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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 08.07.1905
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1905-07-08
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19050708026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1905070802
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1905070802
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1905
- Monat1905-07
- Tag1905-07-08
- Monat1905-07
- Jahr1905
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BezugS-PreiS t» der -aupterpedttton oder deren AnSgabo» stellen abs,«holt: vierteljährlich L.—, bei twetinaltgrr täglicher Znftellnnz in« Han« ^l S.75. Durch di» Post bezogen für Deutsch land u. Oesterreich vierteljährlich ^l 4.50, fär die übrigen Länder laut Zritunqäpretäliste. Liese Nummer »oftet 4/1 ML aus allen Bahnhöfen and III I bei den Keitungä-Berkäufern 4v Aedaktto» uns Eroedtttmn 153 Fernsprecher LW Johanni-gasse 8. Huupt-Stltal, Lre-de»; Marirnstraßr 84 (Fernsprecher Amt l Nr. 1713), Haupt-Fittulr Verlt«: LarlDunckrr, Hrrzg l.Bayr.Hofbuchbandlz^ Lützowslrab« 10 (Fernsprecher Amt VI Nr. 4603). . Abend« Ausgabe. KiWgLrIagMM Handelszeitrmg. Amtsblatt des Aönigl. Land- und des Hörrigs. Amtsgerichtes Leipzig, des Rates und des Nolizeiamtes der Ltadt Leipzig. Nr. 3^3. Sonnabend 8. Juli 1905. An zeigen-Prri- die 6 gespaltene Petitzelle 25 Familien- und Stellen-Anzeigen 20 Finanziell» Anzeigen. Veschäst-anzrigea unter Text oder an besonderer Stelle nach Tarif. Die 4 gespaltene Reklamezeilr 75 H. Nmurhmefchtutz für Nuzeigea: Abend-Ausgabe »ormtttagä 10 Uhr. Marge».«uägab«: nachmittag» 4 Uhr. Anzeige« find stets an di« Expedition zn richten. Ortrn-Betlngen ^nur mst der Morgen- Ausgab«) nach besonderer Vereinbarung. Die GzDedUto» Ist wochentags ununterbrochen aeSffuet von früh ct bi» abends 7 Uhr. Druck und vertag von G. Polz in Leipzig (Inh. l)r. «„ R. L W. Klinkdardt). Herausgeber: vr. Vieta« ItUnkhardt. SS. Jahrgang. Var Aichtigrie vom Läge. * In der Prager Borstadt Warschau- wurden vier Schüsse auf einen Polizei-Bezirksausseher abgegeben, die diesen tödlich verwundeten. (S. den Artikel.) * Da« russische Marineministerium hat den so fortigen Bau zweier Panzer vom Typ de- „Andrä Perso- swanny" beschlossen. * Die Mobilmachung eine« Teil- der russischen Garde- Infanterie soll Mille dieses Monats erfolgen. Lin Zubilcium «les stairer Wlbelm-ffanalr. Im vorigen Monate waren gerade zehn Jahre ver flossen, seit der Kaiser Wilhelm-Kanal unter großen Festlichkeiten eröffnet worden ist. Haben die guten Wunsche, die damals für den Kanal in mancherlei Reden ausgesprochen wurden, sich erfüllt? Eine in.tzer „D e u t- scheu Wirtschaftszeitung" enthaltene Statistik über die Entwickelung des Verkehrs in dem Jahrzehnt von 1895 bis 1905 läßt erfreulicherweise diese Mirage bejahen. Die Zahl sowohl der Dampfer wie der Segelschiffe, die den Kanal passiert haben, hat sich reaelmäßia ge- steigert. In dem ersten Jahre nach der Eröffnung des Kanals passierten 753t-Dampfer, fünf Jahre darauf waren es bereits über 12 000 und im lebten Jahre wurde die Zahl von 15 000 nahezu erreicht. Demgemäß hat in diesem Jahrzehnt nahezu eine Verdoppe lung der Zahl der Dampfschiffe stattgefundcn. Noch günstiger ist das Ergebnis, wenn man nicht die Zahl der Schiffe, sondern ihren Raum gehalt ins Auge faßt, der ja eigentlich auch die Hauptsache ist, da von ihm die Menge der verfrachteten Waren abhängt. Der Raumgehalt der den Kanal passierenden Dampfschiffe betrug nun im ersten Jahre der Benützung 1 140,000 Tonnen, im vergangenen Jahre hingegen 4 12Ö 000, so daß hinsichtlich des Raumgchaltes nahezu eine Vcr - Vierfachung festgestellt werden kann. Die Zahl der Segelschiffe ist von 9300 im ersten Jahre auf 17 955 im vergangenen Jahre gestiegen, so daß also auch hier ungefähr eine Verdoppelung stattgefunden hat: der Tonnengehalt belief sich auf 36h OO0 im ersten und 1 150 000 im letzten Berichtsjahre, er hat sich also inner halb dieser zehn Jahre ungefähr verdreifacht. Daß so- wohl bei den Dampfern wie bei den Segelschiffen der Raumgehalt viel stärker gestiegen ist als die Zahl der Schiffe ist in der auch in den Statistiken des lieber- seeverkehrS eine Nolle spielenden Tatsache zu erklären, daß ebenso, wie bei der Kriegsmarine, so glich bei der Handelsschiffahrt die Dimensionen der neuerbauten Schiffe immer größer werden. Sehr erfreulich ist auch der Umstand, daß die Beteili- gung des Auslandes an dem Verkehr im Kaiser Wilhelm-Kanal fortgesetzt zugenommen hat. Wohl ist auch heute noch der Anteil der deutschen Schiffe -im Verkehr im Kanal weitaus am größten — dies versteht sich ja bei der geographischen Lage des Kanals von selbst —, aber der Anteil des Auslandes hat prozentual fortgesetzt zugenommen. Er betrug nach der Zahl der Schiffe im ersten Jahre nur 11 Prozent, im letzten Be richtsjahre aber bereits I6V2 Prozent: nach dem Raum gehalte ist der Anteil der fremdländischen Schiffe noch stärker gestiegen, denn er machte im Jahre 1895/96 nicht ganz 32 Prozent Ms, im letzten Jahre aber 41 Prozent. Geht die Steigerung des ausländischen Anteils am Naumgehalt in demselben Maßstabe weiter fort, so werden um das Jahr 1915 die ausländischen und die deutschen Schiffe sich hinsichtlich des Raunige- haltes die Wg.gschale halten. Besonders hat der An teil der russischen, der norwegischen und der schwedischen Flagge zugenommen, während derjenige des dem Kanäle nächstgelegencn skandinavischen Staates, des dänischen, eine, allerdings nur geringfügige, Verminde rung erlitten hat. Selbstverständlich sind -infolge der wesentlich stärkeren Benützung des Kanals auch die Ein nahmen aus den Kanalgebühren erheblich gestiegen. Sie betrugen im ersten Jahre noch nicht ganz 900 000 ^!, im lebten Berichtsjahre bereits mehr als 2 500 000 sie haben sich mithin innerhalb dieses Jahrzehnts nahezu verdreifacht. Allerdings haben sich auch die Ausgaben vermehrt, aber während sie in den ersten acht Jahren die Einnahmen erheblich überstiegen, konnte im Jahre 1903/04 zum ersten Male einUeber - schuß der Einnahmen erzielt werden. Allerdings ist dieser Ueberschuß noch sehr bescheiden — er betrug nickst ganz 60 000 —, aber wenn der Verkehr im Kanal weiterhin solche Fortschritte macht, wie im ersten Jahr zehnt, so werden auch die lleberschüsse entsprechend wachsen. vrr Humana in veulzch-ZiiamKattilra. Tan-unasvcrhältnisie in Kmakopmun-. Nach den Nachrichten aus der Kolonie verschlimmern sich die Landungsverhältnisse in Swakopmund von Tag zu Tag. An der Mole muß die Landung immer mehr eingeschränkt werden, und schon Mitte Mai stand man dicht vor der Notwendigkeit den Betrieb gänzlich ein zustellen. Es konnten damals überhaupt keine Schlepper mehr, sondern nur die kleinen Schiffsbarkassen zum Schleppen der Leichter verwendet werden. Außerdem war es nur in sehr beschränkter Zeit möglich, am Tage zu arbeiten. Zu der Ungunst der allgemeinen Kiistcn- und Landungsverhältnisse kamen Unglücksfällc hinzu. Die provisorische Hebevorrichtung, die an dem Lan- dungsstege zur Entladung der Güter angebracht ist, bis die Kröhne aufgestellt sind, arbeitete ganz gut. Am 14. Mai nackits riß sich der an der Kaimauer liegende Bagger los und preßte den Schlepper „Windhuk" an den Qucrarm der Mole, so daß eine Seite des Fahr zeuges eingedrückt wurde. Außerdem wurden zwei Pinassen auf den Strand geworfen und völlig unbrauch bar gemacht. Die Pfähle und Bohlen der hölzernen Schubwand der Kaimauer waren durch die Stöße des Baggers abgebrochen und zersplittert. Mit großer Mühe gelang es, den auf den Strand zutreibenden Bagger zu halten und am Molendamm festzulegen. Kurz zuvor war eine Pumpe dort eingetroffen, mit deren Hülfe man den Bagger nutzbar machen will. Gewalttaten in Kusrlana. Die Unruhen in Ts-z Nach der Petersburger Telearaphen-Agentur veröffent licht der „Regierunb-bote" eine Mitteilung der Regierung über die Unruhen m Lodz, in der eS heißt: „Die Unruhen sind durch die Agitation der revolutionären Parteien, insbesonderederSozialdemokraten.der revolutionärenPolen und Juden heroorgerusen worden und haben durch unausbörlicheAuf- stände den Ruin und die wirtschaftliche Zerrüttung ver Provin: Polen herbrigeführt. Kundgebungen,Ausstände,Einschüchterung der Arbeitswilligen und Mordanschläge gegen Beamte und Arbeitgeber folgten ohne Unterlaß aufeinander. Die Bewegung, die wirtschaftlich durchaus unbegründet war und nickt durch örtliche Existenzbedingungen der Arbeiter her vorgerufen wurde, führte ru den Ereignissen vom 20. bi- 23. Juni, die durch die äußerste Anspannung der durch Sozialdemokraten, Polen und die jüdische Organisation angestachelten revolutionären Energie gekennzeichnet werden. Die Kundgebungen begannen am 21. Juni und setzten sich am Abend deS 22. Juni fort. Sie erreichten ihren Höhepunkt im offenen Kampfe mit den Truppen im Bau von Barrikaden und Wechjeln von Schüssen am 23. Juni, an dem 160 Aufständische gelötet und 152 ver wundet wurden. Ein Offizier und 3 Soldaten wurden ebenfalls während der Unruhen verwundet. Außerdem wurden zwei Polizisten gelötet und mehrere verletzt. Die Bevölkerung von Lodz verließ die Stadt. 20 000 Juden reisen innerhalb zweier Tage ab. Nach Mitteilungen, v,e der Regierung zugegangen sind, veranlaßte die Terrorisierung durch die Sozialisten, Polen und Juden eine Reaktion unter den einhei mischen Polen, die sich darin äußerte, daß diese Erklä- rungen erließen, in denen ausgesprochen wurde, daß die von den Juden, Polen und Sozialisten ins Werk gesetzten Kundgebungen den Ruin der Arbeiter herbeisühren. Unruhen in Warschau und Suwalki. Aus Warschau wird depeschiert: In der Borstadt Praga wurden von Leuten, deren Persönlichkeit nicht bekannt ist, vier Revolverscbüsse auf den Polizeibezirksausieber KaraSkin ab gegeben, die ihn tödlich verwundeten. Hier ist ein General streik der Schuhmachergesellen ausgebrochen; ebenso traten die Metzgergelellen in den Ausstand. In der GouvernementS- stadt Suwalki herrscht allgemeiner Streik. Der «»»rtreiche Jar. Nach der Petersburger Telegraphen-Agentur empfing der Zar gestern die Semltwovertreter deS Gouvernement- Orel, Narischkin, und General Kirin, eine Anzahl Kaufleute, Adlige, da- Mitglied des Moskauer Gemeinde rates Grafen Dover, einen Bertreter der Alt gläubigen, einen Bürger von Nowgorod und mehrere Bauern, welche Adressen überreichten und Ansprachen hielten, indem sie dem Kaiser die Ergeben heit der großen Masse des russischen Volkes ver sicherten, das die Fortführung des Krieges wollte und auf allrussischer Grundlage die Organisation der Versammlung von Volksvertretern erstrebe, welche dazu berufen sei, an der Gesetzgebungteilzunehmen. Der Kaiser antwortete: „Ich danke Ihnen allen aufrichtig für bieGesühle und Ansichten, die Sie zum Ausdruck gebracht haben und bin insbesondere glücklich, zu sehen, daß sie von der Anhänglichkeit an die alten Traditionen deS Lande- geleitet werden. Der Staat kann nur fest und stark sein, wenn seine alten Traditionen treu gewahrt werden. Wir selbst haben in diesem Punkte gesündigt, und vielleicht hat unS Gott deshalb gestraft. Ich muß Ihnen sagen, daß da- Leben selbst unS die Wege weisen wird, wie die Fehler und Irrtümer zu beseitigen sind, die bei dem großen, von mir zum Wohle meiner Untertanen geplanten Werke unterlaufen können. Ich bin sicher, daß Sie alle und zwar jeder von Ihnen in feiner Umgebung Helsen den Frieden und die Ruhe in unserm Lande wiederherzusteUen und mir hierdurch einen Dienst erweisen, den ich von allen meinen Untertanen er warte. Ich hoffe zuversichtlich, daß Gott hierin Sie unter stützen möge." Die Meuterer auf den« „potemkin". Nach Meldungen au- Bukarest verbreitet der „Potemkin" folgendes Manifest: „An die zivilisierten Bürger und das arbeitende Volk! Die Ungerechtigkeit des autokratischen Re gimes bat die Geduld gebrochen. Ganz Rußland vom Feuer der Empörung erfaßt, ruft: Nieder mit den Ketten der Sllaverei! Tie Regierung will aber das Land im Blut er tränke u, vergessend, daß das Heer besteht aus den Söhnen des unterdrückten Volkes. Die Mann schaft deS „Potemkin" tat den ersten mutigen Schritt. Wir sind nicht mehr die Schergen unseres Volkes. Unser Wabl- spruch ist: Tod oder Freiheit für da- gesamte russische Volk! Wir wollen das Ende deS Krieges, die schleunige Einberufung einer Konstituante ans Grund des allgemeinen Wahlrechts. Dafür werden wir kämpfen, bis Sieg oder Todl Alle freien Menschen und Arbeiter werden mit unserem Kampf für die Freiheit und den Frieden sym pathisieren. Nieder die Autokratie! Hock die Konstituante! Der ermordete Matrose beißt nicht Omeltschuk, sondern Bakulincik. DerMatrose Konstantinow, der desertierte, erklärt nunmehr, der „PolOnkin" sei nach Konstanza gekommen bchusS Verproviantierung. Bon einer Uebergabe sei keine Rede, er ver folge die Erhebung aller Uferstädte. — Im „B. T." wird gemeldet, daß die Meuterei auf dem „Potemkin" von langer Hand vorbereitet war. Sewastopol ist der Sitz de» südrussischen RevolutionscomiWS, da- vor anderthalb Jahren noch unter Plebwe aufgehoben und nach Sibirien verbannt wurde. Unter dem Regime des Fürsten Swiatopolk-Mir-ki erfolgte die Rückkehr des Comitss und seine erneute, sehr rege Tätigkeit. E« kam soweit, baß Fälle, wo Marineoffiziere den Mann schaften revolutionäre Schriften vorlasen, nicht zu den Seltenheiten gebürten. Ueber diese unhaltbaren Zustände sind dem Marineminister seinerzeit ausführliche Berichte zu gegangen, doch ließ er die Sache aus sich beruhen, weil eine Untersuchung viel Lärm und böse» Blut gemacht hätte. So kam es, daß auf dem „Potemkin" zwei Mechaniker und ein Techniker waren, die alle drei unter poli zeilicher Aufsicht standen, und daß sie regen Verkehr mit dem Revolutionskomitee unterhalten konnten, dessen Mitglieder sie nacht- häufig aufs Schiff ließen, wo sie mit der Mannschaft unbehindert verkehrtrn. Bei der gegenwärtigen Meuterei waren mehrere Mitglieder des Revolutionskomitee« auf dem Schiffe an wesend, ebenso auf dem „PobjedonoSzew" und auf einem dritten Panzer, wo jedoch das nicht infizierte Element das Uebergewicht gewann. Auch auf dem „Potemkin", der von dem Techniker Alexejew geführt wird, ist Uneinigkeit unter den Meuterern au-gebrochen. Die Minder heit verlangte reumütige Rückkehr nach Sewasto pol und wurde von der Mehrheit auf ihr Verlangen bei Kertsch au Land gesetzt. Vie Mahnahmen -er Türkei. AuS Konstantinopel meldet die „Frkf. Zig.": Die sensationellsten Gerüchte schwirren herum, von denen das unglaublichste ist, daß das türkische, im Goldenen Horn befindliche Geschwader zum Auslaufen bereit gestellt werde. Tatsächlich ist dagegen, daß seit gestern die beiden EingangSsorts am Bosporus mit zwölf 21-Zenti- meter-Mörsern und zwölf 24-Zenlimetrr-Gescbützen bestückt worden sind. Seit sechzehn Jahren lagen die von Krupp gelieferten Geschütze unberührt im Artilleriedepvt von To- phane. Die wiederholten Versuche des Sultan», diese Ge schütze nach den BosporuSfortS zu expedieren, mußten jedes- mal unterbleiben, da Rußland diese Absicht al» ferndlxben Akt der Türkei interpretierte. Unter persönlicher Aufsicht des Artillerie-Minister«, Marschall Zekki Pascha, erfolgte gestern die Verladung und Ausstellung der Kanonen in den Küsten fort» von Kawak, von welchen sich da- eine auf der europäi schen, das andere aufderasiatifchenSeitedeSBoSporuSerhebt.— Ueber den Dampfer „Pera" der deutschen Levanteliuie erfährt die „Köln. Ztg." aus Hamburg, daß die darüber in ver schiedenen Blättern enthaltenen Nachrichten über behördliche Belästigungen in Odessa und dergleichen falsch find. Der Dampfer verließ Odessa und traf in Konstantinopel ein. Er hat in Odessa unbehelligt seine Ladung gelöscht und eine neue übernommen. Der Dampfer sollte schon am vorigen Sonnabend Odessa verlassen, blieb aber dort auf den Wunsch deS Auswärtigen Amts, um gegebenenfalls deutsche Flücht linge aufzunehmen. Dazu ist eS aber nicht gekommen. Die russische Mannschaft auf -en Philippinen. Zur Ergänzung einer im Morgenblatt enthaltenen Meldung wird über New Jork noch depeschiert: Au- Manila wird gemeldet, daß auf dem russischen Kreuzer „Awrore" ein Komplott der Mannschaft entdeckt wurde, wonach diese zu meutern und die Offiziere zu ermorden gedachte. Der amerikanische Admiral ließ die Handelsschiffe au« der Nähe des Russen entfernen und neben diesem eine« amerika nischen Monitor als Bewachung ankern. Der Aankafn» unter russischer Herrschaft In langen, ununterbrochenen, verlustreichen Kämpfen ge wonnen, bildete der Kaukasus stet- eine der größten Re- Feuilleton. Die beiden Hallermunds. Von A. Dom. Nachdruck verdate«. Lonis Temperament erwachte, unld einen zorn sprühenden Blick auf die Jüdin werfend, antwortete sie: „Ich weiß doch wirklich nicht, mit welchem Recht Sie von mir ein Entgegenkommen verlangen können. Sie machen ja selber aus Ihrer Herkunft kein Hehl! Lassen Sie sich sagen, daß Sie noch recht viel lernen müssen, vor allen Dingen Höflichkeit. Sie legen es ja geradezu darauf an, unliebenswürdig zu sein!" Da kam er wieder zum Vorschein, der herbe, Unglück- liche Zug um die Mundwinkel in Veilchens Gesicht, als sie trüben Tones sagte: „Ich glaube, ich bin noch nie im Leben anders ge wesen." Wider Willen fühlte Loni Mitleid mit dem Mädchen, und ruhiger werdend, sagte sie: „Nun, jedenfalls könnte es Ihrer Wohltäterin gegen- über nicht schaden, wenn Sic sich in Liebenswürdigkeit noch etwas übten!" „Für Frau Inspektor lege ich mein« Hand ins Feuer, mich selber ganz, wenn sie s verlangt. Dankbar zu sein, fällt mir nicht schwer!" „Das freut mich zu hören!" antwortete Loni kühl, Veilchen trat plötzlich näher, legte ihr» Hand fest auf Lonis Arm und sah ihr forschend, mit heißen Blicken in das Gesicht. „Sie sind schön, Fräulein von Hallermund, und wir sollen uns ja gleichen, der junge Herr hat's mir auch gesagt, und er hat Ihnen Verse geschickt, die hat er mir vorgelesen." „Nein, 0 nein, ich bin nicht etwa eifersüchtig", setzte sie spöttisch hinzu, als Loni heftig die Hand von sich ab schüttelte „so gemein würde ich nicht handeln, eine Liebelei mit dem Sohn meiner Wohltäterin hinter listig anzufangen, aber ich habe geradezu mit Sehnsucht auf Sie geharrt, ich hatte mir eingebildet. Sie müßten so gut und lieb sein; ein wenig wahres Mit- leid mit so einer, wie ich bin, empfinden können, einen warmen Blick, so einen armseligen Händedruck hatte ich erwartet, mich so darauf gefreut, statt dessen hm. Sie können ja nicht einmal fchlerfrei begleiten!" „Fräulein Aron, Sie sind " „Unverschämt! — wollen Sie sagen. — Bitte um Ver. zeihung, aber wahr ist es, gut haben Sie nicht gespielt. — — Jetzt will ich aber gehen und -en Kaffeetrsch schön für Sie zurechtmachen, und und denken Sie nicht zu schlecht von mir. Wenn Sie einmal Gelegenheit haben, dann sehen Sie sich mein Elternhaus an, lernen Sie meine ganze, liebwerte Familie kennen, diesen verschmutzten Winkel, den ich Heim nenne, in dem die von Schnaps trunkenen Kunden Eines DaterS in allen Ecken kauern, und mein Vater selbst, habgierig, geizig, seinen Kindern kaum die paar armseligen Kartoffeln und die dünne Cichorienbrühe gönnend, daß er freigebiger aber mit dem Prügel und Fußtritten verfährt. Und das keifende Weib, daS ich Mutter nennen soll, und die schmutzigen Rangen, meine teuren Geschwister, boshaft wie wilde Katzen. Vielleicht, wenn Sie alles das gesehen. Sie wohl behütetes, wohl- erzogenes Fräulein, dann erwacht in Ihnen wohl das Verständnis für meine Erziehung, und daß ich nicht viel besser werden konnte, als ich bin!" Loni atniete erleichtert auf, als das Mädchen das Zimmer verlassen. Es tat ihr leid, -daß ihre Abneigung so ernst genommen war, denn eine Beleidigung hatte sie ja nicht gewollt. Eigentlich kam sie sich vor wie ein ausgescholtenes Schulmädchen, und Zorn, Mitleid und Erstaunen rangen dermaßen in ihr um die Wette, -aß sie mit sich selber nicht fertig wurde. Jedenfalls war sie froh, daß Veilchen Aron nicht wieder auf der Bildfläche erschien. „Das Mädchen sieht krank aus und ist fieberisch" — hatte Frau Inspektor beim Kaffeetrinken gesagt. — „Ich hab' sie zu Bett ge schickt, sie schüttelte sich förmlich vor Fieberfrost und Hitze, 's ist überhaupt ein sonderbar erregtes Geschöpf, mir ist's doch manchmal ganz bange vor der Zukunft des Mädchens!" Loni hütete sich, ihre Meinung auszusprechen, nein, schaden wollte sie dem sonderbaren Mädchen gewiß nicht. Jedenfalls aber nahm sie sich vor, diesem Fräulein Aron aus dem Wege zu gehen, was um so leichter war, als Frau Inspektor ihr im Vertrauen mitteilte, daß sie sich bereits fest vorgenommen hatte, ihren Schützling, in einen: Monat etwa, selber noch Berlin zu bringen. „Denn halb will ich nicht- tun, hab' nun einmal hinein gegriffen in daS junge Menschenleben, und hier ver ¬ folgen Veilchen die unseligen Verhältnisse bis zur Ver bitterung, sie fühlt das jetzt umso mehr, nachdem sie in Frieden und Ruhe ein Jahr die Füße unter unseren Tisch hat setzen können. Ihre Eltern verlangen nicht nach ihr, sie selber graut sich, in ihr eigenes Heim jemals wieder zurückzugehen: drum soll sie nolens oder volens also fort von hier, und der liebe Gott wird weiterhelfen. Mehr, als mit Geld und guten Worten ihr -en Weg ein wenig ebnen, kann ich ja nicht." Loni hatte immer erstaunteren Blickes gehorcht. Sic schämte sich, sie errötete vor sich selber bei -em Gedanken, daß sie den Eltern geschrieben: „Ich fühle mich ckSclass^e in -er Gesellschaft." Wie hatte sie es nur auf das Papier bringen können, das dumme Wort, und wie hoch stand diese Frau jetzt vor ihr mit ihrem guten, selbstlosen, hilfsbereiten Herzen. Einem raschen Impuls folgend, haschte sie nach der kleinen, runden Hand und küßte sie. «Wie gut Sie sind, und wie glücklich kann Fräulein Aron sein unter Ihrem Schutz, Frau Inspektor." „Ach, liebes Fräulein von Hallermund, ich mach' nur ja selbst di« beste Freude damit", wehrte sic ab. „Tenn wenn'S zum Guten ausfällt, bin ich doch selber belohnt." Als Loni am nächsten Tage der Frau Seebach von den Einzelheiten ihrer Begegnung mit Veilchen Aron erzählte, meinte diese: „Je früher das Mädchen von Donnersberg furt kmnmt, desto besser. Die überspannten Ideen wird sie bald d'rangeben, und ihr starker Wille, ihre jüdisckn? Zähigkeit helfen der am besten voran. Für Sie ist da rin ganz unverstandener Charakter, sehen Sie, die hat
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