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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 03.11.1902
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-11-03
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19021103019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902110301
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1902110301
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Images teilweise schlecht lesbar
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1902
- Monat1902-11
- Tag1902-11-03
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Reklame» »nter dem Redaktionsstrich (4 gespalten) 75 vor den Famlliennach- richten («gespalten) 50 Tabellarischer und Ziffernsay entsprechend höher. — Bebühren sür Nachweisungen und Offertenannahme 25 (excl. Porto). Ertra«Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesörderung «0.—, mit Postbesörderung ^l! 70.—. Aunahmeschluß für Anzeigen: Ab«»d-AuSgabe: vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Anzeige» sind stets an die Expedition zu richten. Die Expedition ist wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. Sir. 558. Montag den 3. November 1902. 88. Jahrgang. Leipziger Huldigungen in alter Zeit. 3. Die weiteren Huldigungen im siebzehnten und achtzehnten Jahrhundert waren die für Johann Georg III. (168 l), Johann GeorgIV. (1691), Friedrich August 1.(1691), Friedlich August II. (1733) und Friedrich August III. (1769). Friedrich August II. starb wenige Monate nach dem Ende deö siebenjährigen Krieges, am 5. Oktober 1763; sein Sohn, Friedrich Christian, folgte ihm bereits am 17. Dezember im Tode nach und hinterließ vier unmündige Prinzen. Für den Thronfolger Friedrich August III. übernahm Prinz Xaver, ein Bruder- Friedrich Christians, die Vormundschaft und zugleich die „Administration" des Landes. Am 13. Dezember 1768 wurde Friedrich August III. volljährig, am 2. Mai 1769, zur Jubilaiemesse, nahm er in Leipzig die Huldigung an. Die Huldigungen von 1681 bis 1769 gleichen in ihrem äußern Verlaus im wesentlichen der von 1657. Man griff jeveSmal auf das Programm der letzten zurück; neue Ge danken treten nicht dabei hervor. Etwas so hübsches wie der Parnaß von 1657 ist nie wieder dagewesen. Das Ab steigequartier des Landesherrn blieb das ganze siebzehnte Jahrhundert hindurch die Pleißcnburz. Erst als 1705 der Kaufmann Apel das Haus am Markie, das früher Volkmar- besessen hatte, abbrechen und einen Neubau harte anfführen lassen, wurde dies wieder zum Absteigequartier des Hofes gewählt und blieb es nun bis ins neunzehnte Jahrhundert; der Rat harte ständig darin das erste Stockwerk gemietet. Als Festraum wurde neben dem Ratbaussaale und der aroß?n RatSstube später auch die von 1678 bis 1682 erbaute Börse auf dem Naschmarkte benutzt. Hier legte gewöhnlich am Huldigungstage früh vor dem Gottesdienste die Ritter schaft für sich allein ihr Handgelöbnis ab; 1769 gab auch der Kurfürst hier ein Mahl. Die große Schmaußerei un Rathauje siel schon 1681 weg; der Kurfürst, ter von Torgau gekommen war, reiste noch in der Nacht, früh drei Uhr — es war freilich zu Johanni — wieder ab, und sämtliche RaiSberren und UnlveisitätSprofefloren waren pünktlich '/?3 Uhr im Hose der Pleißenburg zur Verabschiedung ver sammelt. An die Stelle der Bewirtung deS kurjürstlichen Hofes traten aber nun Geldgeschenke, an den Kursüriien selbst, die Kursürstin, die Minister, Räte und den ganzen Hof dis hinab schließlich zu den Lakaien. So erhielt 1681 der Kursürst 3000 Taler, die Kursürstin 1000 Taler, die beiden jungen Prinzen zusammen 400 Taler, 1691 der Kur fürst 1500 Dukaten, die Kursürstin, die bei der Huldigung nicht mit anwesend gewesen war, bei der nächsten Ostermesse einen silbernen Kaminschirm und zwei silberne Wandleuchter, zusammen im Werte von 1632 Gulden. 1691 und 1733 erhielt der Kurfürst jedesmal 300 Goldstücke im Werte von je 5 Dukaten, die Kursürstin bas eine Mal 500 Dukaten, das andre Mal 200 Goldstücke zu je 5 Dukaten. Die Summe aller Geldgeschenke an den Hof betrug 1681 über 9000, 1691 über 10 800, 1694 über 13 400, 1733 über 22 000 Gulden, 1769, wo der Rat u. a. eine HuldigungSmcdaille halte prägen lassen, 650 Stück in Gold und 1500 Stück in Silber, 14 585 Taler. Die bewaffnete Bürgerschaft suchte sich mehr und mehr durch stattliche Uustormen bervorzulun, um sich durch die kurfürstlichen Soldaten nicht in de» Schalten stellen zu lassen. Bei der Huldigunasbandlung selbst hatte der Rat 1681, 1691 und 1733 dasür gesorgt, daß bas sür die RatSstube bestimmte Bildnis des neuen LanbeSherrn bereits fertig war und hinter dem Tbronseffel aufgehängt werben konnte. 1681 und 1691 hatte eS der kurfürstliche Hofmaler Samuel Botlschild geliefert, der dasür jeveSmal 60 Taler erhielt; 1733 batte eS der Hofmaler Louis Sylvestre gemalt, der dasür mit 200 Talern bezahlt wurde. Bei allen diesen Huldigungen aber müssen entweder ausführliche gedruckte Programme oder ausführliche gedruckte Berichte erschienen sein, die bann die Cbronikenschreiber benutzt haben. Wer breite Schilderungen davon lesen will mit Nennung unzähliger Namen, findet sie unter den betreffenden Jahren in Vogels „Leipziger Annalen* und deren Fortsetzung von Riemer. Die letzte Huldigung, bei der man noch an die Ueber- lieferungea der alten Leit anknüpfte, und deren Verlauf noch einigermaßen an die alte Zeit erinnert, war die für König Anton am 24. Oktober 1827. Der König hatte sie zwar auf vier Städte deS Landes beschränkt, auf Dresden, Leipzig, Freiberg und Plauen, auch gewünscht, daß diese Huldigung „mir tunlichster Vereinfachung nnd insbesondere unter möglichster Vermeidung des Kostenaufwandes sür die betreffenden Städte und das Land übeihaupt eingerichtet, demnach alle kostspieligen Feierlichkeiten, sowie alle vordem ge wöhnlichen Präsente vermieden und abgelehm werben" sollten. Daher mußte sogar die Anfertigung einer Huldigung-medaille, zu der der Direktor der Leipziger Zeichenakademie Veit Hans Schnorr von Carolsfeld den Entwurf gemacht halte nnd mit deren Ausführung schon ein Dresdner Graveur beauftragt war, wieder abbestelll werden, als dieser sic schon fertig halte. Dennoch fehlte es natürlich nicht au mannigfachen festlichen Veranstaltungen. Der König hielt am 23. Oktober nach mittags mir seiner Gemahlin Maria Theresia seinen Einzug und stieg im Königshaus am Markt ab. Am Abend besuchte das Königspaar das Theater (das jetzige alte), wo Webers Oberon gegeben wurde, verließ es aber nach dem ersten Akt, worauf ihm die Studenten einen Fackelzug brachten. Am 24. war nach einem Gottesdienst die Huldigung im Rathause, am Abend war das KönigSpaar wieder im Theater, wo nach einem Festspiel von Wildelm Gerhard daS Lustspiel Donna Diana gegeben wurde. Nach dem Festspiel besichtigten König und Königin die Illumination der Stadt. Am 25. war Mittagstafel auf dem Ralbause, während der einige Innungen (Buchdrucker, Fischer, Bäcker, Böttcher und Schlosser) auf den Marktplatz zogen. Die Buchdrucker überbrachten ein Werk der Druckerkunst, eine in Thpensatz hergcstellke Ehren pforte, die Bäcker einen Riesenkuchen, der dann von acht Chaiscnträgern auf einer Trage nach Dresden ge schafft wurde, die Böttcher führten einen Reisenranz auf, die Schlosser ein Fahnenschwenken usw. Am Abend war nochmals Festvorstellung im Theater: NaupachS Tochter der Lust. Aber die Freudentage dieser letzten Huldigung wurden unerwartet in Trauertage verkehrt. Schon bei der dritten Theatervorstellung batte die Königin wegen Unwohl sein fehlen müssen. Sie erkrankte dann schwer und starb in Leipzig am 7. November 1827. Nach König AnlouS Tore (6. Juni 1836) kam die Re gierung an seinen Neffen Friedrich August, den er schon am 13. September 1830 zum Mitregenlcn angenommen Halle. Inzwischen war im September. '831 die „Verfassung* ge geben worden, womit alle Privilegbestätigungen und alle pflichtmäßigen „Erbhuldigungen* wegfielen. Au ihre Stelle trat aber eine andere, aus reinem Herzensbedürfnis und dem freien Entschlüsse der Bürgerschaft quellende Huldigung: die Bezeugung der Verehrung, Liebe und Treue, wie sie von nun an dem neuen Landesherrn bei seinem ersten Besuche der Stadt nach seinem Regierungsantritt dargebracht zu werden pflegt. König Friedrich August war schon als Mitregent einmal 1834 in Leipzig gewesen; dabei halte die Ballgesellschaft ihm zu Ehren eine Festlichkeit veranstaltet. Nach seiner Tbron- besteigung vergingen mehrere Jahre, ehe Leipzig Gelegenheit halte, ihn bei sich zu begrüßen: erst 1840 und 1841 besuchte er Leipzig wieder, nun „mit dem Dampfwagen" — am 7. April 1839 war die Leipzig-Dresdner Eisenbahn eröffne» worden —, lehnte aber beidemal Festlichkeiten ab. Als er aber im August 1844 von ei--er größeren Reise durch Eng land und Schottland zurücktthrle, ließ eS sich die Stadt nicht nehmen, ibn festlich zu empfangen. Er kam am 9. August auf der Magdeburger Bahn au, verließ bei Wahren den Zug und fuhr zu Wagen, „von einem Feslzuge von Land wirten zu Pferde begleitet", in die Stadt. Vom „Kreuz* an der Halliichen Straße an bildete die Communalgarde Spalier, am äußeren Hallischen Tor wurde er von Deputa tionen begrüßt und fuhr dann durch die Gerbergasse, wo sich die Innungen ausgestellt batten, durch eine Ehrenpforte am Waagegebaude nach dem DieSdner Bahnhöfe, wo sich weitere Deputationen eingefunden hatten. Nach seinem beklagenswerten Ende — er sand seinen Tod bekanntlich am 9. August 1851, genau zehn Jahre nach dem eben geschilderten Empfang in Leipzig, auf einer Reise in Tirol durch Umwerfen des Wagens — folgte ihm fein Bruder Johann. Dieser war nach seinem Regierungsantritt zum ersten mal am 19 September 1855 in Leipzig, batte sich aber ebenfalls alle Festlichkeiten verbeten. Da er die Nachricht von seinem Vorhaben erst zwei Tage zuvor nach Leipzig batte gelangen lassen, auch die Michaelismesse bereits im vollen Gange war, blieb nichts weiter übrig, als seinen Wunsch zu erfüllen. Er stieg übrigens im großen Blumenberg ab, wo auch König Friedrich August von 1840 bis 1851 stets gewohnt halte. In dem neuen königlichen Palais an der Goethestraße ist König Johann zum ersten Male 1862 ciu- gekehrt. König Albert endlich hielt nach dem Hinscheiden König Johanns (f 29. Oktober 1873) mit seiner Gemahlin, Königin Carola, am 28. Januar 1874 seinen festlichen Ein zug in Leipzig. Zum Schluß mögen die Leipziger Huldigungstage der letzten vier Jahrhunderte von Herzog Georg an bis zu König Georg in einer Tabelle nochmals übersichtlich zu- sai'.lmengestellt sein: Herzog Georg 2. Dezember 1500. Herzog Heinrich 23. Mai 1539. Herzog Moritz 21. September 1541. Kursürst August 21. August 1553. Kurfürst Christian 1. 10. Mai 1586. Der Administrator Herzog Friedrich Wilhelm 11. Mürz 1591. Kuriürst Christian II. 23. November I6<1. Kurfürst Johann Georg I. 18. September 1611. Kurfürst Johann Georg II. 30. September 1657. Kurfürst Johan» Georg III. 22. Juni 1681. Kurfürst Johann Georg IV. 29. Dezember I69l. Kurfürst Friedrich August I. 24. Juli 1694. Kurfürst Friedrich August II. 21. April 1733. Kurfürst Friedrich Christian — — — — Ter Administrator Prinz Xaver — — — Kurfürst Friedrich August III. 2. Mat 1769. König Anton 24. Oktober 1827. König Friedrich August — — — — König Johann 19. September 1854. König Albert 28. Januar 1874. König Georg 4. November 1902. Oie Kunst M Heizen. Ein Kapitel aus der Hygiene. Bon Dv. C u r t N u d o l f K re u s ch n c r. Nachdruck verboleu. Tie Behaglichleit -es Aufenthalts in unseren Woh nungen in der kalten Jahreszeit beruht im wesentlichen auf dein richtigen Funktionieren und der zweckdienlichen Einrichtung von drei Gegenständen, die als wichtige Kul- turlaltoren wesentlich dazu beitragen, der Menschheit das Wohnen in nördlichen Breiten zu ermöglichen. Es sind dies ein gutes Bett, eine hellbrennende Lampe nnd ein reichlich Wanne spendender Ofen. Für die Bedeutung deö letzteren kann man als klas sischen Jengen keinen geringeren alö Arnold Böcklin an führen, der seinen geliebten amerikanischen Fiillvfeu von der sturmumwchten Hottnger Höhe bet Zürich auch nach dem wonnigen Florentiner Süden mitnahm. Der große Maler pflegte ihn selber zu bedienen und meinte, ein an ständiger Ofen benehme sich nur dann zur Zufriedenheit seines Besitzers, wenn man ihn mit Liebe und Berstänbniö behandele, woran es die Frauen öfters fehlen ließen. Es sei mit ihm, wie mit einem Pferde, das nicht unter jedem Reiter seine Schuldigkeit tue, und deshalb stand der Meister auch zu seinem eisernen Amerikaner in einem persönlichen Freundschaftsverhältnis nnd suchte ihm, wenn die Be handlung mit Schaufel und Haken nichts fruchten wollte, durch liebevolles Zureden dasjenige Wärmequantnin zu entlocken, mit dem er freiwillig nicht herausrücken wollte. Auch unter denen, die es sich bezahlen könnten, gibt es Menschen, die hinsichtlich des Heizens wahre Sparmeister sind. Ob sic nun von Hanse ans fischblütig angelegt sind oder die Knnst des Ertragens niedriger Zimmertempera turen erst allmählich durch lange Hebung erworben haben, — sie fangen nicht eher an zu Heizen, als bis die Nasenspitze nnd die Finger mit dem lieblichen Himmelblau wetteifern, daß die Rückseite eines Mandrills so geschmackvoll ziert, und so bald der Schnee draußen zu schmelzen beginnt, hören sie auch wieder auf, das kohlenfresscnde Ungetüm in der Zimmerecke mit den heute leider so teuer gewordenen schwarzen Diamanten zu füttern. Für die wärmeliebend.' Mehrzahl dagegen wird es meist schon im Oktober immer ungemütlicher in den Zimmern, und lange bevor der erste Schnee den kümmerlichen letzten Blüten des Herbstes ein jähes Ende bereitet, setzen wir den Wännespeuder wieder in Tätigkeit. Leider zeigt sich nun aber in vielen Fällen, daß der Ofen die ihm gestellte Aufgabe nicht recht erfüllen will. Der eine will überhaupt nicht warm werden, wie viel mau auch einfenern mag; ein zweiter fühlt sich glühend heiß au, ohne daß sich die Wärme auf einen weiteren Bereich als einige Schritt dem Zimmer mitteilt; ein dritter verbreitet nach Schwefel riechende Gerüche, die besonders aufsalleu, wenn man aus der frischen Außenlust in daS Zimmer tritt, und ein vierter benimmt sich entweder bei bestimmten Wetterlagen oder ganz allgemein wie ein Vulkan, indem er bei jedem Versuche des EinheizenS zum Entsetzen der um ihre Gardinen besorgten Hausfrau dichte schwarze Rauchwolken in das Zimmer hineinspeit. Die Schuld an allen diesen Unzuträglichkeiten wird ausnahmslos demjenigen zugeschvben, der den Ofen gesetzt hat, nnd zwar in den meisten Fällen der lctztangcsührten Art mit Fug und Recht. Obwohl der Typus des Kachel ofens seit unendlich langer Zeit in seinen Grundzügen fcststcht, ist cs doch kaum zu glauben, in wie leichtsinniger Art — nicht etwa durch die Schuld der Meister, sondern durch die Nachlässigkeit der in ihrem Dienste stehenden Ar beiter — beim Ofensetzer! verfahren wird. Oft liegt das Versetzen allerdings auch bei den Herren Maurern, denen beim Anfführen der Schlote etliche Ziegelsteine in die engen Rohre hinabgefaklcn sind, die dann, ohne daß der Ofen kundige von ihrem Dasein eine Ahnung hat, den Vcr brennungsgasen den freien Austritt versperren, während im Zimmer sich sämtliche Ofendvktorcn über die richtige Diagnose des Leidens die Köpfe zerbrechen. Aber auch von den Wohuparteien und namentlich von deren Dienstboten wird viel in der Knnst des Heizens ge sündigt. Ter erste Fehler wird gewöhnlich schon damit be gangen, daß man mit dem Heizen im Herbste viel zu spür beginnt. Draußen lacht vielleicht die Oktoberionnc in den Mittagsstunden noch mit der Pracht deS Juni und man kann sich mit dem Gedanken zn Heizen schwer befreunden. Aber in den kalten Abenden, Nächten und Morgen ver zehrt die niedrige Außentemperatur unaufhaltsam den sommerlichen Würmeübcrschuß des Mauerwerks, und ehe sich die durch das schöne Wetter getäuschten Bewohner dessen versehen, bringt ihnen ein tüchtiger Katarrh zum Bewußtsein, daß sie sich in ihren eigenen Zimmern er kältet haben. Heizt man nun auch tüchtig ein, so heißt es doch vom Ofen zu viel verlangen, daß er gleich in den ersten Tagen das Zimmer gründlich durchwärmen soll, da die Wärme der Zimmerluft sofort an das sich nur langsam temperierende Mauerwert abgegeben wird. Erst nach mehrmaligem Einfenern wird diese Differenz wieder aus geglichen und es folgt daraus der Schluß, daß man sich mit dem Heizen im Herbste, nicht nach dem äußeren trügerischen Augenschein richten, sondern beginnen soll, sobald das Thermometer mehrrnals hintereinander unter denjenigen Tempcraturgrad zu sinken beginnt, den man erfahrungs gemäß als Minimum von Wärme auSprobiert hat, bet dem man sich noch behaglich fühlt. Eine weitere regelmäßige Klage ist, daß der Ofen, den man im Herbst wieder zu Heizen beginnt — aus gut Deutsch ausgcdrückt — „stinkt". Häufig kommt dies davon her, daß der Schornstein mit kalter Luft gefüllt ist, die sich dem Aus steigen der Verbrennungsgase entgegenstemmt, wie ein Pfropfen im Flaschenhälse der Flüssigkeit. Meistens lieg: cs aber daran, daß man sich nicht die Mühe genommen Hai, den Ofen im Sommer ans seine Gebresten zu untersuchen. Als ein solches müssen in erster Linie die Fugen gelten, die sich bei längerem Gebrauche durch Eintrocknen und Durch brennen des die einzelnen Kacheln mit einander ver bindenden Tons bilden. Bei den modernen, eleganten Porzellanöfen, deren Kacheln mit minutiöser Gcnauigkeir gegen einander abgeschliffen sind, wird dieser Uebelstand Feuilleton. Der Gelehrte und der Schreiber. Skizze von An ton Tschechow. Deutsch von Stefanta Goldenring. Nachdruck verboten. Es ist sechs Uhr abends. Ein ziemlich bekannter rus- sischer Gelehrter — wir wollen ihn einfach einen Ge lehrten nennen — sitzt in seinem Arbeitszimmer und beißt nervös an seinen Nägeln. „Das ist geradezu empörend!" ruft er aus und blickt jeden Augenblick nach der Uhr. „Das ist der Gipfel der Mißachtung fremder Zeit und Arbeit. In England würde ein solcher Mensch nicht einen Heller verdienen und könnte vor Hunger sterben! Aber wart' nur, wenn dn erst kommst . . Und da der Gelehrte das Verlangen fühlte, seine Wut und seine Ungeduld an irgend etwas ausznlassen, trat er an die Tür, die nach dem Zimmer seiner Frau führte, und klopfte an. ,Hör' mal, Katja", beginnt er mit schallender Stimme. „Wenn du Pjotr Danilitsch siehst, dann sage ihm gefälligst, daß anständige Menschen sich so nicht benehmen! Das ist eine Frechheit! Er empfiehlt einen Schreiber, ohne zu wissen, was das für ein Mensch ist! Der Junge verspätet sich täglich genau um zwei, drei Stunden. Ist das etwa ein brauchbarer Schreiber? Für mich sind diese zwei, drei Stunden mehr wert, als für einen Anderen zwei, drei Jahre. Wenn er kommt, schelte ich ihn wie einen Hund au», bezahle ihm keinen Heller un- schmeiße ihn 'raus! Gegen solche Menschen darf man keine Rücksicht nehmen!" „Das sagst du jeden Tag, und trotzdem kommt er immer wieder." „Heute habe ich es mir fest vorgenommen. Ich habe gerade genug Verluste durch thn. Entschuldige nur, aber zanken werbe ich mich mit ihm nicht — das überlaste ich den Droschkenkutschern!" Endlich klingelt es. Der Gelehrte macht ein ernstes Gesicht, nimmt eine stramme Haltung an, wirft den Kopf nach hinten und geht ins Vorzimmer. Dort am Kleider halter steht bereits sein Schreiber. Iwan Matwejewitsch, ein junger Mann von achtzehn Jahren, mit ovalem, bartlosem Gesicht, im abgenutzten, schäbigen Mantel und ohne Ueberschuhe. Er ist außer Atem und wischt seine großen, ungeschickten Stiefel sorg fältig an der Strohmatte ab, wobei er sich bemüht, das Loch im Schuh, aus dem der weiße Strumpf hervorsieht, vor dem Stubenmädchen zu verbergen. Als er den Ge lehrten erblickt, verzieht sich sein Gesicht zn jenem be redten, langgcdchntcn, etwas dummen Lächeln, wie man es nur bei Kindern — nnd sehr gutmütigen Leuten be merken kann. „Ach, guten Tag", sagt er, und reicht dem Gelehrten seine große, feuchte Hand hin. „Nun, ist Ihr Hals wieder gut?" „Iwan Matwejewitsch!" erwidert der Gelehrte mit zitternder Stimme, indem er zurücktritt und die Finger beider Hände ineinander legt. „Iwan Matwejewitsch!" Dann springt er zu dem Schreiber herbei, faßt ihn bei der Schulter und beginnt thn leicht zu rütteln. „Was tun Sie mit mir?" ruft er verzweifelt. „Entsetzlicher, böser Mensch, was tun Sie mit mir? Sie halten mich zum Besten, verhöhnen mich! Ja?" Iwan Matwejewitsch, von dessen Gesicht das Lächeln noch nicht gewichen war, hatte offenbar eine ganz andere Begrüßung erwartet; als er nun das zornsprühendc Ge sicht des Gelehrten sieht, zieht sich sein ovales Antliy noch mehr in die Länge und der Mund öffnet sich vor Staunen. „Was . . . was ist denn geschehen?" fragt er. „Sie fragen noch?" entgegnete der Gelehrte und schlägt die Hände zusammen. „Sie wissen, wie teuer meine Zeit ist, und trotzdem kommen Sie so spät! Um zwei Stunden zu spät sind Sie gekommen . . . Fürchten Sie sich vor Gott nicht?! . . . „Ich komme doch nicht von Hause", stammelte Iwan Matwejewitsch, indem er sein Halstuch unentschlossen auf bindet. „Ich war bei meiner Tante zum Geburtstag, und die wohnt sechs Werst von hier entfernt . . „Nun denken Sic einmal nach, Iwan Matwejewitsch, ist in Ihrem Benehmen eine Logik? Hier liegt eine wichtige Arbeit vor, die zur bestimmten Zeit fertig sein muß, und Sie treiben sich bei Ihren Tanten zu Ge burtstagen herum! Sv binden Sie doch schon endlich Ihr schreckliches Halstuch auf! DaS ist ja nicht zum Aushalten!" Ter Gelehrte stürzt wieder zu dem Schreiber herbei und hilft ihm daS Halstuch abnehmeu. „Angst haben Sie wie ein Frauenzimmer! . . . Nnn, kommen Sie gefälligst herein . . . etwas schneller, bitte!" Iwan Matwejewitsch schnäuzt sich iu sein schmutziges, zerdrücktes Taschentuch, zieht sein graues Röckchen zu recht und acht durch den Salon nnd da» Gastzimmer ins Herrenzimmer. Hier ist sür ihn der Platz und das Papier längst vorbereitet, sogar Cigaretten liegen auch da. „Setzen Sie sich, setzen Sie sich", treibt ihn der Ge lehrte an, und reibt sich ungeduldig die Hände. „Sie und ein unausstehlicher Mensch . . . Sie wissen, daß die Arlei. eilig ist, und kommen so spät. Sie zwingen mich ja zum Schelten. Nun, schreiben Sie . . . Wo waren wir stehen geblieben?" Iwan Matwejewitsch streift sein borstiges, ungleich ge schnittenes Haar glatt nnd ergreift die Feder. Der Ge lehrte spaziert von einem Winkel nach dem anderen, sammelt seine Gedanken nnd beginnt zu diktieren: „Wesentlich ist . . . Komma . . . daß manche, so zn sagen, fundamentale Formen . . . baden Sie geschrieben ? — Formen einzig durch die Beschaffenheit jener Anfänge bedingt sind . . . Komma . . . die in ihnen ihren Aus druck finden und sich nur in ihnen verkörpern könne» . . . Neuer Absatz . . . Tort kommt natürlich ein Punkt . . . Am meisten Scldständigteit zeigen diejenigen Formen . . . Komma ... die weniger einen politischen, als einen sozialen Charakter tragen . . ." „Jetzt tragen die Gymnasiasten graue Uniformen", sagt plötzlich Iwan Matwejewitsch. „Als ich zur Schule ging, war'S schöner: wir trugen ..." „Bitte, schreiben Sie gefälligst!" rnft der Gelehrte ärgerlich. „Charakter. . . haben Sic? Wenn man nun von den Reformen spricht, die sich auf die Regulierung des Botkslums beziehen . . . Komma ... so kann man nicht behaupten, daß sie sich durch das Nationale ihrer Formen unterscheiden ... die letzten drei Worte in Anführungsstrichen . . . Hm, ja ... Was wollten Sie doch vom Gymnasium erzählen?"
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