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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 11.09.1900
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1900-09-11
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19000911013
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1900091101
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1900091101
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1900
- Monat1900-09
- Tag1900-09-11
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Diese Berichte geben nicht nur ein ursprüngliches Abbild von der Durchführung der Arbeiterschutzgesetzgebung und der Wach samkeit, mit der der Staat die Beachtung der im Interesse des socialen Friedens und der Hebung der arbeitenden Classen er lassenen Gesetze und Verordnungen zu sichern bemüht ist, sondern zugleich auch einen interessanten Ausblick auf das gewerbliche Leben überhaupt. Ein reiches Tabellenwerk mit einer Fülle lehrreicher Zahlen ist dieser Publikation beigefügt und läßt den gewerblichen Aufschwung und die Vermehrung der Arbeiter und die singende Arbeitslast und Kraftentfaltung des gewerblichen Aufsichtsdienstes bis in die kleinsten Bezirke des Landes ver folgen. Zunächst einige Zahlen daraus, die eine Vorstellung von dem Arbeitsfelde des gewerblichen Aufsichtsdienstes gewähren. Zum Vergleich haben wir die Zahlen der beiden Vorjahre hinzugefügt. Danach betrug die Gesammtzahl der 1897 1898 18SS der Aufsicht unterstehen ¬ den Anlagen . . 126 878 137 298 142 OSS darin beschäftigten Ar ¬ beiter 2118 096 2 291866 2 402 76» Wie man daraus ersieht, haben sich die Fabrikbetriebe, für die die socialpolitischen Anordnungen gelten, vom Jahre 1897 bis 1898 um 10 000, von 1898 bis 1899 nur noch um 5000 vermehrt, entsprechend der auch anderweitig gemachten Wahr nehmung, daß gegen das Jahr 1898 eine Abnahme der Neu gründungen von Fabrikanlagen zu beobachten ist. Dem ent spricht auch die Bewegung der Arbeiter, die von 1897 auf 1898 sich um rund 170 000 vermehrten, während die Zunahme im verflossenen Jahre nur noch 110 000 beträgt. Alles in Allem aber ist noch immer eine starke Aufwärtsbewegung der Verhält nisse zu constatiren, die zu einer steigenden Beanspruchung der staatlichen Gewerbeaufsicht geführt haben. Wie in der vorangegangenen Berichtsperiode ist denn auch eine erhebliche Verstärkung des gewerblichen Aufsichtsdienstes zu constatiren. Die Zahl der Gewerbeinspectionen und der Ge- werbcinspectionsassistenten ist um je n e u n gegen das Vorjahr vermehrt worden, so daß im Jahre 1899 in 27 Aufsichtsbezirken 26 Regierungs- und Gewerberäthe, 1 commissarischer Gewerbe rath, 106 Gewerbeinspectoren und 77 Assistenten thätig waren. Dazu kommen noch 5 Gewevbeinspectoren, die unmittelbar den Gewerberäthen zu deren Entlastung beigegeben sind. Das waren bisher in Oppeln und Arnsberg je einer, für Düsseldorf zwei; in diesem Jahre hat der Berliner Gewerberath für Berlin «inen Gewerbeinspector beigeordnet erhalten. Eine neue Ge werbeinspektion ist gebildet worden in Stettin als Stettin II und ihr Anklam, Demmin, Ueckermünde, Usedom, Wollin und Ran dow mit Ausnahme von Stettin und seinen Vororten unterstellt. Ferner ist für Hildesheim mit dem 1. April v. I. eine dritte Ge- werbeinspection in Goslar eingerichtet, zwei neue Jnspectionen sind im Bezirke Arensberg, in Gelsenkirchen und Schwelm ge bildet worden, desgleichen im Bezirk Trier eine neue mit dem Sitz in Merzich, und schließlich ist die Errichtung einer dritten Jnspection für den Bezirk Wiesbaden in Limburg beantragt. Bei dieser Ausbildung des gewerblichen Aufsichtsdienstes er gab es sich von selbst, daß im Jahre 1899 die Zahl der Fabrikrevisionen gegen das Vorjahr eine erhebliche Steigerung erfuhr, wie auch die Zahl der Arbei.ter, denen diese Revision unmittelbar zu Gute gekommen ist. Fügt man wiederum die Zahlen der beiden Vorjahre hinzu, dann er hält man dafür nachstehenden Beweis: 1897 1898 18SV Gesammtzahl der Revi ¬ sionen 67304 74765 82 643 Gesammtzahl der in den revidirten Anlagen be schäftigten Arbeiter . 1925 986 2 135 940 2 286 186 Zieht man in Betracht, daß die Zunahme der Betriebe und der Arbeiter, wie oben dargethan, im Jahre 1899 bedeutend hinter der des vorangegangenen Jahres zurückgeblieben ist, dann ist ersichtlich, wie die Thätigkeit der Gewerbeaufsicht sich in un gleich größerem Maße verstärkt hat und demgemäß die Angriffe der Socialdemokratie einzuschätzen sind, die der staatlichen Für sorge für die Aufrechterhaltung der socialpolitischen Gesetze den guten Willen und die Macht bestreitet. Da die gewerbliche Aufsicht vorwiegend dem Schutz der weiblichen und der jugendlichen Arbeiter zuge dacht ist, so sind auf diesem Gebiete besonders sorgfältige sta tistische Nachweise beigegebcn, aus denen man ersehen kann eines Theils die Anzahl der Betriebe, die solche Arbeiter beschäftigen, weiter die Zahl dieser Arbeiter selbst und schließlich die von den Aufsichtsbeamten ermittelten Zuwiderhandlungen gegen die im Interesse der jugendlichen und weiblichen Arbeiter erlassenen Schutzbestimmungen. Gezählt wurden im Ganzen Betriebe mit: 18SS 1898 1897 18 621 23136 18 898 23 949 22 285 26 707 Arbeiterinnen über 16 Jahre jugendlichen Arbeitern . Diese Zahlen sind auch wirthschaftSpolitisch sehr bemerken»- werth. Während von 1897 auf 1898 die Zahl der Betriebe mit weiblichen Arbeitern nur um 277 sich vermehrt hatte, stieg deren Zahl im verflossenen Jahr um mehr als daS Zwölffache, um 3387, ein ganz erheblicher Zuwachs, wenn man berücksichtigt, daß die Zunahme von 1896 auf 1897 rund 1400 betragen hat. Eine ähnliche erhebliche Zunahme läßt sich 1899 bei den Be trieben mit jugendlichen Arbeitern constatiren, die gegen da» Vorjahr um 2758 zunahmen, also mehr als daS Dreifache wie der Zuwachs von 1897 auf 1898, so daß auch hierin zu Tage tritt, wie groß der Bedarf an Arbeitern in den letzten Jahren geworden und wie sehr die Steigerung de» Bedarfes zu einer Deckung desselben in den minder leistungsfähigen Schichten der Arbeiter führt. Drm entspricht auch die Zunahme der Ge- sammtzahlen dieser Arbeitercategorien. Be schäftigt wurden insgesammt in preußischen Fabriken: 1897 132 352 1359 1898 353 629 142 121 1421 18SS »76 468 156 121 1546 Arbeiterinnen über 16 Jahre 337 504 Jugendliche Arbeiter Kinder Wie man hieraus ersieht, ist die Zunahme aller dieser Ar beitercategorien im Jahre 1899 um nahezu 50 Procent größer als von 1897 auf 1898. Daß auch die Zahl der Kinder wieder weiter gestiegen ist, ist eine bezeichnende Begleiterscheinung. Um die Leistungen der Gewerbeaufsicht zu ermessen, muß man neben diese Zahlen diejenigen der weiblichen und jugend lichen Arbeiter halten, die im Jahre 1899 in den revidirten Anlagen beschäftigt gewesen sind. Das waren 132 502 jugend liche Arbeiter und 344 560 Arbeiterinnen über 16 Jahre. Das ist eine beträchtliche Quote. Dabei wurden 1899 wegen Zu widerhandlungen gegen die Schutzbestimmungen für Arbeite rinnen 168 Personen bestraft, 52 weniger als im Vorjahr. Die Zahl der Bestrafungen bei Beschäftigung jugendlicher Arbeiter war im Berichtsjahr 783, 53 Fälle mehr als im Jahre 1898. Immerhin wird man aus diesen Zahlen schließen dürfen, na mentlich wenn man die Zunahme der Betriebe und der Arbeiter und ihre Gesammtzahl in Betracht zieht, daß sowohl dem so cialpolitischen Pflichtgefühl der Arbeitgeber wie der Pflichttreue der staatlichen Gewerbeaufsicht in Preußen in diesem Rechen schaftsberichte ein achtungswerthes Zeugniß ausgestellt wird. Die Wirren in China. Die Räumungsfrage zu einer Hetze zwischen Deutschland und Rußland zu miß brauchen, scheinen „deutschlandfreundliche" Hände bemüht zu sein, zum Glück ohne Erfolg. Es wird uns darüber berichtet: L. Köln, 10. September. (Privattelegramm.) Gegenüber einer Meldung der „Neuen Freien Presse", nach der Rußland dem Berliner Auswärtigen Amte eine Note überreicht hat, worin e» auf der Räumung Peking» bestehe und rückhalt los, ja man könne sagen mit brutaler Offenheit, das russische Interesse in den Vordergrund rücke, stellt die „Kölnische Zeitung" in einem Telegramm aus Berlin vom gestrigen Tage fest, daß eine solche oder ähnliche russische Note in Berlin nicht überreicht worden ist. (Wiederholt.) ES wäre interessant, zu erfahren, auS welcher Quelle diese Meldung stammt. Denkbar sind nur zwei Möglichkeiten, über die wir uns Wohl nickt weiter zu verbreiten brauchen. Gegen eine Zurückziehung der Truppen aus Peking mit Belassung einer Gesanbtsckaftswache von 1000 Mann an Ort und Stelle und von 2000 Mann außerhalb Pekings — was Amerika als Compromiß vorgeschlagen haben soll — sind die gleichen Gründe geltend zu machen, wie gegen die vollständige Aufgabe der Stadt. Die „Kölnische Zeitung" schreibt in dieser Hinsicht: Eine solche Theilung würde auch vom militärischen Standpunkte ihre ernsten Bedenken haben, denn wenn man sich auf sie einließe, so könnte jeden Augenblick irgend ein militärisches Ereigniß ein treten, daS eine ganz rasche Dislocation der Truppen nöthig machte. Soll dann erst wieder der ganze große europäische Apparat in Bewegung gesetzt werden, um über eine Aenve- rung eines früheren Beschlusses zu beschließen, oder soll der Oberbefehlshaber, falls er bis dabin eingetrofsin ist, das Recht haben, selbstständig und ohne Weiteres Maßregeln anzuordnen, die mit einem früher gefaßten Beschlüsse der Mächte in Widerspruch stehen würden? Noch eine ganze Reihe anderer sckwer zu lösenderFraqen würden durch denTbeilnngs- plan aufgeworfen werden. Welche Truppen sollen in Peking bleiben, welche sollen nach Tientsin gehen, wer soll hierüber bestimmen, der Oberbefehlshaber oder die Mächte? Man sieht, vaß durch eine Theilung der Truppen eine Reihe von Fragen aufgeworfen werden würde, die durchaus geeignet wären, die an sich schon ausreichend verwickelte Lage um neue Schwierigkeiten und Verlegenheiten zu bereichern. Von Deutschland ist, wie gesagt, dieser Vorschlag nicht gemacht worden. Wenn aber eine andere Nation mit ihm hervor treten sollte, so würde sich bald Herausstellen, daß man damit einen Weg eiuschlägt, der nichts weniger als praktisch ist. Unseres Erachtens sollte für die Operation in Petschili lediglich die militärische Nothwendigkeit maßgebend sein. Darüber, daß daS Operationsfeld ohne unbedingte Nothwendig- keit nicht ungebührlich vergrößert werden soll, dürste eine Meinungsverschiedenheit kaum herrschen. Die Erörterung der ganzen Räumungsfrage, die sich in allergrößter Ocffentlichkeit vollzogen hat und an der alle Regierungen, die Presse aller Länder und mit besonderem Anspruch auf Beachtung auch die Europäer in Cbina selbst tbeilgenommen haben, bat bis jetzt jedenfalls daS Ergebniß gehabt, daß gegen den Vorschlag so viel sachliche Gründe inS Feld geführt wurden, daß eine andere Washingtoner Meldung über die künf tige Haltung Rußlands an Wahrscheinlichkeit gewinnt. Nach dieser Meldung hätte Rußland sich nämlich bereit erklärt, daS Ge wicht der gegen eine Räumung sprechenden Gründe anzu erkennen und gegen eine weitere Besetzung Pekings keine Ein wendungen mehr zu erheben. Wie wir schon andeuteten, wird die Frage der Räumung durch die Einleitung von FriedenSverhandlungen in Peking selbst voraussichtlich in den Hintergrund gedrängt werden. Lhangtzat. Die „Kölnische Zeitung" berichtet au» Berlin unter dem 9. d. M.: Der japanische Vertreter in Shanghai tbeilte seinen College« mit, auch Japan betheilige sich an der Be setzung Shanghai» mit Landtruppen. Bis diese ein- treffen, werde eine Abtbeilung japanischer Matrosen in Stärke von KOO Mann gelandet werden. Der Kaiser »an China über den Krieg. Da» am 17. Juli d. I. dem chinesischen Großsekretariat zu gegangene Edictde»Kaiser»vonChina,da»s. Z. in einem kurzen Telegrammauszuge mitgetheilt wurde, hat fol genden Wortlaut: „Die gegenwärtigen Feindseligkeiten zwischen China und dem Auslande haben ihren Ursprung in den Streitigkeiten zwischen der einheimischen und der christlichen Bevölkerung. Im weiteren Verlauf hat alsdann die Usurpirung der Taku-Forts zu Kämpfen geführt. Unser Hof unterhält mit den fremden Staaten sehr freundschaftliche Beziehungen, die nicht leichthin abgebrochen werden dürfen. Zu wiederholten Malen haben wir Edicte zum Schutz der Gesandtschaften erlassen und in allen Pro vinzen den Schutz der Missionare angeordnet. Die kriegerischen Ereignisse sind jetzt noch nicht beendigt. In China lebt eine große Anzahl von Unterthanen fremder Staaten; allen diesen muß gleicher Schutz gewährt werden. Die betreffenden Tartaren- gencrale, General-Gouverneure und Gouverneure erhalten hier mit den Befehl, die Kaufleute und Missionare aller fremden Staaten in den dem internationalen Handel geöffneten Plätzen, sowie in den verschiedenen Präfecturen, Departements und Be zirken zu ermitteln und dieselben vertragsgemäß thatkräftig zu oeschlltzen. Auch nicht die geringste Nachlässigkeit ist dabei zu oulden. Im vorigen Monat wurde der japanische Kanzler Chan- shan-pin ermordet. Diese schreckliche That war noch frisch im Gedächtniß, als bald darauf die Ermordung des deutschen Ge sandten erfolgte. Der genannte Gesandte residirte in Peking, um die amtlichen Beziehungen beider Reiche zu einander zu pflegen. Daß er so plötzlich einen gewaltsamen Tod fand, ist tief bedauerlich. Es müssen die strengsten Befehle zur Festnahme der Mörder gegeben werden; sie müssen ergriffen und abge- urtheilt werden. Was nun den Schaden anlangt, den nach der Eröffnung der Feindseligkeiten in Tientsin in Folge von Unruhen und ohne ihre Schuld die fremden Unterthanen und Missionare an ihrem Leibe, sowie durch Zerstörung und Verlust ihres Eigenthums erlitten haben, so sollen hinsichtlich dieses Schadens, mit Ausschluß des unmittelbar durch jene Feindseligkeiten angerichteten, der Prä- fect von Peking und der Generalgouverneur von Tschili genaue Ermittelungen anstelle« lassen, damit nach Eingang des Ge- sammtergebnisses entsprechend Verfahren werden kann. In der letzten Zeit plündern Räuber und Rebellen an allen Orten nach Herzenslust und säen Unfrieden unter der gutge sinnten Bevölkerung, ein im höchsten Grade unerlräglicher Zu stand der Dinge. Die betreffenden Generalgouverneure, Gou verneure, Truppenbefehlshaber u. s. w. erhalten deswegen hier mit den Befehl, sich über Alles, was geschehen, genau zu unter richten und mit vereinten Kräften das Unheil zu bekämpfen, so daß die Quelle der Unruhen verschlossen wird. Dieses Edict soll allgemeine Veröffentlichung finden." In dieser Kundgebung muß zunächst die kühle Art und Weise auffallen, wie dem Bedauern über die Ermordung des deutschen Gesandten Ausdruck gegeben wird. Die Form, in der die Er greifung der Mörder angeordnet wird, könnte kaum anders sein, wenn es sich um ein paar gewöhnliche Taschendiebe handelte. Sodann ist die Bestimmung bemerkenswerth, wonach die Verluste der Fremden, die unmittelbar durch die kriegerischen Ereignisse herbeigeführt sind, in die Ermittelungen des unge richteten Schadens nicht mit eingeschlossen werden sollen. Da durch wird die Aussicht auf freiwilligen Schadenersatz der chine sischen Regierung von vornherein so gut wie illusorisch gemacht. Ueberhaupt spricht der ganze Ton des Edicts für die hochmüthize Gesinnung der hinter ihm stehenden damaligen Machthaber von Peking, und das Edict ist somit ein neuer Beweis dafür, daß nur ein enerigsches Auftreten der Mächte, ohne unzeitige Nach giebigkeit, dauernde Bürgschaften für die Zukunft wird schaffen können. Läßt man es daran bei den in Peking bevorstehenden Friedensverhandlungen fehlen, so wird man erleben, daß die jenes kaiserliche Edict durchwehende Gesinnung den chinesischen Hof, die Regierung und die Unterhändler auch heute noch beseelt. Truppcnbrwcguiigen. * Berlin, 10. September. (Telegramm. „Wolff's Trlegr.« Bureau".) Der zweite Admiral des Kreuzergcschwaders meldet aus Taku unter dem b. d. M.: Generalmajor v. Höpfner ist am 29. August in Peking eingetroffen, das zweite Bataillon, sowie eine Batterie am 31. August 3 Uhr Nachmittags. Capitän Pohl will den Rückmarsch von Peking mit dem LandungScorps etwa am 5. September antreten. Tas Detachement unter Graf Soden wird sich anschließen. Gras Soden selbst verbleibt in Peking. — Der ZimmermaunSgast Cords ist am 29. August uud der Matrose Born am 30. August in Peking an Hautentzündung gestorben. Beide sind vom Kreuzer „Irene" und im Garten der Gesandtschaft beerdigt worden. * London, 10. September. (Telegramm.) „Reuter'S Bureau" berichtet aus Tientsin unter dem 28. August: Für die großen deutschen Truppenkörper, die demnächst ankommen, sollen die auf Grund und Boden der deutschen Niederlassung befind lichen Gebäude zur Verfügung gestellt werden. Die Amerikaner, die zum Theil jetzt dort lagern, werden wahrscheinlich ein neue» Lager außerhalb der Stadt ausschlagen. * London, 10. September. (Telegramm.) „Reuter'S Bureau" berichtet au» Wei-hai-wei unter dem 4. d. M.: 400 Mann de» Pendschab-Regiment» sind hier gelandet worden, die al» Festland».Garnison dienen sollen. Man erwartet, daß zwei indische Regimenter während de» Winter» hier bleiben werden. Es sind Befehle ringetrofsen, daß die Befestigung» arbeiten so schnell wie möglich fortgesetzt werden sollen. * Berlin, 10. September. (Telegramm.) Da» Truppentran«, schiff „H. H- Meier" ist am 10. September in Hongkong eia- getroffen. Die Besatzung befindet si ch im besten Gesundheitszustand. Der Krieg in Südafrika. Wie rin Hohn, wie eine Satire auf die „Annrxion" dr» Freistaates liest sich da» „Daily-Mail"-T«legramm, daß die Hochländer Bethlehem, Fouriesburg, Senekal und Ladybrand geräumt und die Barren diese Plätze wieder besetzt haben. Somit ist fast der ganze in Betracht kommende Osten teS Freistaate», um den so lange bin und her gestritten worden ist, wieder in den Händen der Boeren, die sich massenhaft von Neuem er höbe» haben müssen. Man spürt wieder die geniale Hand De Wet'S. Für daö immer weiter von der Bahn sich entfernende und in die GebirgSwildniß Transvaals vorrückende Buller'sche ActiouScvrps und das Nobcris'sche Hauptquartier ist daS eine arge Hiobspost, da anzunebmcn ist, daß nunmehr auch an ter Bahnlinie Springfonlein-Pretoria die Boeren mit größerem Nachdruck auflreten und den Nachschub von Proviant rc. noch fragwürdiger gestalten werden, als er jetzt schon ist. Außer dem ist »un erst recht nicht abznsebcn, wann endlich Roberts die im Freistaat diölvcirten Truppenkörper zur Vernichtung Bolha'S beranziehen kann. Auch im Westen Transvaals sind nicht unerhebliche britische Streitkräfte fortgesetzt engagirt und es ist somit keinerlei Aussicht vorhanden, daß Roberts— Buller ihrem Vorstoß über Lydenburg hinaus genügende Kraft zu verleihen vermögen. Johannesburg unter englischer Regierung. Von einem soeben aus Johannesburg zurllckgekehrten schle sischen Landsmann erhält die „Schles. Ztg." folgende Zuschrift: Es war am 31. Mai d. I. am Morgen, als in Johannesburg vor dem Regierungsgebäude alle Einwohner, die nicht krank dar- niöderlagen, versammelt standen, um den Einzug der Engländer mitzufeiern, ja ich muß sagen, man betrachtete es als eine Feier, weil wir trotz aller Antipathien uns sagten, daß unsere persön liche Sicherheit nun-mehr gewährleistet wäre, nachdem wir die letzten Tage vor dem Einzuge der Engländer täglich und stündlich eine unfreiwillige Luftreise per Dynamit erwartet hatten. Und trotz alledem sah man auf 'die Transvaalflagge, die gleichsam, als ob sie wüßte, was ihr bevorstünde, nicht lustig im Winde flatterte, sondern traurig sich neigte, mit wehmüthiger Miene, denn man hatte das Gefühl, daß man trotz Gewährleistung der eigenen Sicherheit doch im Begriffe war, unfreiwillig einen 'chlechten Tausch zu machen, und daß dieses Gefühl leider das richtige war, das hat sich sehr bald herausgcstellt. Lassen wir zunächst die englischen Truppen einziehen. Man glaubte natürlich, Lord Roberts an der Spitze zu sehen, weil man als sicher annahm, daß der Oberbefehlshaber bei einer der artig wichtigen Action, wie es die Einnahme Johannesburgs war, der Erste sein würde, der die Stadt betritt. Dem war aber nicht so, denn zrierst kamen zwei alte Johannesburger Be kannte in Khakey, ein Variötödirector und ein Buchmacher, dann einige Kriegsberichterstatter und darauf Lord Roberts, Kitche- ner, der gewesene Kommandant von Johannesburg I)r. Krause, der Stab und die Militärattaches. Dieser Troß rückte nun gegen die arme Transvaalflagge vor, die gute alte Vierkleur fiel, während die Engländer „dock savs Isis <Jueen" sangen, hätten wir alten Transvaalen, die wir nahebei standen, am lieb sten gesungen: „Es ist bestimmt in Gottes Rath" mit besonderer Betonung der letzten Wort« „Auf Wiedersehen". Der kleine Union Jack, Handarbeit der Lady Roberts, wehte vor dem Re gierungsgebäude, der Stab unter Roberts postirte sich davor, und etwa 20 000 Mann Truppen, die in Anbetracht ihrer Ver fassung besser um die Stadt herum marschirt wären, defilirten nun stundenlang unter dem Johlen einiger exaltirter Weiber und der Kaffern, die in den Engländern den guten Baß begrüßten, der ihnen nun erlauben würde, wie in Natal und der Cape Colony, auf dem Trottoir zu gehen uno Schnaps zu trinken. Sie wurden frech, und wir hatten unsere liebe Noth, die Jungen in den nächsten Tagen in Rand und Band zu hallen. Schon am Abend des Einzugstages kamen etliche Prokla mationen heraus, die uns freiheitsliebende Transvaaler stark ver schnupften. Vor Allem die Bestimmung, daß sich Jeder einen Paß für 2 Sh. 6 P. hcrausnehmen mußte. Hierzu bemerke ich, daß es von jeher Usus war, daß die Kaffern für ihren Paß 2 Sh. bezahlten, und uns beleidigt nichts mehr, als die Vor schriften, die an Kaffernbestimmungen erinnern. Außerdem wurde man anfgefordert, alle im Besitz befindlichen Feuerwaffen abzuliefern und einen Eid zu leisten, daß sich keine anderen in unserem Besitz befinden, im Uebertretungsfalle ward eine Strafe von zwei Jahren Zuchthaus 'festgesetzt. So mußten wir denn unsere theuren Jagdgewehre ohne Quittung abgeben und uns von unserem Revolver trennen in einem Lande, in dem die schwarze Nasse die weiße an Zahl überwiegt und daß sich noch dazu im Kriegszustände befindet! Bicyclefahren, Reiten und Wagenfahren wurde verboten, und man durfte nach 7 Uhr Abends überhaupt nicht mehr auf der Straße fein. Getränke durften außer an Officiere nicht verkauft werden, und so passirte es einem deutschen Bierhallenwirth, der sich mit den Abzeichen der englischen Armee noch nicht vertraut gemacht hatte, baß er einem Feldwebel ein Glas Bier verkaufte und am nächsten Tage zn zwei Jahren Zuchthaus mit schwerer Arbeit verurtheilt wurde. Einige Cwilisten, die zu gleicher Zeit im Local waren, wurden mit für 24 Stunden eingesperrt, mußten auf Steinen schlafen, bekamen nichts zu essen, und hatten bei Freilassung noch 1 Pfund (20 zu bezahlen. Nach wenigen Tagen schon erfolgten zahlreiche Verhaf tungen von Deutschen und anderen Ausländern, di« mit den Boeren gefochten, damals aber die Waffen bereits nisderge- legt hatten. Die Leute wurden erst auf dem Fort eingesperrt, und nach kurzer Zeit per Bahn wegbesördert, wohin — wußte Niemand. Bald aber beschränkten sich die Engländer nicht mehr auf die Verhaftung von Leuten, die gegen England gefochten hatten, sondern hoben ganze Häuser und speciell Restaurants aus, wo Deutsche wohnten beziehungsweise verkehrten, und auch diese Leute, wurden fortgeschafft, ohne daß ihnen noch Gelegen heit gegeben worden wäre, sich mit Geld und warmen Decken zu versehen. Vollkommen unschuldige Leute, denen ein „guter Freund" etwas eingebrockt hatte, wurden Nachts aus dem Bette geholt und nach dem Fort gebracht. Und das wiederholte und häufte sich täglich. Dem deutschen Eons ul aber war esnurinungefähr 10 Fälleng eg lückt,di«L«uke wieder frei zu bekommen. Es war schon so weit gekommen, daß man zu Haufe immer sein Bündel gepackt hielt, damit man eventuell auf dem Fort eine Decke hatte, denn dort wurde nichts geliefert, und wir hatten jetzt Winter in Transvaal. Sah man einen Bekannten einen ganzen Tag nicht (und da» merkte man bei der immer dünner werdenden Einwohnerzahl), so zog man schon mit Essen und einer halben Bottle bewaffnet nach dem Fort, und e» stellte sich meist heraus, daß die Annahme richtig war: man fand den Getreuen dort in dem einzigen Hotel in Johannesburg, das trotz der schlechten Zeiten florirte. Wir Deutschen aber waren cS hauptsächlich wieder, die von
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