Suche löschen...
02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 19.04.1905
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1905-04-19
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19050419029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1905041902
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1905041902
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1905
- Monat1905-04
- Tag1905-04-19
- Monat1905-04
- Jahr1905
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
BezugS-PrviS in der HauptexpebMon oder deren AnSqabe- stellen abgrholt: vterteljLhrlüch 3.—, bet zweimaliger tügsicher Zustellung in» Han» S.7ö. Durch die Post bezogen für Deutsch land u. Oesterreich vierteljährlich 4.50, für die übrigen Länder laut Zeit» ngSvrriMste. riese Rumnter tostet ZQGZ? aus allen Bahnhöfen und I I bei den ZrttungS-VrrkSuseim I Erdaktton und Expr-itton: 153 Fernsprecher LLL Johannisgasie 8. Hnnstt-Ftltnle DveSden: Diarienstraße 84 (Fernsprecher Amt l Nr. 1713). Hanpl-Filiale -erlitt: CarlDuncker, Herzgl.Baqr.Hofbuchbanb7g„ Lützowstraßr 10 (Fernsprecher Amt VI Nr. 46031 Abend-Ausgabe. 'cipMcr Cagcblall Handelszeitttng. AmisVlatt öcs LlSnigk. Land- unö des ÄSuigk. Amtsgerichtes Leipzig, des Aales und des Vokizeiamtes der Stadt Letpstg. Anzrtge». Preis die 6gespaltene Petitzeile 25 Familien- nnd ÄteUen-Anzeigen 20 »s. Finanzielle Anzeigen, GeschästSanzetgen unter Text oder an bewnderer Stelle nach Taris. Bi« 4 gespattens NeNamezeilr 7ö Annahmeschlutz für Anzeigen: Ab end-Ausgabe oormittagS 10 Uhr. Morgiu-Au-gab« «ichmittaq« 4 Uhr. Anzeigen sind stets an die Expedition W richten. Grtlck-Betklgrn <n»r mit »er Morgen- Ausgabe) noch besonderer Vereinbarung. 1i« EMediAo« ist wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis abend» 7 Uhr. Druck und Verlag von G, Patz i» Leipzig iJnb. l)r. R. st W. Slintdardtl HeranSgebeZ: vr. Metor -linkstar»«. Nr. 209. Mittwoch dert 19. April 1905. 09. Jahrgang. Var MckNgrtr vom tage. * Offiziös tritt man der Auffassunq eniqeqen. als leaten die verbündeten Regierungen kein Gewicht darauf, daß der Reichstag nach seinem Wiederzusam mentritt noch alle Unerledigten Vor lagen aufarbeite. * In Foggia haben aestern Landleute den Bahnhof mrd das diesen bewachende Militär über fallen. (S. Ausland.) * Der Ausstand der Libaner Hafenarbeiter ist aestern durch Gewähruna der Lohner höhung beendet worden. * Der Warschauer Generalaouverneur Mari- mowitsch ernannte eine Kommission von 8 Mit- gliedern zur Ausarbeitung eines Gesetzes für Einfüh rung der Landesautonomie. pattllttllalirtenrslKen. Hri lebet noch — der sächsische PartikulariSmus nämlich, and schreibt wütige Artikel wider die „liberalen Unitarier", diese heillosen Gesellen, die nunmehr» sogar die königlich sächsischen Eisenbahnen dem Minotaurus Preußen-Deutsch, land zuführen «ollen, auf daß er sie verschlinge. Wahrlich, sh ist e-, denn in den „Sächsischen Politischen Nachrichten", de« konservativen Korrespondenzorgan, steht es geschrieben. Zwar ist auch bei den Konservativen die Vorsicht Mutter aller Tugenden, und deshalb versieht man solchen Artikel „für alle Fälle" mit einer Note, die also lautet: Dieser Aufsatz ist uns von einer der konservativen Partei nahe stehenden Seite Mgegangen. Wir bringen ihn zum Abdruck, weil wir glauben, daH er eine Auffassung wiedergibt, die von vielen „Sachsen" geteilt wird. Die Schriftleitung. Nun soll einer kommen und die Konservativen festnageln wollen. Man bat sich salviert und der Zweck wird so gut erreicht wie ohne Rote. Der erste Teil geht nach der Melodie: Die Sache wird von den Liberalen befürwortet, ist also höchst bedenklich. Man lese: Bevor der Landtag der geplanten Betriebsmittelgemeinschaft zustimmt, sollte derselbe die Konsequenzen eines solchen Beschlusses doch recht erwägen. Es sei zunächst darauf hingewiesen, daß die BetriebSmittelgcmeinschast einer Forderung unserer liberalen Uni tarier Halbwegs entgegenkommt. Unifizierung der sämtlichen deutschen Bahnen ist ihr Ziel, die Staatsbahnen müssen beseitigt werden, wie überhaupt die Kompetenzen der Einzelstaaten immer Mehr zu beschränken sind. Wir hegen den starken Verdacht, daß die Leiter der konservativen Korrespondenz ihre Abnehmer und Leser für politische Säuglinge halten, denn anderen Menschen kindern würden sie doch Wohl das Märchen von den bösen Liberalen, die nun auch noch an der Betriebs- mittrlgemeinschaft schuld sein sollen, nicht einzureden riskieren. Die Sache lag jedenfalls etwas anders, und man sollte meinen, die Geschichte von der Heidelberger Konferenz sei noch zu jung, als daß sie schon vergessen sein könnte. Dir Pourparlers wurden von Preußisch-Berlin aus eingeleitet, Sachsen machte nicht mit (der Grund steht amtlich noch in einem Buche mit sieben Siegeln) und die Heidelberger Konferenz mußte sehen, wie sie ohne Sachsen fertig wurde. Dies tat sie denn auch, man verständigte sich und — Sachsen nahm an den weiteren Verhandlungen in Berlin teil. So ist der äußere Feuilleton. Möblierte Zimmer. Roman von Rudolf Hirschberg-Jura. Nachdruck verdotrn. Schweigend brachte sie aus dem anderen Schranke Teller, Taffen, Gläfer und die Kaffeekanne hervor und entnahm endlich dem Bücherschränkchen eine Schachtel Zigaretten, die hinter den Büchern versteckt waren. „Tie Mutter ist noch etwas altmodisch tn dieser Be ziehung", sagte sie, „und liebt es nicht, daß ich rauche. Wenn sie die Zigaretten unter den Vorräten entdeckte, so würde ihr das Kummer bereiten, und das vermeide ich als gute Tochter." Wieder entstand eine Panse im Gespräch, während deren er ihrem geschäftigen Treiben behaglich zusah. Nun war der Kaffee fertig. Sie trug ihn auf, setzte sich neben Ewald auf die Bank, und jetzt tn dem ge schlossenen Raume und in dem engen Beieinander spürte er deutlicher den Dust ihres Parfüms, das ihn in der leise bewegten Luft des Gartens nur flüchtig berührt hatte. ES war Opvponax und schien mit berauschender Kraft unmittelbar von dem spitz zulaufenden HalSaus- schnitt ihre» weißen Kleide» außzugehcn. Dieser süßliche Geruch vermischte sich zu sonderbarer Wirkung mit den, schweren, opiumhaltigen Duft der amerikanischen Cigaretten und rief mit unwiderstehlicher Gevmlt d« Erinnerung an einige feilt,r Pariser Aden- Verlauf der Dinge, für den die sächsischen Parti» kularisten die „Liberalen" verantwortlich machen möchten. Nicht, daß diese nicht gern und willig diese schwere Ver antwortung für ein Gebot der Vernunft trügen! Aber sie haben in diesem konkreten Fall gar kein Recht aus die Ver antwortung. Es ist also eine Hebung im Klopssechten, wenn in der Korrespondenz weiter geschrieben wird: ES wird von verschiedenen Seiten mit Hochdruck daran gearbeitet, datz Deutsche Reich seines bnndessiaatlichen Charakters zu ent kleiden, die Partikuiarstanien zu bloßen Verwaltungskörpetn, zu Satrapien zu degradieren. Ein weiterer Schritt aus diesem Wege ist eben die geplante Vetriebsmittelgememschaft. Man soll dieselbe nur ja nicht sür harmlos halten. Ihr wird und muß in einigen Jahren die volle Betriebsgemeinschaft so sicher folgen, wie das B dem A. Das hat auch am 5. April der württrmbrrgische Minister von Soden im dortigen Landtage mit den ahnungsvollen Worten angedeutet: Wenn die Betriebs mittelgemeinschaft den Erwartungen nicht entspricht, so wird an ihre Stelle „etwas anderes" gesetzt werden. Der Herr Minister scheint demnach der Meinung zu sein, daß die erhofften goldenen Berge ausbleiben werden. Und er wird sicher recht haben. Die großen materiellen Vorteile, die man uns stets als Köder vorgehalten hat, sind eitel Blendwerk. Ein so guter Rechenmeister wie der Herr von Budde hat ja auch vor kurzem im preußischen Abgeordnetenhause einige diesbezügliche Zahlen zum besten gegeben, welche die Lobredner des geplanten Werkes nicht gerade erbaut haben dürften. Nach dem Urteile dieses Fachmannes werden die vielberufenen Leerfahrten durch die Betriebsgemeinschaft um ganze b Proz. verringert werden!! Muß man da nicht ausrufen: I'arturiunt mcmtos, nasootur ricki- oulus mus!? Jeder Kundige hat natürlich schon vorher gewußt, daß die Leerfahrten im Deutschen Reiche zum weitaus grvßlen Teil durch andere Ursachen bedingt sind als durch das Vorhandensein mehrerer Verwaltungen. Sollten jene ö Proz. der Leerfahrten sich nicht auch auf andere Weise beteiligen oder wenigstens einschränken lassen, als gerade auf dem geplanten Wege? Und ferner: Tie liberalen Freunde der Eisenbabngemeinschäft appellieren stets an den Patriotismus des Volkes und fordern von uns Opfer, wenn cS des Reiches Herrlichkeit gilt. Nun *ws enge e Vaterland hat doch wohl Anspruch auf den gleichen Patriotismus seiner Bürger, auf die gleiche Liebe und Opferwiiligkeit, sintemal es sich hier nm ein Jnstitnt handelt, das unserm Baterlande bis vor kurzem reichen materiellen Segen gebracht hat und in Zukunft, wie mit Sicherheit zu erwarten ist, auch wieder bringen wird . . . Mögen darum die berufenen Vertreter des Volkes mit Eifer darüber wachen, daß der Staat vor einem so schweren Ver- lüste bewahrt bleibe, wie er die Einbuße der Eijenbahnboheit sein muß; mögen sie zu verhindern wissen, daß jetzt die ersten Schritte auf einem Wege getan werde», von dem es später kein Zurück mehr gibt. Es ist in diesem speziellen Falle nicht unsere Auf gabe, dagegen sachlich zu polemisieren. Wir legen vielmehr großen Werk darauf, festzustellen, baß hier tie Konservativen wieder einmal gegen Vie Regierung agitieren. Die Liberalen sind nur vor geschobene Sündenböcke unv alles, was hier gegen sie gesagt worden ist, geht gegen die Regierung. Sie ist es, die mit Preußen unv den übrigen Eiienbahnstaaten verhandelt, unv sie wird seiner Zeit im Landtage die Vorlage wegen der BrtriebSmittelgemeinschaft einbringen. Gerade weil den Konservativen ihre Regierungsgegnerschaft in diesen Zeit läuften so fatal ist, daß sie Prügelknaben suchen, hat cs unS gefallen, sie hier anzunageln. vir Marslrirsttagr. Der „Stt--entf<yen rreicliscorrespsn-enz" wird aus Berlin geschrieben: Tie beute einqetrosse- nen Nummern des „Temps" und des „Figaro ' setzen den von .Herrn Delcajfä bedauerten Kampf gegen Teutfkbland niit der Bebauptnng fort, das Berliner Kabinett habe sich ans die Anregung einer inter nationalen Konferenz in Marokko fast von allen Mächten einen Korb geholt. Wir begnügen uns, dieser neuen Walubeitsividriakeit die Tatsache entgegen- zustellen, daß in der Koliserenzfrage noch von keiner S^ite eine bindende Aeußernna ergangen ist. Dazu lväre es wohl noch zu früh. Man sickt nur, daß die fran zösische Preise den Gedanken einer Konferenz gern begraben möchte, noch ehe er amtlich geboren ist. Tiefer Uebcrener ist nicht reckt verständlich. Denn die amtliche Politik Frankreichs kann, so- fern sie nach den wiederholten feierlichen Erklärungen aus jüngster Zeit niemandes Rechte und Interessen in Marokko verkürzen will, keinen Grund haben, einer drei- teren Erörterung über die Sicherung dieser Neckte und Interessen aus dem Wege zu geben. Auch vom Ge fühlsstandpunkte ans sollte man meinen, es müsse einem sranzösisck)cn Staatsmann weniger Ucbermindung kosten, seine Ziele offen vor dem Areopag der zustän digen Mächte zu vertreten, als in Verhandlungen mit Deutschland hineinznaehen, die auf einen Austausch vou liebenswürdigen Allgemeinheiten nicht beschränkt bleiben könnten. Jedenfalls würde Frankreich, wenn es als Ergebnis einer Konferenz sür die von ihm geplanten Reformen die Zustimmung der Signatarmächte, zu denen auch der Sultan von Marokko gehört, erlangt hätte, seinem Vorgehen formell korrektere und sachlich tragfähigerc Grundlagen unterbreiten, als sie selbst eine zu der franko-britischen und franko- spanischen hinzutreteNste deutsch-franzö- fische S o n d e r a b m a ch n n g gewähren könnte. Tas Uebcreiiikommcn zwischen Frankreich und Eng land enthält auch eine Klausel über die Erhaltung des stntiw qno. Man darf annehmen, daß die aus- drückliche Einfügung dieser Klausel einem Wunsche Eng lands entsprach. Die britische Diplomatie konnte in diesem Vertrag über Englands eigene Rechte in Marokko zu Gunsten Frankreichs verfügen. Man derf aber nicht, wie dies iranzösi'ckw Blätter tun, unterstellen, sie habe durch jene Abmachung auch über andere als britische Rechte entscheiden wollen. Die Klausel vom stntus qua ist Bestandteil des Aprilvertrages. Wie ihre Beobach, tnng mit dem Ausbau der „singulären" Stellung Frank- reich? in Marokko, kurz mit der Errichtung des franzö sischen Protektorats zu vereinigen sei, bleibt eine unge löste Frage. Vie S-lltik -es ttzuai -< Orfas. Der „Eclair" will wissen das französische K r i e g s m i n i st e r i u m habe vor zwei Jahren tat- sächlich den Plan einer militärischen Inter vention in Marokko ausgearbeitet gehabt: die für diese bestimmten Truppen hätten eine Brigade bil den sollen. Der Plan sei heute vollständig auf- gegeben. — Tas Budget wird heute aus dem Senat an dieKaminer z u r U cka e l a n g e n. Bei dieser Gelegenheit wird Delcassä neue Erklärungen ab- gebest Ter Minister soll beabsichtigen, die Verhand lungen welche augenblicklich in Fez zwischen dem Sui- tau und dem französischen Gesandten fortgesetzt werden zu erläutern und anzugcben. wie augenblicklich die Lage Frankreichs und der Standpunkt Deutschlands be schaffen ist. Nrber -n» aurwärtig» Amt un- Herrn Arhour- berichtct der bekannte Korrespondent des „Standard": Ich bin in der Lage, mit Bestimmtheit zu melden, daß lehr geringe, wenn überhaupt irgend welche Fortschritte in der Richtung einer Verständigung zwischen Frankreich und Deutschland betreffs Marokkos gemacht wurden. Es scheint, daß die Eröffnungen. teuer in ihm wach. Langsam schlürfte er seinen Flora likör aus und bemerkte, mit Mühe den gleichgültig konventionellen Alltagston beibehaltend: „Ich muß Ihnen etwas abbitten. Ich habe Sie nämlich gar nicht für wirtschaftlich gehalten und bin nun über Ihre hausfraulichen Tugenden ganz über rascht." „Sie haben mir nichts abzubitten. Tiefe Tugenden sind nur Verstellung und gehen mit dem Kasfeetrinken zu Ende. Das Abwaschen des Geschirres schenke ich mir und schicke zu dieser Arbeit morgen das Mädchen heraus. Bequemer hätte ich eS mir natürlich machen können, wenn ich sie schon jetzt zu unserer Bedienung herbeigerufen hätte. Aber dann wäre es wohl nicht so hübsch. Wir wären nicht so ungestört." „Wir sind hier ganz allein", antwortete er langsam; „und es ist so sonderbar still um uns. Wenn wir Lttnder wären, würden wir uns vielleicht sürchten." Eine Sekunde lang tauchten ihre Blicke in einander, und dieser Blick war ein plötzliches, rückhaltloses Ge ständnis, das ihrer Komödie der harmlosen Unbefangen heit mit einem Schlage ein Ende machte. Flora versuchte noch eine letzte rettende Ablenkung, sagte mit seltsam zitternder Stimme: „Wir können ja Musik machen", erhob sich halb von den Polstern der Bank, langte eine Spieldose herab, die oben auf dem Bücherschränkchen stand, zog sie auf und stellte sie auf den Tisch. Hastig streute da» surrende Uhrwerk sein hüpfende» Geklimper umher, und Ewald flüsterte- ».Ein Walzer l Wir haben am Sonntag fast gar nicht miteinander getanzt. Wollen wir's nachholen?" Und schon liatte er sie um die Taille gefaßt, um sie wie im Tanze an sich zu ziehen. „Nein", sagte sie müde, ohne sich der sanften Gewalt seines Armes zu entziehen, der sic immer näher um schlang. Noch berauschender quoll ihm jetzt das süßliche Parfüm entgegen, zugleich mit dem natürlichen Duft ihres matten schwarzen Haares, das weich und locker zum Hinterkopf emporgekämmt war und nur ein paar krause Löckchen ans dem bräunlichen Nacken zurückließ. Willenlos sank ihr Kopf auf feine Brust, und in wildem Verlangen preßte er seinen Mund auf dis bernsteinschimmcrnde Haut des feinen Halses. Ruhig schwebten die verschlungenen Windungen des Cigarettendampfes über ihnen zur Decke empor. Trippelnd und tröpfelnd haspelten sich die „Donau wellen" an der stacheligen Walze der Spieluhr ab und blieben mitten im Takte wie erschrocken stehen. Die abgelausene Feder hatte „Klick" gesagt und spielte nicht mehr mit. Bei dem Aufhörcn der Musik und dem Schnappen des Uhrwerks war Ewald emporgefahren. Noch ein mal schmiegte sich Flora an ihn und suchte mit ihren schmalen, roten Lippln die seinen. Aber er gab ihr den Kuß nicht zurück. Ja. er zuckte zusammen wie in einer Bewegung unwilliger Abwehr. Nicht daß er sich eines unverzeihlichen Unrechts be< wußt geworden wäre und eine jähe Rene empfunden Hütte. Tie Küste einer Dame aus guter Familie schienen ihm nicht verbotener zu sein, al» die anderer Mädchen welche der französische Botschafter macht«, nicht beson ders befriedigend waren. Mr Bihourst dürfte das deutsche Auswärtige Amt mit dem Gefühle verlassen haben, daß er durch leinen Besuch wenig verrichtet hatte. In deutschen amtlichen Kreisen glaubt man nickt, daß die bestehenden Differenzen zwiiclien Frankreich und Teutickland betreffs Marokkos schnell erledigt werden. Im Gegenteil, nwn erwartet, daß die Erledigung der Angelegenheit sich in die Länge ziehen wird. Tie Tat sache, daß ein amtlicher Gedankenaustausch mit der französischen Negierung begonnen hak, wird nicht den geringsten Einfluß auf die Politik Deutschlands in der marokkanischen Angelegenheit ausnben. Die deutsche Regierung wird fortkahrcn. sich direkt mit der marokkanischen Negierung zu der- ständigen. und wird es keineswegs unterlassen, die Maßregeln, welche für den Schutz deutscher Interessen notwendig eriäieinen, zu ergreifen. Die deutsche Mission nach Fez wird nicht unterbleiben. Der Gedanke einer internationalen Konferenz über Marokko ist auch nicht anfgegeben. Ein Telegramm des WolfsbureauS Hot den folgenden Wortlaut: „Wie verschiedene Blätter melden, benutzte der französische Botschafter Bihsurd fein gestriges Erscheinen bei dem regelmäßigen Dienstags besuch im Auswärtigen Amt zur Anknüpfung eines Gespräches über die marokkanische Frage. Ueber den Inhalt der Unterredung verlautet nicht s." vrr nirrirctz-sapaairctze Weg. Eine Londoner Korrespondenz der „Köln. Zig." gibt zur japanischen Beschwerde gegen Frankreich den folgen den Beitrag: Ueber den Aufenthalt der russischen Flotte liegt nichts Neues vor, das verläßlich wäre. Jndenen deutet namentlich der Mangel an Nachrichten über ihr Äustauchcn an einer anderen Stelle darauf hin, daß sie noch in den französischen Häfen Cochinchinas weilt und mit Einnahme von Kohle und anderen Vorräten lMd überhaupt mit der Ausrüstung beschäftigt ist. Wie auS Sinaapore ge meldet wird, sah der deutsche Dampfer Dewawonase Freitag morgen um fünf Uhr einen Teil der russischen Flotte ans der Höhe von Kap Varela, sechzig Meilen nördlich von Aani-Ranh, liegen. Diese Meldung könnte als Bestätigung dienen für eine Meldung der „Central News" aus Hongkong, wo noch ein Tcii der russischen Flotte am Montag im weiter nörd lich gelegenen französischen Hafen Turan beobachtet wurde. Turan ist ein wesentlich wichtigerer Ott al» Kom-Ranh und verfugt über einen geräumigen tiefen Hafen. In japanischen Zeitungen wird selbstredend dieser länger« Aufenthalt der rus sischen Flotte in französischen Häfen als schwer« N«u- tralitätsverletzung bereits besprochen. Ein amt- sicher Einspruch wird vermutlich nickt lange auf sich warten lassen. Die hiesigen Zeitungen berühren diesen Punkt vor läufig nicht. — Auf die von den englischen Nachrichten agenturen weiterbesörderten Beschuldigungen erwidert jetzt der „Vetit Parisien". Nach ihm sucht Japan nicht er folglos in der eingeborenen Bevölkerung Judo- Linas Anklang und wirksame Unterstützung. Der längere Aufenthalt zweier javanischer HülsSkr«ü»er in der nächsten Nachbarschaft von Häfen an der Küste Käm st o d j a s steht mit dieser japanischen Agitation in Zusammen hang. In Paris werden alle Daten solcher Art eifrigst gesammelt, um auf einen etwaigen Protest Japans wegen Verletzung der Neutralität erwidern zu können Einzeln« Nachrichten. Nach einer Depesche aus Petersburg wird die Mel- düng des „Standard", wonach die Schwarzemekr- fl o tte mobilisiert sei, von der Admiralität sowie vom Ministerium des Aeußern dahin berichtigt, daß es fick ledig lich um die üblichen Frühjahrsmanöver handel, Und keineswegs die Absicht bestehe, das Geschwader Nach Ostasien zu entsenden Dagegen wird in der Armee eine Mobili sierung in der Weise vorbereitet, daß Marschreaimen- t e r gebilder werden aus Abteilungen bestehender Bataillone Man hofft mit diesem Kern brauchbare Truppen zu bilden, ohne die bestehenden Armeeverbände zu schwächen, und 800 000 Mann nach der Mantschurei entsenden zu können. — Aus Manila meldet das Bureau Reuter: Drei Kriegs- schiffe wurden gestern auf der Höbe von Batangas. südlich von Manila, und vier heute moroen gesichtet; ihre Herkunft ist unbekannt. — Die „Morning Post meldet aus Schanghai: 3 chinesische Dschunken seien durch auch. Auch lvar er es nicht gewesen, der Flora von dem Pfade des gebräuchlicl?en Anstandes hirtweggelockt hatte. Sie selbst war bei diesem kleinen Sündcnfall die Eva. Sie halte ibn in diesen Garten Eden gelockt und ihm die süße Frucht darqeboten, die ihm niemand verwehren durfte, da sie selbst ihm das Kosten gestattete. Auch Klara gegenüber brauchte er sich nichts vor- zuwerfen. Es bestand ja zwischen ihr und ihm keine Liebe, die durch e'ne Untreue überhaupt zu verletzen war. Er empfand eine innige Hochachtung vor dem lustigen, blonden Schreibmaschinenfräulein, das ihn neulich mit so keuschem Stolz zurückgestoßen hatte. Klara Ivar eben ein kleines ehrpusseliges Bürgermädchen. Sic kümmerte sich viel weniger um den öffentlichen Schein tugendhafter Zurückhaltung, wie Flora. Aber sie richtete sich trotz ihrer sorglosen Ungezwungenheit durchaus nach den Begriffen, die sie in ihrem ge sunden Mädchcninstinkt von Recht und Unrecht hatte. Er schätzte sie deshalb nur um so höher. Aber ihre Tugend ivar für ibn kein Grund, die Neigung eines weniger spröden Mädchens unerwidert zu lassen. Es u»areu also keine Gewissensbisse, die ihn aus dem wilden Taumel ihrer Küsse emporgeschreckt batten. Nur eine jähe Ernüchterung war über ihn gekommen Mit einem Ruck war der Rausch verflogen, und er über schaute mit klarem Blick Gegeun'art und Zukunft. Ein Mädchen lag in seinen, Arm, da? bereit war, sich seine Braut zu nennen Des Vaters Einwilligung durfte er ohne Mühe zu erlangen hoffen, und der Wider stand der Mutter, die noch allzusehr von vr. Erolich
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite