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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 30.09.1903
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1903-09-30
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19030930015
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1903093001
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1903093001
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1903
- Monat1903-09
- Tag1903-09-30
- Monat1903-09
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Lrißner, Cigarrenhdlg. 2402 In de« Bor« und Nachbarorten. Anier-Lrottcndors, B. Friedel, Cigarrenhdlg., Zwei« «aunvorfer Trr- 6, O. Oehler, Beruhardstr. 51 Eannewttz, Fra« Fischer, Hermannstr. 23 » Fritz Koch, Pegauer Straße 17 P«sristsch,M»ritzNögg«rath,Eiz.-Gesch.,Delitzsch.Str. 25 820 Aantzsch, Ioh. Wolf, Ecke Ring- und Oetzscher Str. G«hlt», Robert «ltnrr Nächst., Lind«-nth. Str. 6 820 - Paul Schmidt, Brüverstrgß« 8 Aletnzsch-cher, G. Grützma««, Zschochersche Str. 7» ju L.'Plagw,tz 2586 kentzsch, Albert Lindnrr, Wettiner Str. 51 in 8 «8indeuau ptapenan, Alb. Lindner, Wettiner Str. bl ln L.-Lindenau Wtcker«, Paul Schmidt, Brüderstr. 8 in L-GohliS Nenftapt, Paul Kuck, Annonc^Exped., Eiseobahpstr. 1 Neuschönefeld, Paul Kuck, Annoucen-Exp., Eisenbahustr.l Oetzsch, Carl Scheffel, Ecke Ost- und Mittelstr. 6475 Plagwitz, G- Grüvmann, Zschochersche Str. 7» 2586 Prodstbetd«, Reinhard Sachse, Buchbiadergeschäft Heusnttz, W. Fugman«, Marschallstr. 1 x 1516 - O, Schmidt, Kodlgarteustr 67 1739 - Beruh. Weber, GadelSbergerstr. 11 Gchlentztg, G. Grlltzmana, Könneritzstr. 56 2586 Sellechg«sen, O. Oehler, Anger-Crottendorß Bern- hardstraße bl, pqrt. Stünz, O. Oehler, Anger-Erottead., Bernhardstr. 51, p. Thonberg, R. Häatsch, Reitzenhainer Str. b8 v«lt»ar-»orf, Paul Kuck, Ann.-Exped., Eisenbahnstr. 1 » Georg Niemann, Konradstr. 55 (Ecke Elisabethstr.) WgHxsn, Paul Schmidt, Vrüderstr. S in L.-Gohli«. Nußlaud und Oesterreich. (Zur Anwesenheit -cs russischen Kaisers in Wien, SO. September.) VS Unmittelbar nach dem Bekanntwerden der Absicht be» russischen Kaiser-, dem Wiener Hofe einen Verhältnis- milbig langen Besuch «rbzustatten, beeilte sich die offiziöse Presse der beiden Saisermächte, mit besonderem Nachdrucke auf die politische Bedeutung de» Besuche- hinzuweisen. ,E» sollte durch diesen Besuch aller Gelt Har gemacht werben, daß zwischen Rußland und Oesterreich nicht nur im allgemeinen die besten Beziehungen obwalten, sondern da- -eide Staaten nach wie vor an ihrem Abkommen, die Angelegenheiten auf der Balkanhalbinsel gemeinsam zu regeln, sesthielten und daß sie dieses Abkovnnen besonders auch in der gegenwärtigen kritischen Situation im euro päischen Orient betätigen würden. UnD Deutschen kann nichts lebhafter erwünscht sein, al- wenn zwischen Oesterreich und Rußland die aller besten Beziehungen obwalten, denn jede Störung dieser Mittwoch den 30. September 1903. 97. Jahrgang. Beziehungen bringt auch eine gewisse Schwierigkeit für Deutschland, gerade weil es mit beiden Mächten eng be- freundet und mit Oesterreich sogar verbündet ist. Schon vor dem Abschluffe des Bündnisses mit Oesterreich wies Kürst Bismarck auf das Mißliche und daS Undankbare einer Vermittlerrolle hin. Er sagte in seiner großen Rede vom IS. Februar 1879: »Wir haben stets vermieden, wenn Meinungsverschiedenheiten zwischen Oesterreich und Ruß land waren, eine Majorität von zwei gegen eins zu bilden, indem wir bestimmt für einen Partei nahmen, auch wenn unsere Wünsche etwa in der Beziehung nach der einen Seite mehr als noch der andern uns hingezogen hätten. Wir haben uns dessen enthalten, weil wir be sorgten, daß das Band doch nicht stark genug sein möchte, und gewiß kann es so stark nicht sein, baß es eine dieser Großmächte veranlassen könnte, aus Gefälligkeit ßür eine andere die eigenen unbestreitbaren staatlichen und natio» nalen Interessen darüber hintanzustellen." Käme eS zu Schwierigkeiten zwischen Oesterreich und Rußland wegen der Balkanfrage, so würde eben wegen unseres BünbnisverhältnisseS zu Oesterreich die Position Deutschlands zweifellos ungemütlicher sein, als 1878. Schon damals hat bekanntlich Bismarck trotz seiner glänzenden staatsmännischen Fähigkeiten und der strengen Durchführung seiner Absicht, lediglich den ehrlichen Makler zu spielen, ein starkes Anwachsen der antideutsch«» Stimmung in Rußland als Dank erhalten, und diesmal würde vielleicht Oesterreich der Verstimmte sein. Wir wünschen also gewiß herzlich, daß der Besuch deS russischen Kaisers in Wien zur weiteren Befestigung des vor einigen Jahren geschlossenen Abkommens beitragen werde. Da «s aber in der Politik nicht gut tut, wenn der Wunsch der Vater des Gedankens ist, so dürfen wir uns der Tatsache nicht verschließen, daß dieses Abkommen bei aller ihm zu teil werdenden sorglichen Pflege durch seine hochfürstlichen und ministeriellen Wärter doch ein Kind von sehr zarter Konstitution ist, da- nicht den rauhe» Winden zur KrisiS führender Tatsachen auSgesetzt werben darf. Denn diese- Abkommen bedeutet nicht eine Be seitigung der Interessengegensätze Oesterreichs und Rußlands auf der Balkanhalbinsel, sondern nur ein Ver tagen. Beiden Mächten war zur Zett des Abschlusses dieses Abkommens der Gedanke an ein baldiges Aus tragen der Gegensätze sehr fatal, und deshalb sollte daS Abkommen dem Zwecke dienen, den derzeitigen Zustand der Dinge auf der Balkanhalbinsel solange als möglich aufrecht zu erhalten. Zu diesem Zwecke erhielten die allezeit ehrgeizigen und rauflustigen Balkanstaaten, vorab Bulgarien, gelegentliche kalte, von beiden Saisermächten verabfolgte Wasserstrahlen. Ob diese Politik der Beschwichtigungsversuche und der abwechselnden Pression) bald ans die Türkei, bald auf Bulgarien, bald wieder auf Serbien, auf die Dauer von Erfolg sein wird, das ist eben die Krage. Die Ereignisse simd »st stärker als die Beschlüsse auch der mächtigsten Fürsten inrd Minister. Das Moltkesche Wort, baß heut zutage nicht wehr die Kabinette, sondern die Völker die Kriege machen, trifft auf die Balkanhalbtnsel mit ihrer unruhigen, rassenmäßtg und konfessionell gegen einander verhetzten Bevölkerung ganz besonders zu. Es kann also wohl sein, daß Rußland und Oesterreich, nicht mtt diplomatischen Noten, sondern mit bewaffneter Hand, früher werden eingreifen muffen, al- man eS heute annehmen möchte. Und wenn die Wiener Begegnung sichere Vorsorge träfe, baß auch in diesem Falle der ernsthaften Erprobung des Abkommens dieses nicht in die Brüche geht, dann könnte man diese Fürstenzusammen, kunft allerdings als eine Bürgschaft allererstem Ranges für die Erhaltung des europäischen Friedens begrüßen. Balfours ÄarnpfMe. «. yitger schreibt in der Londoner „Finwng. Chronik": Die vorläufige Ersetzung der grvßerbritannischen Yor- zugSzoll-Pläne Mr. Chamberlain- durch da» offene Kampfzoll-Programm, wie eS der englische Premier minister jetzt aufgestellt hat, geht Deutschland wohl sehr nahe. Natürlich wird dieser Vorstoß von Freihändlern und Schutzzöllnern ganz verschieben beurteilt. ES ist hier nicht der Ort, für eine dieser beiden Parteien etnzutreten. Hier sollen nur Tatsachen angeführt und die allgemeine Sachlage dargestellt werden. Da Mr. Chamberlain sich aus dem Ministerium zu rückzieht. weil, wie er offen ausspricht, die englisch«Wähler- schäft für Lebensmittelzölle noch nicht reif ist, so muß man logischerweise annehmen, daß Mr. Balfour nicht den Ver such machen wird, die angekündtgten Kampfzölle nun gerade auf Lebensmittel zu legen. Und noch weniger können Jnbustrie.Rohstoffe in Frage kommen. Die wollte ja auch Mr. Chamberlain vermieden sehen, weil die eng lische Industrie ohne die fremden Rohstoffe nicht fertig werden kann. Längst ist in England Hunger nach Eisen ausgebrochen. Die Erze kommen in Menge aus Spanien und Schweden, und selbst Deutschland liefert für 49 Millionen Mark Roheisen und ganz grobe EisenHalb- fabrikate nach England. Amerikanische Baumwolle be herrscht die Textilindustrie der ganzen Welt und nament lich die englische. Amerikanisches Kupfer und Petroleum können in England nicht entbehrt werben. Wollte man sie durch Zölle verteuern, so -rückte man die Konkurrenz fähigkeit -er englischen Industrie empfindlich herab. Daher wird der neue Zollkampfplan davon ebenso unbe dingt Abstand nehmen müssen, wie der Plan Mr. Cham berlains. Es entsteht daher die Frage: womit will Mr. Balfour gegen die Vereinigten Staaten vorgehen? Es bleiben ihm nur Kampfzölle auf die Einfuhr von Industrie- Erzeugnissen. Die letzteren haben in der nord amerikanischen Ausfuhr ja auch eine Bedeutung: die Bankers würden es schon verspüren, wenn fie den Absatz markt dafür in England verlören. Aber den entscheiden- den Stoß kam: man damit gegen die Vereinigten Staaten nicht führen. Im Fiskaljahre 1899/1900 exportierten die Vereinigten Staaten für 836 Millionen Dollars Erzeug nisse des Ackerbaues, für 39 Millionen Dollars Berg werksprodukte und nur für 432 Millionen Dollars Fabri kate aller Art. Nach Großbritannien gingen im ganzen für 527 Millionen Dollars, es kamen von dort nur für 160 Millionen Dollars. Die Vereinigten Staaten sind es auch gerade gewesen, die die Einfuhr aus England am konsequentesten zurückgedrängt haben. In der valfour- schen Schrift wird darauf htngewiesen, daß die Ausfuhr in England erzeugter Waren im Jahre 1890 twch 29 Millionen Pfund Sterling betragen habe, 1902 aber auf 19 Millionen, also auf zwei Drittel, aesunken sei. Dem Kampszoll müßte also Nordamerika das erste Ziel sein. Aber gegen die große Republik kann man mtt Kampfzöllen wenig ausrichten, da die Einfuhr von Fabri katen nebensächlich ist und die amerikanischen Lebens mittel eberisowenig entbehrt werden können, wie die Roh stoffe. Auch entspricht der Tendenz der englischen Politik ein Zollkampf mit dem vielumworbenen Lande jenseits des Ozeans nur wenig. Noch ungleich weniger als Nordamerika kann Ruß land mit Zöllen auf Fabrikate getroffen werden, wo gegen seine vcbensmittelausfnhr groß ist. Auch Rußland gehört zu den Ländern, die gegen die englischen Fabrikate ein Aufgebot von Aöwehrzvllen gemacht haben. Auch da versagt der Kampszoll, wenn er sich nicht auf Lebensmittel erstrecken soll. In gleicher Lage ist Balfour gegen Oe st e-reich-Ungars Rumänien und Argen tinien, also gegen Länder, auf die Vie englische In- dustrie im Austausch mit deren Lebensmitteln wesentlich angewiesen ist. Man wird nicht umhin können, aus dieser Sachlage Sen Schluß zu ziehen, daß es dem Premierminister weit weniger um diese Länder zu tun ist, als um andere, Lenen er mit Zöllen auf Fabrikate beikommen kann. Diese Länder sind Deutschland, die Schweiz, Belgien und Frankreich, letzteres hat neben feinen Luxus artikeln auch Wein und Oel in seiner Ausfuhr nach Eng land, die, wenn sie auch zu den Lebensmitteln gehören, doch schwerlich gegen Kampfzölle gefeit sein sollen. Sie bilden einen empfindlichen Punkt für Frankreich. Frank reich bat zwar gegen die Einfuhr aus England bet weitem nicht so scharf Krieg geführt, wie die Vereinigten Staaten, aber in der Verdammnis ist es doch, denn Mr. Balfour führt aus, daß keine Einfuyr aus England von 1892 bis 1902 von 12 auf 10 Millionen Pfund Sterling zurückge- gangen ist. Den Schwerpunkt bildet Deutschland. Nur in einer Beziehung steht es, vom englischen Standpunkte aus betrachtet, ungleich vorteilhafter da als alle anderenLänder, selbst als Indien; nur die selbständigen britischen Kolo nien bilden eine glänzende Ausnahme. Diese letzteren steigerten in dem angegebenen Zeiträume ihre Ankäufe von in England erzeugten Artikeln von 85 auf H2 Millio nen Pfund Sterling. Immerhin ließen die deutschen Zölle gleichzeitig noch eine Zunahme der Einfuhr an eng lischen Fabrikaten von 15 auf 16 Millionen Pfund Sterling zu, was auch Balfour hervorhcbt. Mit 16 Millionen Pfund Sterling — 380 Millionen Mark — steht die Einfuhr von englischen Fabrikaten nach Deutschland hinter derjenigen von deutschen nach England weit zurück. Denn die letztere, einige Rohstoffe und Halb- fabrikate cingeschlossen, betrügt mehr als 800 Millionen Mark. Dieses Verhältnis dürfte es vor allem sein, was die gereizte Stimmung Englands gegen Deutschland auf handelspolitischem Gebiete hervorgeruien hat. Hier dürfte die Versuchung liegen, durch Kampfzölle Deutsch land zu einer Herabsetzung seiner Zölle auf englische Fabrikate zu bewegen. Ucber die Aussichten eines solchen Bereiches will ich mich hier selbstverständlich nicht äußern. Die Wortführer der deutschen Industrie werden sich die Sachlage schon klar machen, die mit der Schwankung und eventuellen Schwenkung der englischen Handelspolitik eine so fühlbare Aenderung erfährt. Und auf der anderen Sette wird sich den englischen Fabrikanten auch schon daS Bedenken aufbrängen, ob es ratsam ist, die deutsche In dustrie zu zwingen, statt des gefährdeten Marktes in Eng land Absatz in fremden, namentlich überseeischen Ländern zu suchen. Auf beiden Seiten dürfte denn -och vor Ausbruch eines Zollkrieges der Wert eine- hochentwickelten gegenseitigen Güteraustausches lebhaft gewürdigt werden. Im Frieden und im gegenseitigen Entgegenkommen liegt der Vorteil für beide Teile. Am ersten wird sich die- an der Er neuerung deS am 81. Dezember dieses Jahres ablaufenben Meistbegünstigungsvertrages zu erproben haben. Deutsches Reich. * Leipzig, 29. September. Das Oberlandesgericht hat. wie wir vernehmen, die Beschwerde der sozialdemokra tischen Redakteure Lüttich und Hellmann, sowie de« Metteurs Schmidt gegen ihre s. Zt. wegen Majestäts beleidigung erfolgte Verhaftung verworfen. Da« Hauptvrrfabren gegen die Genannten »st eröffnet worden; e« erstreckt sich auch gegen den anfangs ebenfalls verhaftet ge wesenen, nachmals aber freigelassenen sozialdemokratischen Redakteur und RcickStagsabaeordneten Schöpflin. Die Verbandlunaen in dieser Angelegenheit werden voraussichtlich bereits im Laufe deS Monat» Oktober stattfindrn. verli«, 29. Sevtember (Die Berufung in Strafsachen und die Schwurgerichte.) In der Zeitschrift »Da« Recht" macht LandgerichtSrat Oppler in Metz, einer der entschiedensten Grauer unserer Schwur gerichte, einen Kompromiß-Vorschlag, der eine ost wiederholte Forderung befriedigen, zugleich aber auch die Schwurgerichte beseitigen soll. > ES soll nämlick die B erufn n g in Straf- kammersachen endlich eingeführt werden, aber unter der Be dingung, daß die Schwurgerichte in große Schöffengerichte umgewandelt werden. Diese neuen Gerichte sollen aus drei Berufsricktern und vier Laienrichter« bestehen. Dieser Vor schlag entbehrt schon darum der Berechtigung, «eil ein innerer Zusammenhang zwischen den beiden Neu-Einrichtunaen nicht besieyt. Die Forderung nach der Einführung der Be rufung m Strafsachen ist deshalb unmer lebhafter geworden, weil so manches Urteil zu der Uebeneuguna führen mußte, daß zuweilen auch Vater Homer schlaft, d. h. daß auch die nur aus Gelehrtenrichtern bestehenden Strafkammern zuweilen daneben hauen. Der Geschäftskreis der Schwurgerichte ist aber ein ganz anderer, al» derjenige der Strafkammer. Mit der Einfübrung der Berufung in Strafkammersachen aber könnte paßlicherweise wohl die Frage einer Veränderung der Zusammensetzung der Strafkammern erwogen werden, nicht aber die emer Veränderung der Schwurgerichte. So lange die Strafkammer als reines Gelehrtenaericht fort besteht, wird man niemals zurUmwandluna der Schwurgerichte in große Schöffengerichte gelangen, weil dann dem Laien element wohl etwas genommen, aber nicht« gegeben wird, denn mit der Einführung der Berufung in Strafsachen hat ja die bürgerliche Bevölkerung nur passiv, d. h. als etwaiger Angeklagter zu tu«, nicht aber aktiv al» Mitglied des Gerichts. Findet hingegen gleichzeitig mit der Einführung der Berufung die Umwandlung der Strafkammern in mittlere Schöffengerichte statt — und dagegen sollte auch Landgerichtsrat Oppler nicht« haben, denn er sagt in seinem Artikel ausdrücklich, daß das Zusammenwirken beider Faktoren (nämlich des Gelehrtenrichter« und der Laien) der Rechtsprechung zum Segen gereichen werde und daß die aus dem gleichen Prmziv beruhenden kleinen Schöffengerichte, die wir bereits haben, keinen Anlaß zur Klage gäben —, so wird natürlich schon im Interesse der Vereinheitlichung der Zusammensetzung der Strafgerichte gegen die Umwandlung der Schwurgerichte in große Schöffengerichte nickt« etnzuwenden sei». Nur möchten wir dann daS Verhältnis zwischen Laien und Richtern hinsichtlich der Zahl dock etwas anders gestaltet sehen, als Herr Oppler. Nach dem Friedbergschen Entwürfe vom November 1870 sollten die großen Schöffengerichte au« drei Gelebrtenrichtern und sechs Schöffen bestehen, während Oppler zwar ebenfalls an den drei Gelehrtenrichtern festhält, aber daneben nur vier Laien haben will. Dies ist ein recht wesentlicher Unterschied. Man muß immer bedenken, daß der Gelehrtenrichter durch da« Ansehen seiner Stellung und seiner speziellen FachkenutniS ein starkes Ueber- gewicht über den Laien besitzt. Diese« Uebergewicht muß durch die Zahl einigermaßen paralysiert: werden, sonst werden au« den großen Schöffengerichten Gelehrten gerichte mit einem Laienanhängsel. Da« Friedbergscke Ver hältnis von drei zu sechs entspricht auch durchaus dem Ver hältnisse bei den kleinen Schöffengerichten. Dort haben wir neben einem Gelehrteurichter zwei Laien, also doppelt so viel, wie es eben auch bei dem Verhältnisse vou drei zu sechs der Fall sein würde. Die Berufsjuristen, die ja aus naheliegenden Gründen den Einfluß des Laientum« auf die Strafjustiz nach Möglichkeit absckwächen möchten, werden sich also wohl oder übel damit abfinden müssen, daß, wenn die Frage der großen Schöffengerichte spruchreif wird, der Friedbergsche Entwurf zur Grundlage genommen wird. H Berti«, 29. September. Die Novelle zum KrankenverstcherungSgesetze, die tn der vorigen Tagung des Reichstages zu stände gekommen ist, wirb zu Beginn des nächsten Kalenderjahre» ihrem ganzen Umfange nach in Kraft treten. Es ist anzunehmcn, daß bei allen in Betracht kommenden Kaffen die nach dieser Novelle nötig gewordenen Aenderungen der Satzungen so gefördert sind, daß mit dem 1. Januar 1904 sämtliche Neuerungen zur Durchführung gelangen können. Der Bundesrat hat verschiedenen Kassenarten Anleitungen zu dieser Arbeit dadurch gegeben, -aß Ntustersatzungen auf Grund der Novelle ausgearbettet und veröffentlicht sind. Sollten einzelne Kaffen mit den betreffenden Arbeiten noch im Rückstände sein, so ist an zunehmen, -aß sie in dem noch zur Verfügung stehenden Vierteljahre zur Erledigung derselben gelangen. Werden von ihnen selbst die erforderlichen Abänderungen nicht rechtzeitig bi» zum Inkrafttreten der Novelle vollzogen, so müssen sie von der Aufsichtsbehörde vorgensommen werden. Die HülfSkaffen haben zu beachten, daß die ihnen auf Grund deö 8 7S» Le» Krankenversicherungs gesetzes ausgestellten Bescheinigungen am 1. Januar 1904 ihre Gültigkeit verlieren, sofern sie nicht nach der Ver kündung der Novelle von neuem erteilt worden sind. 0. 8. Berlin, 29. Sevtember. lDieLebenShal tung der Berliner 'Bevölkerung.) Mr Fleischkonsum gilt im allgemeinen al» der Gradmesser de» Vermögen« -er Bevölkerung; ist -er Konsum gering, so sind -le Erwcrbsverhättntsse ungünstig, bessern sich diese, so steigt der Konsum. Nach Ermittelungen, -ie das Statistische Amt der Stadt Berlin und eine« Umkreises von 8 Kilometer angestellt, betrug der Fleischkonsum im Jahre 1902 für den Kovk -er Bevölkerung 75,09 Kilo- gramm gegen 80F4 im JaLre 1901 und 81 im Jahre 1900. Seit 1894 war nur im Jahre 1898 -er Konsum etwa» « geringer; er stellte sich in diesem Fahre auf 75,05 Kilo gramm. Der Konsum an Kartoffeln ist ein unaus gesetzt steigender: er erreicht« tm Jahre 1002 die Höh« von 83,93 Kilogramm gegen 78,16 im Jahr« 1901; der Fisch. ko ns um ist etwa» gestiegen; im Jahre 1V02 konsumierte -er Berliner durchschnittlich 14,86 Kilogramm Fische gegen 14,41 im Jahre 1901 und 18,80 im Jahre 1900. Aber leider ist der Bierkonsum immer mehr in di« Höhe ge« gangen; in Berlin scheint allo die «ntialkoholbewegung den Bierkonsum nur aesördert zu haSen. Während 1895 aus den Kops der Bevölkerns-, nur 196,50 Liter Bier
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