Suche löschen...
Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 25.12.1898
- Erscheinungsdatum
- 1898-12-25
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189812259
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18981225
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18981225
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1898
- Monat1898-12
- Tag1898-12-25
- Monat1898-12
- Jahr1898
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 25.12.1898
- Autor
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Bezugs-Preis h» der HanptexpediÜoa oder de» im Stadt. tqtrl mel de» Vororte» errichtete» AnS- aavrstrllen abgeholt: vierteljährlich ^-4^0, oei zveimaltaer täglicher Zustellung ins Hau« ü.ü0. Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vierte stährlich ^l S.—. Direkte tägliche Kreuzbandiendung t»A Ausland: monatlich 7.S0. Die Morgen-AuSgabe erscheint um '/,? Uhr. die Nbend-Ausgabe Wochentags um S Uhr. Re-action und Erpe-Mon: 2<tza««e»gasse 8. Die Lxpeditio» ist Wochentags ununterbroche» geöffnet vo» früh 8 bis Abend- 7 Uhr. Filialen: Ltt» Klemm'« Lorti«. (Alfred Hahn), UniversitätZstraßr 8 (Paultnum), Laut- Lösche, Aatharinenstr. 14, pari, und König-Platz 7. WpMcr TagMaü Anzeiger. Amtsblatt -es Königliche« Land- und Amtsgerichtes Leipzig, -es Mathes im- Nalizei-Ämtes -er Lta-t Leipzig. Auzeigeu-Prei- die 6gespaltene Petitzeile SO Psg. Reklamen unter dem RedactionSstrich («ge spalten) 60/^, vor den Aamiliennachrtchtrn (6 gespalten) 40/^. Größere Schriftm laut unserem Preis- verzeichniß. Tabellarischer und Ziffernsap nach höherem Tarif. krtra-Beilagen (grfilkzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderung ^l Sv.—, mit Postbeförderung 7V.—. Ännahmeschlnß siir Änzeigen: Abend-Autgabr: vormittags 10 Uhr. Morgeu-Ausgabe: Nachmittags -UhL Bei den Filiale« und Annahmestelle» je eine halbe Stunde früher. Anzeige« sind stet- au die Expedition zu richte». Druck und Verlag vo» E. Polz l» Leipzig. 853. Sonntag den 25. December 18S8. 92. Jahrgang. Aus -er Woche. Die WeihnachtSglockrn haben da- AlltagSgetriebe für kurze Zeit rur Ruhe gebracht und „Friede auf Emen" tönt cS au- den Kirchen. Dem Irdischen ist der Genuß eines Feierstunden überdauernden Frieden- nicht gegönnt, die Weihnacht«- Botschaft zeigt dem Geiste eine dem Leibe unerreichbare Heimath vollkommener Glückes, hebt aber dennoch den Fluch auf, den da- alte Testamhtzl seinem ersten Menschenpaare mit auf den Weg gegeben. Denn der höherer Ziele sich bewußte Geist bebt den Kampf, für den der Mensch geboren ist, über ein Ringen um des Leibes Nothdurft hinaus. Den Frieden auf Erden hat kein Erdgeborener gesehen und keiner wird ihn erblicken. Auch in dem Sinne nickt, in dem das Wort am häufigsten gebraucht wird, im Sinne de- FriedenS zwischen Völkern und Ländern. Auch das dies jährige Weihnachtsfest ist nicht dazu angethan, die Menschheit zu einer falschen Deutung der Friedensbotschaft zu verleiten. Ein Krieg zweier weit von einander wohnenden Nationen ist eben beendigt, ohne daß man sagen dürste, er könne nicht an anderen Stellen die Schwerter entblößen. Leidenschaften und natürliche Interessengegensätze drohen ernster als seit Jahren mit feindlichen Zusammenstößen, einst er probte Verbindungen lockern sich und die einzige Fricdensgcwäbr ist, wie seit Anbeginn, die Kampf bereitschaft der Friedliebenden. Die reif gewordenen Völker lassen sich denn auch Weber von redlichen Phantasten noch von listigen Diplomaten bethören, durch Ablegung oder Verringerung der schweren Friedensrüstung ihre Unabhängig keit zu gefährden und drückendere Lasten zu gewärtigen. Und ein gereiftes Volksthum wird auch nicht verleitet werden können,aus einem irregeleitetenGerecktigkeitSgefüble heraus seinen Feinden den Platz zu räumen. Im Todesjahre Bismarck'S, während sie die hinterlassenen Sprüche seiner Weisheit einsaugen, muffen die Deutschen von einem Deutschen die Vereitelung von Anschlägen auf den Gesammtbestand des Vaterlandes als Realpolitik und die Realpolitik als etwas Verwerfliches bezeichnen hören. Wenn Männer, die Solches vortragen, nur den Muth der Folgerichtigkeit hätten und den deutschen Zuständen in den Zeilen des Bundestages den Vorzug vor den heutigen gäben! Denn damals waren die deutsche« Patrioten in der That keine Realpolitiker. Damals war e- Brauch, waS nach Bismarck für unerlaubt gelten sollte: den Zweck zu wollen und die Mittel zum Zwecke zu ver dammen. Die in Deutschland wahrlich nicht woblfeil erkaufte Erkenntniß, daß die Ideologen unbewußte, aber gefährliche Feinde de- Ideals sind, bat die Ideologen nicht aus der Welt zu schaffen vermocht. DaS zeigt da« Beispiel des Professors Kaflan. Doch, seineMeinung in anständiger Form zu sagen, ist sein gutes Recht. Als Mann der Wissenschaft hätte er unS aber mit dem Anspruch auf eine Autorität verschonen sollen, dessen Nichtberechtigunz der großen Mehrheit der von ihm belehrten Nation nicht bekannt sein konnte. Herr Kaftan war noch nicht beobachtungS- und urtheilSfähig, als er in Schleswig-Holstein lebte, und er bat, seit er beobachtungS- und urtheilSfähig ist, nicht in diesem Lande gelebt. Zudem ist er unklar über den Werth des Unterrichts in der dänischen Sprache für nordsckleSwigsche Kinder. Er selbst sagt: „Der nordschleSwigsche Dialekt und die Sckrist decken sick nicht." Zn der That mußten die Kinder früher daS Dänische erst in der Schule wie eine fremde Sprache lernen. War eS ungerecht, daß man sich sagte: Wozu die Kinder mit zwei fremden Sprachen belasten? Lehren wir sie eine, welche sie ohnehin lernen müssen — die deutsche — ordentlich, dann wird da- Deutsche neben dem Platt ebensogut Kirchen» spräche werden können, wie es jetzt daS Dänische ist. Wie Professor Kaftan, so haben auch die preußischen Eonservativen dar» beigerragen, die WeihnachtSwocke mit unnöthiaem Kampfgeschr« zu erfüllen. Die Partei, die sich ihre- PreußenlhumS und ihre- KönigthumS vor Allem rühmt, plant nicht- mehr und nicht- weniger als die systema tische Stärkung deS WelfenthumS. Der Glaube an die Möglichkeit, durch die Gründung einer konservativen Partei in Hannover Welfen in da« Lager deS preußischen Staates heriiberzuziehen, hat sich schon zweimal als eine Thorbeit herauSgestellt. Seit dem letzten Versuche, wofür An zeichen in Menge vorhanden, sind die Welfen kräf tiger und anspruchsvoller geworden. Um so sicherer wird das konservative Unternehmen den Erfolg haben, Todfeinde de» Reiche- zu fördern. Ein sehr gemäßigtes, den Eonservativen freundlich gesinntes Berliner Blatt bemerkt, da» von der neuen Partei den Welfen gemachte Zugeständniß der be dingungslosen Berufung eines Eumberlanders auf den braun schweigischen Thron bedrohe Preußen geradezu in dem Besitze Hannovers. Und daS ist nicht übertrieben. Man sollte meinen, der Preis wäre zu hoch für ein halbes oder selbst ein ganzes Dutzend konservativer Sitze im preußischen Abgeordnetenhaus. Der Umstand, daß die neue Parlei- gründung von oben herab begünstigt wird, entlastet die Patrioten in der konservativen Partei nicht von der schweren Verantwortung. Jene Gunst wird auch dem Ultramon- lanismuS zu Theil, über dessen Uebermächtigkeit man glück licher Weise auch im konservativen Lager besorgter zu werden beginnt, als die Zeitungen und die Parlamentarier der Partei verratken. Die hohen Stellen, die dem Welsenthum und dem Ultramontanismus Vorschub leisten, handeln folgerichtig. Denn beide Richtungen sind, politisch betrachtet, eins. Die ihr evangelisches Bekenntniß aber nicht nur auf Len Lippen tragenden Eonservativen sollten davor zurückichrecken, ein Element zu kräftigen, da- Windthorst zu einem der stärksten Grundsteine der römischen Zwingburg in Deutschland ge macht hat. Deutsches Reich. L. Berit«, 24. December. („Wissenschaftliche" Untergrabung deS deutschen NationalgefüblS.) Während der weit überwiegende Theil der Vertreter deutscher Wissenschaft die berüchtigte Mahnung, die Stahl am 12. De cember 1852 inmitten seiner feudalen Gesinnungsgenossen aussprach: „Die Wissenschaft bedarf der Umkehr", beute wie damals mit Entschiedenheit zurückweist, scheint leider ein kleiner Theil jene Mahnung in anderem Sinne sich zur Rick?, schnür nehmen zu wollen: der Freundeskreis deS Proscssorv Dr. HanS Delbrück. Hatte Letzterer die Drangsalirung Schleswigs durch Dänemark im Vergleich mit den jetzigen Aus weisungen ein Kinderspiel genannt, so behauptet in der immer noch „Preußische Jahrbücher" sich nennenden Monatsschrift Professor Kaftan, obwohl er die Ausweisungsfrage als eine Frage der politischen Zweckmäßigkeit bezeichnet: „Sic (die nordschleSwigsche Bevölkerung) tdut nur, WaS jede unterdrückte Bevölkerung thut und WaS wir Deutschen zu unserer Zeit auch gethan haben." Professor Kaftan ist nicht Historiker, bat deshalb, wenn er derartige falsche Behaup tungen aufstellt, vor Delbrück unter allen Umständen daS Recht auf die Zubilligung mildernder Umstände voraus. Aber tief bedauerlich bleibt eS darum doch, wenn ein pro testantischer Professor der Theologie solche unhaltbare Sätze veröffentlicht. Die Ausweisungen erfolgten aus Schleswig als auS einem unmittelbaren Gestandtheile des preußischen Staate», sie sind rechtlich unanfechtbar; ein Bestaudtbeil de» dänischen Staate» ist Schle-wig, abgesehen von einer Episode im Mittelalter, niemals gewesen, e» hat immer eine Sonder stellung zur dänischen Krone eingenommen und sich seit der Union mit Holstein von Dänemark, bis auf die LehnS- oberhobeit deS dänischen König-, förmlich losgelöst. Al- später beide Herzogthümer durch Personalunion mit dem dänischen Königshaus» verbunden wurden, geschah da- unter Bedingungen, die eine Einverleibung in den dänischen Staat ausschloffen. Wenn Christian VIII. in seinem „offenen Briefe" trotzdem jene Einverleibung vorbereitete, so war da rin RecktSbruch; und ein RecktSbruch war auch die Verfassung vom 18. November 1863. Die Deutschen Schleswigs haben daher zu keiner Zeit etwas Anderes gethan, als ihr verbriefte» Recht auf Selbstständigkeit vertheidigt. Die dänischen Agitatoren von heute dagegen erstreben die Beseitigung deS rechtSgiltig bestehenden Zustandes: die LoSreißung NordschleSwig« von Preußen. Wer angesichts dieser Thatsachen die damalige Abwehr der Deutschen mit dem gegenwärtigen Angriff der Dänen auf eine Stufe stellt, entbehrt gar sehr de» Augen maßes für die Beurtheilung der Vergangenheit und der Gegenwart. Unter dem frischen Eindruck solcher Schwarm geisterei eine» Delbrück und eines Kaftan mußte man durch die Bismarckfeier der Berliner Universität besonders nachdenklich gestimmt werden. Der Festredner, Pro fessor Lenz, schloß seine Betrachtung mit der Mahnung, immer auf dem Posten zu stehen, nicht nur gegen den äußeren Feind, sondern mehr noch gegen jene Feinde, die im Innern deS Reiches die Errungen- lchaften, die Bismarck erkämpft, zu vernichten droben. Zu den letzteren Feinden zählen wir die Schwäche gegenüber den Ansprüchen fremder Nationalitäten, und es erfüllt unS mit Trauer, zu sehen, Laß diese Schwäche nicht abgenommen bat, sondern zunimmt. Während bisher nur Socialdemokraten, Ultramontane und Freisinnige sich rühmen durften, durch Schwäche gegen fremde Nationalität wider da» eigene Volks- tbum sich zu vergehen, zeigen die oben erwährnen Beispiele, daß derselbe Ungeist weitere Kreise ergriffen bat. Um so gebieterischer ist die Pflicht, in« Geiste BiSmarck's jene ver- hängnißvolle Schwäche klar und entschieden zu bekämpfen. -2- Berlin, 24. December. (Die Niederlage der Berliner Leitung des Bundes der Landwirthe.) Die „Deutsche TageSztg." berichtet in ihrer Nr. 600 über die Generalversammlung deS ostpreußischen konservativen Vereins in Königsberg und den Hauptvortrag des ReichStagS- abgeordneten Grafen von Klinckvwström. Dieser habe fest gestellt, daß zwischen dem Bunde der Landwirthe und der konservativen Partei da» freundlichste Einvernehmen bestehe. An dem Geschrei, daß eS in Folge der Inter pellationen deS Bundes zu einem Zerwürsniß mit den Eonservativen gekommen sei, sei nicht ein wahre- Wort, eS sei ein volle» Einvernehmen hergestellt worden. Dazu ist zu bemerken, daß die Herstellung vollen Einver nehmens nolbwendiger Weise Gegensätze zur Voraussetzung ha, die, wenn sie heute nicht mehr bestehen, vorhanden gewesen sein müssen. Welcher Art sie waren, geht u. A. au» dem Geschicke jener Interpellationen sonnenklar hervor. Wenn Graf von Klinckowström weiter ausführte, daß die freie wirth- schaftliche Vereinigung in» Leben treten werde, so hat er damit nicht Neues gesagt. Hätte er hinzugefügt, daß der vom ersten Vorsitzenden deS Bundes, Freiherr von Wangcnheim, etwas voreilig unternommene Gründungsversuch, ganz abgesehen von der scharf abweisenden Haltung des Centrum», an den« Widerspruch angesehener Conservativer und Nationalliberaler scheiterte, die die Bildung einer solchen Vereinigung der Initiative der parlamentarischen Fraktionen gewahrt wissen wollten, so wäre er ein ebenso er schöpfender wie gewissenhafter Berichterstatter gewesen. Die fieberhafte Sucht, mit der die „Deutsche Tage»;." fast in jeder Nummer die „angebliche Niederlage der Berliner Bundes leitung" zu vertuschen trachtet, beweist, wie sehr die ent gleisten Inkerpellationen und der verunglückte Versuch einer souverainen Gründung der wirthschaftlichen Bereinigung al» Niederlage empsunden werden. Die Herren haben etwa« voreilig den ihnen durch ihre writvrrzweigteAgitationvertrauten rauheren Boden politischer Versammlungen mit dem glatten Parquet des Parlament» verwechselt und sind verdientermaßen zu Fall gekommen. Es wäre für sie und die Landwirlhschasl am besten, wenn sie aus diesem Falle, statt ihn abzuleuguen, eine Lehre zögen. * Berit», 23. December. (Die „große Vergangen heit" deS Dominikanerorden».) Die ultramonkane „Köln. VolkSztg." schreibt zur Vorbereitung auf den dem nächst erfolgenden Einzug der Dominikanermönche in Köln: „Bei der großen Vergangenheit, die der Dominikanerorden gerade in Köln hat, wo er nahezu 600 Jahre bestand, dürfte daS Wiederaufleben deS Ordens in der rheinischen Metropole von der katholischen Be völkerung freudig begrüßt werden". Ueber diese „große Vergangenheit" verbreitet sich der „Rheinische Merkur", eines der Organe der Altkathvliken, in einem längeren Artikel, in welchem gesagt wird: E» sei wahr, daß die glänzendsten Erscheinungen dieses Orden», die großen Scholastiker Albertus Magnus und Thoma» von Aguin, eine Zeit lang in Köln gelehrt haben. Ueber den Werth der von ihnen gepflegten mittelalterlichen Wissenschaft, die Leo XIII. unserer Zeit so eifrig empfiehlt, ließe sich freilich Allerlei bemerken. Aber nicht nur in der theo logischen Wissenschaft haben die Dominikaner eine große Vergangenheit. Auch als die Hauptverfolger der Ketzerei haben sie ^sich einen großen, die Welt mit Schrecken er füllenden Namen gemacht. Dem Dominikanerorden über trug schon kurz nach der Gründung Papst Gregor IX. (Ugoliuo Oonti) 1233 die Inquisition gegen die Ketzer und die der Ketzerei Verdächtigen. Der Dominikanerprovinzial EymericuS hat anno 1376 da- für Jahrhunderte maß gebende gräßliche Bnch, das äirecterium iutzuisitionig ver faßt, auf Grund dessen vornehmlich wieder durch Dominikaner all die bekannten Greuel in der Aufspürung, Inquirirunz, Folterung und Verurtheiluna der Ketzer verübt worden sind. Auch die Verfolgung der Hexen und die Verbreitung des Hexenwahn» gehört zu den großen Verdiensten dieses Ordens. Der Dominikanerproviiizial Hieronymus Visconti in Mailand und andere Ordensbrüder haben die wahnwitzige Lehre vom Hexenflug und vom Hexensabbath „wissenschaftlich begründet" (ähnlich wie Monseigneur Fava, Bischof von Grenoble, vor einigen Jahren dem PalladiSmus Leo Taxil'S die „wissen schaftliche Begründung" verschafft hat). Auch die Ver fasser deS berüchtigten, von Papst Innocenz VIII. 1483 gntgeheißenen Llalleug malelicarum (Hexenhammrr), Hein rich IustiloriS und Jacob Sprenger, waren hervor ragende Mitglieder deS Dominikanerordens und der letztere von diesen war Prior de» Kölner Dominikanerkloster» und Theologieprofessor an der Universität in Köln. Ihr Buch wird mit Reckt al» da» verruchteste, verrückteste und dabei unheilvollste Werk bezeichnet, daS die Weltliteratur hervor gebracht hat. In Köln selbst hat auch der Dominikanerprior Hoogstraden seinen Sitz gehabt, da» Haupt jener Dunkel männer, die wenige Iabre vor Luther'S Hervortretrn de» Ketzerproceß gegen den edlen Humanisten Reuchlin in Gang zu bringen versucht haben. Welchen Ruhm sie der Stadl Köln mit ihrem Treiben verschafft haben, läßt sich aus Len berühmten eplstvlae viroruw obscurorum mit aller Deutlich keit ermessen. * verli«, 24. December. (Petition reich-deutscher Professoren der Schweizer Universitäten an den Reichskanzler.) Den „Berl. N. N." wird von hoch- geschätzter Seite geschrieben: „In den medicinifchen Facultäten der Schweizer Universitäten sind folgende reichsdeulsche Professoren angestellt: Bumm, Immer- mann, Kaufmann, Wille, Kollmann, Metzer in Basel; Eichhorsl, Felix, v. Frey, Gaule, Ribbert, Rüge in Zürich; Hessler, Judas- sohn, Kronecker, Langhans, Müller, Tschirch, Zimmerman in Bern. Tiefe Professoren haben an den Reichskanzler folgend« Petition gerichtet: 1) L« möchte in der demnächst zu erlassenden Prüfungsordnung der Passus „Universitäten des deutschen Reichs" durch dir frühere Bestimmung „deutsche Universitäten" wieder ersetzt werden. 2) LS möchte in die Prüsongsorduung selbst ein Satz aus- genommen werden, daß auch di« Testate der deutsch schweizerischen Universitäten Basel, Bern und Zürich als vottgiltig anerkannt werden. 3) Es möchte den Regierungen der deutschen Bundesstaaten aus irgend einem Wege ermöglicht werden, Aerzte, welche das FrnNletoir. Geschichte des Weihnachtsfeftes un- seiner Gebrauche. Bon E. Blaser. Die Evangelisten St. Matthau-, Marcus, Lucas und Johanne- deuten mit keinem Worte Monat und Tag, nicht einmal die Jahre-zeit der Geburt unseres Heilandes an. Schon im An fänge des dritten Jahrhunderts wußte man nichts Bestimmtes mehr von dem Geburtsjahr und dem Geburtstage Christi. Das älteste Zeugniß dafür liefert Clemens von Alexandrien (gest. 220) in folgenden Worten: „Es giebt aber auch Einige, welche mit unnöthiger Mühe bei der Geburt unseres Heilandes nicht nur das Jahr, sondern auch den Tag zu bestimmen suchen, nämlich den 28. de- Monats Pachon (— April) im 28. Jahre deS Augustus." Der Pachon ist der neunte Monat des egyptischen Kalender-. Der Einführung des Geburtstagsfestes am 26. December ging eine Feier voran, welche sich, wenigsten» dem Sinne nach, theil- weise mit derselben deckt, der Feier, die sich bi- zu uns, wenn auch in anderer Bedeutung, al- Epiphanienfest am 6. Januar er halten hat. Der 6. Januar wurde gefeiert als Gedenktag der Gottwerdung durch die Taufe. Da kam in der ersten Hälfte de» vierten Jahr hundert- eine neue Anschauung über die Person des Heilandes zum Siege, nämlich die Meinung, daß er schon von Geburt an Gott gewesen und die» nicht erst durch die Taufe am Jordan ge worden sei. War bi» dahin der 6. Januar daS Erscheinungsfest, an dem nach gnostischer Anficht in jener Taufe der Gott auf JesuS niedrrgekommen war, neben Ostern und Pfingsten das dritte Hauptfest der Kirche gewesen, so mußt« diese Feier noth- wendiger Weise der Geburtsfeier weichen. Die älteste Spur des Weihnacht-festes, d. h. der Feier deS 26. December als Geburtsfest Christi, findet sich in einem Wichtigen chromographischen Sammelwerk au» Rom vom Jahre 364. Hier ist der Tag zweimal, erstens als der Tag eines ge schichtlichen Ereignisses und zweitens als ein Festtag, angemerkt. Diese Sammlung enthält nämlich u. A. ein Verzeichniß der römischen Consuln vom Jahre 246 der Stadt bis Ä54 n. Lhr., in welchem einige wenige geschichtliche Angaben ausgenommen sind, namentlich folgende (in der Ausgabe von Mommsen 1860, S. 618 u. f.) zu den Jahren 1 n. Chr. Unter diesem Consulat (des Cäsar und Paulus) ist der Herr Christus geboren am 25. December, einem Freitag, dem 15. des Mondes. 29 n. Chr. Unter diesen Consuln (den beiden Gemini) hat der Herr JesuS Christus gelitten an einem Freitag, dem 14. deS MondeS. Diese Sammlung enthält ferner ein Verzeichniß der in der römischen Kirche gefeierten Feste und beginnt mit den Worten: 26. December Christus geboren in Bethlehem in Judäa. Diese» Verzeichniß hängt zusammen mit einem Verzeichniß römischer Bischöfe, welches zuerst im Jahre 336 geschlossen ist und dann nach dem Tode des Bischof» Julius (gest. 362) unter dem Bischof LiberiuS (352—366) einige Zusätze erhalten hat. Wenn auch erst bei Gelegenheit dieser Zusätze der Tag de» Weihnachts feste» (25. December) ausgenommen ist, so wissen wir doch be stimmt, daß der Bischof Liberins e» eingesetzt hat, denn im Jahre 354 wird «S in Rom am 26. December zum ersten Male gefeiert. Ein Jahr früher (363) wurde die Geburt des Heilande» von demselben römischen Bischof LiberiuS noch am Epiphanientage, am 6. Januar, festlich begangen. Die Echtheit des genannten Verzeichnisses wird auch be zweifelt. Chrysostemu» sagt in einer Weihnachtspredigt, die er 386 am 25. December zu Antiochien hielt: „Es sind noch nicht volle zehn Jahre, daß uns dieser Tag bekannt ist." Er sucht nun seinen Zuhörern in dreifacher Weise den Beweis zu liefern, daß Jesu» im December geboren sein müsse. Der dritte Beweis ist folgender. Chrysostemu» sagt: „Der Hohepriester*) Zacharia» *) Chrysostemu» nimmt an, der Vater des Johanne» sei Hoher- priefter gewesen und diese Ansicht theilt er mit anderen Kirchen vätern. empfing im Allerheiligsten die fröhliche Botschaft von der zu künftigen Geburt seine» Sohne». Da nun der Hohepriester nur einmal im Jahre, am VersöhnungSfest, da» Allerheiligste betritt, und zwar im Monat September, so wissen wir, wann Zacharias mit dieser fröhlichen Nachricht erfreut wurde. Sechs Monate danach, also im Monat März, wurde der Maria vom Engel ein Sohn verkündigt. Zählen wir nun von da neun Monate, so gelangen wir zu dem gegenwärtigen Monat December, in welchem unser Heiland JesuS Christus geboren worden ist." Ephraem, der Syrer, sagt in einer Predigt über die Geburt des Heilandes: „JesuS wurde geboren in dem Monate, in dem daS Licht siegt." Ein alter anonymer Autor sagt zu Matthäus 24, 22: „Die Nächte werden länger bis zum neunten Monat *), wenn Christi GeburtSfest gefeiert wird." Aus diesen Erörterungen und Aus sprüchen kann man einen Beweis für den Monat, aber nicht für den 26. Tag des Monat» December finden. In Italien galt der 26. December als Sonnenwendtag, als Geburtstag der neuen Sonne, und unser Weihnachtrfest beruht auf einem natursymbolischen Motive, indem seit dem vierten Jahrhundert der schon im Heidenthum (namentlich im römischen) vielaefeierte Tag der Wintersonnenwende, der Tag de» in der tiefsten Winternacht seinen Siegeslauf neu anhebenden Somzen lichter, zur Geburtlfeier Christi sinnig gewählt ward. Auf die meisten Feste der alten Völker hat da» Naturleben, die Wirkung der Sonne, einen bedeutenden Einfluß gehabt auf den Landbau. In der altchriplichen Literatur weisen viele An deutungen darauf hin. Der 25. December, als kürzester Tag und als der Tag der wiederkehrenden Sonne, al» drum» (zu sammengezogen aus brc>vj,8imn 8c. ckies) und äies »olis inrlcti (Tag der unbesiegbaren Sonne) wurde zum natslts Domini (zum Geburtstage de» Herrn), qnln ipso ort 8ol ^usticino (weil er ist die Sonne der Gerechtigkeit). E» lag nahe und war eine geistreiche Anpassung, Christum als da» Licht der Welt und seinen Geburt-tag al» den Beginn des neuen goldenen Zeitalters an die Stelle der Sonne zu setzen, um ") Ter neunk« Monat ver Juden entspricht dem Tecember. die heidnische Festzeit, wie sie besonders in der heiligen Stadt des Heidenthum- heimisch war, mit etwa» Höherem zu erfüllen, und erklärt es, wie diese Weihnachtsfeier gerade von Rom aus gegangen ist. Von Rom aus hat sich das Weihnacht-fest im ganzen Morgenlande verbreitet. In Konstantinopel wurde 379 und in Antiochien 388 die erste Weihnacht-Predigt gehalten. Am längsten haben Egypten (432) und Palästina (461) der Ein führung Widerstand geleistet. Im Ganzen vergehen also nahezu hundert Jahre von 354 bis 451, ehe da» Weihnachtsfest überall in der ganzen Kirche an demselben Tage, am 25. December, gefeiert wird. Die Beziehung des Sonnenwendtages zum Geburistag- Christi ist von den kirchlichen Rednern und Schriftstellern der folgenden Jahrhunderte vielfach erwähnt und zur Vergleichung herangezogen worden. Schon Chrysostemu» (um 400) sagt einmal: „Bildlich nennen die Leute diesen heiligen Tag der Geburt de» Herrn die neue Sonne und schaffen durch diese Bezeichnung eine Art lieberem stimmung zwischen Juden und Heiden." Oder an einer anderen Stelle: „Sie nennen ihn (diesen Tag) den Geburtstag de» Unbe siegten, oder sagen, es sei der Geburtstag der Sonne — er selbst ist die Sonne der Gerechtigkeit." Der Bischof Maximu» von Turin preist die Vorsehung dafür, daß Christus gerade an einem heidnischen Feste geboren werden mußte, damit die Menschen angeregt würden, sich heidnischen Aberglaubens zu schämen. Faustu», der Manichäerbischof, warf dem Augustin vor, daß die Christen da» Geburt-fest der Sonne nur unter einem anderen Namen feierten. Augustin bekämpfte diese Anschauung und schrieb: „Wir feiern den 25. December nicht wegen der Geburt der Sonne, wie die Ungläubigen, sondern wegen der Gxburt dessen, der die Sonne geschaffen hat." Leo I. (440—461) klagt in einer Weihnachtspredigt sogar, der Teufel habe einfältige Seelen so berückt, daß sie sich ein bildeten, dieser Tag sei nicht sowohl wegen der Geburt des Jesu», sondern vielmehr wegen der Erneuerung der Sonn» heilig.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite