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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 26.11.1894
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-11-26
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18941126027
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894112602
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894112602
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-11
- Tag1894-11-26
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BezugS-PreiS 1» d« H—Htryxdtiio, od« de» km bezirk and da, Vorort»» errichteten »>»- gäbest«!!«, adgeholt: vtertrljlldrltch^l-äKX ket zwet«alia«r tLglicher Znstellnng io« Ha»« LLL D«ch die Post bezogen für Leittschlmch »»d Oesterreich: viertel,ührUch >l 8.—. Direct» täglich» Krenjbaadiendua, t»< Lu«la»d: pwaotlich 7.b0. DK Morgew-Ln-gab« erfch»i»t täglich'/,? Uh^ di» Adend-Lutgab« Wochentag« ü Uhr. LrLariion »ad ErvedMoa: -atza«»e-,ass, 8. DteErvedttto» ist Wocheotag» unnnterbrochr» geöffnet von früh 8 bi« Abend» ? Uhr. Filialt»: Vit» Me»»'« Part«». (Alfred Hah«), Universitätsstrahe l. L.ui« Liifche. KatharinensN. 1«, part. und »önlglvlatz 7. Abend-Ausgabe. Anzeiger. Srgan fSr Politik, Local-eschichte, Handels- und GeschiistSverlehr. rl«zetge«.PreiS die «gespaltene Petitzeile 80 Pfg. Neclamen unter de« RedactioaSstrlch (tga- spalte») 50^, vor de» Familienaachrtchte» <6 geivalden) 10^. KrShere Schriften lau» unjerem PrelS- »erjtichnib. Tobellarifcher und Ziffänfatz nach höherem Tarif. Gplra-vetla-e« (gefalzt», »»r »Nt der Morgen - Au«gade. ohne Postbesörderuag 60.—, mit Postdesördernag ?V—. Annah«eschluß fir Anzeige»; Abend-Ausgabe: vormittag« U) Uhr. Margen-Ausgabe: Nachmittag« «Uhr. So»«- »»d Festtrigs früh '/F Uhr. Bei de» Filialen »ad Annahmestelle» je et»e halb« Sttuid« früher. Altieige« find stet« «» dt« Ggpedttto» z» richte». Druck und Verlag vo» L. Pol» tu Leipzig Montag den 26. November 1894. 88. Jahrgang. Politische Tagesschau. * Leipzig. 26. November. Al- wir am Sonnabend an dieser Stelle eine Reform de« offictösen PretzwesenS im Reiche und in Preußen als dringlich nothwendig bezeichneten, wiesen wir zugleich daraus hin, daß die in den letzten Jahren in der ossiciösen Presse hervorgetretenen und nachgerade unerträglich gewordenen Uebelstände sich nur beseitigen lassen würden durch die Herausgabe einer ossiciösen, Korre spondenz, die unter der Aufsicht des Reichs kanzler- und preußischen Ministerpräsidenten siebt und allen Blättern, die das wünschen, gegen eine mäßige Vergütung zugänglich gemacht wird. Wurde an die Be nutzung dieser Korrespondenz die Bedingung geknüpft, daß stet- die Quelle anzugeben wäre, so würde genügendes Licht über den Ursprung und Zweck der ossiciösen Kundgebungen verbreitet, Quertreibereien zwischen den e Inen Ministerien würden ausgeschlossen und allen Blätter,: uebe das Reckt, nach ihrer Ueberzeugung Stellung zu diesen Kundgebungen zu nehmen. Erfreulicherweise gewinnt eS den Ansckein, al- ob die geplante Reform in der von uns besürworleten Bahn sich bewegen werde. So lesen wir heute in den „Berliner N. Nachr.": „Bei den Berhaodlungen dürste in erster Linie wohl dl» Erwägung maßgebend sein, ein für alle Aemter verbindliches und von allen Aemtern zu benutzendes Organ zu schassen, so daß die Wiederholung eines Preßkampses amtlicher Stellen gegeneinander, wie ihn die letzten Jahre wiederholt boten, ausgeschlossen bleibt. Möglicherweise handelt es sich dabei »in eine sachgemäße Erweiterung der bisher vom Ministerium des Innern für die tdreisbläller herausgegebenen „Neuesten Mittheilungen", zumal da die Erfahrungen, welche in Elsaß-Lothringen mit einer der- artigen amtlichen Lorreivondenz gemacht worden sind, bei der eud- gütigen Entschließung gewiß nicht ohne Gewicht bleiben werden. Wir nehmen an, daß das neue osficiöse Organ, falls eia solches geschaffen werden sollte, der ges»minten Press« zugänglich gemacht würde." Und über die von dem jetzigen preußischen Minister de- Innern in Elsaß-Lothringen berbcigesührte Reform des offi- ciöscn PreßwcsenS und ihre Erfolge wird der „Münchener Allgem. Ztg." geschrieben: „AlS Herr v. Koeller hier sein Amt antrat, fand er ein officiöses Preßorgan vor, welches alle Schattenseiten, die dieser Species von Blättern anhasten, in sich vereinigte. Herr v. Koeller beseitigte sofort die „Els.-Lothr. Landesztg." und ersetzte dieselbe durch die im „Literarischen Bureau" herousgegebene „Stroßb. Eorrespoa- denz". Ties Blättchen erfreut sich der Gunst der gesammten Landespresse, während es früher zwischen dem ossiciösen Regierungsorgan und der Landespress« an heftigen Fehden nicht fehlte. Dem weiteren Publicum verschlossen, wird die „Strahl, Correspondenz" den Blättern des Landes ohne Unterschied der Parteirichtung unentgeltlich zu- gesandt. Die Zeitungen erhalten damit den für sie wissenswerthen Stoff, ohne in dem amtlichen Organ einen Concurrenlen sehen zu muffen. Diese Einrichtung hat sich bis jetzt sehr gut bewährt, höchstens könnten die bedeutenden Kosten, welche das Blättchen zu verursachen scheint »nd welche auch bereits im LandesauSschuß zu Beanstandungen gesührt haben, sowie der Umstand zu Bedenke» Anlaß geben, daß die kleinen Zeitungen dadurch zu leicht verführt werden können, anstatt eine eigene Meinung zu vertreten, einfach eia Abklatsch des ossiciösen Organs zu werde». Wir haben indeß noch nicht vernommen, daß darüber Stimmen laut geworben sind." In Baden hat man allerdings mit einer ähnlichen Ein richtung so gute Erfahrungen nicht gemacht und daher die osficiöse „Bad. Eorr." eingehen lassen, ihren Redacteur zum Leiter der „KarlSr. Ztg." gemacht und den vielen kleinen „Amt-verkündern" im Lande die Verpflichtung auferlegt, in einem besonder- zu markirenten Tbeile unter Quellenangabe alle ossiciösen Artikel der „KarlSr. Ztg." abzudruckcn. ES fragt sich aber noch sehr, ob diese neue Einrichtung sich besser bewährt, als die frühere, die vielleicht zu Klagen nicht Ver anlassung gegeben hätte, wenn die Artikel der „Bad. Corr." kürzer und knapper gefaßt gewesen wären. Für Preußen und das Reich wird der Herausgabe einer unter der Aussicht des Reichskanzlers und LeS preußischen Ministerpräsidenten stehenden und von allen Reichs- und preußische» Aemtern zu benutzenden Organes freilich dadurch erschwert, daß die Kosten einer solchen Einrichtung vom Reiche und von Preußen gemeinsam getragen werden müßten und eine solche Kvstenthcilung nicht leicht zu bewerkstelligen sein würde. Aber auch diese Schwierigkeit wird sich überwinden lassen. Daß die Reichsregierung nebenher noch Gelegenheit haben muß, in verschiedenen Blättern Fragen der aus wärtigen Politik aufwerscn und besprechen zu taffen, ohne daß der Ursprung dieser Besprechungen klar zu Tage tritt, liegt auf der Hand. Ader das thut der Wirksamkeit eines offen unter der Fabne der Ossiciositat auslretenven und allen un abhängigen Blätterr zugänglichen Organs, das die Pläne und Ansichten der Reichsämter und der preußischen Ministerien in Bezug auf innere Angelegenheiten darlegt und thatsäch- lichc Berichtigungen bringt, keinen Eintrag. Einer auffällig zurückhaltenden Berichterstattung in der socialdemokratischen Parleiprcffe ist es zuzuschreibrn, daß Vrbrl in seinem Streite mit Volkmar von einigen Blättern eine Weile als völlig isolirt angesehen wurde. Wie wir schon mittheilten, nimmt nach langem Schwanken Liebknecht die Partei des Eollegcn vom Parleivorstande und zwar in der Sache und, wie eS scheint, auch in der Form. In seiner letzten Nummer veröffentlicht der „Vorwärts" die Zuschrift „eines unserer ältesten und bekanntesten Partei» gcnonen", welche, auch noch sehr vorsichtig, aber nicht mißverständlich, einen Tadel über die persönlichen Angriffe gegen Bebel aussprickt. Dieses „Wort zum Frieden" kürsle Liebknecht zum Verfasser haben. Jedenfalls hat dieser Führer in dem Lärm über dir Unbolmäßigkrit Brbel'S, den die Bayern nicht obne Berechnung gejchiagen hatten, der sachlichen Meinungsverschiedenheit wieder zur Erörterung vrr- hosten, indem er die Frage kesLandagitationSprogrämmS in den Vordergrund stellte. Daß diese Angelegenheit, nicht d e Bewilligung des bayerischen Budget« und sonstige süddeutsche Besonderheiten, den Kernpunct des Streite« bildet» ist sofort bei Ausbruch des Letzteren an dieser Stelle dargelhan worden. Vollmar affeclirt noch in seiner jüngsten Auslassung eine gesteigerte persönliche Verstimmung, erklärt dir Bayern für schwer beleidigt und ruft Bebel ein „Pfui" zu, aber diese Epclamationen sind hohl, während Liebknecht'- Erklärung, „ein besonderes Programm für daS Land wäre ein Principienverrath und eine Dumm heit". sehr inhaltsvoll ist. Als Princip ien verrath denken nun die Vollmar und Schönlank die Ver heißung de« Fortbestandes de- bäuerlichen Besitzes keines wegs; sie wollen das unerfüllbare Versprechen ja lediglich im Interesse brr früheren Erfüllung de« streng colleclivistischen Parteiprogramms gegeben wissen, die Bauern zum Mit handeln ober doch zur wohlwollenden Neutralität bei der Revolution gewinne». DaS ist in Frankfurt mit dankenS- werther Offenheit erllärt worden. Es handelt sich nicht um einen Verrath an den jocialvemvkratischen Grundsätzen, sondern um eine Verleugnung derselben „pro lrine et. uuue". Was Bebel und Vollmar trennt, sind nicht verschiedene Principien und Endziele, sondern nur abweichende Meinungen über beu in der Socialdemokratie zulässigen Grad de- VolkSbetrugS. Wichtiger ist eS, daß Liebknecht ein LandagitationSprogramm für eine Dummheit ansirht, also neben der Principien- die Zweckmäßizkritsfrage aulwirst. Hieraus können sich ernste Zerwürfnisse ergeben, deren Erledigung in dem einen oder dem anderen Sinne eine Machtsrage ist. In der erwähnten, vermuthlich von Liebknecht herrührenden Zuschrift an den „Vorwärt-" heißt eS: „WaS Bebel in Bezug aus die Agrar- raze sagte, drückt Ansichten aus, die mit denen der meisten, ich glaube so ziemlich aller Genossen Ubereinstimmen". DaS ist entschieden viel zu viel gesagt, wie sich ja chon aus dem Verhalten de« Frankfurter Parteitags bei der Bcrathung und Abstimmung über die Einsetzung einer Landagitation-commission ergiebt. Andererseits ist icher, daß die Unterstützung, die Vollmar und Grillen- derger in dem Streite mit Bebel bisher gefunden haben, keineswegs überall auf eine Billigung de« Gedankens eine« LanbagitalionSprogrammS binauSläust. Die bayerischen Herren batten cs eben sehr wobl verstanden, den gefährlichsten Gegner ibrcS VorbabenS als Beleidiger der Partei und der außer halb Berlins lebenden Führer binzustellen. Daher wohl auch der Einsall eines einflußreichen „Genossen" in Hannover, Bebel mit Rüdl zu vergleichen und mit der Entfernung aus der Partei zu bedrohen. In einer Versammlung »m 2. Berliner Wahlkreise ist bereit« erklärt worden, „den Bauernschutz zu proclamiren, wäre Unsinn". Diese Zu stimmung beweist nicht gerade viel, aber jedensall- wird die Position Bebel'- eine viel günstigere von dem Augenblick an werden, wo man weiß, daß eS >>ch bei ihm nicht um Ueber- bcbung über den Parteitag, sondern um die Erhaltung de- Parteiprogramm- in seinem wichtigsten Puncte handelt. Ob er und Liebknecht mit ihrer Abneigung gegen die „Bauernfängerei" die Mchrbeit oder die Minderheit in der Partei repräseniiren, ob also, wenn eS, mit Liebknecht zu reden, zum „Zum Teufel jagen" kommt, die beiden „Alten" die Jäger oder die Ge jagten sein werden, steht dahin. *":rmutblich gedeihen die Dinge nicht so weit, wenn aber doch, so kann nickt oft genug betont werden, daß der Sieg der „Gemäßigten" mit ihren Plänen zur Revolutionirung der Kleinbürger durch ein gc- sälschie« Programm den Schutz der Gesellschaft noch noth- wcndiger, als er bereits geworden ist, erscheinen lassen würde. ES ist eine bemerken-werthe Erscheinung, daß die „En tente" zwischen tSngland und Rußland, von der seit der Banketred« Lord Rosrbery'S so viel gesprochen wird, die Pariser politischen Kreise auffallend kühl gelassen bat. Man glaubt offenbar nicht daran, oder wenigsten« nicht an die Dauerhastigktlt einer Verständigung zwischen den beiden traditionellen Rivalen in Asien. Die langwierigen Verhand lungen, welch« »wischen der englischen und russischen Regierung bezüglich de« Pamirgebiite- schwebten, haben wohl zu einer Einigung gefllbrt, zu welcher, übrigen« schon zu Leb zeiten des verstorbenen Kaiser« Alexander IH. die Basi gelegt wurde. Seinerzeit wurde gemeldet, daß die Afghanen die Flußtbäler von Gunt und Schah-Dari, sowie da» reckte Ufer des Pjandza, von Kalaj-Wamara ab, gegen deren Be setzung durch Truppen des EmirS von Afghanistan Rußland protestirt batte, bereit« am 3V. August gänzlich geräumt und sich nach Kalaj-Bar zurückgezogen hatten. Diese, auf An drängen Englands vom Emir angeordnete Maßregel, welche als ein Entgegenkommen Großbritannien- gegenüber den Wünschen Rußland- ansgesaßt werke» muß, war die Vorstufe zu der nunniebr erzielten Uebrreinkunft zwischen den beide» Regierungen mit Bezug auf daS Pamirgebict. Erst nach der Bekanntmachung des Wortlautes diese« UcberrinkommcnS wird sich ermessen lassen, ob England nicht durch zu große Nachgiebigkeit Rußland gestattet bat, weit nädrr an die Tbore Indiens voizurücken. als die« zur Zeit der Komarow- schen Expedition am Murghab unter Gladstone der Fall war. Wie dem auch sein mag. jedenfalls glaubt man in Paris Ursache zu der Annabmc zu besitzen, daß die Verständigung zwischen England und Rußland sich nur aus da« Pamirgrbie« und alleusaUS auch aus da« gegenwärtige Stadium de- japanisch-chinesischen Kriege« bezieht. Wie Veit diese- Ein- vernedmen in der Zukunft reichen werde, da- müsse, nach der Ansicht der Pariser politischen Kreise, erst abgewartel werden, und auS allen Aeußerungen, dir darüber sowohl vo» unheil-fähigen Persönlichkeiten, wie auch in der ernst z» nehmenden Presse gefallen sind, ist der Schluß gestattet, daß darüber in der französischen Hauptstadt starke Zweifel vor herrschen. Namentlich weist man die überschwänglichen Hoff nungen, welche von einzelnen englischen Blättern au diese Entente mit Bezug aus deren Rückwirkung auf di« Con- stellation der europäischen Mächte geknüpft wurden, mit unverhohlener Ironie zurück. Man erblickt darin ausschließ lich eine durchsichtige captatio bensvolontias de« neuen Zaren, dessen Sympathien von Frankreich abgelenkt und England zugesührt werden sollen. Niemand könnte, so meint man, heute mit Sicherheit Vorhersagen, welch« politische Haltung Kaiser Nico lau S ll. in Zukunft beobachten «erde, denn auS den biSbcrigen osficiellen Aeußerungen desselben lasse sich darauf absolut kein Schluß rieben. Davon jedoch ist man, wenigsten- in den französischen RegierungSkreisen, vollkommen überzeugt, daß der junge Zar zunächst die von seinem Vater eingeschlagenen Wege der auswärtigen Politik nicht verlassen werde. Es seien somit nachdieserRichtunghinkeineAenderungeii zu erwarten, mindesten« nicht in kurzer Zeit. In einem englischen BlaUe wurde sogar die Prophezeiung gewagt, daß die Entente zwischen England und Rußland sich auch auf die Meer engen frage erstrecke, und daß binnen Kurzem ein Abkomme» Uber die freie Durchfahrt durch die Dardanellen und den Bosporus für Kriegsschiffe aller Nationen abgeschlossen sein werde. Dagegen ist zunächst zu bemerken, daß eine derartige Abschaffung einer bisher in Kraft siebenden Bestimmung des in Europa anerkannten internationalen Rechte- natür lich nur im Einverständnisse aller jener Mächte erfolge» könnte, welche ihre Unterschrift unter den betreffende» Tractat gesetzt haben, und dazu gebört in diesem Falle bekanntlich auch Frankreich. In den Pariser RegierungS- krciscn ist jedoch von diesbezüglichen Verhandlungen nichts bekannt. Oder sollte gemeint sein, daß England und Ruß land durch eine gemeinsame Aclion am Bosporus die Meer- engensragc in der erwähnten Weise lösen wollen ? DaS ist doch nicht denkbar, den» der Sultan würde niemals zu einer derartigen Rückgabe eine- so alten Reckte« der Türkei seine Zustimmung geben, wie e- die Abschaffung der Meer- engenclausel wäre, die durch die Londoner Konvention voni l3. Juli l81l und den Pariser Frieden-virtrag vom Jabre 1856 in da« europäische Völkerrecht ausgenommen wurde. Alle diese Vorbrrsagungcn englischer Blätter werden in Pari- für Pbantasiegebilde oder bestenfalls für dallon» ck'osüai gehalten, deren Flugkrast jedoch, »ach der Meinung der Pariser poli tischen Kreise, nicht weit reichen wird. Nun ist Port Arthur am 2l. d. M. den unaufhaltsam rordringendcn Japanern thatsächlich in die Hände gefallen, nachdem dessen Einnahme unlängst schon irrigerweise gemeldet worden war, und der Weg »ach Peking ist offen. Dieser glänzende Erfolg General Oyama'S wird sicherlich dort das FrledenSbedürsniß wesentlich erbvben und alle Bedenken gegen den Preis, um welchen man in Tokio zur Einstellung der Feind seligkeiten eventuell bereit sein würde, zum Schweigen bringe». Denn mit den FriedenSbedingungen geht eS wie mit dem Kaufpreis der fyb>ll,nischen Bücher. Je länger man um die Forderungen Japans marktet, desto böher werben die selben emporgeschraubt, entsprechend den sich mehrenden militairischen Erfolgen. Der zur Miltheilung der An erbietungen Chinas und wohl auch zur Entgegennahme der Ansprüche des Sieger- nach Japan entsandte ZoU- Lirector Detring — ein seit Jahren in chinesischen Diensten stehender Oesterrricher — dürfte nicht gerade ^eirilleton. Ver Tag der Vergeltung. Ikf Bon A. k. Green. R-ibinick vnl>»t«n. (Fortsetzung.) „Aber wenn Du meiner bedürfen solltest?" „Dann will ich Dir ein Zeichen schicken." Er schrieb einige verschlungene Buchstaben auf ein Blatt Papier. „Sichst Du da« auf der letzten Seite de« „Herald" bei den Familien- oachrichten, so weißt Du, daß Du hier erwartet wirst. Bis dahin vergiß diesen Ort. Thomas Dalton ist für immer verschwunden, und mit Stefan Huse hat Stanhope White'S künftige Gattin nicht- zu schaffen." Er drückte ibr noch einen letzten Kuß aus die Stirn, dann löste er sich sanft aus ibrer Umarmung und sic eilte fort. Als sie jedoch die HauSthür öffnete und nach dem Wagen dinüberblickte, der noch immer vor der Apotheke hielt» fuhr sie heftig erschreckt wieder zurück. In dem bell erleuchteten Thorwege drüben standen zwei Männer in eifrigem Gespräche. Der Eine war Stanhope und der Andere — der Feind ibreS Later-, der Mann mit den Blatternarben, vor dem auch sie Furcht und Grauen empfand. Wäbrend sie sich noch voller Entsetzen fragte, wa» da« zu bedeuten hätte und jeden Augenblick erwartete, daß sie herüberkommen und sic entdecken würden, traten Jene plötzlich auf die Straße, der Wagen fubr vor, sie stiegen Beide ein, die Thür schloß sich und da- Gefährt rollte »it ihnen davon Al« Mart» ihre Fassung wiedergewonnen hatte und kein Geräusch sich mehr verncbmen ließ, körte sic an ihrer Seite eine Stimme die Worte flüstern: „Ich babe den Haus verwalter nach einem Wagen geschickt, meine Tochter, sage dem Kutscher, er soll so schnell wie möglich fahren. Du mußt noch vor Herrn Wbite wieder daheim sein." Dreizehnte- Capitel. > An jenem errigoißreiche» Abend war Stanhope, wie wir wissen, nach dem Markbam-Platze gefahren, um den Aufentbalt-ort de- Manne» zu erkunden, der nach seiner Meinung eü»zig und allein im Stande war, da« Gebeimniß anfznklire», da- seine« Vater« Tod umgab. Al« aus fei, Klüetzrl, an de» Hanse Nr. « nicht die geschwätzige Frau Braun ihm öffnete, sonder» Kurti«, der neue Haus verwalter, sah er ein, daß er seinen Zweck schwerlich er reichen würde. Eben war er im Begriffe, unverrichteter Sache wieder beimzukcbren, als er gegenüber in dem bell erleuchteten Apotbckerladen einen großen Mann von mächtigem Körper bau. eine wahre Reckengestalt, stehen sab, dessen ausdrucksvolle GesickiSzüge durch tiefe Blatternarben entstellt wurden. War cs möglich — betrog ihn sein Gefühl nicht — konnte die- der Mann sein, den er suchte? Unwiderstehlich trieb eS ihn, sich Gewißheit zu verschaffen. Stanhope trat in den Laden und Oberst Deering wandte sich nach ibm um. Es war eine Begegnung zwischen zwei einander völlig fremden Menschen, aber der erregte Blick, den sie wechselten, ließ die- kaum vermuthen. Während der Oberst sich eine Cigarre anzündete, fuhr er fort, den andern mit der ihm eigenen überlegenen und stolzen Miene zu be trachten. Stanbope'S Herz klopfte fast börbar. „Sie werden ent schuldigen", sagte er, sich >enem nähernd, „aber, wenn ick nicht irre, sink Sie der Herr, nach welchem ich schon seit mehreren Wochen suche." Der Oberst schien aus eine so direkte Anrede nicht gefaßt, er vermochte dem jungen Mann mit den offenen fesselnden Zügen nicht sogleich frei in« Angesicht zu seben; dann aber erwiderte er, mit dem freundlich verbindliche» Ton. der für die meisten etwa« EinnebmenkeS hatte, „ich bin Oberst Deering und wobne in Brevoorl Hau», wo mich Jeder finden kann, der mich sucht." „Und mein Name ist Stanhope Wbite." Wäre der Oberst darüber in Zweifel gewesen, man hätte ihm doch vielleicht einige Bestürzung angemerkt; allein er wußte, wen er vor sich hatte nnd verbeugte sich nur mit vollendeter Höflichkeit. „Ich freue mich, Ihre Bekanntschaft zu machen", sagte er, .Ihre« Vater« Name ist mir natürlich nicht fremd und ich schätze es mir zur Ebre, mit dem Sohn zu verkehren." „Also kannten Sie meinen Later?" Der Oberst blie« den Rauch seiner Cigarre in dir Lust „Um Vergebung — wer hat denn Ihren Vater nicht gekannt?" Alle» Blut wich au- Stanhope'« Gesicht. Er sab. daß sie allein im Laden und unbeachtet waren, denn der Gehilfe batte sich in den Hintergrund zurückgezogen. Rasch erwiderte er: „Ick meine, Sir waren persönlich mit ihm bekannt. Kamen Sie nicht in da- Hau- am Morgen seines Tod«-?" Der Oberst betrachtete ihn mit kühlen Blicken. „An jenem Morgen haben wobl viele Personen Ihr Hau betreten. Wenn ich auch dort war, so ist da« nichts Be sondere«." Stanhope stand dem Oberst an Größe nicht nach, wenn er auch schlanker von Gestalt war; da« Bewußtsein seiner reinen Zwecke aber gab ibm Muth und Stärke. Unerschrocken entgegnete er, jede- Wort scharf betonend: „Ich frage danach, weil Sie e» waren, der ibm an jenem Morgen die Pistole gebracht hat, auS welcher der verhängnißvolle Schuß kam, der ibm da« Leben raubte." „Ack, da« wissen Sie?" De- Obersten Stimme klang ruh g, ja rücksichtsvoll, aber er war doch erschüttert und außer Fassung gebracht, wie Stanbope deutlich erkannte, obgleich jener e« nicht merken lassen wollte. Die» erregte seinen Argwohn, und von ganzem Herzen wünschte er Jack herbei, damit er ibm in vielem nichtigen Augenblick mit seinem klaren Urtbeil beistchen könne. „Sie geben also» zu, daß meine Bebauptung auf keinem Jrrtdum beruht? Sir baben die Waffe in der Nassau-Straße gekauft und sie meinem Vater am Hockzeit-morgen übergeben ?" „Gewiß; warum sollte ich nickt'?'' „Halte er Sie darum gebeten?" Er zögerte mit der Antwort. „Nein", sagte er dann in gelassenem Ton. „Vielleicht wußte er nicht einmal, daß ich mich in der Stadt befand. Ich wollie ihm ein Ge'chenk machen, welche« ihn an unsere Kameradschaft in früheren Zeiten erinnerte. Daß so verhängnißvolle Folgen daraus entstanden sind, bat mich natürlich aufs Schmerzlichste berührt. Ich ergreife daher die Gelegcnbeit, Ihnen mein Beileid au«> zusprechen, daß ein unglücklicher Zufall diesem so gemein nützigen Leben ein allzufrübeS Ente bereitet bat. Den Ver storbenen kann da« freilich nickt wieder auferwecken, aber e« erleichtert mir doch da» Gemiitb." „Sie baben recht lange gezögert, sich diese Erleichterung zu verschaffen." „Da- gebe ich zu; ich würde den Gegenstand überhaupt nicht berührt baben, hätten Sie mich nicht dazu veranlaßt Meinem Gefühl nach wäre r« besser gewesen. Sie hätten nie erfahren, daß meine allzu eifrige Freundschaft Ihrem Vater Unheil gebracht hat." So sehr Deering auch bestrebt war, seine innere Erregung unter einem dreisten unbefangenen Wrsra zu verbergen, Stan- hop« ließ sich nicht täuschen. „Ich muß Sir bitten, Herr Oberst", sagte er mit mühsam erzwungener Selbstbeherrschung, „mir eine längere Unterredung an einem Orte zu gewähren, wo ich die Fragen an Sie stellen kann, welche ich auf dem Herzen bade Wichtige Grünte nöthigen mich, mir über da« traurige Ende meines Vaters völlige Klarheit zu verschaffen. Wollen Sie mich in den Club begleiten? Wir werden dort völlig ungestört vcr- dandeln können." „Aber ich habe Ihnen ja schon Alles gesagt, wa- ich weiß", entgegnete der Andere verwundert. „Hck kann nur wieder holen, daß ick die bewußte Pistole am HochzeitSmorgro als Geschenk für Ihren Vater im Hause abgegeben babe, zur Erinnerung an frühere Zeiten. WaS könnte ich sonst noch hinzusügen?" „Viele«. Sie haben meinen Vater gesehen, gesprochen —" Der Oberst batte die Aiche seiner Cigarre fallen lassen und klopfte sie jetzt sorgfältig von seinem sauber gebürsteten 9i ock. „Also diese Tbatsache ist auch zu Ihrer Kenntniß gelangt", sagte er, „Sic müssen die Angelegenbeit recht gründlich unter sucht baben, wa« unter den Umständen nur natürlich ist " „Mit Ihrer Hilse hoffe ich der Wabrbeit aus den Grund zu kommen", ries Stanbope in leicht begreiflicher Aufregung. „Wollen Sie mich in den Club begleiten?" Deering war kein Mann von schnellen Entschlüssen, er überlegte erst lange „nd bedächtig. WaS ibn an jenem Abend nach dem Markbam Platz geführt hatte, war der Wunsch, Stefan Huse. den Galvanoplastiker, noch einmal aufzusucken. Ihr neulich«« Gespräch, wäbrend der Mann bei der Arbeit saß, batte ibn nicht ganz befriedigt. Daß er tiefe Absicht aufgebrn sollte, war >ekoch nicht die einzige Ursache seines ZögernS. Noch a»S einem ankern und weit triftigeren Grunde kam ibm Stanbope'S Vorschlag ungelegen. Wenn er darauf ringing, so wurden gewisse Ikatsacken an- Licht ge zogen, die er gebofft batte, stets geheim halten zn können; andererseits durfte er abrt auch, ebne Verdacht zu erregen, dem jungen Mann rin so natürliche« Verlangen nicht ab« schlagen. Sicherlich würde er nickt eber wieder Ruh« haben, als bi« er sich zu einer Art Erklärung berbeigelaffrn hätte. Nacktem er Alle« wohl erwogen batte, dielt er e« für das Beste. Stanbope gleich den Willen zu tbun. „Wenn Sie eS wünschen", sagte er in wahrhaft Vater» lichem Tone, „so steht meiaerseit- nicht» im Wege." (Aortse,-,- folgte
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