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Dresdner Nachrichten : 15.08.1925
- Erscheinungsdatum
- 1925-08-15
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-192508150
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-19250815
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-19250815
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Nachrichten
- Jahr1925
- Monat1925-08
- Tag1925-08-15
- Monat1925-08
- Jahr1925
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- Dresdner Nachrichten : 15.08.1925
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Schandmale der Ruhreinbrecher. Das ausgeplün-erle Bochum. — Die Verwüstung -es Schlosses Kerlen. Der Aiiumungslermin für -ie Sanklionsstädle auf den 25. August festgesetzt. — Die Kommunislen-Kiimpse in Berlin. kV- Millionen Mark Schaden in Bochum! Berlin, 14. August. Wie die Franzosen in den deut schen Städten gehaust haben, die sie vor kurzem räumten, daS spottet vielfach jeder Beschreibung. Noch nicht einmal eins der ärgsten Beispiele hierfür sind die Bcrhältnisse in Bochum. Bochum hatte infolge seiner zentralen Lage im Ruhrgcbict beim Einmarsch der Franzose» eine starke Besatzung erhalten. Nach der Bilanz, die nach dem Abzngc der Franzosen nun der Besatzungsausschuß der Stadt gezogen hat, sind auf direkte Maßnahme der Besatzung neun Todesfälle znrück- zuführen. Außerdem sind durch die Schikanen der Franzosen über 100 Personen verletzt, bzw. gesundheitlich ge schädigt morden. Der Gesamtschadcn, den die Stadt durch die Besatzung erlitte« hat, wird ans Millionen Mark bczisscrt. Mitgenommen aus der Stadt haben die Franzosen 60 komplette Schlaf zimmer, 14 komplette Küchen, 18 Eßzimmcrbüfctts, drei kom plette Speisezimmer. Außer dem Küchenbüfett und Anrichten 52 Tische, 14 Schränke, 105 Stühle, 100 eiserne Waschkessel. 100 Gasherde. 120 Kochherde, 36 Ocfen, 240 Bettstellen, 28 Waschkommoden, 16 Klciderschränkc, 20 Nachtkonsolen, SO Fahrräder, außerdem Schreibtische, Klubsessel, Polstersessel, Badewannen, Waschgarnitnren. große Bestünde an Wäsche, Wolldecken, Küchengeräte, Burcaugegenstande usiv. Um die Schäden in den Quartieren fcstzustellcn, ver anstalteten die Franzosen „Besichtigungen". Die vom städti schen Besatzungsamt zur Teilnahme an der Besichtigung ge ladenen Besitzer der in Frage kommenden Gebäude wurden durch den französische» Offizier znrückgcwicsen. Ein Ein spruch der Stadt dagegen blieb erfolglos. Die Fran zosen standen bei der Feststellung der Schäden in den Prtvat- unü Massenguarttcren auf dem Standpunkte, daß im all gemeinen „Bcsatzungönvrmalverschleiß" vorliegc. Auch wenn cs sich offensichtlich um Schäden handelte, die wett über einen sogenannte» Normalverschleiß hinauSgingcn. Kür 08 Schadensällc nmrden von der französischen Kom mission noch nicht einmal lONtt Mark zur Abstellung der Schäden als ausreichend erachtet, während nach deutscher Schätzung etwa SO 000 Mark für die Wiederherstellung not wendig sein werden. Auch in den Masse »gnartieren haben die Franzosen aufS übelste gehaust. Das große Gebäude mit seinen Wirtschafts räumen, Sälen und Zimmern diente als Soldatenhcim. Als es besetzt wurde, nahm der Adjutant, der mit den Soldaten erschien, sofort drei Hände voll Silbcrbestecke und für 600 Mark bestes Porzellan an sich. Kein Wein- und kein Bicrglas und keine Tasse waren mehr vorhanden, als die Franzosen das Lokal räumten. Der noch tm Hause wohnende Wirt wurde mit Verhaftung be droht, wenn er sich Uber verschwundene Sachen beschwcren wollte. Die Franzosen haben das schone Gesellschaftsbaus wüst Wgerichtct. Die Kegelbahn wurde demoliert. Ihre In standsetzung kostet etwa 2000 Mark. Auch die Klosetts, die aller acht Tage verstopft waren, weil die Soldaten Konserven büchsen und Brot hincinioarfen, wurden demoliert. I» die Decken wurden Nägel geschlagen und Löcher gemacht. Heiz körper wurden abgerissen und mitgenommen. Auch alles Por zellan und über 160 Stühle sind von den Franzosen gestohlen worden. Vorm Büfett im großen Saale ist alles fortgcschlcppt worden. Was an Tischen und Stühlen überhaupt noch da gelassen wurde, ist größtenteils unbranchbar geworden, und dabei handelt es sich in Bochum, wie gesagt, noch nicht einmal um eines der schlimmsten Beispiele sür die Skrwiistnngcn, die die Soldaten der Grande Nation angerichtct haben. Die Ausplünderung des Schlosses Kerlen. Essen, 14. Aug. Das Schloß Herten, eines unserer besterhaltenen Schlösser, Eigentum der Grafen Drostcn- Vtschering, Nessclrodc-Altenstetn, war seit Anfang 1923 von französischer Kavallerie belegt »nd ist vor etwa 14 Tagen ge räumt worden. ES wurde i„ einem haarsträubenden Zu stand« znrückgelasscn. Ein Ncdaltionsmitglicd der ,Männer Zeitung" hatte Elelcgcnhcit. den Schloßbesitzer auf einem Vlundgang zu begleiten und schilderte seine Eindrücke u. a. wie folgt: Ein üumpfüblcr Geruch schlägt uns aus den mit Schilf rohr und Algen durchsetzten Wassern entgegen, lieber dem Wasser erheben sich die Rücken einer ungeheuren Menge von Riesenkarpfen, Hechten und Barschen, — krepierten Fischen. Im Teiche scheint sämtliches Leben anSgcstorben. Man nimmt an, daß irgendein Gift oder eine Säure die Ur sache des Fischsterbens ist. Daraus führte unö der Graf in das Schloß. Gleich eines der ersten Zimmer, die wir betreten, bietet einen grausigen Anblick. Ts ist der weiße Salon. Eine klaffende Lücke über dem Wand spiegel zeigt, daß die Franzosen die kostbaren Oelgemälde ent- lernt habe«. Sie haben nicht viel Umstände beim Diebstahl Dieser Mlder gemacht. Wo sie nicht den Rahmen lockerten, haben sie die Oelgemälde kurzerhand herausgeschnitte». Uebrigens sicht mau (Yemälde und die wertvollen Gobelins in keinem Zimmer mehr. Gotische Stühle, die Jahrhunderte alt waren, find zu Brennholz zerhackt worden. Eichene Türfüllungen in schwerster Ausführung, wie man sie heute überhaupt nicht mehr kennt, die ein halbes Jahrtausend lang hielten, sind mut willig kurz «nd klein geschlagen. So sahen wir in allen Räumen das gleiche Bild. Geweihe, die in selten schönen und alten Exemplaren ans Schloß Herten sich befunden haben, sind aus den Zimmern restlos verschwunden, gestohlen. Tie alten Kamine mit ihren wertvollen bemalten Porzcllan- platticrungen sind vollständig demoliert. In die seidcnbcspannten Wandbekleidnngen wurden ganz unnötiger weise große Nägel hincingctrtebcn, die wertvollen Tapeten auf diese Weise zerstört. Uebcrall das gleiche Bild. Möbel sind überhaupt nicht vorhanden. Höchst selten liegen in den verstaubten Ecken einige Bruch stücke alter Möbel. Die vor drei Jahren, als der Gras Schloß Herten erworben, von ihm neu eingerichteten Räume, Schlaf- und Arbeitszimmer, zeigen eine gähnende Leere. Es ist kaum auzunehmcn, daß diese Möbel zerstört worden find. Vermutlich hat man die Gegenstände ausgcladen und beim Abrücken sortschassen lasten. Bei uns in Deutschland nennt man so etwas gemeinen Diebstahl. Die „Grande Nation" scheint andere Begriffe hiervon zu haben. So ist es auch erklärlich, wie »ns der Graf erzählte, die Schwadron habe sein Besitztum nicht am Hellen Tage dnrch den Eingang an der Chaussee nach Wcrhold verlassen, sondern sei still und heimlich hinten durch die Wälder nach Buer abgcrückt. Man wollte eben nicht gerne mit dem Schloßherrn-Eigcntum ge sehen werden. Es würde zu viel werden, alles das zu er wähnen, was zerstört und zerschlagen wurde. Unendlicher Altertumswert, unersetzliche Schätze vergangener Jahr hunderte sind unwiderruflich dahin. Der Aäumungslermin für Düsseldorf. Die amtliche Mitteilung. Düsseldorf, 14. Augnst. Nach einer amtlichen Mit teilung des Oberbefehlshabers der alliierten Besatznngsarmee an den Stegicrungsprästdcntcn hat die französische und belgische Regierung beschlossen, die Brückenköpfe Diisscldors und Dnisbnrg zu räumen. Die Räumung wird am 28. August 1028 «m Mitternacht vollständig beendet sein. Die Grenze des besetzten Gebietes im Norden des Brückenkopfs wird in diesem Augenblick wieder an den sttheiu znrückverlegt. iW. T. R.s Gefährliche Musik. Mainz, 1^. August. Der Oberdelegiertc in der Provinz Nheinhcffcn ordnete die Beschlagnahme des Musikstückes „O Deutschland hoch in Ehren" an, da es geeignet sei, die öffentliche Ordnung zu stören. iT. U.j Driands Ergebnisse in London. Paris, 14. August. Briand hatte in London den Versuch unternommen, Ehambcrlain für die Ausarbeitung eines fer tigen Textes hinsichtlich des Sicher hcitspaktes zu gewinnen. Man ist in Paris der Ansicht, daß dies Briand nicht gelungen sei, denn Ehambcrlain zeigte sich, wie man jetzt sicht, nicht bereit, ohne Zuziehung Deutschlands bindende Ab schlüsse in der Frage der Sanktionen nnd Garantien einzu- gehcn. Briand mutzte schließlich die Einberufung einer Kon ferenz zur Ausarbeitung des Sichcrhcitspaktcs unter Beteili gung Deutschlands zustimmen, dürste aber die Hinzuziehung Polens und derTschcch o-S lvwaketzu den Äkesprechun- gen durchgesetzt lwben. Der polnische Außenminister, der aus Amerika in Paris eintraf, will mit Briand in Paris über die Punkte der Londoner Besprechungen beraten, die Polen betreffen. -» Paris, 14. August. Der endgültige Text der französischen Antwortnote an Deutschland wurde heute nach Brüssel. Nom «nd Prag gesandt. Unzusrie-enheil in Polen. Warschau, 14. Augnst. Die hiesige Presse nüdmet der Londoner Konferenz lange Leitartikel. Fast sämtliche Blätter geben ihrer Unzufriedenheit über das Ergebnis Aus druck. vornehmlich über die Verständigung Englands und Frankreichs in der Frag« des Eintritts in den Völkerbund. So schreibt die „Gazetta Warszawska", daß dem Eintritt Deutsch lands tn den Völkerbund nicht überstürzt zuaestimmt werden dürfe. Mit dem Eintritt Deutschlands verliere der Völker bund seinen bisherigen Charakter nnd werde im Prinzip als eine vollkommen neue Institution betrachtet werden müssen. Es sei auch nicht ausgeschlossen, daß in diesem Falle einiae Bölkerbnndsmitglieder ihre bisheriae Stellung znm Völkerbünde würden revidiere« müssen. l!i Einberufung des Autzenausschuffes. Berlin, 14. Augnst. Wie tn parlamentarischen Kreisen verlautet, soll der Auswärtige Ausschuß des Reichs tags zwischen dem 18. und 22. August zur Besprechung der Antwortnote über den StcherhettSpakt etubernfen werden. Damaskus - Tunis - Fes. Auch wenn man nicht annimmt, daß zwischen dem un. erwartet ausgebrochenen Aufstand in Syrien und den schweren Kvivnialkämpfen in Nordafrika ein unmittelbarer Zusammen hang besteht, kommt das zeitliche Zusammentreffen ernster Er hebungen in den verschiedensten Teilen des französischen Kolonialreiches nicht von ungefähr. Die Unruhen in Syrien sowohl, wie die Zusammenstöße in Tunis und der Feldzug in Marokko sind sichtbare Anzeichen dafür, wie sich das welt politische Schwergewicht von Europa weg nach anderen Erd teilen verschiebt nnd damit zugleich die traditionelle Vorherr schaft der weißen Rasse ins Schwanken kommt. Schuld an der beginnenden Emanzipation der farbigen Völker ist tn erster Linie Frankreich, das seine kolonialen Hilfstruppen im Kampfe gegen die Mittelmächte verwendete, und England, das die europäischen Streitigkeiten auf Afrika übertrug. Schuld ist in zweiter Linie abermals Frankreich-England, das die politische Zerklüftung Europas verewigt, dadurch die Stoßkraft der weißen Rasse zerstört und den Völkerschaften der Kolonien und Völkcrbundsmandate geradezu den Anreiz gibt, das ver haßte Joch der kulturellen und politischen Bevormundung für immer abzuschütteln. Es mutet wie eine gerechte Vergcltmrg des Schicksals an, daß wenigstens auch die Folgen dieser ver brecherische» und kurzsichtigen Politik in empfindlichster Weise Frankreich und England treffen. Und wenn man kämm zu hoffen wagt, daß auf absehbare Zeiten Vernunft aus eigenem Antriebe die internationalen Beziehungen unseres Erdteils regeln wird, so ist es vielleicht möglich, daß eines Tages der wachsende Druck erwachender Völker jenseits der Meere den friedlichen Zusammenschluß Europas erzwingen wird. Dieser Zeitpunkt ist heute noch nicht cingctretcn, denn nichts wäre gewagter, als den Unruhen in den französischen Kolonien eine übertriebene unmittelbare Bedeutung für den Kurs der französischen Politik beizulcgen. Weder der ver schlagene und zweifellos hochbefähigtc Ab- el Krim, noch gar der Drusenhäuptling Attrafch in Syrien können im Ernste hoffen, Frankreich endgültig zu schlagen, ihr Kampf ist von vornherein aussichtslos, wenn nicht tm Laufe der Zeit neue Momente hinzukommen, die die Wirkung der verschiedenen kolonialen Teilaktionen unterstützen. Das wäre vornehmlich eine Neoolutionicrung weiterer Teile des französischen Kolo- nialgcbictes, und anderseits ein Kabinett der Mehrheit des französischen Volkes, das wenig Lust hätte, nach dem Aderlaß des Weltkrieges sich aufs neue in langwierige blutige Abcntauer cinznlassen. Da nach der seelischen Haltung des Franzosen in nationalen Prestigefragen mit einem solchen Kabinett schwerlich zu rechnen ist. so bleibt Abd el Krim, dem bedeutend sten Vorkämpfer für die Befreiung vom französischen Kolonial joche, nur die Hoffnung, neue Bundesgenossen zu gewinnen, und deshalb ist der Aufstand in Syrien von mehr als lokaler Bedeutung. Hier, in jenem seit 1910 Frankreich unterstellten Mandats gebiete, das etwa zehnmal so groß wie Sachsen Ist nnd nicht ganz zwei Millionen Einwohner zählt, ist dem kleinen, rund 150 000 Köpfe starken Volksstamme der Drusen geglückt, eine französische Kolonne zu überfallen und offenbar völlig auf- zureibcn. Sic haben dabei drei Flugzeuge und sechs Geschütze erbeutet, was sür die nur etwa ein Armeekorps starke Truppenmacht Frankreichs in Syrien einen empfindlichen Ver lust bedeutet. Immerhin wäre von einem Zivtschenfalle, wie solch« in der Kolonialgeschicht« aller Völker Vorkommen, kein Aufhebens zu machen, wenn niclft unmittelbar darauf die als Strafexpedition auSgesandte 3000 Mann starke Abteilung des Generals Mich and ebenfalls geschlagen und zu einem Rückzüge gezwungen worden wäre, über dessen Verlauf der Bericht des kommandierenden Generals und einstigen Obcrkommandiercn- den der Saloniki-Armee, Sarrail, bedeubungsvoll schweigt. Die letzten Meldungen ans 'Damaskus, wo sich 2000 Verwundete befinden sollen, sprechen nicht dafür, daß die Truppen un beschädigt aus dem nnivegsamen Hauran-Gcbirg« zurückgckehrt sind. Die Aufstandsbcwcgung ist so unerwartet ausgebrochen, daß sich noch kurz vorher Sarrail berriterklärt hatte, Trumum für den marokkanischen Kriegsschattplatz abzngebcn. War dieser Entschluß der Anlaß znm Angriff? Hatten die Erfolge Abd el Krims die unruhigen Drusen znm Aufstand ermuntert, die schon unter der türkischen Herrschaft in unaufhörlichen reli giösen Kämpfen mit den christlichen Maroniten lagen? Schneller als sich der Europäer vorstellcn kann, pflegen tm Orient die Nachrichten, phantastisch vergrößert, von Kafftchaus zu Kaffeehaus zu fliegen und durch Karawanen auch in die fernsten Schlupfwinkel nvinadisicrcndcr Beduine» und räube rischer Bergvölker getragen zu werden. Oder ist es wahr, daß auch hier, wie an so vielen Stellen des Erdballs, «tue t >
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