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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 30.08.1905
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1905-08-30
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19050830028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1905083002
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1905083002
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1905
- Monat1905-08
- Tag1905-08-30
- Monat1905-08
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Srzrqs-Vrels A H« tzanprerpebMlm oder deren LllSgaft»- stelle» «bg,holt: »lertrljSdrltld S.—, bot twetmaltgöe tLgltch« Zuftelln», ^8.7^ Durch die Poft bezogen für L«tt!-- land a. Oesterreich vierteljährlich ^4 4H0, für die übrigen Lände, laut Zeitunq-pret-liste. Liefe «u»me» toftet 4/^ AL auf allen vadnhdsen »nb III ^1 bei de» Leituogr-Berräuferu * Aodottton «a» GrpedMo». tüll Fernsprecher llllll gobaunt-gasf« >. Haupt-FUtalr DreSvea: Ptarteostraft« 84 Ternfprrcher Amt 1 Nr. 171L). H«u»r-»Uta»4 verit«! I«rlL«n ck«^ Herzal.Bayr.tzofbllchda>tdIt, Lü-owsUub« 10 G«r»wreche, Amt VI tikr. 4s0S> Nr. ^1. Abend «Ausgabe. MpMcrHagMM Handelszeitung. LmtsVkalt -es HSnigt. Land- ««» des Lilnigl. Amtsgerichtes Leipzig, »es Nates und des Nalizeiamtes »er Stadt Leipiig. ^-7--..-.--—.-V ---E ' - / - - - Mittwoch 30. August 1905. Anzeigen-PreU die 6gespaltene Petitzeile 25 Familien« und Stellen«Anzeigen 20 Wnanzielle Anzeigen, «eichäftlan,eigen ander Text oder an besonderer Stell» »ach Taris. Di» «grfpaltear ReNamrzellr 75^. Annatzmefchtutz für «uzetgen: Abinb-Ausgav». oormMag« w Uhr. Morgen-Ansgadm nachmittag» 4 UhL Anzeigen find stet« an die Azpedttta» zn richten. Ortra-Vetlagev mnr mit d« Morgen- Ausgabe) »ach besonderer verrtndarnug. Dir Erprdtttou Lt wochentags auuuterbroche» geäsfnet »o> früh 8 bi» abelld« 7 Uhr. Druck und «ertau oo» G. Volz tu Leip»«, (Inh. vr. v, «. A W. KitnkhardN Herausgeber: Nr. Victor kUnkharvt. 99. Jahrgang. Var Äicdiigrte vom lagt. * Nach einer Meldung der „M. Zig." au» Rudolstadt beschloß die sozialdemokratische Landespartei, zu den am 17. Dezember stattsindenden Neuwahlen in allen Wahlkreisen Kandidaten aufzustellcn. * Die preußische Regierung hat die Eiusetzuna einer QuarantLnekommission für das gesamte preußische Warthegebiet angeordnet. * Die Stadtverordneten von Danzig nahmen mit über wältigender Mehrheit die Magistratsvorlage an, wonach 5000 für den Empfang der englischen Flotte be willigt werden. * Der Breslauer BerbanvStag der Verwaltungs beamten der Krankenkassen und Berufsgenossen- schajten Deutschlands beschloß, angesichts der drohenden Verstaatlichung der Kassen, den Anschluß ihrer Organisation an die Generalkommission der Gewerkjchafteu Deutschlands. * Der Generalgouverneur von Warschau, Maximo- witsch, hat seine Entlassung erhalten. Zu seinem Nach folger wird vermutlich fern Gehiilfe, General Shalon, ernannt werden. * Nach der Petersburger Telegraphen-Agenlur sind neuer dings mehrfach Streitigkeiten zwischen russischen und rumänischen Donauflschern vorgekommen. Es wurde wiederholt aus russische Fischer geschossen, die auf das rumänische Ufer übergingen. * Witte hat dem Präsidenten Roosevelt in einem Telegramm zum Ausdruck gebracht, daß die Geschichte ihm den Ruhm des Friedens von Portsmouth zuschreiben werde. Komura setzte als erster den Präsidenten von dem Aus gange der Konferenz in Kenntnis, beschränkte sich aber auf die einfache Tatsache des Uebereinkommens. Der Präsident sandte an beide Dank- und Glückwunschtelegramme. Der srietle. Die Nachricht vom Friedensschluß in Portsmouth hat, wie emer Depesche au« Petersburg zu entnehmen ist, dort umsomehr überrascht, als man wußte, daß Rußland über die einmal gemachten Konzessionen nicht bin ausgehen werde. Wittes Geschicklichkeit und Beharrlichkeit werden allgemein anerkannt. Als Präsident der russischen Abgrenzungs kommission für Sachalin wird Wittes Adlatus, Korosto wez, genannt. Es wäre möglich, daß er später als Ruß lands Vertreter nach Tokio ginge. Die Absendung der ersten russischen Gefangenen ersolgt nächste Woche. Roschdjestwenskh wird unter den ersten sein. An Witte gingen Glückwuuschdepeschen zahlreicher bedeutender Persönlichkeiten ab. Nach einer Pariser Meldung bat Herr Rouvier an Loubet telegraphiert. Der Inhalt der Depesche wollte anfangs nicht recht Glauben finden, erst in vor gerückter Abendstunde erfuhr man auf der japanischen Gesandtschaft, daß der Austausch der provisorisch abge- faßten Schrijtücke erfolgt sei. Zur Äehcimgeschichte der seit vier Tagen in Tokio und Petersburg gemachten Anstrengungen werden allerlei im Augenblick unkontrollierbare Einzelheiten erzählt, so, daß mehrere Souverän« und Staat»- chef» dem Mikado die Zusage machten, fortan in Tokio Botschafter zu halten und den japanilchen Ver tretern di« Botschafterprivilegien zuzuerkennen, wosern der Mikado die Hand zum Frieden biete. Auch in London ist man der Ansicht, daß Japan durch einen Ge heimvertrag mit Rußland sich weitere Kon zessionen gesichert hat. Bor dem entscheidenden Tag hat der .Daily Telegraph" gemeint: .Wenn Japan sich weigert, seinen Anspruch auf eine Indemnilät fallen zu lasten, so dürfen wir sicher sein, daß e« nicht nur seine« moralischen Rechtes, sondern auch seiner Macht gewiß ist, seine Ansprüche durchzusetzen." Die .Morning Post" sagte: „Wenn Japan auf seinen legi- timen Anspruch verzichtet, so bietet eS der^Lelt ein Bei spiel erstaunlicher Großherzigkeit." Sie meldet jetzt au« Portsmouth: „Japan« heutige« Verhalten war tue Antwort auf den Hinweis auf die gelbe Gefahr. Rußland errana unstreitig einen großen diplomatischen Sieg, indem e- tatsäch ¬ lich die Annahme seiner eigenen Bedingungen erzwang, und sicherte sich den Fnedeu, ohne dafür zahlen zu müssen; nur der moralische Sieg bleibt aus Seiten Japan«. Man wird nickt unreckt tun, wenn man sagt, daß, wenn Japan bereit ist, 80 Millionen Pfund Sterling und die südliche Hälfte von Sachalin anstelle der Ent schädigung für alle anderen finanziellen Forderungen anzu nehmen, diese« Uebereinkommen durch den Präsidenten Roose velt vorgeschlagen worden ist, der glaubte, daß Rußland e« annehmen würde. Ob Japans versöhnliche» Verhalten von den Rusten als ein Zeichen seiner Schwäche auSgelegt wird, oder ob Rußland tatsächlich nach einem Vorwaub suchte, um den Krieg fortzusetzen, ist unbekannt, indessen lehnte Rußland kategorisch die Zahlung auch nur eines Schillings mehr ab, als Japan rechimäßig auf Grund der Bestimmungen der Haager Konferenz für den Unterhalt der Kriegsgefangenen zu fordern berech tigt war. So hartnäckig war Rußland, daß sogar der Vorschlag, der Entscheidung des Schiedsgerichtes die Höhe der ür die nördliche Hälfte Sachalin« zu bezahlenden Summe zu überlasten, von ihm kurzer Hand abgelehnt wurde. Ja diesem Augenblicke wandte sich Präsident Rooseve t an Japan. Welchen Einfluß der Präsi dent in Tokio geltend macht, ist nicht bekannt, man we,ß nicht, in welcher Ausdehnung eS sein Verdienst ist, Japan ;u diesem weitgehenden Verzicht bewogen zu haben, man ann jedoch zuversichtlich behaupten, daß auf sein Ber an gen die gestrige Sitzung anbcrauml wurde, die wahr- cheinlich die letzte gewesen wäre, wenn sie bi« heute ver- chobeu worden wäre." vor -er Ronforeeez. Wie au» Portsmouth gemeldet wird, sagte Herr Witte, al« gestern nachmittag ein neuer Meistbegünsti gungsvertrag zwischen Japan und Rußland diskutiert wurde, daß er, da die alten Verträge durch den Krieg anulliert worden seien, den formellen Absckluß des Friedensvertrags in 5 bi« 6 Tagen erwarte. Außer der Diskussion des MeistbegünstigungSvertrage» wurde in der NachmittagSsitzung Vie Räumung der Mantschurei fest gesetzt, ferner über die ostchlnesische Eisenbahn be stimmt, daß sie unter Japan« Kontrolle zu stellen sei. Die Güter Japan« und Rußland« sollen gleich« Bergünsti- gung genießen. — Der Berichterstatter des Bureaus Reuter erwartet, daß der Friedensvertrag Ende dieser Woche ab- gelchlosteu sein wird. Witte erklärt, daß dieser Vertrag in den Prototollsitzungen tatsächlich bereits aufgesetzt sei, und daß es nur erforderlich sei, den Wortlaut ru ändern. Eine neue Klausel wird binzugefügt, die den Handelsvertrag zwischen Japan und Rußland vorsieht, wobei, wie oben erwähnt wurde, jede der beiden Nationen de» Vorteil des Meist begünstigten genießt, da diese Klausel das Prinzip der offenen Tür in sich schließt. In New Iorker Bankkreisen ist man der Ansicht, daß dem Friedensschluffe bald die A u fnahme einer Anleihe durch Rußland und etwas später durch Japan folgen wird, deren Höhe in vollem Maße von den durch die beiden Länder gebotenen Sicherheiten abhängig sein wird. ES ist bekannt, daß Rußland alle Vorbereitungen trifft, um einen Teil der Anleihe in New Kork unterzubringen, und eS ist auch wohl verständlich, wenn Japan die Aufnahme von mehr Geld beabsichtigt, da eS seine rinheimiichenSchuldverschreibungen bezahlen muß. — Das Abkommen über Sachalin verpflichtet Ruß land wie Japan, die Insel nicht für strategische Zwecke zu befestigen und verpflichtet ferner Japan, die La Perouse-Straße zwilchen Sachalin und Hokkaido nicht zu befestigen. — Die „Morningpost" meldet aus Portsmouth: Die Japaner haben amtlich bekanntgegeben, daß die Teilung von Sachalin beim 50. Grad vorgenommen werden soll. Die Abgrenzungen sind in dem Friedensvertrage genauer fest gesetzt. Japan hat gleichfalls bekanntgegeben, daß eS kein Geld erhalten werde, außer den wirklichen Kosten für die Unterhaltung der Gefangenen. Nach dem „Standard" beginnt die Abtretung der Eisenbahn an Japan bei Kwan- denzi und erstreckt sich bis Port Arthur; sie ist von jeder internationalen Aufsicht unabhängig Vek -en Japanern. Der japanische Legationssekretär Sato hat sich gestern wieder betätigt. Er Hal über den Verlauf der Nachmittags sitzung den folgenden Bericht veröffentlicht: In der Nach- mutagSsitzung der Konferenz wurden Einzelheiten des FriedenSvertrageS beraten. ES wurde beschlossen, Professor von Marten« und den rechtsverständigen Beirat des japanischen Ministeriums Vr« Aeußereu Dennison mit der Ausarbeitung der einzelnen Artikel zu betrauen, mit der Weisung, die Arbeit möglichst bald zu beendigen. Nach einer Reuterdepesche gab L-alo jür die japanischen Bevoll mächtigten die folgende Erklärung ab: »Von Anfang an sind es Einwendungen in Sachen der endgültigen Bestimmung über Sachalin und die Kriegsentschädigung ge wesen, worüber absolute Meinungsverschiedenheit herrschte. Nicht nur einer, sondern beide Punkte stellten häufig einen günstigen Abschluß der Konferenz in Frage. Der Kaiser von Japan legte entsprechend den Forderungen der Menschlichkeit und Zivillsatioa den Geist voll kommener Versöhnung an den Tag und ermächtigte im Interesse de« Friedens die Delegierten, die Frage der Ent schädigung für die Ausgaben fallen zu lasten und in die Teilung von Sachalin unter Bedingungen zu willigen, die für beide Teile gleich annehmbar seien. Auf diese Weise bat e« der Kaiser ermöglicht, daß dieses bedeutsame Werk einen glücklickrn Abschluß gefunden hat. Ein „Japaner äußerte sich zu dem Korrespondenten der „Franks. Zlg." über die Gründe, dir die japanische Re gierung zum Nachgebea veranlaßten: „Wir haben da- Ziel, weshalb wir den Krieg angesangen haben, erreicht, nämlich da« Zurückvrängen de« ru,fischen Einflüsse«, seine Entfernung aus rer Mantsckurei und die Anerkennung der offenen Tür. Da ruiflschc« Gebiet von uns nicht besetzt ist, ist un,er An spruch auf Indemnität nicht unbestritten. Wenn wir weiter gekämpft hätten, wäre vielleicht Wladiwostok gefallen, aber auch dann wäre Rußland nicht unbedingt ge zwungen gewesen zum Frieden, und daS Ende des Krieges war nickt vorauszusehen. Deshalb gaben wir in der Jndemnitätsfrage nach, die nicht ein vitale« Interesse für Japan bedeute». Richtig ist, daß da« Volk anders denkt, aber viele Gebildete werden die Gründe der Ne gierung, nachzugeben, anerkennen." Nach einer Meldung des „Dailv Telegraph" aus Tokio wird di« japanische Regler ung den Landtag zu eiuer außerordent lichen Sitzung einberufen, um der Nation den Bericht über die Vorgänge d?r Friedenskonferenz vorzu legen; die Session soll etwa eine Woche dauern. Für die Enttäuschung der Opposition ist charakteristisch, was die Zeitung „Nitschi Nilschi" schrieb: „Ein Frieden unter solchen Umständen würde ein unvollständigerFriede sein, und ein unvollständiger Friede darf Inicht abgeschlossen werden. Die Insel ist mit dem Schwerte zurückgenommen worden und der Vorschlag, sie teilweise zurückzugeben, ist ganz undenlbar." — Die Zeitung „Hotschi" stt erstaunt darüber, daß der Vor schlag der Teilung Sachalins überhaupt gemacht werden konnte, und erklärt, der Vorschlag könne nahezu absurd genannt werden.— Die „Mainitschi" sagt: „Wenn eS wahr stt, daß der Vorschlag, Sachalin zu teilen, gemacht wurde, so haben wir es mit einer schweren und ernsten Gefahr für unser Land zu tun. Der Vorschlag darf nicht aufrecht er halten werden. Seine Annahme würde lediglich dazu diene», zukünftige Gefahren und Verwickelungen auSzusäen. Wenn der Vorschlag wirklich in vollem Ernste gemacht wurde, so müssen w»r die Friedenöverhandlungrn ab brech en." rr« „Aslnifche Leitung" schreibt offiziös: „Auch der „Temp«' verzeichnet in einem Augenblick, wo ihm das Telegramm de« Fürsten Bülow bekannt sein mußte, als zwar nicht verbürgt, aber der Wahrheit doch jedenfalls nahekommend, da» Gerücht, der deutsche Kaiser, besten Furcht vor der gelben Gefahr bekannt sei, habe den Zaren seinerzeit bei der Zu sammenkunft von Björkö zur Fortsetzung deS Kriege» angestackelt. Diese« Gerücht werde, möge e» begründet sein oder nicht, da« Urbtiwollen Amerika« arger. Deutsch land verstärken. Wir find anderer Meinung. Prak tische Leute stützen ihre Politik auf Tatsachen, nicht auf Gerüchte. Und solange keine Tatsachen vor gebracht werden, die den Beweis liefern, daß irgend semand, der in Deutschland auf den Gang der Dinge Einfluß hat, im Widerspruch mit dem Schlußsatz im Telegramm des Fürsten Bülow: „Der Kaiser und das deutsche' Volk wünschen von Herzen, daß die Bemühungen des Präsidenten Roosevelt erfolgreich sein mögen", ,m geheimen das Zustandekommen deS Friedens zwilchen Rußland und Japan in irgendeiner Form hinter treibt, wird jeder Einsichtige derartige Gerücht« al» da bewerten, was sie sind: Ungereimtheiten für Urteilslose." Feuilleton. sj Ein Teufel im Nonnenschleier. Erzählung von F. E. Philippi onvot-a. „Und was willst du jetzt tun?" fuhr er fort. „Wie lebst du jetzt, Guthrie?" Sein Blick fiel auf die einge wickelte Leinwand, und er zeigte darauf. „Darf ich sehen?" Ich löste den Bindfaden und zeigte sie ihm. „Weißt du einen Käufer?" fragte ich. „Llon vieu!" rief er aus. „Aber das ist fein! blou Visa, das zeigt eine Meisterhand. Wo hast du es her?" „Her?* sagte ich. „Ich hab'» gemalt." „Du?" „Ganz gewiß — ich! Ist eS denn so gut, Laroche, daß du eS nicht für meine Arbeit hieltest?" „Ich hielt es in der Tat nicht dafür", erklärte er. „Nein, wirklich nicht! Mein Junge, daS zeugt von Genie, da» — na, von so was Aehnlichem!" Er fuhr fort zu gucken und zu prüfen. „Du hast dir etwas an geeignet, waS du bisher nicht hattest, Guthrie. Und wo hast du dein Modell aufgestöbert? Es ist herrlich!" „Mein Modell?" Ich zögerte. Ich hatte kein Der- langen, ihm zu sagen, daß eS mein Weib sei. „Ah, das will ich dir ein andermal erzählen — es ist eine lange Geschichte", sagte ich. „Wollen wir Wettergehen? Ich möchte nun gern etwa» über dich selbst hören." Laroche hakte mich ein und wir schlenderten eine Strecke entlang in der Richtung meiner Wohnung. Dann schlug er vor, mich ganz nach Hause zu begleiten, und al» wir vor der Tür ankamen, war es nur natürlich, daß er mit hineinkam. Ich hatte nichts dagegen, empfand vielmehr sein« Gesellschaft als eine angenehme Abwechselung für meine Gedanken, aber ich hatte eins vergessen. Meine Wände waren mit d«r Skiz^n von Mamie bedeckt, und er stieß einen lauten Ausruf aus, wie es nur natürlich war. Während der ersten ein oder zwei Minuten hatte er nichts gemerkt. Er ging von einer Skizze zur anderen und betrachtete sie, aber auf einmal fiel ihm die Aehn- lichkeit der Gesichter auf, und er starrte mich an. Mein Geheimnis — wenn man es ein Geheimnis nennen konnte — war entdeckt. „Aber hier ist wieder dasselbe Modell", rief er, „und hier, und hier! Parbleu, es ist immer dasselbe Weib! Ist eS vielleicht zufällig deine Frau — und warst du verliebt in sie?" Ich stöhnte. „Ja", sagte ich, „das war meine Frau, und ich war verliebt in sie." „Mille ! Er unterdrückte einen Fluch. „Aber — aber", stammelte er, „du warst verliebt — ist es möglich? Welch eine Katastrophe! Wer hätte sich träumen lassen, daß die Dinge sich so entwickeln würden? Du warst verliebt, und sie hat dich verlosten? Jetzt ver- sfehe ich deine Miene, woa amt, die mir rätselhaft war." Er blickte wieder die Porträts an. „Du hattest eine gute Entschuldigung für deine Anbetung, muß man zugeben", fuhr er fort. „Aber es sieht wie ein Engel aus, da» Mädel, und dabei ist es ein Teufel von Eitelkeit und Habgier! Bist du sicher, daß du sie hier nicht idealisiert hast? Lag in ihrem Gesichte wirklich diese Unschuld, die du hier zeigst?" „Die ist genau so, wie ich sie gemalt habe", ant wortete ich, „ausgenommen, daß sie tausendmal hübscher isr. E» ist noch kein Mann geboren, der eine Frau so angebetet habe, Laroche. Ich würde gern zur Hölle fahren, wenn ich nur noch einmal eine Stund« mit ihr verbringen könnte!" Jetzt, wo die Schleusen einmal geöffnet waren, war es mir eine Erleichterung, etwas von den Gemüts bewegungen, die mich fast getötet hatten, ausströmen zu lassen. Ich fühlte mich viel Wohler, als Laroche mich verließ. Zum ersten Male, seit mich jener Schlag ge troffen hatte, hatte ich mit jemanden darüber sprechen können. Wenn er auch nicht alle» völlig verstanden haben mochte, so hatte n doch w«nigsten» mit mir sym pathisiert, und ganz instinktmäßig suchte ich ihn in den nächsten Tagen wieder auf, denn mein Verlangen nach Einsamkeit war vergangen und ich zog im Gegenteil die Gesellschaft eine» Freundes vor. Ich verkaufte meine neueste „Mamie", und zwar für fünfhundert Franken. Für meine nötigsten Bedürfnisse war auf diese Weise gesorgt, und die Anerkennung, die da» Bild fand, erfüllte mich mit neuer Hoffnung, daß ich doch noch meinen früheren Ehrgeiz in etwas be friedigt sehen würde. ES ist nicht meine Absicht, bei meinem Leben während der nächsten paar Monate zu verweilen. Allmählich ver- lor sich die Schärfe meines Kummers, und ich trat an meine Staffelei mit einer Regelmäßigkeit, ja selbst mit einem Anflug von Befriedigung, wie sie mir eigen ge wesen war, ehe ich Pari» auf der Expedition verließ, die sich so verhängnisvoll für mich erweisen sollte. von Mamie hörte ich nicht das geringste, und wenn auch meine Liebe zu ihr keineswegs abgekühlt war, so fragte ich mich doch nicht mehr so beständig, wie es ihr wohl gehen möge. Am Ende de» Jahre» war ich — ein wenig, wie ich gestehen muß, zu meinem eigenen Er staunen — mit einem Gemälde für den Salon be schäftigt, und im nächsten März wurde es eingereicht und von der Jury angenommen. Es machte einige» Aufsehen, als der Salon eröffnet war. Es war wieder einmal Mamie, und wenn auch die Schönheit des Weibes einen großen Anteil an der Auf merksamkeit hatte, die meine Arbeit erregte, so fand nichtsdestoweniger auch die Ausführung manch schmeichel- haften Kommentar. Die Presse sprach von mir als einem „kommenden Mann", und wenn ich die Räume besuchte, stand stets ein Häuflein Menschen vor meiner Leinewand. Ich hatte seit langem die Dachstube aufgegeben, die ich bei meiner Ankunft bezogen hatte, und ich brauchte jetzt nur das Porträt zu dem von mir geforderten Preise los zuschlagen, um mich auf dem Wege zur Wohlhabenheit zu befinden. Lines Nachmittags erfuhr ich, daß das Bild verkauft sei. Ich mochte kaum an mein Glück glauben. „Fünftausend Franken?" rief ich aus. Wo ist der Scheck — wer hat es gekauft?" Der Scheck würde Monsieur sofort ausgehändigt werden. Der Käufer war eine Dame, die den ge forderten Preis ohne Murren bezahlte. Eine englische Lady oder vielleicht eine Amerikanerin. In den Büchern des Sekretärs können Monsieur die Eintragung mit ihrem Namen, und ihrer Adresse sehen. Ick; blickte auf die mir gezeigte Seite. Die Käuferin meines Werkes war eine „Miß Meredith". Ich kann nicht sagen, warum — eS gab nichts, waS daS Gefühl erklären konnte; meine Vernunft sagte mir, es sei albern — aber ich hatte die unwiderstehliche Ueber- zeugung, daß „Miß Meredith" ein Deckname war, daß cs die Identität Mamies verbarg — daß, wenn ich meinem Instinkt folgte, Mamie gefunden werden würde. „Zeigen Sie mir doch mal den Scheck", sagte ich. Die Handschrift war mir bekannt. Auf welche Weise war Mamie in den Besitz von fünftausend Franken gelangt? SechstesKapitel. Ja, sie hatte vergessen, ihre Handschrift zu verstellen — ich würde sie wiedererkannt haben, auch ohne die Vor- ahnung, die mich zuerst durchschauerte. Aber diese Dor- ahnung, die auf nicht« basierte, wie sehr bewies sie den wunderbaren Einfluß auf mein Dasein, den dieses Weib gewonnen hatte! Ich verließ das Gebäude, als wenn ich auf Luft ging; ein nicht zu verbergendes Frohlocken batte mich ergriffen, und ich hatte nur den einen Ge- danken — mich, ohne einen Augenblick zu verlieren, in Miß Merediths Wohnung zu melden. Die Droschke, in die ich mich geworfen hatte, schien mir zu kriechen. Die betreffende Straße war die Rue de la Neva, und als wir endlich hielten, sprang ich eilig aus dem Wagen und fragte den Concierge, ob Mademoiselle Meredith zu Hause sei. Sie sei nicht zu Hause, hörte ich zu meinem großen Kummer. Ich stieg zu ihrem Stockwerk hinauf und fragte das Dienstmädchen, wann st« »urück sein werd«.
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