicalen sind auch nicht im Reinen darüber, wie die Sache am besten einzufädeln fei und welche Forderungen man aufstellen solle: die Unter drückung der obern Kammer, oder eine Umgestaltung und eine wie weite Umgestaltung. Für die Umgestal tung dürften auch die Gambetttsten sich aussprechen; zum Unglück für sie läßt sich schwer eine Formel finden, die ziemlich complicitte Frage dem allgemeinen Stimmrecht, da» nur für einfache Begriffe empfäng lich ist, zugänglich zu machen. Die Monarchisten und Bonapattisten ihrerseits find zwar mit der Gründung ihres Wahlcomite» eifrig beschäftigt, aber ein Programm haben sie auch noch nicht. Kurz, eS herrscht noch eine allgemeine Verwirrung, und selbst ein so absolut regie rungsfreundliche-Blatt wie die„Paix" ist der Ansicht, daß die Festsetzung deS Wahltermin» auf den 21. August dem Lande doch etwa» überraschend kommt. — In demselben Sinne äußert sich der „Rational", welcher sagt: „Die den Wählern gegönnte Frist ist so kurz, daß sie nicht Zeit haben werden, die Bewerber zu prüfen, und fo wird wahrscheinlich abermal» eine Majorität von schlaffen Abgeordneten ohne bestimmte Richtung, ohne Programm, wie die jetzige, in da» PalaiS Bourbon einziehen. Die neue Kammer wird nicht minder ohnmächtig sein, als die alte. Sollte daS Labinet die» gerade wollen? Ist die» der Wunsch de» Lande», dessen Dolmetsch e» zu sein vorgirbt? Werden diese den Wählern ausgedrängten Deputtttea unabhängige Meinungen vertreten? Wenn man jetzt die Wahlen überstürzt, so steht sehr zu befürchten, daß man nächstes Jahr gezwungen sein wird, da» allge meine Stimmrecht von Neuem zu befragen." — Da gegen ist da» „Journal de» DäbatS" mit der kurzen Frist ganz einverstanden und meint, spätere Wahlen hätten wahrscheinlich der Rechten und der äußersten Linken mehr Vortheile gebracht; die beschleunigten Wahlen könnten aber vielleicht die starke und geeinigte Majorität ergeben, welche in der zeitherigen Kammer nicht mit mehr Befriedigung verließ, al- er vorau-gesetzt hatte, und er versicherte, wenn gleich ihr beiderseitiger ChristuSglaube ein verschiedener sei, so habe ihn doch die Auslegung eines TheileS der Bergpredigt wirklich erwärmt. Um wie viel besser könnte eS mit allen unseren Verhältnissen stehen, wären die Menschen im großen Ganzen ebenso duldsam unter einander! Die Kirche könnte dabei eher gewinnen und die anders Denkenden würden weniger verlieren. Kehren wir zurück ins FörsterhauS, so finden wir den braven Anton und seine gute Frau ganz glücklich im Besitz deS gewonnenen Töchterchen-. Al- die Beiden am andern Morgen Gertrud sagte«, daß sie nun für immer zu ihnen gehöre und al- Kind von ihnen geliebt werde, öffnete sie groß ihre Augen und erhob sie unbewußt, fast wie geistesabwesend, zum Himmel. „Woran denkst Du, Gertrud?" sagte Anton. „Wenn da» nur die Mutter wüßte", erwiderte das Kind. „Hast Du Heimweh nach der Mutter?" „Ja, aber ich bin froh, daß sie im Himmel ist." Wie viel Schmerz und Weh mußte die arme Kin- de-seele miterlebt und wie muhte sie e» »itempfuuden haben, um zu diesem Au»spruch zu kommen! Anton und seine Frau überlegten zusammen, wie sie wohl da» plötzliche Vorhandensein Gertrud'» er klären sollten und kamen dahin überein, die volle Wahrheit an den Taa zu legen. Abgesehen davon, daß die Wahrheit, auch wenn ihre Durchführung ost schwere Uederwindung kostet, immer zu endlichem Segen wird, und da» Zurückhalten derselben, wenn auch
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