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Dresdner Nachrichten : 24.07.1871
- Erscheinungsdatum
- 1871-07-24
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-187107241
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-18710724
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-18710724
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Nachrichten
- Jahr1871
- Monat1871-07
- Tag1871-07-24
- Monat1871-07
- Jahr1871
- Titel
- Dresdner Nachrichten : 24.07.1871
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Kufnat« «nd«n angmo«»«»: ttS SlbcndS «, Sonntag» r «Mittags 12 Uhr Marienstratzel»; tn Neustadl: Eochdruckerei M, Job. PLßler, Wr.Sttostergasses. Leigen in dies. Blatte Inden eine erfolgreiche Verbreitung. Auflager Dtzvvo Exemplare. Tageblatt für Unterhaltung und Geschäftsverkehr. Druck und Sigenthum der Herausgeber: Liepsch LNtichardt. — Verantwortlicher Nedacteur: Julius NMar-t. Fkonnemenk: Vterleljäbrlich 80 Ngr. bei unentgcldlicherLl«» ferung in'd Hau4. Durch die König» Post dterleljahrl. 22^ r-Ngr. Einzelne Nummern 1 Ngr. Juseralenpreise: Für den Raum einer gespaltenen Zelle: 1 Ngr. Unter „Eingesandt* die Zette 2 Ngr. Sir. M». Scchszehnter Jahrgang. Dresden. 21. Juli. — Der seit Dccrmber v. I. nach dem (s-lsaß commandirt und in Altkirch stationirt gcwe>cne k. sächsische Grcnz-Polizci- Commissar Herr v. Krcckcr-Drostmar ist jetzt von dort hierher zurückgckehrt und hat seine Stellung in Botcnbach wieder an- getreten. - Die Chcimiitzcr Naetnirllten schreiben: „Von gntpcrbüegtcr Seite wird uns die Mitteilung gebracht, das! diesigen Soldaten das Lesen der Chemifltzer Nachrichten und ein „vertraulicher Umgang mit dem Civil" seitens eines HauptinannS verboten worden sein soll. Wir legen einem derartigen militärische» Be fehle nicht grosse Bedeutung bei, verwundern unö aber darüber, daß man in gewissen Kreisen ein so kurzes Gedächtnis, taiür zu haben scheint, waö für Opfer liberale Blatter und das Civil auch ihrerseits in dein ruhmvoll beendigten Kriege gebracht und welcher Sorge sie sich um Verpflegung der sowohl im Felde stehenden als der hcimgekcbrten invaliden Soldaten unterzogen haben." — Zu dem Maurcrllrlke in Berlin liegen folgende neuere Nachrichten vor: Am Donnerstag 'Abend land im Saale des Conccrthauscö eine ausnehmend stark besuchte Bersammlung hie siger Maurermeister statt, um etwaige gemeinsame Schritte gegenüber der Arbeitseinstellung der Maurergesellen zu be- ratben; zu derselben hatten sich auch, waö Beachtung verdient, eine gröbere Anzahl königlicher und städtischerBaubcamten ein- gciundcn, die sich blöder von derlei Bcrsammlungen prinzipiell scrubielten. Die Debatte war eine sehr lebendige: der Beweg grund der Gesellen, gerade jetzt den Strike zu erbeben, trotzdem die Baulust noch lange' nicht den wünschciiöwcrtlwn Grad er reicht hat, glaubte man fast allgemein in dem mit allen dis poniblen Krallen betriebene» Parlamentsbau erblicken zu sollen, m Holge dessen hier und da der Wunsch laut wurde, gerade unter den jetzigen Umständen müsste dieser Bau zur Zeit nicht fertig ge stellt werden, um den Behörde» und der Volksvertretung von den Gcschästöstockungen im Gefolge der unbeschränkten Coa- Utionösreihcit ein Bild zu geben. Von einem Nachgcben gegen die Forderungen der Gesellen war nicht entfernt die Rede; im Gcgentheil, da — wie behauptet wurde — bisher nur 4 Meister durch ihre Unterschrift in dicRcduction der Arbeitszeit gewilligt haben, hofft man auch von dieser Seite auf baldigen Sieg in dem gegenwärtigen Kampfe. In diesem Sinne stimmte die Versammlung einmüthig auiS neue der im Monat Mai d. I. ge Mc» Resolution zu, nach welcher vom nächsten Jahre ab die nounalmäßlge Arbeitszeit auf 10 Stunden täglich stritt, gleichzeitig aber auch das >-tundc»löhnungSsvstcin cingciübrt werden soll. — Verschiedene Anträge, u. a. die, auch aus den jetzt noch im Betriebe befindlichen Bauten die Arbeit cinzu- stellcn und die Zimmcrmeistcr aufzufortern, ein Gleiches zu thun. wurden der bestehenden Commission von 2l Meiner» zur Vorbcratbung überwiesen, diese Commission gleichzeitig iu Per manenz erklärt und durch die Herren k. Baumeister Böckman», k. Baumeister zur Nicdcn, Bandirector Pleßner und Stadtbau- ratb Mehcr verstärkt. In der Versammlung der Poliere, welche Vas Strikccomitcc veranlasst batte, ist eö ziemlich eigcnthümlich zugcgangen, und wir müssen unsere Mittbciiung, als batten die Poliere mit den Maurern svmpathisirt, wesentlich einschränkcn. ES lag eine Resolution zur Abstimmung vor, worin tiePolicrc geloben sollten, den Kampf der Maurer mit allen Kräften zu unterstützen. Als cö aber zur Abstimmung mittelst Handaus- Hebens kam, stimmten sämmtlick'c Polier: gegen diese Resolution. Da erklärte nun das Strikreomitee, welches sieb die gewünsch ten Resultate der Versaminlung unter den Händen entschlüpfen sab: daö sei gar keine sreic Abstimmung und cö würden an den LhürauSgängen Bogen ausgclegt werden, wo Jeder durch Hin- einschreibcn eines „Für" oder „Gegen" (die Reiolution» abslim- men könne. Die Poliere lieben sich dieses von den geschickten Socialdemokratcn vorgcmachte Stückchen Comödie auch ruhig gefallen, tappte» in die Falle hinein und cö fand nun die „freie" Abstimmung statt. Daö Strikccomitce und seine Anhänger brachten die Unterschriften „Für" aus die Bogen, während viele Poliere „Gegen" oder gar nicht schrieben. Das Resultat dieser „s.cien'" Abstimmung war natürlich, daß tiePolicrc sich „für" den Strike aussprachcn. S o wird heutzutage der Volkswillc ermittelt! Auf dem Parlamentöbau ging cs sehr bunt her, ca eine große Anzahl der dort beschäftigten Maurer nicht mit strikcn wollte. Diejenigen Kameraden aber, die partout feiern wollten, umstanden die fleißigen Kameraden mit höhni schen Mienen; alö slc durch Schutzleute von dem Bau entfernt worden waren, kamen sic immer wieder zurück unter dem Vor wände, ihr Handwerkszeug zu hole». >5» Gesellen sitzen bereits. In einem großen Thell der Arbeiter macht sich allmälig doch die Ilcbcrzeugung geltend, daß mit den Arbeitseinstellungen doch nur ein ,chr zweifelhafter Erfolg erzielt werde. Denn ge setzt, die Maurer dringen mit Ihren Forderungen durch, so mus. sen die Baumeister tbcurcr bauen, die Häuser und Wohnungen werden tbcurcr, die H vothckcn müssen tbcurcr verzinst werden, und natürlich wohnen die Maurer In den durch ihren Strike verthcuerten Wohnungen auch wieder tbcurcr, müssen auch, da andere Arbeiter ebenfalls, um die theurcn Miethprcisc erschwim gen zu können, Strike nurehen und höhere Löhne erhalten, de ren Erzeugnisse thcurer kaufen, und so hat sich zuletzt weiter nichts herausgestcllt, alö daß Alles, das ganze Leben thcurer geworden ist. Dann geht daö Strikcmachen von Neuem an und das Resultat ist weiter nichts, alö die tiefe Unzufriedenheit der Arbeiter, über welche sich nur die soeialdcmokratischcu Hetzer freuen, die hierbei im Trüben fischen. — Ein ticiergreifendeö Unglück ereignete sich dieser Tage aus der sächsisch-bairilchcn Eisenbahn im Voigtlandc. Aus dem letzten Wagen teö Zuges, der die allerletzte» französischen Ge fangenen nach der fernen Hcimath schaffte, stürzte Nachmittags 4 Uhr ein Franzose heraus und fiel so unglücklich, daß der den Train schließende Eisenbahnpostwagen ihn schwer am Kopfe verletzte und den linken Arm buchstäblich vom Leibe riß. In einer Stunde starb der Acrmste, nachdem er noch nach Wancr und in rührendster Weise nach Vater und Mutter verlangte, rau v. Feilitzsch aus Groball, dem Orte, in dessen Stäbe daö «glück geschah, gewährte dem Sterbenden den letzten Labe srunk, bettete ihn später, alö er verschieden, in den Sarg und Mitredacteur: Theodor Dronisch. Montag, 24. Juli 1871. sorgte für reichlichen Blumenschmuck. Der Sarg wurde in die rodtcnballe des nahen Mißlarcutb gebracht und von dort aus unter Gloctcngeläutc und Choralgesang nach einer vortrefflichen Rete des Ottspiarrcrö, unter starker Betheiligung der tiefbe wegten Gemeinde au, dem Gottcöackcr beerdigt. — Seit Freitag Stacht wird von dem Schleppdampsschiff Nr. 2, welches bei Vorstadt Neudorf vor Anker lag, der Feuer- mann Nätzsch von hier, ein noch junger Mensch von ca. 20 bis 22 Iabren, vermißt. Man vcrmutbet, daß er vom Schiff in die Clbc gefallen unk ertrunken ist. Inmitten der mehr oder weniger umfänglichen Strikcn, welche aller Orten aullauchen, ist cö um so erfreulicher, wenn auch von freundliche» Verhältnissen zwischen Arbeitgeber und Arbeitern berichtet werden kann. Ein solch schönes Bild der Eintracht bot sich am 20. d. M. bei Gelegenheit teö 25jährigcn Jubiläums der Toilette-Seifen- und Parfümcricfabrik dcö Herrn Iumpelt auf der Hobcnstraße dar. Der Chef teö Etablissements lud sämmtlichc Arbeiter zur Thcilnahme an der solennen Fest- fcier ei», aber auch daö Personal dcö Hauscö ehrte den Jubilar in dankbarer Weise durch Ueberreichung eines silbernen Pvkalcö und eines Lorbeerkranzcö. Möchten solch schöne Bilder in Ge werbe- und Fabrik!Skalen allseitige Nachahmung fluten. — Gewerbe-A nöstcl lung. Ein wenig gekannter, aber interessanter Zweig der Holztechnik, die Kork-Industrie, wird durch einen der bedeutendsten Industriellen dieser Brauche in Europa, C. Lindcmann in Dresden und Raschau, aui das Würdigste rcpräscntirt. Der Genannte bat daö Geschält IX,5 gegründet, diesen >o wichtigen Industrie zweig nach Besiegung großer Schwierigkeiten und Hinder nisse zuerst in Deutschland eingcführt und ibn durch ener gische Anstrengungen zu einer ausgezeichneten Blütbe gebracht. Besondere Schwierigkeiten macht fortwährend die Heranbildung geschickter Arbeiter. Die große Sortenverschiedenbeit der Flaschen korke. von denen zu einem vollständigen Sortiment über 200 Nummern gehören, und die dem Uneingeweihten kaum bcgrcif- lichcn Härtcdiffcrenzcn in der Rinde der Korkeiche, eine Folge vom Alter des Baumes ebenso, wie von Klima und Boden, schließen de» Gebrauch von Maschinen gänzlich aus. Die ge summte Fabrikation von Korkartikeln beruht sonach aus freier Handarbeit und setzt große Fertigkeit der Hand voraus. Dem tbatkräftigen Bemühen Lintemann'S ist es gclunge», sich eben bürtig neben die renommirtcstcn spanischen und französischen Firmen seiner Branche stellen zu können unk seinen ausgezeich neten Fabrikaten ein großes Absatzgebiet weit über Deutschlands Grenzen hinaus zu verschaffen. Ausgestellt sind außer etwa 50 Sorten der verschiedensten Pfropfen auch Durchschnitte der Korkeiche, Rindcnstückc, ein Ast mit Blättern re. Die in Kork gearbeitete Firma ist selbst ein vielfach angcstaunter 'Ausstel lungsgegenstand. Viel Aufmerksamkeit erregen die aus dem fein sten Material hcrgcstclltcn homöopathischen Spitzkorlc und die Korke für mit Odeurs gefüllte Beeren der Blumcnfabrilation, die auch über den Oeeaii loandcrn. Die Abfälle bei der Fabri kation bieten ein wcrthvollcö Material für Tmnanstaltcn, da sie durch ihre Elasticität und weil sie nickst stäuben, ganz be sonders iür Füllung der Turn-Matratzcn sich eigne». Der Di- rector der königl. Tnrnlchrcr-BildungSanstalt zu Dresden, Ist-. Kloß, hat sic wiederholt in seinen Schriften zu genanntem Zweck empfohlen. Die Firma hat aui allen Ausstelstmgcn, aus denen sie vertreten war, den ersten Preis erhalten. Wien, 22. Juli. Unter Bctheiligung von Berliner Ban- guierS wird die Gründung einer austro-ungarischcn Cscompt- gescllschall vorbereitet. Das Acticncapital ist auf 20 Millionen festgesetzt: bei der Subscription müssen 40 Pro cnk Ungezählt werden. — Ferner steht die Gründung eines Crctitinstitutcö für Tvrol unmittelbar bevor. Hieran ist vorzüglich daö HauS Rothschild bctheiligt. — Die „N. Fr. Pr." melket in der Num mer vom Sonnabend: Die ungarische Anleihe ist von einem Berliner Consonium und der ungarischen Bodcncrckitanstalt definitiv übernommen worden. Dieselbe ist für den deutschen Markt bestimmt und daher die Anleihescheine in Thalcrn aus gestellt. Der Gesammtbctrag ist 20 Millionen Tbalcr und wer den die Anlcihcschcine mm Conrie von 75 ansgcgcbcn. Pest, 21. Juli. Der Ministerrath hat beschlösse», die bei den Nachbarstädtc Best und Oien zu einer.rxiuptstatt zu ver einen. — Der Minister Antraszv wird dem Dcputirten MilcticS einen Prcßprozeß machen, weil dieser ihn in dem Journal „Zastava" der Theilnabme an der Ermordung des Fürsten von Serbien beschuldigt bat. P a r i s. Wie das „Journal dcö DöbalS" erfährt, wird die Regierung nächstens einen Gesetzentwurf, betreffend den Wie deraufbau des Tuilcrienschlosscs, cinbringcn. Cs soll nun der von Philibcrt Dclormc gebaute Pavillon de l'-vorloge wieder hcrgestcllt und mit dem Pavillon de Marsan und de Flore durch einen Säulcngang verbunden werden. Die Kosten hofft inan durch den Verkauf des Terrains des Finanzministeriums in der Ruc de Rivoli zu decken. Waö den Wiederaufbau dcö Stadt hauses betrifft, so soll diese Frage von dein neuen Gcineintc- ratbe entschieden werten. ES liegen zweiProjecte vor; nachdem einen würde das Stadthaus in seinem ganzen Umsauge, wic eö vor dem Brande eristirte, »ach dem anderen nur die kleine Fa- oadc, die bis zum Jahre U-A5 bestand, wieder hcrgestcllt wer den. — Die „Libcrtö" erzählt von dem „Hoflagcr von Ehisle- hurft" folgende boshafte Corrcspondcnz: „In der Londoner Ge sellschaft unterhält man sich allgemein davon, daß der erkaiscr- lichc Hos in Chiolchurst äußerst einsam und mit einer Sparsam keit lebt, die allzu übertrieben ist, um nickst zu allerlei Ausleg ungen Anlaß zu geben. DaS Landlvius von Cbislehurst ist eine > bürgerliche Villa, deren plumper, gewöhnlicher Stvl durch kei nerlei Zier gehoben wird. Ein schöner Park ist die ttnzigc An nehmlichkeit dieser Residenz. Die Einwohner, die sich hierher zurückgezogen haben, leben zu ihrem großen Leidwesen mit einer zu zahlreichen Umgebung. Beinahe 80 Personen bilden den Hof Napolcon'S UI. und seiner Gemahlin. Die Gräfin Clarv ge hört zu de» hingebungsvolle» Damen, die sich über daö Trau rige dieses Aufenthalts beklagen; Fräulein von Lcrminaur er füllt gewissenhaft ihre Rolle als Vorleserin und Ehreniräulcin: sic liest nickstS und sic empfängt Niemand. Die Fräuleins von Alba nehmen kein Blatt vor den Munt und die Echos von 1 ChiSIchurst sind voll von den Klagen dieser bcid:n Nhmphen, Opfer ihrer Verwandtcnpflicht gegen die Kaiserin Eugenic, eines zur Stunde recht traurige und beinahe mißmuthige Tante. Sitz sagen, daß sie, da sic nun einmal ihre Kost selbst bezahlen mü» sc», eben so gut in Madrid leben könnten. Cs war ihnen allenl falls recht, in St. Cloud oder Fontainebleau die Schäferinnen Zuspielen; aber obgleich ihnen der kaiserliche Prinz vorstcllh daß in Ehiölchurst die Bäume viel schöner sind und die Land> schall viel natürlicher ist. lassen sich die holden Mädchen nuk schwer trösten und Ihr Ritter kehrt endlich, deö Streites müde,' mit dem jungen Conncan zu seinen geliebten Ställen zurück. Die Noth ist groß in Chiolchurst, wiederholt im Chor eine naive Gesell,chait, und Hirvoir hat zur Aufmunterung der Wähler noch die letzten Millionen mitgenommen. Die Kaiserin hat nickt einmal einen Wagen für ihre Erholung; sic muß im Park spa zieren gehen und befindet sich darum nickst schlechter. Gleich wohl bemerkt man allgemein die ungeheure Veränderung, welche das Unglück an ihrer Person und an ihrer Schönheit vollzogen, hat. Napoleon seinerseits nimmt bei der spartanischen Lebens weise in wahrhaft beunruhigendem Grade an Umfang zu. Man; hat einen berühmten Kock, Herrn Ferrand, dessen Sohn Eapi- tain in der Mobilgarde und dessen Tochter an einen Viceconsul in Australien verbeiratbet ist, entlassen, weil er zu viel Geld auögab. Mein Gott, die Noth ist so groß in Ehislehurst! Die erste Kammerfrau der Kaiserin hat vor einigen Tagen eine ge- hcimnißvolle Reise nach Paris gcmachi und dort die Diaman ten ihrer Herrin von den Kronjuwelicrcn abschätzen lassen.' Gestern hat inan mit den ersten Iuwclcnhändlcrn von London eonferirt und der Verkauf der Diamanten ist eine vollzogene Thatsache; zu welchem Preist, weiß man nicht; aber die Noth ist so groß in CbiSlehurst, daß die Juweliere gewiß ein vor treffliches Geschält gemacht haben. Das Einvernehmen zwischen den beiden Eheleuten soll nicht daö beste sein. Die Frau ver zeiht eö nicht ihrem Manne, daß er sich nicht als Held in Sedani gezeigt hat; sie fühlt sich noch mehr in ihrer Eigenliebe dcnrr in ihrer Würde alö Souverainln gekränkt. Es heißt, daß sie; gern nach Madrid reisen wollte und daß der Ehemann sich, dem entschieden widersctzt hätte. Sie batte sogar schon Auftrags gegeben, eine Besitzung der Königin Isabella in der Nähe der spanischen Hauptstadt anzukauscn, aber Napoleon gab cs nicht zu, und daö namentlich seines Reichtbumö an Erdbeeren wegew bekannte Gut ging für 4,500,000 Francs an die Herzogin vow Fcrnand-Nuncz üdcr, die aber vielleicht nur kür die Kaiserini vorgeschoben ist. Am Ende wollte sich Eugcnie durch die Ueber- siedelung nach Spanien nur ibrcS lästigen Hofes entäußcrn, der um so treuer an ihr hängt, seitdem er erfahren, daß sie ihr»' Diamanten verkauft bat. Brüssel, 21. Juli. Die Kammer ratiflcirte mit 52 Stim men gegen 16 <und cineAbstiminungöenthaltung) den Abschluß, cllicr Anleihe von 50 Millionen, von denen 22 Millionen für neue öffentliche Arbeiten bestimmt sind. Nom, 21. Juli. Die Iiiguisitionscongregation hielt Mitt woch eine außerordentliche Sitzung unter dem Präsidium deS Eardinalö Patrizzi. — Der intcriiationalc Eongrcß dcrGcgner der päpstlichen Unfehlbarkeit ist für de» October In Florenz anberamnt. Die Einladungen zu kemsclbc» werden nächstens ergeben. — Wie man bcMuptct, ist cs des Papstes Wille. daS Amhednngökccrct der religiösen Orden durch Verhängung der großen Crcommunieation über den König Victor Emanuel und des Intcrkicteö über die Stadt Rom zu beantworten. Turin, 21. Juii. Zur Krönung des ersten Königs von Italien hat sich ein Comitce gebildet. - Der Kronprinz Hum- bert von Italien wird außer de», spanischen auch den Berliner, Wiener und Londoner Hoi besuchen. Petersburg, 22. Juli. DaS russische Posidepartement mackst bekannt, daß angcsickstö deö bevorstehenden Ausdruckes einer Revolution in China darin adrenirte Wcrthpaciucte, sowie Geld- und sonstige Briefe nur u n rccommandirt angenommen werten. Odessa, 2l. Juli. AnS Tamboff wird eine Zunahme der Cholera gemeldet. Südrüßland ist noch frei von Epidemien. London, 22. Juli. Die „Timcö" meidet aus Paris, daß die Dedattc über die römische Frage vertagt ist. — Dasselbe Blatt schreibt, daß die französischen Marickälle und Generäle, welche im letzten Kriege rommandirten, mit alleiniger Ausnahme Lcbocui's, die Wahl haben sollen, halben Sold oder Pension anzunchmen. KöninliclitS Hostheater. Sonnabend, 22. Juli. Robert der Teufel. Oper in fünf Aufzügen von Giacomo M evcrbecr. — Neu cinstudirt. Nach langer Zeit der Ruhe erschien das Werk Meyerbcers. welches eigentlich die erste Oper war, die den Namen des Com ponistcn in ganz Europa berühmt mackste. Jene Oper, wo die romantische Poesie des Mittelalters hcrambeschworen wird, wo die christliche Fabelwelt des Ariost mit ihren Dämonen in Hcroldgestalt, ihren Talismanen, mit ihrem Teufel in Mcn- schcnhülle daS Auge und daS Obr erfüllt und am Schluß der Geist des Bösen vor dem christlichen Sinne weichen muß, der aui den erhabenen Klängen der Orgel einherbrauft. Wen» mehrfach bei den Sängern vorgestern Abend eine Adgcspannthcit zu bemerken war, so setze man dies auf Rech nung der zwei rorhergcgaiigcne» schweren Tbcaterproben, wozu sich am 'Abend noch die große Hitze gesellte, welche namentlich am die Intonation einen ungünstigen Einfluß hat. ES bäuchte, als wenn sich diese Dinge selbst am den Dirigenten, Herrn Hof- kapcllmciflcr Rietz, erstreckt hätten, indem oll die Tempi zu langsam genommen wurden, wodurch etliche Nummern etwas Schleppendes erhielten. Schlag lo Uhr, wo die Oper enden sollte, begann cm der fünfte Act. Jedenfalls sang Fräulein Ziminermann dicPatthicder 'Alice zum ersten Mal und bot sicher Allcö auf, de» Grundzug der Partbic i» seiner Klarheit erscheinen zu lassen. Esgiltbwr, äckstc Weiblichkeit und Unschuld in der Person eines cinsact-cn LantmäkchcnS an de» Tag zu legen, die als Hlmmelöbote aut- tritt, obgleich sic auf ihre Sendung die Worte anwcnden könnte: „Die Boksthall hör' ick wohl, allein mir kehlt der Glaube!" Die französisch scharf gewürzten koketten Rouladen im Terzet»
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