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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 12.01.1907
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-01-12
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19070112022
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907011202
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907011202
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-01
- Tag1907-01-12
- Monat1907-01
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Gtelleu-muzriaen, sowie Aw- und Bertäufe LO Pf, finanzteüe Anzeigen »0 Pf, für Inserate voa au«wärt« SO Pf. Reklamen 72 Pf, ou-wärt- 1 Mark. Beilage gebühr 4 Markt». Lausend rxkl. Postgebühr. Gcschäft-aazrigen oa bevorzugter Stelle im Preise erhöht. Rabatt nach Loris. FürJnserate vom Au-Iandrbe'onderer Tarif. Änjttgen.Aolladme: AugultuSplatt 8, bei sämtlichen Filialen n. allen Aanoucra» Expeditionen des In- und Au-laade«. Für da- Erlcheineo au bestimmten Lagen u. Plätze» wird keiue Garantie übernommen. Haupt-Filiale Berlin: TarlD uu cke r.tzerzgl.BayrHofbuchhaudlg, Lützowstraß« 10 lTelepho» VI, Nr. 4603). Filtal-Srpedtttou:Dre«dea.MariellstrL4. Nr. 12. Sonnabend 12. Zanuar 1907. 1V1. Jahrgang. Vas Neueste vom Lage. (Die narb Schluß der Redaktion «ingegangene» Depeschen sieben aus der 3. Seite de- Hauvtblatte-.) Die deutschen Offiziere in Marokko. Die Franzosem haben heillose Ängst vor den deutschen Offizieren, die nach Marokko geben sollen. Dem „Malin" wird aus Tanger gemeldet, die deutschen Offiziere Tschudi und Wolff werden die Staatsbauten zu vergeben haben, natürlich die deutschen Unternehmer auf Kosten der französischen Bewerber begünstigen. Die französilche Kolonie :n Fez sei stark beunruhigt- Man nehme trotz aller Gegenversicherungen an, daß Deutschland beson deren Einfluß auf den Maghzen zu gewinnen v-rluche. Auch der „Temps" bespricht in einem langen Leitartikel die Ankündigung deutscher Zeitungen, daß zwei Offiziere, Tschudi und Wolff, nach Fez entsandt werden sollen. Ter „Temps" würde gegen die Mission dieser Offiziere nichts einzuwenden haben, wenn sie Prioatvertreler der Firma Krupp wären, meint jedoch, daß es gegen Artikel lOo der Konvention von Algeciras verstoßen würde, wenn die Oni- ziere die Aufgabe bähten, ein Geniekorps im Auftrag des Sultans zu organisieren. Das Blatt erwartet, daß die Neichsrsgierung eine authentische Aufklärung gebe, die jeden Zweifel über den Charakter der Mission der Offiziere bc- 'eitlge. Ablehnung des Kanaltunnels. Das „Echo de Paris" meldet aus London, das Komitee der nationalen Verteidigung habe beschlossen, den Bau eines Tunnels unter dem Kanal abzulehnen, mit der Begründung, daß ein solcher den Interessen der natio nalen Verteidigung zuwiderlaufe. Versöhnlichkeit des Papstes. Die „Tribuna" veröffentlicht ein Interview mit einer hervorragenden, dem Vatikan nahestehenden Persönlichkeit, von der erklärt sei, der Papst werde bereit sein, oom Kämpft mit Frankreich Abstand zu nehmen,, wenn die französische Negierung Garantien geben würde für die Verwirklichung eines Minimums des Programms, das die päpstliche Enzyklika enthalte. — Die Enzyklika des Papstes hat auf die Gegner der Regierung keinen großen Eindruck gemacht. In den Couloirs oer Kammer bedauerten Abgeordnete der Rechten die Fwrblosjgknl oer langen Epistel an die Geist lichen und das Volt Frankreichs, die das Gesetz zwar noch immer verwirft irc-prouvei, aber weil weniger energisch ge halten ist, als die beiden irüberen Episteln. Man vermißt vosttioe Ratschläge an die Geistlichkeit und vcrmuict, dieser Mange! werde auf der bevorstehenden Versammlung der französischen Bischöfe im Schlosse La Muette zur Sprache kommen. Ein zweites Unterseeboot beinahe gesunken. Aus Cherbourg wird gemeldet: Bei Versuchen, sie >as Unterseeboot „X" gestern abend oornahm, wurde die>es plötz- lich manövrierunfähig und verlor jede Steuerung. Mehrere Torpedoboote verließen lofort den Hafen, um Hilfe zu^ brin gen: und es gelang schließlich, das Boot in den Hafen zu bringen. — Zwei Unglückssälle in 24 Stunden. — Ueber den Unfall des „L'Algörien" wird weiter geschrieben: Tas Uiner- leebot „L'AIgsrien" dessen Baukosten durch öffentliche Sammlungen in Algerien aufgebracht wurden, liegt in neun Meter Tiefe im Cherbourger Bassin Napoleon. Die Hebungsarbeiten haben begonnen. Man glaubt, daß der Verschluß für die Wasserzufuhr nicht korrekt ausgefübrl worden ist. Die Kuppel blieb, um während der Nacht die angesammelten Gase entweichen zu lassen, reglemenrsmäßig offen. Der Widerstand der Unterfeeboote vom Typ „Al gerien" gegen den Wellenschlag ist so gering, daß das Boot selbst einer mäßigen Wasserverdrängung, wie sie etwa durch das Vorbeifahren einer Tampfschaluppe entstehen konnte, nicht standzuhallen vermochte. Dieses Vorkommnis wird dazu beitragen, den Marinemin-ster in seiner wiederholt ausgesprochenen geringen Meinung von den kleinen Unter seebooten zu bekräftigen und den der Kreuzerdimension sich nähernden Taucherbooten neue Anhänger zu erwerben. Die Neuwahlen in Oesterreich. Die österreichische Regierung hat vorläufig die Zeit zwischen dem 28. und 30. April zur Vornahme der Reichs- ratswahlen in Aussicht genommen. Das neue Haus soll Anfang Mai einberufen werden. — Inzwischen wird auf. gearbeitet": Die Obmännerkonferenz setzte ein Komitee ein, welches die Reihenfolge der Arbeiten für den Rest der Legis laturperiode festsetzen soll. Die Vorlage über Aushebung des Kolportageoerbotes wird nicht mehr erledigt. Abgeordneter Schönerer will noch zwei Tringlichkeitsanträge überreichen, daß die Nichtgenehmigung von 30 Verordnungen auf Grund des Z 14 zur gerichtlichen Verfolgung der schuldtragenden Minister beantragt werden soll. Das Brandunglück in Geispolsheim. Ueber di- furchtbare Brandkatastrophe in Geispolsheim werden uns folgende Einzelheiten von Augenzeugen aus Straßburg gemeldet: Geispolsheim ist ein von tragischen Vorfällen schwer heimgesuchtcr Ort. Vor neun Jahren braun:? das Halde Dorf nieder. Vor zwei Iahrsu erregte eine dort vorge kommene Wildereraffäre, die drei Tötungen und sckweie Verletzungen brachte, im ganzen Lande großes Aufsehen. Gestern war es die denkbar schrecklichste Nachricht, die uns wieder noch Geispolsheim brachte. Der Feuertod von 21 jungen Menschen. Von der Schwere des Unglücks scheinbar ganz apathisch gewordene Menschen standen auf der Straße umher, als wir durch kalten Regenschauer in das Dorf einfuhrcn. Bleiern scheint ihnen die Wucht der Katastrophe in den Gliedern zu liegen. „21 Stück", sagte der eine zu unserem Fuhrmann. Wir bogen in die sogenannte Krummgasse ein. Vor einem rauchenden Parterregebäude, insgesamt nur 150 gin groß, stanven Männergruppen, Pompiers und Feuerspritzen. In einem Fabrika-bäuse. nickt viel g-'nß^r «ss<Tramway» Häuschen auf dem Kleoerplatz, waren 21 Menschen in wenigen Minuten vom Leben zum Tode gegangen. Die Fabr'k besorgte da? Imprägnieren und Lackicreu von Schuhösen. Die bekannten ichwarzen Haken für Schnür stiefel wurden hier zu vielen Millionen mittels Stanz maschinen mit einer Zelluloidmasse umgeben, abgezählt und gebrauchsfertig in die Welt gesandt. Di? Fabrik war, wie 'chon gemeldet, Eigentum der Firma Hubert Co. in London. Als Leiter fungierte Herr Humrecht. Die Fabrik beschäftigte zwei Aufseher, Dürr und Schah! mit Namen, so wie annähernd 40 jugendliche Arbeiter, meist Mädchen im Alter von 15 bis 20 Jahren. Ein kleines sHwarzes Kerlchen, dessen Freude über die eigene Rettung die Teilnahme an der Tragik des Sckich'als der ArbeitSgenosseu und Genossinnen iiberwog, erzählte, daß man, wie gewohnt, um 6 Uhr morgens unter Frohsinn und Scherz zur Arbeit gegangen war. Zum Teil batten lick die Arbeitskollegen bereits an die Stanz maschine gesetzt, zum Teil entleSigten sie sich im Hausflur ihrer Kleider oder waren noch in den Pack- und Zählraurn einqetreten, der, durch einen Hausgana getrennt, gegenüber dem Stwnzraum sich befindet. Der Stanzraum mit einer Anzahl wertvoller und moderner Maschinen b ld.ste im nächsten Augenblick eine furchtbare Unglücksstätte. Leider besaß der Raum nur eine einzige Eingangstür, vier große Fenster sind stark vergittert. Durch die Gitterönnunsen kann selbst ein jugendlicher Körper nur unter Anstrengungen hindurchgezwängt werden. Zn der Näh? der Eingangstür stand ein Ofen, der bereits an gebrannt war. Leider befand »ich in unmittelbarer Näh? des Ofens ein Ab fall korb, in den die Z e I l u I o i d r e st e hineinaetan wurden. Das Zelluoid wird in Platten von Millimeter Dicke als Material geliefert, ist bekanntlich eine mit Baumwolle und Kampfer durchsetzte Masse und von einer Feuergefährlichkeit, die dem ärgsten Brennstoff gleich kommt. In diesen Koro muß irgend ein Funke ge raten sein. Die Entstehung einer mächtig großen Flamme, die sich direkt vor die Türe legte, war das un erklärliche Werk eines Augenblicks. Eine entsetzliche Vcr- wirrung entstand unter den jugendlichen Arbeit'rn und Arbeiterinnen Todesangst gellte durch die Ruse: Hole mich! Hole mich! An die Oefsnuno der Vergitterung, die ftitlich möglich sein soll, dachte kein Mensch. Nach der Katastrophe und nachdem das Eisen die Glut überstanden hatte, war eine Oefsnung nicht mehr möglich. Durch dis Flamm: vor der Tür wagte sich ein Mädchen heraus, Justine Speiser mit Namen. Ihre Kleider nngen Feuer und brachten, nach dem sie der leibhaftigen Hölle entronnen war, im Hole der Fabrik ihr die tödlichen Brandwunden bei. Sonst kam von der jugendlichen Arbeiterschar niemand ,aus dem Stanzraum heraus. Die Flammen batten sich sofort auch des gegen überliegenden Pack- und Zählraumes bemächtigt. Von der Krummstraße aus schlugen die Anwohner mit Aexten dir Fenster und Kreuzstöcke ein und holten mehrere Mädchen ge waltsam durch die Gitterofsnunq hervor. Die Mäoclxn er- litten hierbei Verletzungen, Abschürfungen ump Quetschungen Aeltere Mädäxn wären wohl nicht durch diese Gitftrtür hindurchzuzwängen gewesen. Tatsache ist, daß in dies-in Pack- und Zählraum, wo leider die kleinste Zahl der Arbeit:» beschäftigt war, niemand umkam. Im Stanzraum ver stummten die Hilferufe nach zwei bis drei Minuten. Da« Feuer fraß gierig die Zelluloidbestände auf und verbreitet« neben dem unerträglichen Kampfergeruch, der die Opfer scheinbar wohltätig betäubt hat, eine unheimliche Hitze. Die Feuerwehr, die mit möglichster Schnelligkeit herankain, richtete nichts aus. Das Parterrcgebäude, aus Backsteinen gebaut, brannte völlig aus. Als der Tag bleichte, und e« m.^'-cy war, we Dinge ini inneren Raum zu erkennen — das Betreten war inGloe der Einslur.zgesabr bedenklich und iw übrigen iwecklo" - , -rkanule man in der Mitte dcs Stanzraumes 4 bis 5 Kliimoen, die menschliches Ge rippe daritellen konnten. In der äußersten Ecke de« Saales, wo die Flucht durch die Steinmauern aufgchaltcn worden war, lagen die jungen Menschen au'getürmt. Der Senftmann batte ordnunasweise seine Opfer in geschlossenen Reiben den grausamen Weg schreiten lassen. Aus der Masse sind nur eins Zahl ausgeglühtcr Schädel, lange Schenkelknochsn und Wirbelsäulen zu sehen. Die Szenen, die sich unter den Angehörigen der Verunglückten obsvielton, waren herzzerreißend. Ein Vater tobte in kurchtbarer Weise, allen Beruhigungsversuchen seiner Nachbarn unzu gänglich. Die Gefahr einer geistigen Umnachtung konnte sich nicht schreckhafter ankünden, als es bicr der Fall war. — Der durch Versicherung gedeckte Schaden beziffert sich auf 35 000 .lt. politisches. * Zum Tode der Königin Marie wird uns aus Hannover gemeldet: Das kirchliche Landeskonsistorium ordnete im allerhöchsten Auftrag die kirchliche Fürbitte für die ver storbene Königin an. Gleichzeitig findet bis zum Bei- letzungstage alltäglich von 12—1 Uhr kirchliche? Glocken- getäuie statt. * Der Kanzler uno die Evangelischen Arbeitervereine. Lizentiat, Weber als Vorsitzender des Gesamtoerbandes der Evangelischen Arbeitervereine erhielt eine Denkschrift vom Reichskanzler, in welchem es u. a. heißt: ,XLs hat mich sehr gefreut, zu hören, daß die Mitglieder der Evangelischen Ar beitervereine am Wahltage bis zum letzten Monn ihre nationale Schuldigkeit ^un werden. Möge dies patriotische Vorgehen vollen Erfolg haben und vorbildlich wirken." * Die preußische Staatsschuld stellt sich sür 1907 auf 7 764 677 413,51 ^tl.. Davon find 5 896 894 500 ^l. L^zprozen- tige und 1616074 600 ^>ro§entige konsolidierte Staats anleihe. Auf Grund von Anlechegeietzen sind für 145 Mil lionen Mark Schatzanweisungen ausgegeben, 103 572919 ^t. stellen Aktien und Obligationen einiger verstaatlichte« Eisenbahnen dar und 3135 394L1 sind frühere Hanno- oer cae Schulden. Die Verzinsung nimmt eine Summe vo« 264 281 623,35 .41 in Anspruch, die Gesamttilgung erfordert nach Maßgabe des Tilgungsaesetzes oom Jahre 1897 einen Aufwand von 46538 064.48 Daneben find zur Tilgung des Kaufpreises der Hioernia-Akften und des Kalisal-b«rg- roerkes Hercynia 523 073,68 ^l. in Ansatz gebracht. upe. Sanitätskolonuen in den Schutzgebieten. Zur Durch- sührung einer systematischen Bekämpfung der Malaria im Schutzgebiet Kamerun hat es sich als notwendig erwiesen, au den größeren Ortschaften mit weißer Bevölkerung Sanitäts kolonnen einzurichten, deren Ausgabe darin besteht, die Brutstätten der Moskitos in der Nähe der menschlichen Woh nungen zu zerstören. Das Personal der Kolonnen setzt sich teilweise aus ständigen Handwerkern und Arbeitern, sowie aus Mannschaften der Polizeitruppe zusammen. Die bis herigen Ergebnisse dieses Vorgehens gegen di< Malaria- Verseuchung sind zufriedenstellende. * Zu den Kosten der Kolonialkriege. Gegenüber der Darstellung io.- aldemokratsscher und ultramonraner Blätter, als würden nur dem deutschen Volk große Lasten für Kolo nialkriege ausgebürvet, sei an Sie Kosten und die Dauer der englischen .Kolonialfeldzüge allein seit dem Jahre 1895 er inncri In den letzten zwölf Jahren hat Großbritannien einschließlich des Burenkrieges mindestens zwölf koloniale Feldzüge führen müssen, deren Dauer zwischen 2 und 32 Monaten ichwaulte. Wir 'ührcn im folgenden die Jahr« und den Kriegsschauplatz an: 1895 Tschitral lNordindienj, 1395/96 Aschanti, 1896 Motabele I, 1896/97, Maichona- Land, 1896—1899 Sudan, 1897/98 Nordwestgrenze Indiens, 1899-1902 Südafrika. 1900 Aschanti, 1900/01 China, 1903 Kano-Sokoto lNord-Nigerienj, 1903 Somali-Länd laegen den „rollen" Mullah), 1904 Tibet, 1906 Natal. D'ese Kriege dauerten nach einer Zusammenstellung der „Times" min- destens 100 Monate, d. h. über acht Jahre und kosteten wenigstens fünf Milliarden Mark, wovon freilich gut drei Viertel auf den Burenkrieg lommen. In diesem waren 366 000 britische und 83 000 Kolonialtruppen auf die Füße gebracht: in den anderen erwähnten Feldzügen 32000 Briten, 4000 Kolonialtruppen und an 90000 Eingeborene. Feuilleton. Wer mit ckem l-eden spielt, kommt nie rurechl, Ller siech nicht selbst befiehlt, Sleldt immer elr knecht. Soeitie. Ist clsr längste Deden mehr als ein 8pariergang vor cken Pforten cker Lvlglceit? Karl Zuliur weder, vemodrüor In höheren fahren ist ckoch ein detrachtencke; Deden ckss angemessenste. Wildelm v. siumdvlöi. kllie schwer mup es sein, ckie Hingebung eines ILenIchen nicht aurrunkltzen. SerllMs. Paul Möbirr». Von Dr. Paul Schenk sBerlin). In Paul Möbius, Ser im kräftigen Mannesalter seiner Wirksamkeit entrissen wurde, verliert die Wissensckxift uns sie Welt mehr als einen tüchtigen Vertreter der Nerveu- !>eilkunde. Als Nervenarzt war ec gesucht und verehrt von sen Patienten, hochgeschätzt von den Fachgenossen. Ais Herausgeber der Schmidtschen Jahrbücher über die Leistungen auf dem Gebiete der Medizin hcu er eine unge- mein rege Tätigkeit entfaltet, um den Äerzten den Ueberblic! über den stetig wachsenden Umfang der medizinischen Wissen- 'chaft zu Ermöglichen. Als Therapeut widmete er seine 'pezielltn Forschungen der Nervosität und dcr Basedowschci. Krankheit. Seine Schriften über „Die Behandlung vor. Nervenkrankheiten und die Errichtung von Nerven, eil- stätten", „Die Nervosität", „Die Baseoowscke Krankksil" haben sämtlich mehrere Auflagen erfahren. Bei Ser Baie- dowschen Krankheit empfahl Möbius au- Grund der An- nähme, daß sie eine Funktionsstörung der Schilddrüie dar- strlle, sein Antithyxeoidin. Von anderer Seire wird dir Krankheit dagegen als eine At-ektion des sympathischen kkerveuiystems ausgesaßt. Zweifellos uns mit dem Ami- thyreoidin MöbiuS eine ganze Reihe Eriolae erzielt worden. umfangreicher als die rein ärztliche Tätigkeit war d,e Wirksamkeit, welche MöbiuS al- unermüdlicher Arbeiter auf Felde der Wissenschaft der Pmckwlogie ent-altKe S«m« literarisch« Tätigkeit auf diesem Gebiete hat MöbiuS Nome« t» der ganzen Welt bekannt gemacht. ES gibt in dem weiten Bezirk der menschlichen Seelenkundc recht viele un- geklärte Punkte, zu deren Aufhellung die Arbeit von Möbius das ihrige beigetragen hat. Allerdings jene moderne Ari experimenteller Psychologie, welche das Geistesleben in ein exaktes Schema bringen und für die Regungen der Seele gwissermaßen einen Tarif aufstellen will, galt Möbius für absolut hoffnungslos. Sein historisch und plnloiopliisch ge schulter, weitreichender und vielumscissender Blick erkannte wohl, daß mit „Hebeln und Schrauben" in der geheimnis vollen Werkstatt des Geistes wenig auszurickten „Die Wissenschait macht die Welt stumm und dunkel, zerreißt und verödet, ihr wird die Erde zu einem leblosen Balle, dessen erstarrte kalte Rinsc einen Schimmelnder-,ur mit lebenden und erkennenden Wesen erzeugt hat." Die experimentelle Methode findet ihre naturgemäße Schranke in der indi viduellen Veranlagung der Einzelpsnche. Tie Einzelpwcke ist ihrerseits noch ein Komplex verschiedener Triebe und geistiger Fähigkeiten. An dcr Lehre von den Monomanien ist daher soviel richtig, daß bei gewissen Wahn vorstellungen das ireie Denken nur nach bestimmten Rich- tungen gehemmt ist. Die krankhaft veränderte Einzelpsyche der geistigen Größrn hat Möbius mit besonderer Vorliebe studiert. An sie auf Grund möglichst treffender Biographien oie historisch kritische Sonde anzulegen, erschien ihm aussichtsvollar, als die experimentelle Analwe einer lebenden Intelligenz. Das Pathologische eines Goethe, Rousseau, Schopenhauer, Nietzsche zur wissenschaftlichen Klarheit zu bringen, dünk!« ihm ungemein reizvoll. Tie wiederholte Pubertät, welche sich gerade bei hervorragenden Geistern hin und wieder zu zeigen pflegt, die Periodizität der Stimmungen, welche in so eminentem Grade die poetischen Leistungen beeinflußt, lat Möbius an ihm, der uns als der Harmonischste oller Deutschen erscheint, an Goethe, erwiesen. Bei Nietzsche Kat Möbius die hereditäre Belastung und den Beginn der pro gressiven Paralyse an der Art des geistigen Schaffells dar- gelegt und zeitlich sestzustcllcn versucht, an welchem Puukte der Riß in der selbstbewußten Psyche des unglücklichen Philosophen eintrat. „Die ganze Lehre von der ewigen Wiederkehr ist das Schwachsinnigste, was Nietzschevorgebracht Kat, sie war wirklich sein Abgrund, seine letzte Tiefe: wenn ein solcher Einfall, der zu des Pythagoras Zeiten Nicht übst war, einen Mann, der Kant gelesen hat, aus den Fugen bringt, dann ist etloas nicht richtig." Tie Bernihrung, die in Nietzsches ursprünglicher Anlage begründet war, gl-ick- zeitig aber die größte Gefahr für ihn bedeutete, lag, wie Möbius überzeugend dartut, in dem sprungweisen Er- ha'chen einzelner Gedanken mit Verachtung des historischen und begrifflichen Zusammenhangs. Bei Schopenhauer hat MöbiuS in frappanter Weise ge zeigt, wie das philosophische System ein treffender Ausdruck der ganzen Persönlichkeit ist. „Wenn einer die Werke Schopenhauers gelesen hätte und sonst nichts von Schopen hauer wüßte, so müßte er nicht nur Ehrfurcht vor seinem leiste «mofinden. sondern auch in gewissem Grade ein Bild deS Menschen Schopenhauer vor sich haben. Er wüßte dann. k oaß diese Schriften ein hartnäckiger, heftiger, mißtrauischer, manchmal ra>ch aburieilender: aber auch im höchsten Siune ehrlicher, vornehmer, uneigennütziger, rapferer, humorvoller Mann geschrieben hat." Im übrigen war Schopenhauer >m Bunoe mir Fechuer derjenige, dessen Studium Möbius der Kcmlischen Philosophie entfremdete. „Jeder, der Kant ge lesen bat, uno doa, nicht Kantianer geworden ist, wird wissen, mit welchen opfern er freigekommen ist, und daß es ihm wahrscheinlich ohne fremde Hilfe inchl gelungen wäre." Ten eigentlich wertvollen Inhalt von Schopenhauers Philosophie Hal später und ganz unabhängig von ihm Fechuer vor getragen. Der Kern der Lehre beider ist derselbe: Schopen hauer sagt: „Die Welt ist sur uns Vorstellung, sur sicy Wille." Fechncr sagt: „Was von außen gesehen Physis ist, das ist, von innen gesehen, Psyche." Auch Schumanns und Schenels geistige Abnormitäten haben durch die fleißige Arbeit von Möbius eine neue Be leuchtung erfahren. Hätte ihm das Schicksal ein längeres Leben gegönnt, so halten wir sicher noch so manche Be- retcherung unseres Wilsens von dem Geistesleben dcr aus dcr Menfthycil Höhen wandelnden Sterblichen erwarten dürfen. Seinen Analysen der Geistesgrößen hat Möbius mehr oder minder ausgesprochen die Gälische Lehre von den einzelnen Seelensunktionen zugrunde gelegt. Die Recht fertigung dieser viclverkannteu und selbst geschmähten Lehre von der Lokalisation der einzelnen Äcistestätigkeiten und von ihrer Erkennbarkeit aus der Formation der knöchernen Schädclkapsel hatte sich Möbius zur besonderen Ausgabe ge macht. Er zeigte historisch, wie diese Lehre von ihren ersten Kritikern gründlich mißverstanden worden ist. Er wies daraus hin, daß z. B. Goethe der Gälischen Lehre seine volle Anerkennung gezollt und selbst an einem Kursus Galls teil- acnommen hat. Goethe sagt: „Wenn wir einen Schädel in den Händen haben und auf ein au demselben befindliches Organ hinabjehen, so blicken wir aus der Höhe auf einen belaubten Wipfel eines Baumes, dessen Aeste wir aus un serem Standpunkte nicht bemerken und noch weniger den shier im Rückenmark eingehülltens Stamm sehen können. Aber wenn ich aus meinem Fenster meiner obersten Etage auf einen tief darunter stehenden Baum hinabsehe, so unter scheide ick gewiß sehr richtig an der Belaubung des Wipfels, ob der Baum in gesundem, starkem Triebe stehe, oder oo er am Stamm den Brand habe, an der Wurzel von Wasser mäusen ongcnacst sei und dpi." Eine eingehendere Unter- iuchunp Kat Möbius besonders der Anlage zur Matbematik gewidmet. Sein Großvater war Mathematiker und besaß in ausgesprochener Weise jene Hervorragung bezw. Wöl- bunp in der Gegend des äußeren Augenwinkels, welche Gall als das lichtbnre Kennzeichen des mathematischen Talentes ansprickt. Möbius führt eine ganze Reihe von Bildnissen hervorragender Mathematiker vor, welche sämtlich jenes Kennzeichen ausweisen. Besonders eingehend ist das Studium von Möbius der Physiologie der GeschlechtSeigentümlichkeiten und des Ge schlechtstriebes zuaewandt gewesen. An der Spitze siebt die br^eits in achter Auslage erschienene Sckrist vom vbvsivlv- mschen Smwachsinn des Weibes. Diese Schrift hat eine sehr ! lebhafte Diskussion entfesselt. Aus Grund d«r anatomischen! und psychischen Unterschiede, welche zwischen beiden Ge schlechtern bestehen, erklärt Möbius das weibliche Geschleckt für geistig minderwertig und hält alle auf die Gleichberech tigung der Geschlechter abzielenden Bestrebungen für völlig verfehlt. Fortpflanzung und Gedirntätigkeit stehen in einem Gegensatz, dcr von Uranfang hier vorhanden ist. Auf der Gegenseite war die Entrüstung ungeheuer. Der Schweizer Gelehrte Forel z. B. führt in seiner „sexuellen Frage" sie Ansichten von Möbius auf einen „bedenklichen Grad von Misogynie' zurück. Für die emanzipativnslüsternen Frauen wurde dcr Name Möbius fast zu dem Typus eines unwissenden, inhumanen Mannes. Gerade in letzter Zeit hat übrigens Möbius noch dcr Franc nach den Geschlechts unterschieden seine besondere Aufmerksamkeit gewidmet. So hat er die verschiedene Kopfgröße bei den beiden Ge schlechtern zum Gegenstände einer besonderen Abhandlung gemacht und in drei Heften seiner „Beiträge zur Lehre von den Ge'chlechtsunterschieden" über die Unterschiede bei den Geschlechtern der Tiere geschrieben. Der unerbittliche Tod bat die Feder der fleißigen Hand eines der eigenartigsten und weitsichtigsten Denker und gleichzeitig eines glänzenden Feuilletonisten entwunden. * Musikalisches. Au- Altenburg meldet man UNS: Die Pariser Kammerfängerin Kutscherra de Nv? ließ sich in diesen Taren auch in nn'ercr Stadt hvren, indem sie al- , Jüdin" im Hostbeater nuftrat und bei einem Hoskonzerte im Residenz'cklosi? mitwirkte. Weder als Konzert« noch al- Lverniängerin bot sie Le stungen, die lick über das Niveau de- Alltäglichen erhoben, und wenn dafür auck Indisposition ins Feld geführt wurde, so hatte e- doch den Anschein, als ob die Stimme zu sehr obgesungen wäre. Das Auftreten der Frau Kutscherra bat jedenfalls große Ent täuschungen gebracht, nicht nur den Zuhörern, sondern auch der Sängerin selbst. Dagegen feierte Frau Trrefa Carrnno in der biesiae» ..Künülerllnnse" große Triumvbe il rer Knnst, und Professor Hans Sitt aus Leipzig, der im Orchester den Taktnock schwang, wurde gleichialls durch reichen Beifall ausgezeichnet. Herzog Ernst wohnte dem llonzert bei. — Ferner teilt man un- anS Prag mit: Eugen d'Albert ist immer eine große Anziebung-krast, drm- nemün war auch La« dritte philharmonische Konzert, da- am 10. im Deutschen Theater statt-and, au-verkauft. Meisterhaft weiß d'Albert sein Instrument »u behandeln, da« zeigte sich wieder einmal bei der Wiedergabe de- öur-Klavirrkonzert- von Veellwven. Auch h'AlbertS eigene Kompositionen gefiele» in seiner Interpretation sehr. * Ferdinand Fleck. Heute vor anderthalb Jahrhunderten, am 12. Januar 1757, wurde Iodann Friedrich Fleck geboren, S«r neben Eckhof, Schröder. Brockmann und Isfland zu de« Heroen der deuticken Schauspielkunst gehört. In einem kritischen Aufsatz über „Lear' gibt uns Tieck eine Schilderung der Ebokesprare- Auisassung Flecks. Fleck war ein Schlesier; er warb al« -obn »ioes Rat-Herrn in Breslau geboren Fleck datt» sich erst dem Studium der Theologie widmen sollen und hatte daher, nachdem er durch tüchtige Haudlebrer vorgrbildet worden, mit nennzekn Jahren dir Universität Halle bezogen. Aber schon nach Jahrr»kist ward er durch Lni Lod seine« Baler« an der Fortsetzung seiner Studien behindert, sür di» Neiamig fn^
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