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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 09.05.1905
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1905-05-09
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19050509029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1905050902
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1905050902
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1905
- Monat1905-05
- Tag1905-05-09
- Monat1905-05
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Abrnd-Au-gabr: vormittag« lO Uhr. Morgea-Au-gabe: aachmtttag« 4 Uhr. Anzeigen sind stet» au dir Expedition zu richte». Extra-Vellage« luor mit der Marge». Ausgabe) nach besonderer Vereinbar»»-. Die Expevttlan ist Wochentag« ununterbrochen geässnet vo» früh 8 bi« abend« 7 Uhr. Druck and Verlag von tt. Palz in Leipzig (Inh. De R. L W Sliakbardt). Herausgeber: vr. Victor Nliukhar-t. Nr. 234. Dienstag den 9. Mai 1905. SS. Jahrgang. Vas Mcbtigrte vom Lage. * Der Reichskanzler Graf Bülow ist gestern abend von Karlsruhe wieder in Berlin eingetroffen. * Die beiden Hauser deS rumänischen Parlaments haben gestern ihre Tätigkeit wieder ausgenommen. * Telegramme aus Petersburg berichten, daß alle Kriegsschiffe, die das 4. baltische Geschwader bilden sollen, augenblicklich in Kronstadt vereinigt sind. vttarien una sie Mächte. London, 8 Mai. Die englischen Zeitungen sind durch den Stockt Japans und Frankreichs wegen der Honkohe-Bai in der Zwangslage, die bei der Auscknanidersetzung wegen der Kamranh-Bai noch vermieden werden konnte; sie müssen alle „Ententen'^Taktik beiseite setzen und für den „japanischen Verbündeten" einen Neutrali- tätschorus anstimmen lassen, wenn nicht der oberste Grundsatz der britischen Politik, die rücksichtslose Aus- Nutzung der Situation, durchbrochen werden soll. Man schreibt also, daß die Nachsicht der französischen Regie- rung für die Baltische Flotte die Goduld Japans er schöpft habe, und meldet aus Tokio, dort wolle man sich auf die Zusicherungen Delcassös nicht länger verlassen und begehre eine „rasche, unabhängige Aktion". Der Admiral Roschdjestwensky ist am 22. April von der Kamranh Bucht ausgefahren; damals wurde in Paris das Versprechen erteilt, daß in Zukunft fran zösisches Territorium nicht mehr als Operationsbasis dienen und die Dreimerlen-Gvenze nickst überschritten werden solle. Vom Gegenteil behauptet Japan strikte Beweise zu haben. Es wird als Tatsache vorausgesetzt, daß Frankreich bei Verhandlungen im April den japa nischen Forderungen durchaus beigepflichtet babe. Nickst minder sickier wäre der Groll Japan? kaum so sehr praktisch geworden, hätte nickst die Vereinigung Ncbogo- tows mit Roschdjestwensky — sie wird jeden Tag er folgen — in Tokio beunruhigt. Die französische Koklo- nialregierung wird angeklagt, sic sei Mitwisserin Rosch- djeftwenskys gewesen und habe feinem ganzen Kriegsplan entgegengearbcktet. Wahrscheinlich ist die Situation eine solche, baß ein Vorwand -um Protest von mrn ob sich nicht mehr bieten wird; und gerade 'das treibt die Er bitterung auf den höchsten Grad. Man will Rcksckdjest- wensky von der südchinesischen Küste forttrckben und auf .Hainan, 150 Meilen von der französischen Zone, hin zwingen. Befürchtet wird, daß Togo feine Basis zu weit verlegen muß und hierdurch ins Hintertreffen kommt. Wie die Londoner Presse behauptet, beschäftigen sich nur wenige Petersburger Organe mit der Frage. Sie berufen sich auf die Präzedenzfälle von Dschibuti und Madagaskar. Ganz bestimmt wird der Verbäckst ausge sprochen, daß die britischen Behörden von Hongkong und anderen Plätzen Schiffe nach Sasebo und sonstigen japanischen Häfen segeln lassen, während sie Schiffe mit ähnlichen Ladungen festhvüten, sobald sie russische Auf traggeber haben. Auch wird nicht beztveftilt, baß dia Japaner auf Borneo und »den Philippinen widerrecht liche Gastfreundschaft genießen. Das Bureau Lassan hat aus Hongkong eine Depesche empfangen, die in Saigon von den französischen Behörden nicht befördert worden ist. Danach hat die russische Flotte durchaus über den französischen Telegraphen verfügt, sie soll großp Ouanti- täten Kohle und anderen Proviants in Saigon vorge funden haben, die seit langen Monaten mit Kenntnis der französischen Autoritäten aufgehäuft worden sind. Der russische Fürst Lieven, der Kapitän der in Saigon eingeschlossenen „Tiana", soll die Proviantregie mit dem Lieferanten Ginsberg verwaltet hoben. Der Admiral Jonquidres soll in Kam rauh zugegen gewesen sein; erst am 2. April sei er nach Nhatrang gefahren, wobei er den Russen geraten habe, abzusegeln. Tags darauf ist Herr de Jonquidres zurllckgekehrt; am 25. April fuhren die Russen lvcg. In Gegenwart des französischen Kreuzers „Descartes" sollen Dschunken und Boote die Kontrobande nach den russischen .Kreuzern gebracht haben. Auf der Innenseite des Kap Saint Jacques sind von dem Korrespondenten des Bureau Laffan fünf schwerbeladene Transportschiffe gesehen war- den. Ter Bericht wird in Paris sichhaftem Protest und wohl auch sachlicher Zurechtweisung begegnen. * Hayashi. Aus London wird dem „L.-A." gemeldet: Ein englisches Blatt interviewte den japanischen Gesandten Hayal'bi wegen der Situation zwischen Japan und Frankreich. Hayashi sagte, die ernste Situation sei entstanden in folge der großen Hilfe, die der russischen Flotte von Frankreich zuteil geworden sei. Es fänden Verhand lungen in Paris statt. Er hoffe, diese würden nicht mit der Entfremdung der beiden Länder enden. Er könne seine eigene Meinung nicht aussprechen, aber nach seinen In formationen wäre es vollständig klar, daß die Berichte über Beihilfe, die Roschdjestwenskh seitens der französischen Behörden erhalten babe, richtig wären. Angesichts der Nähe des französischen Gebietes könne Japan nur mit Höch st er Besorgnis die Koblenversorgung und die Ausbesserung der russischen Schiffe in den französischen Gewässern mitansehen. Man müsse daraus schließen, daß eine Friedensmacht hier ernste Neutralitätsbrüche begehe. Das Blatt erfährt ferner aus sicherer Quelle, daß die entstandene Krisis keine plötzliche ist. Japan babe 48 Stunden gewartet, ehe es Vorstellungen über RoschdjestwenSkys Verbleiben in der Kamranhbai in Paris erhob. Fast ein Monat sei ver gangen, und die Schiffe waren noch in denselben Ge wässern, und die Ruffen verluden teilweise mit Wisse» der französischen Behörden Kohlen und Pro viant. Frankreich habe geantwortet, daß die an die Kolonial behörden gesandten Instruktionen entweder nicht ausgeführt worden seien oder daß Roschdjestwensly sie absichtlich nicht befolgt habe. Würde Japan Frankreich wegen dieser Vor kommnisse den Krieg erklären, dann könnte Frankreich den Ruffen keine Hülse gewähren, da es selbst alles benötigte. Diese« sehe man in Japan ein, und daher sei man noch ungeduldiger, zumal Frankreichs Zögern keine Gewähr für die Zukunft biete. lton-sner presse. Die „Daily News" unterziehen die jetzige Lage einer längeren Betrachtung und kommen zu dem Schluffe, daß die feindliche Stimmung Japans gegen Frankreich nicht erst auS den letzten Tagen stamme, sondern bereits seit langen Wochen bestehe. „Globe" erklärt, der Weltfriede sei seit Ausbruch des Krieges nie so unmittelbar bedroht gewesen wie jetzt. Frankreich dürfe nicht gestattet werden, das englisch-japanische Bündnis als belanglos zu behandeln. Es sei daher an der Zeit, daß die britische Re gierung das Volk über die Lage ins Vertrauen ziehe. Dieselbe sei zu ernst, um Ungewißheit über Englands Haltung walten zu lasten. Die amerikanische presse greift Frankreich heftig an. „Evening Post" erklärt, ohne Frankreich wäre die Entsendung 'eines russischen Ge schwaders nach Ostasien ein tolles Unternehmen gewesen. Die französischen Kolonialbeamten schienen über die Pflichten der Neutralität schlecht unterrichtet zu sein, oder nicht ge nügende Strenge walten zu lasten. — Aus New IDork wird dem „Lok.-Anzeiger" gemeldet: Der ! ^,Sun"-Korrespondent wollte von Hongkong Depeschen ab schicken, welche zu befördern die Franzosen in Saigon sich weigerten. Aus der daran geübten Zensur wie aus dem Inhalt geht flagrante Verletzung der Neutra lität durch Frankreich hervor, dessen Beamte so han delten, als ob die Republik bereits an Rußlands Seite gegen Japan kämpfe. Protest de» japanischen Aonsul» in Shanghai. Die „Morningpost" meldet aus Shanghai: Der japa nische Konsul Hal Widerspruch gegen die Einnahme von Kohlen seitens gewisser Schiffe erhoben, da der Ver backt vorliege, daß diese Kohlen für die baltische Flotte bestimmt seien. Daraufhin hat sich der Hasenkommilsar geweigert, fünf von jenen Schiffen die Ausfahrt zu gestalten. Line französische Vermittlung. Der „Daily Telegraph" meldet aus Tokio vom 8. Mach Im Dezember vorigen Jahres Hot-Japan durch Vermittlung des Gesandten der Vereinigten Staaten von Amerika in Petersburg der russischen Regierung den Austausch der Gefangenen an. Bor einigen Tagen hat der französische Gesandte in Tokio im Namen der russischen Regierung dieses Anerbieten angenommen. Japanische Aomplimente für Deutschland. Nach einer Depesche aus Tokio weist bei der Abreise des Prinzen Karl Anton von Hoheuzollern „Jystbi" von neuem darauf bin, wie viel Japan Deutschland um die Reorganisation der japanischen Armee schulde. Als der Krieg ausbrach, wäre es der natürliche Wunsch des Heeres gewesen, im blutigen Waffengange zu beweisen, daß eS seiner Lebrer würdig sei. Nicht nur die Armee, sondern das ganze Volk habe mit Freude und Dankbarkeit die Anwesenheit des Prinzen empfunden, welcher wäh rend mehrerer harter Monate in der Mantschurei den Ope rationen der Truppen gefolgt sei. Der Prinz, so hofft man, wird von dem Gesehenen die besten Eindrücke mit nach Hause nehmen. Vie Marolrlrslragr. Vorwürfe wegen -er deutschen Intervention. In französisch gefärbten Berichten auS Tanger wird, wie au« den Meldungen he,vergeht, die Lage in der nächsten Umgebung der Stadt, sowie im ganzen Südwesten Marokkos als höchst bedrohlich dargestellt. Besonderer Nachdruck wird darauf gelegt, daß die Steuererhebung nicht von statten geht. Der „Temps" insinuiert, daß der Sultan diesen Stand der Dinge der deutschen Intervention ver danke. Hum Nachfolger Laillandler» ist nach einer Meldung deS „Journal" kein geringerer als de Brazza ausersehen, der vorher einige Zeit den Gou verneur deS französischen Kongolandes, Gentil, vertreten soll. Ueber Taillandier schreibt der „GilBlas": „Mit Klugheit und Vorsicht hat sich unser Gesandter zunächst das Gebiet der Finanzen und Zölle ausgesucht, um dann — als neben sächlich — auch die andern Reformen durchzusetzen. Was diele anlangt, so fällt an Frankreich der Hauptteil (la partic prsponckSrante), auf den ihm seine Einigung mit den haupt sächlich interessierten Staaten England und Spanien ein Recht gibt. Vor allem durfte man nicht daran denken, eine rein europäische Zivilregierung an die Stelle der marokkanischen Behörden zu setzen, man konnte lediglich die letztere der erstern beigeben, und auch das nur mit Vorsicht, und bei gewissen VerwaltungSzweigen, wie dem Wege bau, der Gesundheitspflege und der Polizei. Dank dieser diplomatischen Vorsichtsmaßregeln wird man beim Sultan in jedem wichtigen Bezirk die Ernennung eines französischen Gouverneurs durchsetzen können, der in Gemeinschaft mit den mohammedanischen Behörden für Ruhe, Sicherheit und Freiheit sorgen wird. Schon jetzt sind Franzosen den Zollbeamten zur Seite gestellt, die sie beraten und kontrollieren, und ebensolche Berater werden in Zukunft die Gouverneure erhalten. Das Reform projekt sieht gleichfalls eine Reihe von Konsularagenten vor, die oft den Berusskonsuln vorzuziehcn sind. Ergebene und intelligente Mohammedaner sind für uns in der Tat sehr wertvoll. Daraus, daß der französische Gesandte in Tanger ker natürliche Vermittler zwischen den Mächten und der Regierung des Sultans werden wird, folgt noch nicht, daß deren Interessen geschädigt werden. Alle Europäer werden von dem Ausdören der Anarchie in Marokko Vorteil ziehen, und erst kürzlich sagte ein bedeutender deutscher Kaufmann, daß er die französische Lösung dem Unterbleiben jeder Lösung vorziebe. Schon jetzt wird der größte Teil des Landes in zehn Bezirke geteilt werken, an deren Spitze ein französischer Beamter stehen wird." Vie stritt« in sturttanck. Von, Moskauer Senistwotag. Ergänzende Meldungen aus Moskau besagen: Gestern nachmittag sprachen in der Versammlung der Semstwo- Vertreter gegen 30 Redner über daS Verhältnis der Semstwos gegenüber der Kommission BulyginS. Mehrere wiesen auf den falschen Optimismus hin, der in dem Glauben liege, die Regierung würde irgendetwas zugesteben, was nicht erkämpft sei. Niemand dürfe sich durch Versprechungen täuschen lassen. Die Versammlung kam zu der Ueberzeugung, daß die Bureaukratie noch zwei bis drei Jahre die Oberhand behalten werde, wenn nicht die Sozialisten eine Ueberraschung brächten. Emer bevorstehenden Arbeitermaifeier in Petersburg wird große Bedeutung beigemessen. Ein Redner forderte, der Kongreß solle sich als konstituierende Versammlung auftun und die Vertreter der Intelligenz einberufen. — Nach einem Moskauer Telegramm verwarf der Kon greß mit allen gegen 13 Stimmen den beratenden Charakter der Volksvertretung. Da» Projekt Vulygin». Nach der „Nowoje Wremja" plant der Minister de« Innern für die Volksvertretung die Errichtung eines Land- ständeratc« als Unterhaus, wobei der Reichsrat in un veränderter Gestalt zum Oberbaus werden würde. Die Wahlen für diesen Landständerat sollen mit Hülfe der SemstwoS und städtischen Verwaltungen auf altständischer Grundlage vorzenommen werden. Den Abgeordneten, deren Zahl gegen 550 betragen soll, wird Immunität zugesichert. Außer den Abgeordneten, deren Mandat drei Jahre dauern soll, sitzen im Landständerat auch ron der Regierung ernannte Minister; den Präsidenten ernennt der Kaiser aus der Zabl der Abgeordneten. DaS Unterhaus ist berechtigt, neue Gesetze anzuregen, die Minister zu inter pellieren, das Staatsbudget zu beraten und besten Durch führung zu kontrollieren. Die vom Landständerat gebilligten Vorlagen gelangen an den Reichsrat; die Entscheidung slebt dem Kaiser zu. Der Landständerat tagt von Mitte No vember bi« Januar. Abänderungen dieser in« Auge gefaßten Grundlagen sind vorläufig nicht ausgeschlossen. Verschiedene Nachrichten. AuS Lodz wird gemeldet: Gestern früh fand die Polizei in der Wohnung eines Arbeiters zwei Bomben. Der Ar beiter, feine Frau mit deren Kind und vier Unbekannte, die mit Revolvern bewaffnet waren, wurden verhaftet. — Nach einer Meldung aus Bialostok sind bei allen Truppen teilen Aufrufe verbreitet worden, in denen diese aus gefordert werden, sich der Partei der Agitatoren anzuschließen. — Au« Tiflis meldet ein Telegramm: Als Militär in Jschemeti (Kreis Schorapan) zwei Personen wegen Mord versuch« verhaftete, wurde eS von der bewaffneten Be völkerung angegriffen. Die Truppen töteten und ver wundeten etwa 20 der Angreifer. politircde cagerrckau. Lei-fts, 0 Mai. Präveniiv-Kriege. Im Jahre 1875 hatte das übrige Europa das kaum gc- gründete deutsche Reich in dem völlig ungerechtfertigten Ver dachte, über Frankreich herzufallen und durch einen als wahr- scheinlich geltenden abermaligen siegreichen Kamps jeden Revanchegedanken Frankreichs ein für allemal zu ersticken Dieser — Deutschland unterstellte — Präoenliv-Krieg wurde I vom Fürsten Bismarck auf das allerschärfste zurückgewie- Feuilleton. NI Möblierte Zimmer. Roman von Rudolf Htrfchberg-Jura. ka--druck Verbote». „Ich finde, es ist bis in die Einzelheiten ganz das selbe. Klara ist die Tochter meiner Zimmerwirtin, und du bist die Tochter von I>r. Malakoffs Wirtin. Beide Wirtstöchterlein weisen trotz ihrer Armut Herz und .Hand des gutsituierten „möblierten Herrn" ab." „Wie du nur so boShaft reden kannst! Wenn ich Herrn Dr. Malakoff einen Korb gegeben habe, übrigens keinen endgültigen, sondern nur einen vorläufigen, so habe ich meinen besonderen Grund gehabt. Ich stand damals unmittelbar vor meinem Konzert und träumte damals noch davon, binnen kurzem eine berühmte Sängerin zu sein." „Und jetzt träumst du das nicht mehr?" „Bei Fräulein Grünewald sind mir die frohen Hoff nungen vergangen. Sie ist so entsetzlich pedantisch und langweilig. Ein Jahr wird mindestens noch vergehen, ehe sie mir wieder ein öffentliches Auftreten gestattet. Meine Geduld ist längst wieder zu Ende, und ich hätte mich nicht beschwatzen lassen sollen, den Unterricht noch weiter fortzusetzen. Bei meinem Konzert war es doch so schön. Ich habe viel Beifall gehabt, Blumen be kommen und Geld verdient. Was brauche ich mich darum zu kümmern, ob dann die Zeitungsschreiber damit einver standen sind oder nicht. Ich weiß ja, Fräulein Grüne wald meint es herzlich gut. Aber für künstlerisches Temperament und meinetwegen künstlerischen Leichtsinn hat sie nun mal kein Verständnis. Ich will nun endlich singen, und wenn ich wüßte, wie ich auf schickliche Weise von ihr loskommen und ihr ein anständiges Honorar bezahlen könnte, so würde ich augenblicklich den Unter richt aufgeben." „Da mache ich dir einen Vorschlag, wie du ihn dir nicht besser wünschen kannst. Ich gehe Mitte Juni mit der Phonola auf eine Konzerttournee nach Homburg, Wiesbaden und so weiter bis hinunter nach Baden-Baden und dann nach den Böhmischen und Schlesischen Bädern. Komm mit mir und singe deine Lieder. Das gibt den Reklamekonzerten eine größere Abwechselung, und ich bin überzeugt, daß dir mein Chef ein anständiges Honorar und dieselben Diäten bewilligen wird, wie mir. So kommst du zugleich kostenlos zu einer angenehmen Sommerreise." Henny schien unentschlossen. Augenscheinlich dachte sie von ihrer Künstlerschaft zu vornehm, um sic in den Dienst einer Reklame stellen zu wollen. Andrerseits reizte sie die schöne Reise, das Geld und die Aussicht, sich Wochen lang immer wieder von einem neuen Publikum bewundern zu lasten. Schließlich wies sie Ewalds Vorschlag nicht zurück, sondern fragte ganz be scheiden: „Meinst du denn, daß mich dein Chef für diesen Zweck engagieren würde?" „Aber zweifellos. Es kann ihm doch nur willkommen fein, seinen Apparat auch als BogleitungS-Jnstrument vorzuführen. Außerdem heißen wir beide Permoser, und diesen Reklamo-Wert unseres Namens kann er uns ja gar nicht zu teuer bezahlen!" Wenige Wochen später trat Henny die Reise mit Ewald an. Die geschäftige Unruhe und die immer neuen Eindrücke machten ihr Vergnügen. Auch war es ihr ein Genuß, in den ersten Hotels mit einem Aufwand zu leben, der in den fashionablen Kurorten zwar nur ckiäßig erschien, den sie sich aber schon so lange nicht mehr hatte gönnen dürfen, daß sie sich kamn noch al? „Dame" ge fühlt hatte. Das Publikum besuchte die Reklame- Konzerte, die mit niedrigen Eintrittspreisen arbeiteten und den etwaigen Reinertrag wohltätigen Zwecken zu- führten, nur mit geringen Erwartungen, die jedoch durch die Leistungen der Geschwister und auch durch Hennys Schönheit immer sehr angenehm übertroffen wurden. So fehlte es den Konzerten auch nicht an Beifall, und Henny war anfangs mit ihren Erfolgen ganz zufrieden. Allmählich jedoch schien eS ihr, als ob ein großer Teil des Interesses nickt ihr selbst oder ihrem Bruder, sondern der bewundcrungswertcn Konstruktion des Klavierspielapparatcs gälte, und sie wurde unzufrieden. Dazu kam, daß sie im Vergleich mit dem sie umgebenden Luxus der vornehmen Welt die eigene Existenz schon wieder als ärmlich empfand. Vor einem Monat nock war sic glücklich getvesen, in einem ersten Hotel zu wohnen, und jetzt beneidete sie die Millionärsgattinnen, die mit Tiencrscliaft und eigener Eguipage reisten und in den teuren Wcltbädcrn eine ganze Villa mieteten. Als sie eines Morgens mit Ewald beim Frühstück saß. gestand sie ihm, daß sie das Ende der nur nock) wenige Tage währenden Tournee kaum erwarten könne. Sie Hobe gar keinen Gefallen mehr an dieser entsetzlichen Art zu leben. „Aber liebes Kind, du verdienst doch ein schönes Geld und wirst froh sein, wenn ich dich im Winter auf meine Konzertreise durch die großen Städte wieder mit nehme." „Nein, das werde ich nicht. Das Geld, was ich jetzt verdient habe, reicht aus, um Fräulein Grünewald an ständig zu bezahlen. Nock einmal mache ick fo etwas nicht mit. Lieber bleibe ich ganz bescheiden bei Mama zu .Hause!" „Denn dir das genügt, so ist nichts dagegen zu sagen", versetzte Ewald achselzuckend und nahm dem Kellnerdie beiden Briefe ab. die dieser mit schwungvoller Dienstbeflissenheit auf einem Tablett überreichte Der
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