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Dresdner Journal : 22.08.1880
- Erscheinungsdatum
- 1880-08-22
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188008222
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18800822
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18800822
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1880
- Monat1880-08
- Tag1880-08-22
- Monat1880-08
- Jahr1880
- Titel
- Dresdner Journal : 22.08.1880
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M185 Sonutag, den 2-. August. 1880. Xt»o»n»»»»t8pr»l,r I» »«1«^«: ^»brlicb: . . 18 K»r^ ^jLdrticd: « Kark 50 ?s Liil»«1oe ummsin: 10 ?k L«««rk»1d äsiäeotiebev k»ivbe» tritt kort- iu>ä LtLwpoIruiebla^ tun»«. losoniteuprel»«: p«r 6«o lt»uw «»Q«r 8«»p>tlt«oel> ?vtitr«ilv 20 ?k. Vater „kios»«u»6t" äi« b« ks. DreMerAoilmM. Verantwortliche Redaction: Oberredacteur Rudolf Günther in Dre-den. Lr«!d«l„»r ^»»lieb mit ^a»o»t>we ä«r 8oov- und keiert»^» Xbsoä» für äeo sol^ealien lag. tn^nat^nannakm«- an»« kni», /'n /inait^tnIOn, Vu:>u>u »ivii^r <tc» t>rv»äunr IvuruiOx; Lemdor^ >«rli» Vi«L >»»«! - 8r«,l»u rr»ullu>t « U - Laa«n»u>te»8 <c l^»Aien, Lerlla V>«»H»md»r8 krAz-l^ipiiz rr»v^kur< ». 18 »iioek«!»: /^u<t .V»E, >,rltn:§./corniet, , Nrimii»: L'.Ac/Uotte,' Lr««I»a />. Ltan-r»'« ttürvau; vkiouut»: /<> ^o»At; »»Lkturt ». ».: F ^arAnn'oet»« u. v. //nnn>»an» »ckt> liiiebb.tnäluv^i OSrUt«: kn Lfütter,' S»a»ovr: O k»rt»->«rlu» ^r»»kkurr » H. »tolt^Art: /)««-« « t/U.,- S-mldoiU^ F«t. Üt«8«n. N » r » u » x v d » r r KSnist. Lrpeäitiov 6es Dreväiwr /ourvat», I>rv»t1en, Xvio^erxtr»«« tlo 20. Amtlicher Theil. Dretdeu, 17. August. Se. Majestät der König hat dem Kirchschullehrer, Cantor Hermann Auaust Wetzte, in Baruth da» Berdiensttreuz allergnädigst zu verleihen geruht. Nichtamtlicher Theil, uedersicht. relegraphtsche Nachrichten. Zeitungtscha«. (Neue Preußische Zeitung. Badische Landpost.) Lagetgeschichte. (Berlin. Köln. München. Braun schweig. Wien. Paris. Brüssel. Rom. London. Kopenhagen. Christiania. St. Petersburg.) Zur orientalischen Krage. Dresdner Nachrichten. Statistik nnd LolkSwirthschaft. Kenilleton. TageSkalevder. Inserate. Beilage. Dresdner Nachrichten. Provinzialnachrichten. (Chemnitz. Zwickau. Berggieß ¬ hübel. Aue. Bautzen.) LermischteS. Statistik und LolkSwirthschaft. SLchfische Bäder. Lelegraphische WitterungSberichtr Börsennachrichten. Inserate. Telegraphische Nachrichten. London, Freitag, 20. August, Abends. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung deS Oberhauses erklärte der Lord Präsident deS geheimen RatHS, Earl Spencer, die Regierung bedauere, daß durch dir Landagitation der Friede in Irland gefährdet werde; sie beabsichtige aber, keine AuSnahmemaß- regeln eintretea zu lassen. Er glaube, daß die bestrhrnde« Gesetze zur Erhaltung der Rahe au»- reiche« würden. Die Negierung sei entschlossen, daS Leben und Eigenthum, sowie Gerechtigkeit und Gesetz mit allen ihr zu Gebote stehenden Mit- teln zu schützen. Im Unterhaus« erklärte in Beantwortung einer Anfrage Tyler'» der Staatssekretär für Indien, MarquiS v. Hartington, e» sei ihm nichts bekannt von Arrangements mit Abdurrhaman wegen Er nennung eines Eingeborenen zum englischen Ge sandten in Kabul; wie er zu wissen glaube, sei für jetzt die Ernennung eines regelmäßigen Ver treters der Regierung in Kabul überhaupt nicht beabsichtigt. London, Sonnabend, 21. August. (Tel. d. DreSdn. Journ.) In der gestrigen Sitzung deS Unterhauses wurde weiter die Einzelberathung über die Zagddill beendigt. Auf eine Anfrage Bartellot'» antwortete der StaatSsecretär für In dien, MarquiS v. Hartiugton, die Meldung, daß Ajub Khan Kandahar angegriffen habe, sei bisher noch nicht officiell bestätigt. St.Petersburg, Freitag,20.August,Abends. (W. T. B.) Die „Gesetzsammlung" publicirt einen kaiserlichen UkaS, betreffend die Aufhebung der höchsten Ereentivcommisfion und der dritten Ab- theilnvg der geheimen Kanzlei deS Kaisers, sowie die Errichtnvg eines neuen Ministeriums für Post und Telegraphen. (Bergt, die „Tagesgeschichte*) Feuilleton. «edigirt von Otto Banck. Literarische Revue. Unter den illustrirten Schriften zeichnet sich durch fortwährende Tüchtigkeit daS schon oft erwähnte, im Berlage der Gebrüder Kröner in Stuttgart erschei nend« Lieferung-werk „Unser Vaterland* au». Seine Hefte, die sich bi» jetzt immer noch in löblicher Gründlichkeit den „deutschen Alpen* widmen, be schäftigen sich gegenwärtig mit dem bayerschen Hoch, lande und find in Summa bi» zur 55. Lieferung ge langt. Die letzten beidrn AbbildungSgruppen behan- d«ln da» Algäa und gehen zum Salzburger Gebiet über, vorzügliche malerische Darstellungen von Püttner, Naupp, I. G. Steffan, Ritter und Tloß bringend. Den Text dazu hat Stieler versaßt und er geht mit umsichtiger, angenehm le»barer Schilderung nicht blo» auf die Gegenwart, sonder» auch auf die interessante Vergangenheit der einzelnen Lande»th«ile ein. Die elegante Ausstattung ist eine vorzügliche. Da» ebensall» illustrirteWerk „Indien * von Emil Schlagintweit, Leipzig, Verlag von Heinrich Schmidt und Karl Günther, liegt bi» zum 12. Hefte vor und fesselt immer mehr durch da» beredte Eindringen in die Geheimnisse Asien» durch Wort und Bild. Hier find e» neben dem wissenschaftlich hervorragenden Text hauptsächlich die Lostumbilder und architektonischen Darstellungen, welche die Theilnahme der gebildeten Leser erregen müssen. Für den Freund der Baukunst, Kiew, Freitag, 20. August, Abends. (W.T.B.) Die am 14. d. M. vom MilitärkreiSgericht in dem Processe weaen Bildung einer gesetzwidrigen Gesellschaft zum Zweck deS gewaltsamen Umsturzes der bestehenden Staatsordnung gegen 2 Angeklagte erkannte rodeüstrafe ist vom Kaiser in lebens längliche ZwangSarbritSstrafe umgewandelt worden. Dresden, 21. August. » Die evangelischen Diöcesansynoden des Großher- zogthum» Baden, welche im Verlaufe der letzten Wochen der Reihe nach abgehalten worden sind, be schäftigten sich hauptsächlich mit der Pfarrwahlfrage. Es handelt sich nämlich zur Zeit darum, ob die in Baden 1861 eingesührte Psarrwahl dahin abgeändert werden soll, daß die Gemeinde nur je das eine Mal den Psarrer wählt, daß da» andere Mal aber die Pfarrei unmittelbar durch den Oberkirchenrath besetzt werde (die sogenannte alternirende Besetzung). Die Mehrzahl der Synoden hat sich bi» jetzt in diesem Sinne ausgesprochen, jedoch in der Regel mit dem Wunsche, daß bei der Einführung der alternirenden Besetzung der Pfarreien den Gemeinden das Recht zuerkannt werden soll, im Fall der Besetzung durch Wahl ihre Wahl aus sämmtlichen Bewerbern zu treffen, während bisher die Gemeinde nur unter 6 von der Behörde für die Wahl vorgeschlagenen Geistlichen wäh len durfte, also ein beschränktes Wahlrecht hatte. Die badische Psarrwahl hat einerseits einen idealen Zug; andererseits aber entspricht sie nicht den Bedürfnissen und Verhältnissen de» wirklichen Lebens, indem sie einmal dem Oberkirchenrath die Mittel entzieht, die berechtigten Bedürfnisse einzelner Geistlichen im Interesse der Landeskirche mit Erfolg geltend zu machen, und sodann indem sie sämmtliche Gemeindeglieder von mehr als 25 Jahren, sofern sie nur einen eigenen Haushalt haben und bürgerlich nicht entehrt sind, die unkirchlichen und die kirchlich gesinnten für kirchlich gleichwerthig ansieht und deshalb allen daS kirchliche Wahlrecht giebt, ohne eine Gegenleistung zu verlangen. Gerade deshalb schützt sie die Gemeinden nicht genug vor dem Eindringen unkirchlicher Elemente, berücksichtigt nicht die berechtigten Interessen einzelner Geistlichen und noch weniger die Rechte der Gemeinden auf die Predigt im Sinne deS Bekenntnisses der Kirche, und trägt deshalb mit zur Zerbröckelung und Auflösung der Landeskirche bei. Bei einem großen Theil der Geistlichen, positiven und liberalen, herrscht eine wahre Erbitterung gegen die Psarrwahl. Die Geistlichen gehen in dieser Frage nicht wie sonst in daS positive und in das liberale Heerlager auseinander, sondern die principiellen Gean.r wie die principiellen Vertheidiger der Pfarrwahl ft ,den sich auf beiden Seiten. Erstere sagen: der Amtliche muß von der Gesammtkirche, welche in den ^.andeS- bischof und dem Oberkirchenrath repräsentirt w' d, der Einzelgemeinde gesandt werden. Letztere dagegen tagen: die Einzelgemeinde soll aus den Geistlichen der Lan deskirche den Mann ihres Vertrauens berufen, und die Landeskirche sanctionirt die Wahl. Auch Diejenigen, welche nicht in den Ruf einstlmmen: „die Pfarrwahl muß abgeschafft werden I* verschließen sich nicht gegen die Nothwendigkeit einer Aenderung im Pfarrwahl system. Die Psarrwahl hat nämlich auch den Uebel stand herbeigeführt, daß Geistliche, die aus irgend einem Grunde eine Versetzung brauchen, ost nicht ge wählt werden und deshalb sich pensioniren lassen oder eine Pfarrverwesersteüe annehmen müssen. Daß dies nicht bloS für die betreffenden Geistlichen sehr bedauer lich, sondern auch nachtheilig für die Gemeinden und die Landeskirche ist, liegt auf der Hand. Durch die Einführung der alternirenden Besetzung der Pfarreien würde allerdings nur ein kleiner Theil der Uebelstände der Psarrwahl in Baden beseitigt werden. Denn der ja für den Baumeister selbst, ist dieses Werk kaum entbehrlich, denn eS erschließt Schönheiten des Detail» und Stilrigenthümlichkeiten, die manchen Uebergang erklären und manche Lücke in der Kunstgeschichte auS- füllen. Auch die „Gsoldne Bibel*, illustritt von den größten Meistern der Kunstepochen und herauSgegeben von Alfred v. Wurzbach, im Verlage von Paul Neff in Stuttgart entwickelt sich mit angefpannten Kräften immer mannichfaltiger und wird durch den Photo- graphiedruck von Martin Rommel mit gewissenhaftem Fleiß unterstützt. Indem wir auf daS viel empfohlene Ganze zurückweisen, sei hier nur der Inhalt der 21. und 22. Lieferung angegeben. Er enthält „die Vision de» Hesekiel* nach Rafael'» Gemälde von Nikola» de Larmefsin gestochen; Ferdinand Bol'S „ Jofef *, der dem Pharao feinen Vater vorstellt, von E. G. Krüger gestochen; Nik. Poussin'S „MoseS Wasser au» dem Felsen schlagend*, von St. Baudet gestochen; und „der Traum Iakob'»* nach Bol radirt von N. Massalow. Wir wollen nach diesen Werken anschaulichen und erbaulichen Charakter» auf ein Buch von physologischen Schilderungen übergehen, dar einen nur zu beliebten Gegenstand behandelt und da» der Verfasser in Er mangelung von Bildern, die hier nicht» helfen würden, nach besten Kräften mit Gedanken und LebenSbeobach- tungen illustnrt hat. Da» Buch heiß» „Da- Weib*, philofophssche Briefe über dessen Wesen und Berhältniß zum Manne von Emmerich du Mont, Leipzig bei F. A. Brock- Hau«. Die Betrachtungen sind in Briefen geschrieben, welche vielfach dir Schopenhauer'schen Ansichten, aber keine-weg» lediglich nur diese, im Ton milderer und schlimmste Uebelstand ist der, daß auch notorische Kir- chenverächter mitwählen können. In den größeren Städten ist es dem Liberalismus denn auch gelungen, mit Hilfe der Kirchenverfassung die vollständige Herrschaft zu ge winnen; denn die Unkirchlichen, welche hier die Mehr heit bilden, sind alle liberal. Die Folge davon ist, daß in den größeren Städten seit 19 Jahren, eine einzige Ausnahme in Lahr abgerechnet, nur liberale oder gar radicale Pfarrer gewählt worden sind. Auf dem Lande ist eS besser, weil in den meisten Landge meinden Solche den Pfarrer wählen, die felbst in die Kirche gehen, und deshalb weniger nach der kirchen politischen Richtung deS zu Wählenden, als vielmehr danach gefragt wird, was derselbe als Prediger und Seelsorger leistet. Wie sehr die Pfarrwahlen in den größeren Städten Badens durch alle Stadien ihres Verlaufs unter der unbedingten Herrschaft des kirchen- politifchen Liberalismus stehen und wie wenig oft über diefen politischen Parteistandpunkt andere, tiefere Rücksichten aufkommen oder gar eine entscheidende Be deutung erlangen können, dafür hat die Agitation bei der jüngst abgehaltenen Pfarrwahl zu Freiburg im Breisgau wieder einen deutlichen Beweis geliefert. In Bezug auf diefelbe fchreibt man der „Neuen Preußischen Zeitung* au» Karlsruhe: Der evan gelische Oberkirchenrath hat in der confervativen Presse unser- Landes, in der politischen und der kirchlichen, in jüngster Zeit zum Theil scharfe Angriffe erfahren, weil er den Prediger Köllreutter aus Berlin unter Uebergeyung einer Anzahl älterer Bewerber, welche bisher im Dienste der Landeskirche gestanden, in die Vorschlagsliste für die Freiburger Psarrwahl ausge nommen hat. Namentlich wird ihm nun entgegenge- halten, daß er und der Generalsynodalausschuß sich dabei den Wünschen deS politisch-liberalen Führers Kieser gefügt hätten. Thatfache ist allerdings, daß Kiefer als Mitglied der Freiburger Kirchengemeinde versammlung den Prediger Köllreutter gewünscht und die Freiburger liberalen Wähler von vornherein für die Wahl desselben gewonnen hatte; daß er dann als Mitglied des GeneralfynodalauSjchusses in der Sitzung den Wunsch der Mehrheit der Freiburger Wähler der Kirchenbehörde mittheilte, und daß diese mit Stimmenmehrheit den Prediger Köllreutter auf die Vorschlagsliste setzte. Wie das „EvanaelischeKirchen- und Volksblatt* hervorhebt, hatte also die liberale Mehrheit des WahlcollegmmS in Freiburg in Wirk lichkeit schon vorher unter sämmtlichen betreffenden Geist lichen ihre Wahl vollzogen, so daß die Mitwirkung der Kirchenbehörde, welche einschränkend vorhergehen soll, eigentlich nur zustimmend nachfolgte. Dasselbe Blatt erwähnt, unter den Geistlichen deS Landes und auch bei vielen Liberalen solle es große Mißstimmung hervorgerufen haben, daß ein jüngerer Bewerber, der nur 3 bis 4 Jahre als Vicar in der Landeskirche gedient und dann Stellungen im AuSlande eingenom men hat, älteren Bewerbern, die zum Theil unter Entbehrungen und in einfachen Verhältnissen bisher ihre Dienste ausschließlich der Landeskirche gewidmet haben, durch die Behörde vorgezogen worden ist. Uebrigens erklärt sich die Aufnahme des Predigers Köllreutter unter die Vorgefchlagenen nicht bloS auS der großen Willfährigkeit des Oberkirchenrath« und des Synodalausschusses gegen Kieser, sondern ebenso auch aus dem persönlichen Wunsch einflußreicher liberaler Mitglieder des OberkirchenrathS, daß Köll reutter Stadtpsarrer in Freiburg werden möchte. — Einen noch traurigeren Einblick in die kirchlichen Ver hältnisse Badens verschaffte die Ende Juni stattgehabte und vielbesprochene Reichstagswahl im 9. badischen Wahlkreise. Der Kamps gegen den konservativen Can didaten, den Oberkirchenrath Or. Mühlhäußer, wurde von den vereinigten Gegnern deS Christenthums und der Kirche mit der ausgegebenen Parole: „wir wollen populärerer Fassung vortragen. An Breite und Be haglichkeit fehlt es diesen Auseinandersetzungen nicht, doch um so mehr vergönnt es diese ruhige Methode dem Verfasser, auf viele Zwifchenfragen und Lontro- versen einzugehen, die das praktische Leben ebenso sehr berühren, als sie in der Darlegung philosophischer Systeme nicht zum AuStrag gebracht und oft nur durch die Confequenzen allgemeiner Schlußfolgerung und Logik nur indirect berührt werden können. Obgleich der Verfasser sich sehr fern hält von den excentrischen Richtungen, in welchen sich je nach ihrer Art Proudhon, Michelet oder gar Larochefoucault be wegen, fo bleibt er doch eben fo fern von den Pfaden der Mittelmäßigen, Unentschiedenen, die alle Fragen humanistisch gemüthlich oder gar galant lösen möchten. Er denkt umständlich, doch gründlich, scharf entschieden, sogar oft trocken witzig und ist von Satire nicht frei. Auf dem festen Boden der Naturkunde und ihrer Unterfuchungen stehend, sind doch feine Unterfuchungen dadurch vor Einseitigkeit bewahrt und auch mit dem speculativen Denken der Idealist«! in Ausgleich ge bracht, daß er den in seine Materie einschlagenden Schriften der Vorgänger und Zeitgenossen, sogar auf poetifchem Felde, eine umsichtige Beachtung fchenkte. Dadurch werden seine Ideen lebendiger gemacht und vermeiden die so leicht übliche Vereinsamung deS ab strakten PhilosophirenS. WaS er über weibliche Denk- methode, über die Charakteranalyse von Mann und Frau, über Egoismus — oder Charita» über Liebe au« Mitleid oder Liebe aus Eitelkeit sagt, verdiente vielfach beachtet zu werden. E» sei noch ein Mal be tont, daß die Breite in diesem Buch nicht» mit Er müdung gemein hat und al» Probe sei hier Einige» keine Pfaffen!* geführt und diese Parole nicht blo- in den Städten Pforzheim und Durlach, sondern auch in Landgemeinden von Vielen, sehr Vielen begierig aufgegnffen. Alles, was von Feindschaft und Ge hässigkeit gegen Christenthum, Kirche und Geistlichkeit vorhanden war, kam in dem wüsten Geschrei zum Vorschein. Das Schlimmste aber war, daß auch mehrere protestantenvereinliche Geistliche im Verein mit den Kirchenverächtern agitirten und zwei sogar mit zur persönlichen Verunglimpfung Ur. Mühlhäußer'S, der eine in einer Zeitung, der andere von der Kanzel herab, beitrugen. Eine befonders hervorragende Rolle spielten die kleinen localen Amtsblätter, die „Amtr- verkündiger*, deren Ausschreitungen alle Grenzen deS Anstandes überschritten. In der Pfarrwahlsrage be obachtet die liberale Presse nun allerdings eine ge mäßigtere Haltung, und die» ist im Hinblick aus den durch die jetzige Psarrwahl hervorgerufenen, nicht ab zuleugnenden Nothstand wohl begreiflich. Dennoch läuft die ganze Dlscufsion auf nichts Anderes hin aus, als auf die Proklamation des ÄrundfatzeS: tiat justitia, psreat muntlus, zu deutfch: mag die Pfarr wahl noch so viele schlimme Folgen haben, sie muß deS Grundsatzes wegen dennoch festgehalien werdcnl Gegen diese Art von Principienreilerei wendet sich ein Artikel der „Badischen Landpost*, in welchem «S heißt: „ES ist leicht gesagt: wir geben unser Recht nicht auf! Wenn infolge davon aber ganze Reihen von Vikaren und Pfarrverwesern ohne Anstellungen bleiben und mit dem kümmerlichsten Gehalte sich be gnügen müssen, wenn noch viel größere Zahlen von älteren Pfarrern, weil sie nun einmal in der Pfarr wahllotterle Nieten gezogen hatten, zwei, drei Jahrzehnde hindurch an Stellen gebannt bleiben, wo die Arbeit mit der Zeit ihre Kräfte übersteigt, oder wo sie und ihre Familie das Klima nicht vertragen können, oder wo sie bei ihrer doch immerhin höchst unbedeutenden Besoldung die Kosten sür die Erziehung ihrer Kinder in ferngelegenen Städten nicht zu bestreiten vermögen, oder wo sie gar, wie in unserm Lande auch schon vor kam, dem vielfach über sie herembrechenden Elende unterliegen — heißt das nicht einen ganzen ehren- werthen und mit einer hohen Aufgabe betrauten Stand mitleidslos der Verkümmerung, wenn nicht dem Unter gänge preiSgeben7 Kein Wunder, daß sich dem be kanntlich auch sehr theuern Theologiestudium fast keine jungen Leute mehr widmen wollen, oder daß sie, schon angestellt, bei fo trüben Aussichten möglichst wieder auSreißen. Es ist ebenso leicht gesagt: wir Gemeinden wollen nur den Pfarrer, den wir gewählt haben! Wenn derselbe aber nach einigen Jahren kränklich wird, oder seine theologischen Ansichten ändert, oder mit der Gemeinde in Lonflict kommt, was dann! Den Pfarrwahlprincipisten sollte man aber auch noch ein Anderes zu bedenken geben: wenn ihr denn durch aus auf diefem Rechte besteht, so zahlet eS auch! Gebet zuerst da« Versprechen, daß ihr euern selbsterwählten Pfarrer, gleichviel ob daS Psründevermögen dazu auS- reicht, oder nicht, fo lange er ,m Dienste bei euch ist, selbst auch bei seiner Pensionirung, aus euern Mitteln die seiner Altersklasse entsprechende Besoldung gebet! DaS ist gewiß keine unbillige Forderung. Da eS in unserm Lande jedoch verhältmßmäßig nur wenige „fette Pfründen* giebt, in deren Besitze man gefahrlos ein derartiges Verfprechen machen könnte, so sind wir der Ueberzeugung: wenn eine solche, wahrlich gar nicht unbillige Forderung von Seiten der Gesammtkirche gestellt würde, so würde gewiß die große Mehrzahl unserer Gemeinden lieber auf das Recht der Pfarr wahl verzichten, als für so bedeutende Ausgaben die Garantie übernehmen. B>S jetzt wenigstens hat sich in den Pfarrgemeinden unser- Landes durchweg mehr ein Bestreben gezeigt, an den Psarrpsründen zu „rupfen*, statt sie aufzubessern. Wo eS irgend möglich ist, wer- auS dem Capitel über die Liebe, freilich nur in ge drängter fragmentarischer Form, mitgetheilt. ES wird die Unabhängigkeit deS Gedankenganges erweisen, wenn der Verfasser in Erweiterung der vortrefflichen Duprel'- schen Schrift über die Liede und in Rücksicht auf die Gegensätze der Neigungen Folgendes hervorhebt: Ein Buckliger wird sich nicht leicht in eine Buck lige, ein Zwerg nicht leicht in eine Zwergin verlieben, weil der Natur daran gelegen ist, solche Monstrositä ten, die sie einmal verbrochen hat, in der nächsten Generation wieder auszugleichen. Deshalb werden die Buckligen und die Zwerghasten entweder gar nicht, oder doch wieder mit Schlanken, Hochgewachsenen zum Bunde gelangen. Dasselbe gilt in Bezug auf Intellekt und Herzensbejchaffenheit. Als man den schlauen und aeistvollen Talleyrand — gewiß höchst rücksichtslos — fragte, weshalb er sich eine so dumme Gemahlin ge nommen, soll dieser Diplomat geantwortet haben, weil er eine Dümmere nirgends habe finden können. Nicht der hochentwickelte Intellekt wird geliebt, sondern der so beschaffene, daß die Vorzüge oder Mängel des einen zu den Mängeln oder Vorzügen des andern passen, etwa so wie in dem Zusammenlegspiel sür Kinder nur ene Steine sich verbinden lassen, deren Ein- und AuS- chnitte (Concavitäten und Lonvexitäten) einander ent- . prechen. Nicht- ist thörichter, al- da- Erstaunen über >ie Nachricht einer ehelichen Verbindung zwischen ganz entgegengesetzten Charakteren; wir sollen vielmehr stau nen, wenn zwei anscheinend gleichgeartete Menschen Lieb« zu einander fassen. Gleichheit d«- Willen- oder Intellekt- von einem Lied«-- oder Ehepaare zu verlangen, und «- auf Grund
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