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Sächsischer Landes-Anzeiger : 09.11.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-11-09
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384622-188811095
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384622-18881109
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384622-18881109
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungSächsischer Landes-Anzeiger
- Jahr1888
- Monat1888-11
- Tag1888-11-09
- Monat1888-11
- Jahr1888
- Titel
- Sächsischer Landes-Anzeiger : 09.11.1888
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Nr. 262. — 8. Jahrgang. Der jeden Noch«»«« Ab«b (mit Datum tl-z folgenden L«aeS> zur Bersendung , cin»c;c»de „Dtchftfche LmzdeS^luzeiger" ' m>l täglich einem Extra-Beiblatt: 1. »lrinc Bstlchaft s. Sächsischer «e-ühter 3. Sächfische «trichtSzeitung 4. Sächsisches Allerlei 5. 2ll»striktes UnterhaltnugSblatt 6. So»nta-sb»att 7. Lustiges Bilderbuch kostet bei den BnSaabestellen monatlich 70 Psg., lei den Post-Anstalten 7» Psg. (Post-Leitmigs-PreiSliste Nr. 2035.) Srichsischer Unparteiische tägliche Zeitung für Sachsen und Thüringen. Verlags.Expedition: Alexander Wiede» Bnchdrnckeret, Chemnitz, Theaterstratze Nr. 5. Fcrnsprech-Anschluß Nr. 136. — Telegramm-Adresse: Landes.Anzeiger, Chemnig Freitag, 9. November 1888. Bon den yanptblättcru de» „Sächsischen LandeS-AnzeigerS" erscheint (ohne dessen tägliche Extra-Beiblätter) eine billiger« Sondcr-NnSgabe unter dem Titel; Chemnitzer <Seneral-A«griger sür nwnatlich nur 20 Pfg. mit Zutragen; außerhalb Chemnitz monatl. 27 Pf. m. gtr. (Leitungs-Preisliste 3. Nachtr. Nr. l320-r.) Für Abonnenten erscheint je einmal imJahr: SouiMr-Lisenbahufatzrplauhest für Sachsen. Mnter.Eisenhiihnfahi'Miilieft für Sachse» Illustr. Kalender des Sächsischen Landboten 2si»strirtcS3LhresbllchdeSLanüeS-stiizeigerr' «SA»««« Neueste Nachrichten. Paris, 7. November. Freycinet empfing heute Delegirte des Departements der Seine, welche um Schleifung der FestnngSwälle von Paris und Unterdrückung der militärischen Servitute, die auf de» Bewohnern der Vororte lasten, ersuchten. Freycinet versprach, die Sache gründlich zu untersuche», und erbat sich einen ausführlichen und motivirlen Bericht über die Wünsche des Departements. Paris, 8. Nov. (Drahtnachricht unseres Anzeigers). Wie verlautet, hat der Chef der öffentlichen Sicherheit in verflossener Nacht etwa 20 Verhaftungen, anläßlich der jüngsten Explosionen, die im Markthallcnviertel stattfanden, vornehme» lassen. Unter den Verhafteten sollen sich drei Mitglieder des Cumitäs der Kellner befinden. — Der Polizei-Präfekt erließ den Befehl, daß alle die jenigen Bürger verhaftet werden sollen, welche die Theilnehmer an den letzten öffentlichen Versammlungen durch Reden zu Mord und Plünderung aufreizten. New-Park, 8. Nov. (Drahtnachricht unseres Anzeigers). Nach den weiter vorliegenden Nachrichten wird angenommen, daß Harrison 233, Cleveland 168 Stimmen erhielt. Politische Rundschau. Chemnitz, de» 8. November. Deutsches Reich. Die „Nordd. Allg. Ztg." kommt auf die Ansprache Kaiser Wilhelms an die Berliner städtische Vertretung zurück. Ihre Ausführungen gipfeln darin, daß in Preußen der Herrscher durchaus befugt sei, nach seinen Ansichten zu handeln, und sich um das Ministerium nicht zu kümmern brauche. Kaiser Wilhelm I. habe das gethan, Kaiser Friedrich ebenfalls, als er nicht geneigt war, sofort die Umwandlung der preußischen dreijährigen Legislatur perioden in fünfjährige zu vollziehen, und Kaiser Wilhelm II. habe jetzt »un gleichfalls seine persönliche Ueberzengnug zum Ausdruck gebracht. Neu sei das Vorgehen also nicht. — Der Wortlaut des Artikels ist: „In dem vom Berliner Tageblatt am 4. November gebrachten Leitartikel: „Der Kaiser und die freisinnige Presse" be hauptet das fortschrittliche Blatt unter Bezugnahme auf die bekannte, im Staatsanzeiger auf Allerhöchsten Befehl erschienene Notiz, die freisinnige Presse betreffend, jene Veröffentlichung könne nur dadurch erklärt werden, daß Kaiser Wilhelm falsch informirt worden sei, denn der Artikel des Staatsanzeigers enthalte den Hinweis, der Kaiser habe angenommen, daß enge Beziehungen zwischen den Berliner Stadtbehördcn und der freisinnigen Presse beständen. Dies, so ver sucht das Blatt anszuführen, treffe nicht zu; die städtischen Behörden besäßen im Gegentheil keinen wie immer gearteten Einfluß auf die hauptstädtische Presse. Bisher wurde allgemein angenommen, daß die angesehenen Parteihänptcr des Freisinns, welche dem Berliner Magistrat und der Stadtverwaltung angehören, hinter der freisinnigen Presse ständen und einen bedeutendeik-erklärlichen, ja, vom Partci- standpunkt ganz gerechtfertigten Einfluß auf die freisinnige Presse ausübten. Trifft dies nicht zu, sind die Häupter des Berliner Frei sinns überhaupt nicht in der Lage, die freisinnige Presse zu beein flussen, so verliert dieselbe alle Bedeutung. Sie hat dann keine Berechtigung, siH als Vertreterin einer großen Partei zu geriren, sondern vertritt nur die Ansichten einzelner Personen, nämlich der betreffenden Redacteure. Wir haben nicht mit den fortschrittlichen Blättern zu rechten, wenn sic ans diese Weise sich vermindern wollen. Len Vorwurf, welchen das Berliner Tageblatt daraus herzuleitcn versucht, daß „bei Lebzeiten Kaiser Wilhelms I. dessen persönliche Uebcrzeugungen zu Gunsten der Regicrungsiiiaßiiahiiie» öffentlich gel tend gemocht worden seien," beweist nur die Unkenntniß des genann ten Blattes mit unserem Verfaffungsrecht. Der Verfasser des frag lichen Artikels im Berliner Tageblatt scheint sich in seinem Kopfe eine ideale Verfassung konstrnirt zn haben, in der der Monarch nur Der Psarr-Heinrich. Novelle von Theodor Winkler. Fortsetzung. Nachdruck verboten. „Erstens, weil sie bereits verlobt ist, und dann, weil sie jeden falls noch diesen Nachmittag zn einem längeren Besuch nach Grün te ai sährt." Heinrich fühlte, daß ihn diese Nachricht wie ein elektrischer Strom durchzuckte. „Wissen Sie das gewiß?" fragte er halb gedankenlos. „Ganz gewiß!" antwortcle jener, „wenigstens was die Partie nach Grünthal betrifft, und betreffs der Heirath glaube ich auch nicht in, Jrrthum zu sein." Heinrich hatte auf diese Mitthcilnng nur ein langgedehntes „So I" Es trat eine Pause ein, während welcher ihm allerlei durch den Kopf ging. „Und wer ist der Glückliche, der ihre Hand erhält?" fragte er dann. „Darüber weiß ich nichts Bestimmtes zu sagen," antwortete der Verwalter. Heinrich wurde wieder nachdenklich. Plötzlich blieb er stehen, faßte den Verwalter bei der Hand, sah ihm scharf in's Auge und sagte: „Wissen Sie, alter Freund, daß Sie mein erlösender Engel sind?" „Sie spreche» wieder in Näthscl», Herr Berner." „Wohlan, so hören Sie: Seit einigen Tagen stehe ich wie ein Herkules am Scheidewege. Ich soll durchaus nach Grünthal auf die Forstmeisteret, wo mein verehrtcster Onkel schon Drehstuhl und Schreibzeug bereit hält, um mich als Generalfedcrfuchser in seiner Canzlei zu lnstalliren. Welcher Hohn in diesem Antrag sür mich liegt, da» können Sie erst ermessen, wenn ich Ihnen die Geschichte meiner letzten Jahre erzählt haben werde. Und doch soll cs mir jetzt ein Vergnügen machen, den Posten anzunchmen. Ich werde mich in's Joch spannen lassen und sehen, wie lange ich die Komödie ertragen werde." „Und das habe ich herbeigcführt?" »Ja, Sie, lieber Verwalter, — und die glückliche Braut auf dem Gut. Ist sie wirklich Braut, wie Sie mir sagcn, so sicht die »icisc nach Grünthal damit in engster Beziehung. Darüber will ich die Rolle einer Wetterfahne spielt, welche die jedesmalige Windrich tung anzeigt. In der preußischen Verfassung aber, welche das bei uns gütige Recht enthält, hat der Inhaber der Krone eine sehr reale Macht, die unter Ariderem darin besteht, daß ohne seine Zustimmung kein Gesetz zu Stande kommen kann. Ein Preußischer König muß seine persönlichen Ueberzeugungen haben und dieselben müssen öffent lich geltend gemacht werden. Das galt nicht nur für die Negierungs- zcit Kaiser Wilhelm's I., eS galt auch für die Kaiser Fciedrich's und gilt für die Kaiser Wilhelm s II. Es ist bekannt, daß Kaiser Fried rich zunächst nicht gesonnen war, dem von dem Abgeordnete»- und dem Herrenhause angenommenen Gesetzentwurf wegen Verlängerung der Legislaturperioden seine Zustimmung zu ertheilen. Dem Staais- niinisterinm siel es damals nicht ein, deshalb zurückMreten. Die allerhöchste Ueberzengnug, welche nicht nur den Ministern, sondern auch öffentlich geltend gemacht wurde, war» wie dies unserem Ber- fassungsrechte entspricht, entscheidend. Das öffentliche Geltendmachcn der allerhöchsten Ueberzengnug des Monarchen war daher keine Eigen- thümlichkeit der Regierungszeit Kaiser Wilhelm's I.; dasselbe liegt in unserer Verfassung und ist aus derselben nicht herauszubringen." — Dieser Artikel der „N. A. Z." dürfte schwerlich allgemeiner Zu stimmung begegnen. Er steht in verschiedener Hinsicht auf schwachen Füßen. Wen» z. B- auch richtig ist, daß hervorragende Mitglieder des Berliner Magistrats der freisinnigen Partei angehören, so wird doch schwerlich der Magistrat als solcher einen politisch-parteilichen Einfluß auf Zeitungen, sei es irgend welcher Partei, ausübcu können oder wollen. — Die Einrichtung einer allgenieinen Stellvertretung für den Reichskanzler, über die so viel hin und her gestritten ist, hat sich in der Hauptsache niinmchr vollzogen. Herr von Bötticher ist schon lange Vertreter Fürst Bismarcks auf dem Gebiete der inneren Politik, Graf Herbert Bismarck in der auswärtigen Politik, und jetzt ver öffentlicht der Neichsanzeiger, daß der Kaiser den NeichSschatzsecretär Freiherr» vvn Maltzahn mit der Vertretung Fürst Bismarcks in den Finanz-Angelegenheiten betraut hat. Damit ist die Stellvertretung des Reichskanzlers auf den wichtigste» politischen Gebieten Thatsache, Fürst Bismarck kann sich aus sein „Altenthcil" ruhig zurückziehen, oder — hat es schon gethan. — Das abschließende Resultat der preußischen Abgeordneten- hauswahlcn liegt nunmehr vor. Von den Ergebnisse», welche bei den Wahlmännerwahlen noch nichts sicher standen, verdienen besonders Beachtung die Wahlen in Breslau, Frankfurt a. M. und Bielefeld. In den ersten beiden großen Städten war die Zahl der freisinnigen Wahlmänner und der der Kartellpartei'e» fast ganz gleich, gewählt sinv nur Kartellmäiiner. In Bielefeld ist Herr Stöcker trotz aller der Wahl vorangehenden Anfechtungen wieder gewählt. Von de» bekannten Führern aller Parteien ist nur Professor Häncl nicht wieder gewählt. Doppelt gewählt ist der freiconservative Abg. von Zedlitz. Neu tritt in das Parlament ei» der frühere deutsche Botschafter Herr von Äeudell, und nach langer Panse der bekannte »ativnalliberale Gutsbesitzer Svmbcrt-Ermslebe». Die Stärke der Parteien ist: Dentschconservative jetzt 131 Mitglieder, bisher 133 Mitglieder, Freiconservative 67 64 Nationalliberale Bk 87 72 Centrum 9» 98 Polen 15 * » 15 Freisinnige * 29 * V 40 * Dänen 2 * N 2 Wildliberale 3 4 „ Zahl der Mitglieder: 433 Abgeordnete. 433 Abgeordnete. — Ernste Ruhestöhrunge» sind bei der Einstellung der Rekruten im Reichslande vorgekommen. In Allkirch versuchte eine nach Hunderten zählende Volksmenge sich beim Abmarsch der Rekruten nach dem Bahnhofe unter wüstem Schreien unter die Mannschaften zu mischen. Als das begleitende Militär dies nicht erlaubte, drängte Gewißheit haben, und deshalb gehe ich selbst nach Grünthal. Ich will sehen, ob sie glücklich oder nicht glücklich ist, denn von diesem Bewußtsein hängt mein eigenes Glück ab. Sie werden mich nun verstehen." „Also immer noch der Schwärmer von damals!" „Meinetwegen nennen Sie mich so, lieber Freund. ES giebt Lagen des Lebens, die wir kaum zu überstehen vermöchten, wenn uns nicht der Aufblick zu einem geliebten Wesen mit Muth und Kraft beseelte. Mag dieses Ideal auch unerreichbar bleiben, es zieht uns unbewußt zn sich empor, und dieser Segen bleibt ein kostbares Ver mächtniß für unser ganzes Leben. Morgen früh verlasse ich Schwal benheim. Ich nehme vorher Ihre Einladung an und verbringe diesen Abend in Ihrer Gesellschaft. Also auf Wiedersehen!" Mit diesen Worten bot er dem Verwalter die Hand und schlug den Weg nach dem Pfarrhaus ein, während jener mit der Versichere rung, daß er sich freuen werde, Heinrich in seiner Behausung be grüßen zu dürfen, die Richtung nach dem Gut »ahm. IV. „Nun, wie steht cs mit dem Resultat Deiner Reise? Du bist einen ganzen Tag länger geblieben, als Du ursprünglich vorhattest „Ganz natürlich, lieber Vater. Uns wurde ein so liebevoller Empfang zu Theil und der Aufenthalt so angenehm gemacht, daß wir uns gern überreden ließen, noch einen Tag länger zu bleiben". „Nun und die Hauptsache?" „Steht sehr günstig. Der Major bewies mir ein so unge schminktes Wohlwollen und ging auf meine Andeutungen über die Absichten meines Besuches so bereitwillig ein, daß das Spiel als so gut wie gewonnen zu betrachten ist." „Und die wichtigste Person verschweigst Du ganz?" „Ah so. Ein süperbes Geschöpf, lieber Vater. Jung, schon, klug, — genug, liebenswürdig, wie ich eS mir nicht zu träumen ge wagt hätte." „Ließest Tu sie denn Deine Absichten merken?" „Lieber Vater, wie wenig bedarf es, um einem jungen, heiralhs- lustigen Mädchen klar zu machen, daß man sie gern hat und zur Frau begehrt; ihr widmete ich zwei Tage lang unausgesetzt die zarteste Aufmerksamkeit und sah mit Genugthuung, wie wohlgefällig > sie meine Artigkeiten aufnahm. Offenbar hatte ich ihr von vornherein gefallen, und von Stunde zu Stunde stiegen meine Chancen." I das Volk gewaltsam ein und warf mit Steinen. Das Militär lud schließlich die Gewehre und ging so gegen die Menge vor, die sich dann zerstreute. Noch schlimmer ging cs in Jllfurt, einer Station zwischen Allkirch und Mühlhausen, zn. Als dort der Nekrutenzug aiilaiigle, geberdete sich die Menge rein wie toll und schrie: „Vivo ln I'rnueo!" Der Offizier, der in Güte die Ordnung wieder Her stellen wollte, wurde ausgelacht und angegriffen. Zu seiner eigenen Vertheidigung mußte der Offizier den Degen ziehen und verletzte einen Angreifer am Kopse. Der Bahnhof wurde dann gewaltsam geräumt. Eine größere Zahl von Personen ist verhaftet und erwartet strenge Bestrafung. Die Leute waren zum großen Theil betrunken und durch von den französischen Blättern gebrachte Alarmnachrichten sehr erregt. Die Vorfälle sind auf jeden Fall sehr bedauerlich. Es ist doch bekannt, daß gerade die Elsaß-Lothringer in der Reichsarmee mit aller Rücksicht behandelt werden. — Die deutsch englische Verständigung über ein gemcinsamcs Vorgehen gegen die ostafrikanischen Sklavenhändler ist abgeschloffen, und zwar soll das Vorgehen in einer Weise erfolge», welche die all gemeinste Billigung verdient. Es ist Thatsache und wird auch in London als solche betrachtet, daß die Araber, welche eine Unterdrückung des Sklavenhandels an der Zanzibarküste durch die deutsche Verwaltung befürchtete», die bekannten Unruhen angezettelt haben. Wollte man nun mit Waffengewalt gegen sie Vorgehen, so würden dazu bei der starken Zahl der Küstenbewohncr nicht nur sehr große Mittel gehören, sondern die Erfolge würden auch den aufgewendeten Mitteln nur wenig entsprechen. Die Sklavenhändler würden in das Innere flüchten, wohin ihnen die Europäer nicht folgen können, und die nur aufgereizten Küstenbewohncr würden erst recht durch einen Kriegszug erbittert werden. Thatsächlich gewonnen würde also bei den größten Kräften immer nur sehr wenig sein. Viel vorthcilhafter ist es, die Sklavenhändler und ihr Gewerbe direkt an der Wurzel zu treffen dadurch, daß die Sklavcnansfuhr unmöglich gemacht wird. Das flößt auch zugleich den Küstenbewohncr» Respekt ein. Dieser Plan soll nun unverzüglich ins Werk gesetzt werden und auch Frankreich wird sich bei der Blokade mit einem oder mehreren Kriegsschiffen betheiligen. Jedes Fahrzeug, welches in den zanzibarischen Gewässer» angetroffen wird, mag es unter einer Flagge fahren, unter welcher es will, wird sich, wenn cs verdächtig erscheint, eine Untersuchung darüber, ob e» nicht etwa Sklaven mit sich führt, gefallen lassen müssen. Diese strenge Aufsicht wird nicht in zwei, drei Wochen wirken, aber in einem Viertel- oder halben Jahre ganz gewiß. Die Sklavenhändler sind gute Kaufleute; erkennen sie, daß der Menschenhandel an der Zanzibar- käste wirklich abgeschnitte» ist, werde» sie sich ganz von selbst aiiderS- wohin wenden, und damit wird auch Beruhigung im Küstengebiet eintreten. Die Arbeit bleibt freilich immer noch schwer, Venn mit Ausnahme von Bagamoyo ist bekanntlich das ganze Küstengebiet für die Dentschen verloren, aber mit Geduld und Ausdauer lassen sich die Verluste schon wieder einbringcn. Oesterreich-Ursgar». J»> ungarischen Budgetansschuß sind die Militärforderunge» glatt durchgegangen. Der Landesvertheidigungs- minister befürwortete dieselben nur kurz mit den militärischen Vor kehrungen in allen Ländern. — Die beiden deutschen Parteien des österreichischen Abgeordnetenhauses, der deutsch-österreichische Klub und der deutsche Klub, haben sich nunmehr definitiv auf folgender Grund lage vereinigt: Wahrung der Staatseinheit, Schutz des DentschthuinS und der berechtigten Stellung der Deutschen in Oesterreich, sowie Erhaltung und Entwickelung freiheitlicher Verfaffungsgrundsätze. Die Vereinigung führt von jetzt ab die Bezeichnung: Vereinigte deutsche Linke. Der Beschluß wird sehr beifällig anfgcnommen. — Die Annahme der Renten-Konvertirungsvorlage im ungarische» Reichstage ist definitiv gesichert. Frankreich. Kriegsminister Freycinet staitete dem in Paris an" wesenden Großfürsten Wladimir von Rußland, Bruder des Zaren» einen Besuch ab und hatte mit demselben eine einstündige Unterredung. „Zu einer Erklärung ist es aber »och nicht gediehen?" „Es wäre verfehlt gewesen, wen» ich bei dieser ersten Begeg nung so weit gegangen wäre. Gut Ding will Weile haben. Doch habe ich mich nicht verabschiedet, ohne ihr zu sagen, wie schmerzlich ich die schnelle Trennung empfinde, wie rasch und angenehm mir die Stunden in ihrer Gesellschaft verflossen und wie sehr mir ein baldiges Wiedersehen am Herzen liege Und daß ich mich nicht täusche, wenn ich behaupte, ihre Shmpathieen in hohen, Grade zu besitzen, dafür gab sie mir schließlich selbst ein untrügliches Zeichen. Sie theilte mir mit, daß sie kommenden Winter einigen Bällen in der Residenz beiwohnen werde und überdies schon in den nächsten Tagen nach Grünthal gehen werde, wo sie im Haus des dortigen Amtmanns einige Woche» zum Besuch zu verweilen gedenke. DaS paßt mir nun ganz famos. In Grünthal ist ja mein alter Duz freund Balting, an den ich sofort schreiben werde; ich zweifle nicht, daß ich mit Hülfe seiner Vermittlung ein Rendezvous erlangen und, wenn mich das Glück begünstigt, die Angelegenheit zum Ziel führen werde." Diese Unterredung hatte an einem Sonimermorgen. kurz vor der Zeit, in welcher unsere Geschichte beginnt, in einem der elegan testen Salons des Majors a. D. Baron v. Holdorf stattgesunden, welcher in der Residenz ein großes Haus machte. Vater und Sohn äßen sich beim Morgenkaffee gegenüber, und der Alte mit dem hoch- rothen Gesicht und dem grauen, sorgsam gepflegten Schnurrbart lauschte mit sichtlicher Spannung dem Bericht seines Sohnes, der am Abend zuvor erst von einer mehrtägigen Reise zurückgekehlt war. Letzterer trug die Uniform eines Hauptmannes und hätte in diesem, eine Gestalt vortheilhaft auszeichnenden Costüm eine reizende Erschei nung genannt werden müssen, wenn nicht die schlaffen, nichtssagen den Züge seines Gesichts den angenehmen Eindruck vollständig ver nichtet hätte». Unverkennbar lagen darauf die Spuren eines raschen Genußlebens, und die unstät umherfliegenden Augen gaben ihm einen geradezu unheimlichen Charakter. Er beschloß jetzt seine Erzählung mit eincm herzhaften Gähnen, zündete sich darauf eine Cigarre an und ergriff, offenbar gelangweilt, eines der daliegenden Zeitung»- blätlcr. Sein Vater, der bis jetzt nachdenklich im Lehnsessel zurückgekehnt dageseffen hatte, unterbrach aber da» Schwelgen und sagte: „Es ist während Deiner Abwesenheit ein Mensch dagewesen, der in dringenden Angelegenheiten mit Dir zu spreche» wünschte
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