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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 02.04.1905
- Erscheinungsdatum
- 1905-04-02
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-190504024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19050402
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19050402
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- Zeitungen
- Saxonica
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- Strukturtyp
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1905
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Die 4 gespaltene Reklamezrile 75 Annahmeschlutz für Anzeigen: Abend-Ausgabe: vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgab« nachmittag- 4 Uhr. Anzeigen sind stet- an die Expedition zu richten. Extra-Beilagen (nur mit der Morgen- Ausgabe) nach besonderer Vereinbarung. Die Expedition ist wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis abends 7 Uhr. Truck und Verlag von E. Pol; in Leipzig (Inh. vr. B., R. är W. Klinkdardt). Herausgeber: vr. Victor Klinkhard». Nr. l«8. Sonntag 2. April 1905. Sst. Jahrgang. Var lvicbtigrte vom rage. * Tas preußische Herrenhaus aeneh- lniate mit großer Majorität die Kanalvorlage. * Ter Botschafter v. S z o e a p e n y i - Ma r ich ist aestern früh von Wien nach Berlin abgereist. * Die Situation in P est hat sich wieder der« schlechter^ Ter größte Teil der koalierten OpPo. sitioncllen ist mit den von der Krone vereinbarten Zugeständnissen nicht einverstanden. (S. Ausland.) * In Gravelines (im französischen Departement Nord) streiken die .Hafenarbeiter: in Dünkirchen wird Generalstreik erwartet. (S. Ausland.) * Tie rumänische Abgeordneten kam- mer nahm das Handelsabkommen mit der Schweiz und die V e r lä n a e r u n a des provisorischen Han- delsübereinkommens mit Bulgarien auf ein Jahr an. ' Tas ..Wiener Korrespondenz-Bureau" meldet aus Konstantinopel, daß die Erklärung La ns- down es im englischen Oberhause über Makedo- nien auf die türkischen Regierungskreise großen Ein druck gemacht habe. * In der russischen Gouvernementshauptstadt Saratow wurde eine Versammlung von 2000 Per sonen durch Infanterie vertrieben: 39 Personen wurden wegen Aufruhrs verhaftet. (S. die Krisis in Rußland.) pslitftcbe Wochenschau. Ter Besuch des Kaisers inTanger ist nun glücklich und ohne Zwischenfall, N»enn auch mit einiger Verspätung, vorübcrgegangen, und alle Welt, nicht zu- letzt auch das deutsche Volk, atmet erleichtert auf. Nur all zuleicht konnte sich irgend etwas ereignen, das diesem Abstecher auf marokkanischen Boden den Charakter eines abenteuerlick>en Wagnisses aufdrückte. Aber offenbar war in dem sonst ziemlich öden Tanger alle Welt froh, daß es einmal eine interessante Abwechselung gab. So wetteiferten denn auch die Angehörigen aller Nationen miteinander, dem deutschen Kaiser zu huldigen. Und auch die Eingeborenen scheinen sich mit der der edlen arabischen Rasse eigenen Artigkeit aus der ungewöhn-, lichen Affäre gezogen zu haben. Ter Sultan von Marokko selbst zwar blieb seinem hohen Besucher fern: aber sein Oheim Abd el Malek repräsentierte dafür umso glänzender, und der Austausch von Höflichkeiten zwischen Gast und Gastgeber vollzog sich in eigenartigen, aber vollendeten Hormen. So wird der Kaiserbesuch in Tanger für alle Beteiligten in angenehmer Erinnerung bleiben. Ob er mehr bedeuten, ob er wirklich die Be ziehungen zwischen dem Deutschen Reiche und Marokko enger knüpfen wird, darüber irgend etlvas heute schon zu behaupten, wäre mehr als gewagt. Nur so viel scheint wohl sicher zu sein, daß der Sultan von Marokko die Haltung des deutschen Kaisers als eine Rückenstärkung gegen allzu große französische Zudringlichkeiten empfin den wird. Aber er wird sich auch als kluger Muselmann sagen, daß die Großmächte alle etwas von ihm wollen, das Deutsche Reich so gut wie Frankreich. Und zu ähn lichen Ertvägungeu dürften auch die um Marokko rivali sierenden Mächte 'selbst bald kommen. Es wäre eine glückliche Lösung, wenn die französische Diplo matie selbst einsehen würde, daß wir, indem wir in Marokko unsere wohlverstandenen Inter essen vertreten, damit in gewissem Sinne auch für Frankreich arbeiten: allerdings nicht so, daß Frankreich sich allein an den Tisch setzen darf, um die appetitliche Artischocke Blatt für Blatt zu verspeisen: wohl aber insofern, als die Ertvciterung der offenen Tür, wie sie sich als eine Holge des Kaiserbesuchcs darstellen wird, Frankreich. das ja durch Algier an Marokko grenzt, am meisten zugute kommen dürfte. Jedenfalls darf man konstatieren, daß der deutsch französische Tinten krieg, der in der letzten Woche so bedrohliche Hormen angenommen hatte, schon sehr viel von seiner Schärfe verloren hat, und hoffentlich bald einem für beide Seiten ehrenvollen Frieden Platz machen wird. So wird es denn wohl dem Grafen Bülow und Hern: Deleass6, 'die ja beide auf dem diplomatischen Parkett sich zu bewegen wissen, gelingen, auch den letzten Rest von Verstimmung aus dec Welt zu schaffen. Daß vorher etwas mit dem Säbel gerasselt, daß sogar eine englisch-französische Hlottendemonstration an die Wand gemalt wurde, war freilich weniger schön: es zeigt zum mindesten, daß man auch beute noch den europärsclien Frieden wie ein rohes Ei sorgsam vor feder unsanften Berührung hüten muß. Vorher war der deutsche Kaiser inLissabon dein; König Carlos von Portugal zu Gaste. Auch bei dieser Gelegenheit wurden sehr herzliche Trinkiprüche gehalten, wobei der Kaiser die Ueberzeugung aussprach, daß sich die freuiidickvitlichen und innigen Beziehungen zwischen beiden Ländern fernerhin befestigen möchten. Es wäre interessant, zu wissen, ob für diese Bemerkung ein be- stimm^x politischer Grund vorlag. Da wir sowohl an der Ostküste, wie an der Westküste von Afrika mit unseren Kolonien an portugiesischen Besitz grenzen, so käme es für die Entwickelung unserer Schutzgebiete wesentlich in Betracht, daß wir uns mit Portugal über die Abtretung einiger für Portugal wertloser, für uns aber not- »vendiger Gebietsteile verständigen. Bekanntlich tvar schon in unserem Abkommen mit England vor fünf oder sechs Jahren eine solche Eventualität ins Auge gefaßt worden, doch ohne daß es zu einem praktischen Ergebnis kam. Auch hier wäre es Zeit, eine Versäumnis früherer Jahre endlich wieder gutzumachen-. Ist auch für den Abschluß des r u s s i s ch«f a pa« nischen Krieges dec Augenblick schon gekommen? Tie Nachrichten von einem bevorstehenden Friedensschluß sind so oft in die Welt gesetzt und so oft wieder dementiert worden, daß man allmählich etwas mißtrauisch gegen solche Gerüchte geworden ist. Andererseits aber darf man sich auch nicht durch die Großsprechereien der krieg führenden Parteien über ihre prekäre Lage Hinweg täuschen lassen. Auch Rußland ist bald am Rande seiner finanziellen Möglichkeiten angekommen, und die immer bedrohlicheren Unruhen in einzelnen Landesteilen lassen es mehr als gewagt erscheinen, noch weitere Armeekorps nach dem fernen Osten zu entsenden. Und die Rührig keit der Revolutionspartei, die noch lange nicht über wunden ist, wenn es der russischen Polizei einmal gelingt, ein Tutzend Verschwörer zu verhaften, nötigt die russische Negierung zur höchsten Vorsicht bei der Hort führung des Krieges. So darf es immerhin als )vahr- scheinlich gelten, daß den jetzt wieder auftauchenden Hrie- densmeldungen ein realer Kern zu Grunde liegt. Natür lich werden sich die beiden kriegführenden Mächte hüten, den ersten Schritt zu tun. Aber daß man in Paris gern die Vermittlerrolle übernimmt, schon um deu russischen Alliierten nicht allzusehr geschwächt aus dem japanischen Kriege hervorgehen zu lassen, liegt auf der Hand. Und ebenso hat Präsident Roosevelt genug Initiative, um sich durch eine anfängliche Weigerung der beteiligten Mächte nickst von der Verfolgung seiner Hrieden-svolitik zurück schrecken zu lassen. Was bei diesen Sondierungsversuchen herausspringen wird, ist natürlich noch völlig ungewiß. Es komnit eben nicht bloß auf den Willen zum Hrieden an. sondern noch mehr auf die Bedingungen, unter denen er abgeschlossen werden soll. Aber für Rußland, und wenn nicht alles täuscht, auch für Japan, liegt der Knüttel beim Hunde: beide Länder sind ausgepumpt und müssen sich von den ungeheuren Anstrengungen, die ihnen der Krieg zugemutet hat, wieder erholen. So darf nian annehmen, daß in absehbarer Zeit doch eine Horm gefunden wird, in der die beiden erbitterten Gegner einander die Hand reichen können. In Italien hat nun Herr Hortis doch schließlich wieder die Berufung des Königs zum Ministerpräsi denten angenommen, und auch die Kammer scheint zu der Ueberzeugung gekommen zu sein, daß er für den gegenwärtigen Augenblick der richtige Mann ist, um den Ausgleich zwischen den widerstrebenden Kräften in der Linie einer fortschrittlichen Politik zu ziehen. Auch in .Ungarn siebt, wenn nicht alles täuscht, die Krise vor ihrem Abschluß. Man hat einen großen Umweg ge macht, mn schließlich zu erkennen, daß ein Koalitions- Ministerium mit dem Grafen Andrassy an der Spitze die einzig mögliche Lösuna der Spannung Larftellt. Offen- bar hat der österreichische Botschafter an: Berliner Hofe, Herr von Szögyeny, das Beste dazu getan, um ein Kom promiß über den am meisten umstrittenen Punkt, die Armeefprack)e, zu Stande zu bringen. Die parlamentarische Arbeit ist in der letzten Woche wesentlich gefördert worden. Im preußi- schen Abgeordnetenhause kamen die Deraaesetznovellen zur ersten Lesung, und dank einer sehr geschickten Rede des Grafen Bülow dürften sie auch Aussicht auf An nahme, wenn auch in abgeschwächter Horm, haben. Ebenso wurde im Reichstage mit Ach und Krach -er Etat rechtzeitig fertiggestellt. Es gelang auch, die ominöse Zu- schußanleihe aus dem Etat zu beseitigen, freilich nur, in dem den Einzelstaaten erhöhte Matrikularbeiträge auf gehalst wurden. DaS gab dem preußischen Hinanz- minister Hreiherrn von Rheinbaben Anlaß zu beweg lichen Klagen über das Hinschtvinden der Freude am Reich. Darin liegt etwas Wahres, aber andererseits muß man gerade den: preußischen Hinanzminister zu rufen: Mann mit zugeknöpften Taschen, dir tut nie mand was zu lieb. Huicknm. her stairerr MittrlmrettadN. Al« der Kaiser am Freitag abeud io Gibraltar landete, wurde er vom Major Agnew und dem deutschen Konsul empfangen, der Kaiser trug kleine britisch« Feld« marschalluniform. Die Ehrenwache stellte an der Landung«- stelle die Aorkshire LigbtInfanterie, am Gouvernements- palasle die Garde Munster-Füsiliere. Bei dem Festmabl beim Gouverneur Feldmarjchall White waren 40 Personen anwesend. Der Gouverneur hielt eine eindrucksvolle Rede auf den König und den Kaiser. Nachher sand bei Lady White Empfang und dann ein glänzendes Fest sür die Flotte in Coventgarden statt. Der Kaiser blieb bis l Uhr morgens dort. Der deutsche Konsul gab ein Mahl, zu dem zahlreiche Teilnehmer an der Mittelmeerreise des Kaisers geladen waren. Am Sonnabend vormittag machte der Kaiser dem Kontreadmiral Prinzen Louis v. Battenberg, dem Kommandeur deö zweiten englischen Kreuzergeschwaders, einen Besuch auf dem Flaggschiff „Drake". Dann ging der Kaiser an Land, unternahm eine Spazier fahrt und besuchte das herrlich gelegene neue Militärhospital. In Port Mahon ist bereits der Generalkapitän der Balearen an Bord des Kriegsschiffes „Numancia" ans Palma einge- troffen, um in Vertretung des Königs Alfons den Kaiser zu empfangen. Die Blätter fordern die Bevölkerung auf, durch die Aufnahme, die sie dem Kaiser bereite, darzutun, daß zwischen Spanien und Deutschland Eintracht herrsche. Der Besuch in Tanger. Von der Pariser Presse werden die Worte des deutschen Kaisers inTanger, daß er die deutschen Interessen in diesem freien Lande hochhalten werde, als be deutungsvoll hervorgehoben und zumeist gleichzeitig mit der vorgestrigen Rede Delcassss erörtert. Nach der vom Wolfbureau besorgten Preßübersicht schreibt der „Figaro": „Frankreich hat die Freiheit Marokkos nicht verringert, deshalb kann die Erklärung des deutschen Kaisers auch nicht als ein Tadel auf Frank reich zurückfallen. Die klaren und bestimmten Dar legungen des Ministers zeigen, daß nicht der geringste Grund für ein Mißverständnis vorliegr. Diejenigen, die die Mißverständnisse ausbeuten, werden Muhe haben, Frankreich inS Unrecht zu setzen." Das „Echo de Paris" meint, die wenigen Worte des Kaisers seien von schneidender Klarheit und bestätigen die jüngsten vom Reichskanzler Grasen Bülow im Reichs tag gemachten Ausführungen. Sic zeigten die Absicht Deutschlands, bis auf weiteres in Marokko eine unab hängige Politik zu verfolgen. Es wäre kindisch, wenn man nicht gestehen wollte, daß der Freitag sür Frankreich eine wenig angenehme Bedeutung habe. Die „Aurore" schreibt: Auch nach der Rede Delcasses dauert die Unge wißheit fort. In demselben Augenblick, wo der deutsche Kaiser mit Nachdruck beweist, daß die Autorität Frankreichs in Marokko nicht anerkannt wird, weigert sich der Minister Delcasse zu sagen, in welche Politik er Frank reich verwickelt hat. — In der sozialistischen „Humanits" meint Iaurös, Delcasss sei im Begriff, die einzige gute Sache, an der er milgewirkt habe, das französisch-eng lisch« Abkommen, zu verderben. — Im ausführlichen Bericht deS deutsch - offiziösen Telegraphenbureaus hatten als Worte Delcassös gestanden: „Wir haben vollauf unsere Verbindlichkeiten gehalten, während der Maahzen die seinigen nicht erfüllen konnte. Wir zogen daraus Nutzen, wie unser Recht war." Jetzt läßt das Bureau mitteilcn, daß der Satz laute: „Wir haben daraus keinen Nutze» gezogen." — Rach einem Telegramm aus Paris hat auch der republika nische Deputierte Deloncle Delcasse mitgeteilt, daß er ihn über die gesamte äußere Politik Frankreichs inter pellieren werde. Wie aus London miigeteilt wird, leitet der Berichterstatter der „ Times" in Tanger seine Meldung über die Ankunst deS Kaisers mit der Bemerkung ein, es sei unmöglich, in Ab rede zu stellen, daß der Besuch des deutschen Kaisers nicht der eines kaiserlichen Touristen gewesen sei, sondern eine ungeheure politische Kundgebung. Die „Morning Post" bringt einen Leitartikel über die Lage in Marokko, in dem die Rolle, die England bei dem Zustande kommen des englisch-französischen Abkommens gespielt hat, einer scharfen Kritik unterzogen und das Dazwischen- treten Deutschlands völlig gerechtfertigt wird. Die englische Regierung mit ihrer schwachen und bedeu tungslosen Diplomatie finde ihren Pfad gekreuzt durch den deutschen Kaiser, dessen Rüstung ru Lande und in der Nordsee in guter Ordnung sei. Jetzt trete Deutschland mit Ansprüchen hervor, die rechtmäßig nicht angefochten werken könnten. England dürfe nicht einen Streit mit Deutschland vom Zaune brechen; denn Deutschland sei in seinem Rechte. Großbritannien könne keine Gewalt anwenden, weil keine Ursache dafür vor handen sei. Es verfüge auch über keine geeignete Streitkraft und werde keinen Bundesgenossen zu diesem Zwecke finden. — Unter den akademischen Betrachtungen der russischen Blätter über die marokka nische Frage verdient nach einer Petersburger Korrespon denz der „Köln. Ztg." ein Artikel der „Nowoje Wremja" einige Beachtung, worin das Blatt unterstreicht, daß die französische Diplomatie sich gerade nicht rühmen könne, aus dem marokkanischen Zwischenfall als Sieger hervor gegangen zu sein. Wenn Frankreich sich jetzt bemühte, sich mit der durch den jüngsten Zwischenfall geschah fenen Lage zu versöhnen, so wäre das das ver nünftigste. In Rußland werde da« umsomehr er- reuen, als von hier aus Frankreich gewarnt worben ei, sich durch die englische Herzlichkeit nicht allzu ehr fortreißen zu lassen. Während man jetzt in Frank reich auf Rußland Hinweise und die unangenehmen Augen blicke wegen Marokko auf Rechnung der russischen Nieder lagen zu schreiben bemüht sei, sendeten die wahren Schuldigen heuchlerisch vom Ufer der Themse an Frankreich zum Trost beruhigende Worte. Lln« -eutsch-offiziss« Notiz. Die „Süddeutsche Reichskorrespondenz" meldet: Die zur marrokkanischen Frage weiter vorliegenden französischen Preß stimmen verdienen keine nähere Widerlegung, da sie noch immer von der verkehrten Voraussetzung ausgchen, Deutschland habe mit Beziehung auf Marokko ein Anliegen an Frankreich. Die gestrige Erklärung des Reichskanzlers hat diejem Irrtum den Boden ent zogen. Den „Temps", der sich in eine durch nicht« «rechtfertigte Erregung gegen Deutschland« Vorgehen vinrinredet, kann man nur auf das Sprichwort verweisen, tu to tsclw«, ckvne tu tort. Die derzeitigen französischen Unterhandlungen m Marokko berührten uns deshalb, weil nur gezwungen waren, rhrem Träger am Hofe deS Sultans die unzulässige Berufung auf ein deutsches Einverständ nis mit Frankreichs Forderungen zu entwinden. Die marokkanische Angelegenheit ist unseren westlichen Nachbarn gegenüber vorläufig mit der Feststellung erledigt, daß der Weg von Berlin nach Fez nicht über Paris führt. Vie Mftir in Kurland. Line neue Proklamation. Aus Petersburg meldet die „Voss. Ztg.": Hier geht das Gerücht, in den nächsten Tagen werde ein Ausruf an das Volk veröffentlicht werden, worin ganz bestimmte Freiheiten gewährt werden sollen, nicht aber die Auf hebung der Iudengesetze. Der Aufruf soll gleich zeitig das Volk zu den Waffen rufen, um die Gegner nieberzuringen. Tumulte in Saratow. Aus der Gouvernementshauptstadt meldet die Petersburger Telegraphen-Agentur amtlich: In dem hiesigen Stadt theater kam es heute (am Freitag) zu einem großen Lärmaustritte. Als nach einem von etwa 2000 Personen besuchten Vortrag über die CHolera zwei Rechtsanwälte Reden über Tages fragen halten wollten, wurden sie durch die Polizei daran gehindert. Die Polizei rief zwei Kom pagnien Infanterie herbei. Ehe diese ankamen, wurden von der Galerie Aufrufe ins HauS geworfen und revo lutionäre Reden gehalten, sodann verließ die Menge das Theater und zog unter Absingung der Marseillaise durch die Straßen. Die Truppen versperrten der Menge den Weg, aus deren Mitte hierauf fünf Revolverschüsse abgegeben wurden, die aber niemand trafen. 39 Personen wurden verhaftet. Bei ihnen wurden viele revolutionäre Schriften und Aufrufe gesunden. Oiegen die Verhafteten wird Anklage wegen Verletzung der Vor schriften des Gouverneurs erhoben. ver rittzftcb-japamrcbe Krieg, vom neuen „pariser Rongreh". Der römische Korrespondent der „Frkf. Ztg.", auf den die Lesart zurückgeht, meldet weiter: Die „Tribuna" sagt betreffs der Meldung der „Frankfurter Zeitung" über einen Pariser Kongreß, die „Frankfurter Zeitung" fei gewöhnlich gut informiert. Dieser Kongreß erscheine logischerweise wahrscheinlich, weil die Fragen des jetzigen Krieges alle Mächte interessierten. „Wir haben stets gesagt, daß die Ver antwortung des Krieges Europa trifft, das nicht den Mut halte, zu sagen, daß die Mantschureifrage ein inter nationales Problem sei. Es versteht sich, daß Italien an dem Kongreß teilnehmen muß und dort feine auf den Frieden gerichtete Tätigkeit und die allgemeine Eintracht fördern wird." Russische Ergänzungen. Aus Petersburg, vom Sonnabend, wird gemeldet: Die Mobilisierung des 7. Armeekorps einschließlich der Reserveform alion en ist beendet. Der Abtransport soll baldigst beginnen. Zur Besetzung des Offizier körpers werden vom 2. bis 7. April 631 Offiziere, welche sämtlichen Korps entnommen sind, nach dem Kriegsschauplatz abgehen. Von» Ariegsschauplatze. Der „Voss. Ztg." wird aus Petersburg depeschiert: Aus Gnntsulin melden Privattelegramme sremdenfeind- liches Verhalten der Chinesen. Die Japaner, die sich von Süden her genähert haben, setzten am 3l. März die Umgekungsbewegung fort. Die „Assyrier" iw Nordostseekanal. Nach einer Kieler Meldung des „B. T." geriet der nach Rußland verkaufte Dampfer „Assyna" der Ham- burg-Amerika-Linie im Nordostseetan al fest und sperrte vier Stunteu lang den Kanalverkehr völlig. Mehrere Kanal dampfer haben schließlich trotz der widrigen Strömung den Riesendampfer wieder flott gemacht. Deutsches Keich. Leipzig, 1. April. * Dem Fürsten Bismarck widmet das amtliche „Dresdner Journal" an hervorragender Stelle und in Sperrdruck einen bemerkenswerten Artikel, in dem es heißt: „Als im Jalire 1898 aus der Stille von Sommer- und Ruhelräumen Alldeutschland, ja die aanje Welt, durch die BotschgZ jäh und schmerzlich aufgeschrcat wurde, der Ge- wattigste unter den Zeitgenossen, der taten- und ruhmreichste deutsche Mann des letzten Drittels des 19.Jahrhunderls sei sür immer von uns gegangen, da glaubte die Nation, den . Schmerz dieses Verlustes nimmer verwinden zu können. Ter Schmerz hat sich inzwischen zur Wehmut verklärt, die innig verschwistert ist mit tiefer, unauslöschlicher Dankbar keit. Denn ist auch der große Mann selbst uns genommen worden, ein Werk lebt fort in uns: Seine gewaltigen Taten haben nichts verloren von ihrem leuchtenden Glanze, sein Name bleibt Geschichte, deutsche Geschichte im tiefsten und besten Sinne des Wortes. Auch heute noch kann die Er- innerung an ihn den Schmerz nicht aufheben, den sein Hin scheiden der Nation brachte. Aber mildernd und verklärend kann sie in uns die Gewißheit immer unverrückbarer wer den lassen, daß Bismarcks Lebenswerk noch in die fernste Zukunft deS Reiches hinein feine Wirkung üben wird, wie es sie fort und fort bis aus diesen Tag geübt hat. So wird die Nation das Bild des gewaltigen Mannes in ihrem Gedächtnis teuer bewahren durch Jahre und Jahr hunderte, wie cs die Taten nicht vergißt und das Werk, dem sein schwerster Kampf und sein größter Sieg gegolten hat." Tausende im Volke werden es mit uns dankbar empfin den, wie vornehm und pietätvoll das offizielle Organ der säch sischen Regierung deS großen deutschen Mannes gedacht hat. * Zur Lenptagswadl in Leipzig-Lu». Bor einigen Tagen waren wir auf Grund bekannter Kundgebungen einer Nachricht enigegengrtreten, wonach eine Einigung der Liberalen auf die Kandidatur Goniarv noch nicht erfolgt sei. Mit
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