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Dresdner Nachrichten : 28.07.1892
- Erscheinungsdatum
- 1892-07-28
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-189207286
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-18920728
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-18920728
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Nachrichten
- Jahr1892
- Monat1892-07
- Tag1892-07-28
- Monat1892-07
- Jahr1892
- Titel
- Dresdner Nachrichten : 28.07.1892
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L««ebr«t1 für »olttik. U»«»valtuna. ««ILätttvkttelir. KvrItiidenLt. g,ri»i>knl!i,e. Bktttg»«tdttl,r ruertkliätulal, M.L.r>-. durch diePoli M r?ö, »» Äu^iand mit enövreaienveui Pi>i!,uichlaa. Änuqbme von Aiitü»tt>mnakii? -Niantiiin -«r> von» s-^Uliri>!aibin. ^omrtsasn Aorm s '/.»» n » Mir Miliar ^»Aeuiiadr »r ulosleia l- «ur unLIvwnilrakn vn.i Itlil cieackm. Itzie l n»i»>ur biauidciaie „inu^ulirü Liwril! i!-Pia..stuMo»- lau» otxr nack <>ri,iaii,'» 2u 'P'a pnifim örnck ctaiaei > ririle «u Pl». iliiluuLcauaae» an» der 'Z»r>vaNe>teI ?.ri>e so Pia. ttuirvüilüic '.Iniimac »ur aeae» BouuisdriLiiliulu klakurrSZ-uiu, a uriaui» lummUillic uqmliaae rlemiilliUmu iirlln, an bür :»üikual>r emuiüindlrr - ilinil- Ilücke kemc eierduidlaiilen ch»r„Ip»,it,lt«Ue 1.»u. 11« KiiiiieeiliiNli-Vtclitzil. z oavrUaunt uu 18«i!,ü»«Ivsti; kfvtilttlOvi Uou, L M» viuj'tiollll. § -i l'luiiollnimrvttliiui* HV ^loi/lvr, A K OEt" o cklii«o. Ä ««V v?t-<«- v,»» r-<»«! «« 'L ^ckliustwst. 54,000 Stuck. von 8 U. il» I«>i>n8ok!»srvoIi-Mevel',^!>l>r»iiIi.8l>.IV. > rrcsdc», NM. lL >V»ri<20»i§- Llitsclimoo-^itluHr ^»l8Slldsu88tr. 18 !ijl «mpkvlrlro uid» rar j ^urert>80«« !il ^öi-krbugmsseliinen, 8clinittvn unck 8t3nrvn, LsslssUgvk-u.^r- ik-iSvtlUNFSßsSlk-SNK, «rorodt l»«j ttu»teu, I1»l«,kr»nli. kelleu, »»»;«». u. MMI1 »Mit»! lo Oio»edlldI-pusd»t«ln d.K»r!»d»0, ß Kikli l»eei«Itztei' >»veiiliii' E K rarlcauka viuvu ue«,8.-«u I'a5tc-U ruriießtz08atLle-r Ilu« Küitii»-,, K 8 rivrriv vino lttrii-- »(ät uut'-> c!-m Diuüanl^jacak. V ^Vilk. LöLme, LedetkslLtrLLLs 6. Z Sovnvll II kvKeusvdirmv^'^u -"kl"""'' v.L.kotsvkllv,Ml^Iiiill'ei^i'.I?. MI»» r«D1 - Pshchologiiche Betrachtung dcS Eonsliels zlvischen Kaiser nnd Kanzler. Hvsnachrichlc», Weißer Hirich-Eisenbahn, Herhslübungen,! V» » » V. Ft >'«»». Alpeniondcrzllge, Schachcvngceß. Sammliinge» für Familie Hegemann. Gerichtsverhandlungen, Tageegeichichlc. Fiir die Monate Analst nnd September werden LesteU,mgen auf die „Dresdner Hiachrichten" für vresde» bei miterzeichneier Grschaffzstelle z» I Mart 70 Pfennigen, für auswärts bei den Kaiserlichen postanslalten »in Deutschen Reichs gebiete zu z lstack «t psenuigen angenoininen. Geschäftsstelle der „Dresdner -tack,richten". Marlcnstrasic »8. Erdaeichos». Eine vsnchologische Betrachtnng über den Conslikt iwisihcii Kaiser und Kanzler bringt die ,N. i^r. Pr." Ter gedankenreiche Artikel beginnt mit der Frage: Woher die Erbitterung? Tie jüngsten politischen Bor- gütige, die Unterredung des Fürsten Bisinarcl mit einem der löcr> anSgeber der «Neuen Freien Presse", die Aenijernngen des Kanzlers ans seinem Wege von Wien nach Kissingcn, die Aussätze in den «Kiniibnrgcr Nachrichten" und anderen Organen dcö fnchcren NeichokanzlerS auf der einen Leite, ans der anderen die mittelbaren und unmittelbare» Acnkcrungcn der deutschen Negierung in der „Nvrdd. Allg. Ztg." nnd im «ReichSanz." bade» die Schärfe des Konfliktes nicht blvS zloischcn dem hauptsächliche» Begründer deS Tcntschcn Nciches und seinem Nachfolger, sondern auch zwischen der Persönlichkeit des alten Kanzlers nnd dem neuen Herrn mit einer grausam zu nennenden Lfscnhcit in die weiteste Oefsentllch- keit gebracht. Auf den ersten Blick mich es Jedermann klar werden, dah cS sich hier nicht mehr uni anSschliehlich politische Fragen han deln kann. Hier scheint vielmehr persönliche Erbitterung und herbe Unversöhnlichkcit das Wort zu fuhren: hier ist nicht blos der Kops, hier ist das Herz, hier sind Genintb und Gcsühl in Mitleidenschaft gezogen. So streiten nicht Staatsmänner. Parlamentarier. Advo katen und Professoren, is zürnen Frenndc über Treulosigkeit, über Berralh an Frcundichast, Welche Einflüsse — so hat man wohl fragen hören — mögen hier gewaltet habe», um die unselige Wandlung in de» Bezieh nngen zwischen dem jungen Kaiser und dem greisen Kanzler herbei- zusühren? Es ist nicht Hvhenzvllernart, den Mohren, der seine Arbeit geihan hat, mit vornehmer Handbewegniig zu verabschieden und geleistete Tiensle zu vergesie». Was aber Fürst Bismarck suc das Deutsche Neich im Allgemeine», was er für die Thnastic der Hohenzollern insbesondere gethan hat, ist n»ermes;Iich. Und Nie mand hat dies mit senrigeccii und schwungvolleren Worten aner kannt, als gerade des Kaisers Wilhelm Enkel, der jetzt die Krone trägt. Er weih sehr wohl, dich er den Glanz dieser Krone und die Macht seines NeichcK in ecstcr Linie dem Biöniarckhchen Genius zu danken hat, und er weih ebensowohl, das; mau die staatSmäiini- schen HcrkuleSthalen eines BiSmarck nicht mit einem HerzogShiile. der Würde des General Obersten nnd einem lcbcnsgrchc» Bildnisse in Oel königlich lohnt. Und ist cs gleichwohl berechtigt, bestimmte und bestimmende Einflüsse vorauszusetzen, um sich das Nalhsel zu erklären, wie Kaiser Wilhelm kl. nun einer» Man» schisst gegen- überzulrelen sich veranlasst sicht, zu dem er als Jüngling in be geisterter Berehliing bewniidernd nnsgeblick! Halle, an weichen den dankbaren Enkel schon d!e Pielät für den sicueilen Diener, den ergebenste» Frennd »nd Beraihcr nnd de» Ihailräsligslcii Mitar beiter seines rnhmreichen Ahnen fesseln sollte? Oder genüg! Bis marcks Verhalten, »m die völlige Abwendung deS Kaisers von ihm zu rechtfertigen? Hat sich der grobe Patriot, der gläubige Monarchist wirklich über Stach! zu einem gefahriichc» ReichSscind und Frondeur gewandelt? Man darf nicht übersehen, dag hier Temvcraments- fragen in's Spiel kommen. ES ist nicht Jedermann's Sache, die Hand, der die Zügel entrissen worden sind, vor Aller Augen ver steckt in der Tasche zur Faust zu ballen, oder gar. nachdem sie die Jeder, dir über Europas Wohl und Wehe entschieden, auSgcsPritzt hat. zur Pflugschaar zu greifen, um wie Cincinnatns in grandioser Gelassenheit seinen Kohl zu bauen. Auch die Ehrcuwlogte ist über dies nicht anßcr Acht zu lassen. Die unbegnemsten Acnsterungrn Biemorck'S, die Bemerkungen, die Ihm am meisten verübest worden sind, sind erst gefallen, nachdem dem Prinzen Neuß der kaiserliche Befehl ertbkilt worden war. ein Bismarck'sches Familienfest als Haupt- und Staatsaktion zu betrachten, denigeinätz sein Verhalte» einzurichten und dem österreichischen Minister deSAcnbcren Kcnnt- »tß von den Berliner Auffassungen zu geben. BiSmarck aber hat sich allezeit zu dem Grundsätze bekannt, dass alle menschlichen Handlungen aus Gegenseitigkeit beruhen. Eines seiner Licblings- citale Ist von jeher gewesen: „kV coroailv corsairo ot ckemi I" Weder concrete Thatsachen, die sich unter der Regierung des jetzi gen Kaisers abgespicll haben, noch auch Ohrenbläsercicn und Ver hetzungen haben die Beiden, die man sich noch vor vrrhältnikinükig kurzer Zeit in engster Gemeinsamkeit unlösbar miteinander vcrkct tet dachte, auSeinandcrgcsprengt. Der Keim des Zwiespaltes, der letzt vor aller Augen offenbar geworden ist. ist sclihcr grienst und dürfte vielniebr in Verhältnissen zu suchen sein, die stärker sind als menschliches Wollen Wenn wir bei der Bezeichnung der Träger des Zerwürfnisses unabsichtlich den Einen als den Jüngling, den Anderen als den Greis bezeichnet haben, so haben wir damit schon den Kern dcS Konfliktes gestreift. Es ist aber nicht blos der Gegensatz zwischen Alter und Jugend, es ist auch der Gegenlatz zwischen Lehrer und Schüler, zwischen Droit «Io congnöto und Droit clo n-twAnev (zwi scheu erworbenen nnd ererbten Rechtens es ist die gewaltsame und unerwartete Verschiebung der Stellungen zu einander, die Kaiser Wilhelm H. nnd den Fürsten Bismarck gewaltsam anscinandcrge trirben haben. Vergegenwärtigen wir unö die Situation in der Mille der Achlziger Jahre. De» dcnlsche Kaiser stand an de» Schwelle der 'Neunzig Er blickte zmück aus Erfolge ohnegleichen. Das Psiichtgcsühl, d.iS ihn in allen Stahlen seines Henscheramteö geleitet und gestärkt huste, hielt den fürstlichen Greis ausrecht. Z» seinem erste» Nalhgcbcr, dem Reichskanzler, besah er das un- ecschüllerlichste Vertrauen. Die Weisheit seines Kanzlers gewähr leistete ihm den Frieden während der letzlcn Jahre, die rhi» daS Schicksal noch gönnen »nochic. Nach menschlicher Berechnung Ivar er am Ende scmer ruhmreichen Tage angelangl. Sein Erbe, in Manneokcasi strotzend, vo» ritterlicher Schönheit, stand »n bliihend- siem Manncsalicr. Bei der Langlebigkeit des Hohenzollern Ge- ichlechtcL war ihm voraussichtlich noch eine lange Uttv glückliche Negierung beschicvc». Bismarck thronte aus der Höhe leine» Macht. Er war der einsluhrcichstc Slaalsmann der Welt, ans dem Gebiete der auewärligen Polilik sogar von ielne» unerbiltlichen Gegner» bewundert, izclragen von der vollslhnmlichen Verehr»»«, vcrgöllert von seinen Freunden, in höchstem Ansehen bei den Machthabern, gefürchlct von seinen Feinden. Seine Verbindung mit dem allen Kaiser balle gewisse,maßen den sakramenlalen Ekaialter der unlös baren Ehe der römischen Kirche Vcide hasten sich gelobt, zusam men zu leben, zu kämvfen »nd zu schassen, bis der Tod dies Band, wie cs wohl einzig zwischen Herrscher nnd Minister in der Welt neschichic gewoben worden ist, zerschneiden würde. Aber auch der Tod des allen Kaisers, mit dem man immerhin als mit einer un- avweislichen Nolhwcndigkeit z» rechnen Halle, konnte nach der all gemeinen Austastung nicht dahl» führen. Bismarck von der Leit ung der «LlaalSgeschäsie zu verdrängen Eö stand vielmehr fest wie ein Glaubensartikel: So lange Bismarck lebt, wird er das Ruder des Llaalsschistes in seiner seslcn Faust behalten. ES war cmch seine eigene Ilebcrzengnng. Ale wcitsichligei Staatsmann innsstc er sich die natürliche Frage voriegcn, wie sich dereinst nach Kaiser Wilhclm's Tode seine Stellung zum Nachfolger seines jetzi gen Her»» wohl gestalten würde. Die Individualität des Thron folgers stöhle ihm Besorgnisse ei». Ter Kronprinz war ein hcrzenr- gnler, leutseliger, vornehmer, edler Man», aber nach der Austastung des teilenden StaatSmnnneö vielleicht zu gntmnthig, zu nachgiebig. BiSmarck hegte rin möglicherweise nicht gerechlfertiges Mißtrauen gegen die Gemahlin des knnsligen Kaisers, gegen die kluge, klare, geistig bedeutende Fra» Kronprinzessin, die ohne Zweifel die ge nügenden Eigemchaflcii besaß, um in wichtigen und entscheidenden Fragen ein ernstes Wort milziisprechen. Nichts natürlicher, als oaß BiSmarck schon zu jener Zeit sein Angcnmclk daraus richtest', am Hose des knust'gen Kaisers ein Gegengewicht gegen den ihm widcr- stceiteiiden Einst»!; der knnsligen Kauen» hcrzuslcllcn. einen encr- gilchen und kräftigen Verfechter seiner eigenen Idee» zu gewinnen. Die Jndiuidualiiäl des inngen Prinzen Wilhelm mnß!e ihm als dainr besonders geeignet erscheinen. Zwischen dem jungen Prinzen nnd dem allen Slaalsmann bildete sich denn auch zu jener Zeit eine Jnlimiläl heraus, die allgemein bemerkt und am tronprinz- lichen How nicht gecade gern gesehen wurde. Tie Annäherung nnd der Verkehr zwischen den Beide» erfolgten aber unter Voraus setzungen, die sich nachträglich durch die nnbaunbruzigcn Thalsachen als salsche heraiisgcilelll haben. Noch balle sich die heimlncsische Kranlheit, die dem Leben deS Kronprinzen ein vorzeitiges Ende machen sollst, in stiner Weise verratbcii. Aller Wahrscheinlichkeit nach war de, viel lungere, anscheinend eichcnkrästige Kronprinz dazu bestimm!, als knnfstgcr Herrsche! den setzt leitenden Staatsmann, der die Siebzig crreichi batte, lange zu überleben. Daß Bismarck und der junge Prinz, mit dem er in vollster llnbesangenheit über die inluiustn Tinge planderle — nnd zwar in jener viirichikosc», drastisch rncksichst-loieu und geistvolle» Weist, die der genutthiichcn Rede des Fursstn einen so bestechenden Reiz veileiht — jemals zu einander in das Berhiiliniß vo» Tienrr zni» Herr» treten würden, daran konnte zu icner Zcil kein Mensch denken. Liegt es »ich! nahe, daß in sein» vertcaulci: Zwiegcsvrärbcn hüben und drüben manches Woct gefallen sein mag, das unicr den unerwartet veränderten Be dingungen nun eine ganz andere Tragweite, als ursprünglich beab sichtigt wai. gewonnen hat? Tic Bedingungen des Veclchrs zwi scheu den Beiden waren ans die wahrscheinliche Gestaltung der deut schen Znlnnst berechne! nnd winden sich dann wohl auch als nutz bringend erwiesen haben. Nun aber ereignete sich daS Unwahr scheinliche. »nd die »iierwartelc Wendung des Geschicks machte den Verkehr sür beide Thcile in hohem Grade unbegnem, prccm, ja unhaltbar. Tcm grellen Kaiser Wilhelm folgte der unglückliche Kastcr Fried rich ans dem Fuße i» „das unenldeckte Land, von dcß Bezirk kein Wanderer wiedertehrt". Der bewundernde Schüler, der den Wor ten des Meisters der Staalsknnst respektvoll gelauscht batte, bestieg den Thron. Tie Intimität, die selvit heikle Gesprächsthcmala nicht auSgeichlvstc», Private Verhältnisse berührt und an höchslstchenden Persönlichkeiten ihre Kritik geübt haben mochte, ries im» eine pein liche Befangenheit hervor. Tie gemüthlichc Vertrnnlichkeil von evcdcnc ward nun für Beide eine lästige Erinnerung, und in die Beziehungen, die sich gründlich zu verändern hatten, klangen setzt mißtönend die Lieder aus alter Zeit herein. Der junge Herrscher mochte instinktiv das Bedücsniß uiblen, dem Stacttsinanne gegen über, mit dem er als kaiserlicher Prinz zu zwanglos verkehrt hatte, zur Signatur der veränderten Situation eine gewisse Znrückbaistlng an markircn, die aus den so viel alleren Staatsmann, der Ihm Lehrer nnd Beralhcr gewesen war, einen besonderen Eindruck z» nmchcn nicht verfehlen kvnnle. Bismarck batte nicht vergesse» kön nen, daß er dem Großvater ein unentbehrlicher Freund geworden, gewesen nnd geblieben war. Er dachte »»eh daran, daß der Valer in ieincr kurzen Negiemngszcit trotz »lanchcr Gegenströmungen von ihm nm keinen Preis hatte lassen wollen. Tie Wahrnehmung nun, daß der Enkel und Sohn, derselbe, den er gewisscrmaßcn znm Verbündeten bei der Bekämpfung ihm schädlich dünlcndcr Einflüsse auserkoren nnd znm gleichgesinnten Genossen zu habe» gewähnt batte, sich ohne tiefer gehende Bewegung niit dem Gedanken ver traut machte, ihn, den Unterzeichner des Frankfurter Friedens und den Begründer des europäische» Friedens-Dreibundes, ziehen zu lasten, nm weniger eigen gearteten, weniger selbstthäligcn und we niger imponircnden Persönlichkciicn den Platz zu räumen, mnßie ihm menschlich sehr nahe gehen. Der von T holend rang übcrschäu- inende, hochbegabte jnnge Kaiser stick aber gleich bei seinen» ersten Beginnen, den» Verhäilniß zwischen Arbeiter und Arbeitgeber eine neue Basis z» geben und der Lötung der sozialen Frage mit einem praktischen Versuche ans den Leib zu rücken, aus de» Widerstand dcS Kanzlers. Und wie ehedem der Meister der Volksverrrclniig erklärt hatte: „Wenn wir Krieg sichren wollen, so werden wir ihn führen niit oder ohne Ihre Zusliinmung!" so erklärte nun der ge lehrig- Schüler seinem Kanzler: „Ich werde in der Arbcttcrsrage etwas thun, niit Ihnen oder ohne Sie." Und er verzichlele in dem Erlasse von» Februar l8ütt mit dem weitgehende» Programm einer neue» Arbeiter-Gesetzgebung nui die verfassungsmäßige Gegenzeich nung des Reichekanzlers. Damit war das Zerwiiriniß schon vor handen Ein verhöltnißinoßig geringfügiger Anlaß, die vom Kais« Donnerstag. 28. Anlr. geforderte nnd von BiSmarck bekämpfte Aushebung einer Cabiuels ordre vom Jahre l8r>2, die den Ministern es unieriagic, dem Mo narchen Vortrag zu halten, wenn der Ministerpräsident abwe'eno war, brachte die verhängnißicbwere Entscheidung, Ter Rcichskauz ler wurde entlassen, sortgeschickt. gegen seinen Willen Ter Her- zogsmantcl der kaiserlichen Gnade, der dem Verabschiedeten nmge- hangt wurde, bcrnwchle keinen einigermaßen Eingeweihte» zu tau- ichc». Erklärlich war dieier wichtigste Vorgang nur aus dem Einen Gesichtspunkt, daß der snngc Pcinz Wilhelm »nd der alle Reichskanzler früher aus zu vcrtraulem Fuße gestanden hatten, nm nun de» Uehcrgana zu der unerwarteten und neuen Siliiation bewerkstelligen zu können, um sich in die Verrückung ihrer beidcr- seiiigen Stellung zu einander hineinznsinden. T>er Reichskanzler zog sich nach Fricdrichsruhe zurück. Daß er sich da nicht znr Rüde setzen würde, mußte sür Jedermann, der die vulkanische Natur Bismarck's kennt, von vornherein klar sein Wie tonnte man in der Thal vorcmssttzcn, daß der Mann, der im erfolgreichsten und großartigsten Abschnitte der neuen deuttchen Geschicble das enticheidende Wort gesprochen hatte, von einem Tage znm andere» sich mnndtodt machen würde? Wie konnte man an- nehmen, daß er. der mit allen Souveiänen und den teilenden Staatsmännern aller Länder in regstem Verkehr gestanden halte, sich mit Einem Schlage dazu bequemen würde, als Gittsherr und Landedclmann dem Wcltgelricbe mit lauer Tkeilnaimie zuziischaueii? Wie konnle man wäbnen, daß er. der «iS Oberregissenr die Welt geschichte hinter den Coulisse» in Scene setzte, es ruhig mit arischen würde, wenn man ihm nun den Zutritt zur Bühne untersagte und als simplen Zuschauer in das Parquct verwies, nm die Ereignisse an sich vorntiergehc» zu sehen ? ES gehört wirklich nickst viel Phan tasie dazu, um nch in die Stimmung des nach Friedrichsruhe Ver schlagenen zu verletzen. Auch der veiavjchiedcte Reichskanzler war lrast seiner großariiaen Leistungen in der Vergangenheit, seiner von der Regierung selbst als unsterblich anerkannten Verdienste eine Potenz, die nicht zu unterschätzen war. Gerade deshalb war es auch gewiß in hohem Grade bedauerlich, daß crnsthasle Versuche zu einer verivhnlichen Annäherung nicht unternommen werden konn te». da man von-der Erfolglosigkeit derartiger Bemühungen von vornherein überzeugt sein mutzte Sachliche -Schwierigkeiten lassen sich immer beseitigen. Wenn aber das Persönliche, die Empfindung, das Gefühl die Gegensätze schärft, dann ist die Hvnnung auf eine wahre und ehrliche Versöhnung ein eitel Ding. ES ist einer der feinsten Züge im „Tcll". daß der Landvogt dem starken Schützen »eil Tel! grollt, weil Dell ihn einmal in »nbclanschier Menschlichkeit glichen hat. Und im Herzen des Kanzlers bohrt und nagt eS, daß er ge rade von dem Fürsten entlassen wird, der als lebcns-und schafscnS- srcudigcr Jüngling in feuriger Bewunderung an ihn, den großen Mann, sich angeschlossen Halle, Aernschrttb- und Kernwreiv-vertchti» vom 27. Juli. Berlin. Ter Kaiser trisst heute Abend im MarmorpalaiL zu Potsdam ein. — Fürst Bismarck wird voraussichtlich Berlin nur flüchtig berühren und sofort »ach Schönhanscn weitcrfahrc», von wo später die Weiterreise nach Varzin erfolgt. — Offiziös wird der Angabe eittgcgcitgelrclcn, daß die Entscheidung über die Weltaus- stelliliigsfrage bereits nächster Tage zu erwarten flehe. Es sei da schon deshalb unziilrcsscnd, weil die lcilenS des Reichskanzlers vor den Verbündeten Regierungen erbetenen Acußcruiigcn, liver derer Stellungnahme zu dem Prozcll und über die Stimmung der in dustriellen Kreise erst znm kleinen Theil eingegangcn sind. Tic Stimmen gegen die Ausstellung mehren sich nbrigcns jetzt Sachsen soll sich durchaus »blchnend verhalten. — Znm italienischen Bot schastcr in Berlin ist Generalleutnant Gral Earlo Lanza crnanitt wenden, einer der populärsten Offiziere der ilaliensichen Armee. — Obcrposldircktor n. D. Adria in Dresden, erhielt den Kronenorden 2. Klasse. Berlin Die Berhandlung gegen den Kommerzienraih Wolfs wegen Unterschlagung von zusammen', .2M,OM Ni in kilt Fäll«» beginnt am k. August Tie Vcrbandlung gegen denselben wegen betrügerischen BankeroltS erfolgt später vor dem Schwurgerichte. Berti n. Der amtliche Bericht des Gouverneurs für Dcuii.b Ostairika, Frhrn. v. Soden, über die jüngsten Vorgänge im Kili mandscharo Gebiete liegt letzt mit zahlreichen Anlagen vor und nilU mit denictbcn allein icbon ein Weißbuch. Der Vcrichl kon- slcttirt zunächst daS feindselige Verhalten des Sulcans Meli und die Begünstigung der englischen Missionare, welche die deutschen Be schwerden gegen ihren Schützling als grundlos hinstellen, Ter Vorsteher der deutschen Kiiimandicharo Ltation war angewiesen, nur im äußersten Notl,falle nui Wassengewalt vorzugehen und in diesem Falle die engliicbe Mission rechtzeilig zu warnen. „In zwischen", heißt es in dem Berichte weiter, „Imsen am:U. Mai und ltt. Juni von Jkungil (anj den Karten Gonja) bezw von de» Kckimmidscharo-Stalion die i» Abiehrisl beiliegenden Berichte des Lklilnant Wolirum und Kompagiiiesuhrer v Bnlow ein. Tie Be richte deS Letzleren enthalten meines Ecachlens genügenden Grund sür ein angrissswcijes Vorgehen gegen Meli nicht: vollends, wenn der Erfolg dieses Angriffes schon im Voraus als ein mindestens zweifelhafter erschien. Irgend eine Warnung an Frhrn. v. Bülow avznschlckcn, dazu war cS leider z» spül und ich hatte nur noch die eine Hoffnung, daß eine diuch frühere Berichte verantaßle und inzwischen vornusscchilich aus der Statton eingctrossene Ermahnung znr Vorsicht vielleicht doch noch einigen Eindruck machen und vor ichnclle Schrille verhindern würde" lieber die Niederlage Bülow s erhielt der Gouverneur Frhr. v Soden die erste Nacliricht vom englischen Generalkonsul rn Sansibar, woraus er Anweisung gab, daß unter Umständen Kompagnicfülirer Johannes sich bereit zu halte» habe, mit seine» Leuten nach dem Kilimandscharo nnszu brechen. Weitere Nachrichten gingen spiuer durch Bezirlshaupl- mann von Sl. Paul über Saadani ein, namenllich die Meldung des Unleroffiziers Barlhel nnd des Lazarelhgehilsen Wiest, welche an der Bülow'schen Ezhedilion thciiqcnommcii Darnach bestand der Verlust der Deuttchen in zwei weißen Ossiucrcn und tt2 Soldaten nnd ist der Grund des Rückzuges vor Allem wohl darin zu suchen, daß die beiden europäischen Offiziere gleich im Ansangc der Aktion gescchtSnnsähig wurden und die Munition iruSgegcingkn war Weshalb die stets als uneinnehmbar bezeichnet!? lation verlassen wurde, läßt sich ans den bisherige» Angaben noch nicht entnehmen. Der Bericht schließtNachdem ich bisher Herrn v. Manteuffel dahin instmiri Halle, sich aut eine» Entsatz der Killmandscharostalton zu beschränken, diese wieder zu besetzen und Kompcrgttiesührcr Jnbamics, der vorsichtig nnd mit den Ver hältnissen verstaut ist, dort zu lassen, um den. Versuch zu machen allmählich wieder friedliche Verhältnisse hcrzustcllcn, habe ich au gesichtö der nciigeichafseneu Lage die Instruktion dahin geändert, daß Herr v. Manlensie! sich zunächst au der Grenze Jknugu oder sonst gesicherte Stellung beobachte und scstsetze und die Ereignisse anl Kilimandscharo abwarlen soll, bis ich ans seinen Bericht hi» Psund's 'KS>° Mrrsermilch. Slks-lltr «sllitttl Sebr. Pfund, rutzserp. 4142
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