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02-Abendausgabe Dresdner Nachrichten : 17.09.1910
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1910-09-17
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19100917024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1910091702
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1910091702
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Nachrichten
- Jahr1910
- Monat1910-09
- Tag1910-09-17
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Ltefr» «lat, wir» den Lesern van Dresden uv» Uwgebung »« La«« »orher »erriia als ^benü-Mrgabe zu-eftellt, «ährend es »t« Vost.«d-n»e«teu »» Morgen in einer Gcsawlouggave erhalten. 51. Jahrgang. 257. Sonnabend, 17. September 1MD. «tjiig-gedtihr ^etteljährl für Lres. ten öei tagltch »met« »ali-erZutragttNß,a»« Lo>m. unir S^outugl-» nur «nmals 2 !>ü Mt., tziirch au-,vartige Kom missionäre Mk. Bei einmaliger Hu- tzellung durch die Post AM.iotmeriesleUgeid). Tie den Leiern von Preäden u. Unnsebung am Lage vorher zu- ge'lelllen Lvend-Au-- gaden erhalten dieauü« »ärliaen Bezieher mit der Morgen.Aulgabo »usammen zugesiellt. Nachdruck nur mit deut licher Quellenangade i_r,e»d. Nochr "t zu^ lässig. — Unverlangte Nanuikriote werden nicht ausbewahrt. Telegramm-Adresse: Nachrichten Dresden. HegvünSsL 18SS Druck und Verlag von kiepsch L Reichardt in Dresden, liauplgesctsäftrstelle: Marienstrafte 58/ssO. Fernsprecher: u » so»« . »««I. Unreinen-Daris >»»ahi»r «o» »«tu» l-l» «ach», » Utzr, L««»t««« »m M«i>e»IIi»k. Ai »o» » di- ',»> »d> , x,e «inp»a»i,c ir>>. » Lilbrn Li ps,, -i-a>r>ch»rn aus DkkOdkU 20 PI, ^ «eschilll» a-ieigcu a», d«r Plivaljeil« dO Ps,: die jjeUe-.r.tt'rllkMP, — ',<> 2iumi«lr» n-ch S-n» », »ricri-ar», die emivainzr »druud- «k»e S0PI,,auIPrwai, teile «V PI,, T«n>»ie>,. »I-chrichlen -, rie-den die Ärundjeiie 2d Pi — Lu-warlige viulnoge »ur A«ae» Pvr-u-d, l-dilm« — ,>»ee!> Be. tegdl-it kosill IÜ Ps, I^aumlcunst vresäen-^., Viktorisstralse 5—7. ----- Ligen« Lsbrikstion von in Nstoeisl unci Krdvit mustorgültigon dül-gvriiviivn Kvbrsuvlmmöbvln künstlsnsoiioe Ligonsrt ru büligon proison. t.nieNiie ii, Iez,iil« t>«>. Ltinnien von tN7 HlaeU »n. :: Iür7 erkigo (LofeD7. Der Be re in der chemischen Industriellen Deutschlands hielt heute in Dresden seine 23. Haupt versammlung ab. Der deutsche Dampfer „Minerva", der eins lmllandisch.'s Lotsenboot durch Anrennen schwer beschädigt batte, wurde von der holländischen Reg.iernng beschlagnahmt. Türkische Truppen hoben die Lase von Djanckt besetzt »na die daselbst ausgcpslnnzte französische Flagge entfernt. Der Aegnp tische N a t i o n a l k o n g r e ß, der am 21. d. M. in Paris stattsinden sollte, wurde von der fran zösischen Negierung verboten. Sie lleicdrtsgrnacbivakl in flaMM - Levut vie einem Teile unserer Leser bereits gemeldet wer de onnte, Stichivahl zwischen dem liberalen .Kandidaten Dr. .'inter und dem Sozialdemokraten Faber ergeben, bei e cm Stimmenverhältnis von 7757 für Tr. hinter, KKV, s r den Kandidaten der Konservativen und des Bun des ö. e Landwirte und II3l0 für den Sozialdemokraten. Bei der. Hanptwahl im Jahre >007 erliielt der konser- »ativc Kandidat 7722, der nationalliberalc 10 070, der sozial dentolratische Kandidat >2 388 Stimmen. Das Mandat siel ii. der Stichwahl dem Nationalliberalen mit 17 805 Ltim- »en z». Der Sozialdemokrat vcreinigic damals 12106 stim ans sich. eicht man die beiden Wahlergebnisse, so tritt auch si. i... bei den Nachwahlen der letzten Jahre wiederholt pachte: Umstand in die Erscheinung, das; Verlust der «'idealen und Gewinn der Sozialdemokraten sich ziemlich üevan 2Fage halten. Es wird dadurch immer wieder die Ersa r.ng bestätig, dost der „Ruck nach links", das Ar beiten :it billigen, die Leidenschaften aufreizenden ^chlagwviten in erster Linie der aüerradikalstcn Richtung, wie sie sich in der Umsturzpartei verkörpert, zugute kommt, während der Liberalismus, von der Sozialdemokratie in der agitatorischen Hetze weitaus übertrumpft, ins Hintcr- iressen gerät und zusehe» must, wie aus seiner Haut von den Vertretern der sozialen Revolution Riemen geschnit ten werde« Der konservative Rückgang um rund N00 Ltimmrn st »ns Rechnung der unausrottbaren „Partei -er Nichtv rler" gesetzt werden, deren saumselige An hänger sich vsfenbar vvn der konservativen Ärbeiterkan- didatur Dunkel keinen Erfolg versprachen und cs deshalb vorzogen, zu Hause zu bleiben, statt in dieser Zeit der schweren innerpolitischen Nöte gleich im ersten Wahlgange ihre patriotische und parteipolitische Schuldigkeit zu tun. I Nunmehr heisst cs bei der Stichwahl alle.Kräfte des l Bürgertums znsammensassen, »m im zweiten Wahlgange die stantserhaltendc Sache zu retten und der Sozialdemo kratie de» Triumph der abermaligen Eroberung eines Mandats, mit dem sie das zweite halbe Hundert von Ab geordneten beginne» würde, zu entreiße». Daß die Kon servativen in solcher Lage nicht versagen, sondern unter Zurückstellung aller parteipolitischen Bcrärgernngcn und unter Ausbietung aller Reserven für den liberalen Äan- didaten eintretcn werden, ist ohne weiteres zu er warten, nachdem bereits während des Wahlkampfes eine Erklärung in diesem Sinne abgegeben worden ist. Wenn im Jahre 1003 sich der Fall ereignen konnte, daß über 1000 Liberale aktiv für den Sozialdemokraten in der Stichwahl cintratcn und diesem dadurch das Mandat zu schanzten, so ist im Gegensatz dazu der Uebergang auch nur eines einzigen konservativen Wählers in das svzialdcmo- sratische Lager nach der ganzen Natur der konservativen Welt- und Staatsaiischaiinng völlig ausgeschlossen. Es könnte sich höchstens darum handeln, daß einzelne Kon servative die ewigen liberalen Angriffe gegen die konser vative Partei satt bekämen und den Dingen ihren Laus ließen. Einer solchen an sich begreiflichen, aber dem Ge meinwohl schädlichen Unlust wird hossentlich die tonscr-! native Parteileitung im Wahlkreise diesmal noch wirksam! Vorbeugen können. Immerhin mögen die Liberalen ans den ernsten Worten der konservativen Preise, die im An schluß an die Erörterung der Lattmannschen Rede in Meißen gefallen sind, die eindringliche Lehre entnehmen, daß iedc Geduld schließlich ein Ende hat, und daß bei weite rer Fortsetzung der liberale» Gehässigkeiten gegen die rechte Seite mit der Möglichkeit einer tiefgehenden Ver stimmung konservativer Wählertrcise gerechnet werde» muß, aus Grund deren cs den lokalen konservativen Partei leitungen selbst mit der redlichsten Mühe nicht mehr ge lingen würde, ihre Wähler, ans der „Gewchr-bci-Fuß"- Stcllnng bei einer Entscheidung zwischen einem liberalen und einem sozialdemokratischen Kandidaten herausznbrin- gen. Also Beweise durch die Tat von seiten der Liberalen, daß cS ihnen mit einem l o n a l c n Zu- sammcnqehcn mit den Konservativen im Kampfe wider den Umsturz ernst ist: das ist die nächste „Forderung des Tages", die erfüllt werden mnß, wenn ein günstigerer Stern als bisher über dem parteipolitischen Aufmärsche für die bevorstehenden Reichstags-Neuwahlen malten soll. Die „Deutsche Tagcsztg." bemerkt zu dem Wahlansfall: „Tie n a t i o n a l l i b e r a l e Partei hat hier eine neue Quittung iür ihre Taktik der Stcncrhetze! Sic hat Wind gesäct und Sturm geerntet. Die bittere Lehre kommt noch zum Kasseler Parteitage zurecht. Tic Balsermannichc Taktik ist in Frankfurt a. L-, wo einst Herr Basscrmann selber als Sieger durchs Ziel ging, in Rcin- iultur zur Anwendung gelangt und z»»> Verderbe» ans geschlagen! Daß bei der Stichwahl doch »och die Sache des Bürgertums siege» lann, ist der einzige Trost bei die sem Ergebnisse. Die Konservativen haben bereits während des Wahlkampfes erklärt, daß sie bei einer Stich wähl zwischen dem Liberale» und dem Sozialdemokraten für jenen Parole ausgcben würden Freilich, ein leichter Kamps wird es nicht werden: dafür haben seit länger als Jahresfrist die Liberalen mit unheilvollem Eifer ge sorgt! Aber wen» die bürgerliche» Schichten die beim ersten Wahlgange zutage getretene Wahlträgycit überwinden, ist ihr Sieg nicht nur möglich, sondern wahrscheinlich. Es gilt also, alle Kräfte für den zweiten Wahlgang mobil zu machen." Neuerte vraktmelNngen vom lli September. Znm Besuche des Dentfchcn Kaisers in Qesterreich-Ungarn Wien. Die „Nene Freie Presse" schreibt zu dem be vorstehenden B e s n ch edcs Deutsch e n Kaisers: Die Znsattimenkunst Kaiser Wilhelms mit Kaiser Franz Joseph versinnbildlicht das B ii n d n is. Dieses war vom ersteil Tage an populär und ist »och popnlärer geworden, als in einer Zeit europäischer Spannung sein Inhalt öffent lich bekannt gegeben wurde, »nd erhielt während der AnncpionSkrisis eine Art Feuertaufe. Die Allianz ist in Deutschland im Gefühl der ganzen Nation verankert, aber verkörpert ist sie im Lberhanpte des Reiches. Auch hat Kaiser Wilhelm tatsächlich vom Anbeginn seiner Rcgie- rnngStütigteit an den größten Wert daraus gelegt, die Allianz nicht mir dem Buchstaben, sondern auch dem Geiste nach zu beobachten. 'Wien wird de» verbündeten Kaiser gewiß mit der vollen Herzlichkeit empfangen, die zeigt, wie eng Lcsterreich-Ungarn und Deutschiand zniammenstehen. wie rm Innersten dieser durch ihre Interessen gebotenen Zusammengehörigkeit doch auch ein Gefühlsmoment ent halten ist. Es ist doch mehr als Diplomatie, was dieses Bündnis geschaffen hat. und das eben gibt ihm die Wärme. Die Intimität zwischen de» Herr schern, die in der bevorstehenden Zusammenkunft zum Ausdrucke kommt, smnvolisiert dieses Verhältnis. B » dape ft. Der Deutsche Kai s e r bat heute früh 5 Uhr 50 Min. im Hviiondcrznge die 'Bahnstation Kolen- socld passiert. Ein deutscher Dampfer von der holländischen Regierung beschlagnahmt. Antwerpen. iPriv.-Tel.j Vor einigen Tagen hatte der denk > cheDa m pser „M inerv a" von der „Neptun- Gesellschaft" aus der Höhe von Vlissingcn ein holländisches Lotsenboot angcrannt »nd schwer beschädigt. Daraufhin ist die „Minerva" jetzt von der holländischen Regierung be schlagnah mt worden. Ter Fall erregt hier großes Aus sehen. Die deutsche Schiffahrts-Gesellschaft beabsichtigt. Schadenersatzansprüche geltend zu machen. Es wird bei. dieser Gelegenheit die Frage der Nentrnlität der Schelde zur Sprache gebracht werden. Zur Vernichtung des „i„ X. VI". Köln. tPriv.-Tel.i Die Erklärung Direktor Evls- manns zur Zerstörung des Luftschiffes, daß die Reinigung der Maschinenteile mit Vcn z i n erfolgte, weil Wasser die Teile zum Rosten bringen würde, erregt in Fachkreisen großes Kopfschütteln. Man bemerkt, dag die KuiM unü Äkrentcbast. König!. Schauspielhaus. ^nm erstenmal: „Der verlorene Vater". l„Man kann nie aisscil."j Komödie i» vier Akte» von Vernarb Shaw. „Es ist dumm, geboren zu werden, cs ist dumm, zu leben, es ist dumm, sich z» verheiraten, es ist klug, zu itcrbcn" —. mtt diesem Gcmeinvlatz und der Nutzanwen dung „darum laßt uns leben", amüsiert im letzten Akt der Ivuiüdie „der verlorene Vater" Iustizrat Vvhnn, der rahn eines Meister-Kellners, das Publikum. Naive wer de» glauben, daß Vernarb Shaw, der „geistreiche Spötter" itt der ausgesprochenen Freude am Verulken, alle tradi tionelle» „Werte des Lebens" als Fangbälle benutzte, »in sie zum Schluß irgendwie auf den Kopf in eine Ecke K» stellen. TuS scheint nur io. Allerdings weist er an leben digen Beispiele» nach, daß es allgemein anerkannte Werte gibt, die in gewissen Situationen eine absolute Pleite für den mit den Werten Belasteten bedeuten, anderseits aber parodiert er aufs angelegentlichste gewisse Ideen, c^chlag- »ortc und Bestrebungen der Zeit, wobei er sich's freilich nicht allzu schwer macht. Ein Schrei — der Vorhang hebt sich, und wir sehen be- snedtgt, daß der Zahnarzt Dr. Valentine soeben an Mts, Dolln Clandon eine glücklich gelungene Zahnoperation t'vrgcnommen hak. Miß Dolln »nd ihr Bruder Philipp, iProdukte der Seibsterzichiing ungefähr im Stil von Habbertons Bob und Tcddt charakterisiert, sind von Ma- dcira nach England mit ihrer Mutter und Schwester Gloria sibcrgesicdelt und vermissen pcinlichst die Existenz eines Kraters, die für die strengen Gebräuche der englischen Ge sellschaft ein so notwendiges Requisit ist. Mtt Gefühls- aertcn sind die beiden tresflichcn Kinder durchaus nicht belastet, sie erwägen ganz sachlich die Vor- und Nachteile, die ihnen eventuell durch den Vater erwachsen könnten. Toll» und Philipp haben die Manie, alle Welt zum Früh- stiick einzuladen, und da will es der Zufall, daß sic Dr. Walentine und noch einen Patienten, den alten Fergus sc Naughtan, mit einer Einladung beglücken. Me saughtan, ein unangenehmer sentimentaler Bursche, aber ist der verlorene Vater. Beim Frühstück ist die ganze liebe Familie nach achtzehnjähriger Pause zum ersten Male wieder versammelt. Der alte Mc Naughtan sicht mit wachsender Empörung, daß er den lieben Seinen bei weitem unwichtiger ist. als beispielsweise der fürsorg liche Oberkellner William. Aus dem Friedcnsfcst wird sehr bald offene Fehde, die allerdings ohne sittlichen Ernst, aber für die Zuhörer recht amüsant geführt wird. Zuschauer, in denen das Theater so manche ata vistische Regung kervorlockt, freuen sich immer, wenn zwei auf den Brettern sich in herzhaftem Aufgebot gcgcn- übcrstehcn. Besonders ist cs Glvria, das Elitcvrodukt der Selbsterziehnng unter den Augen ihrer Mutter, die die Stellung der Familie zu dem plötzlich gefundenen Pater kritisch abwägt. Von Sentimentalität fühlt sie sich voll kommen frei, sie ist die selbstherrliche Gloria Elandon, und er ist ein alter Mann mtt sehr verbesserungsbedürftigen Manieren und explosivem Eharakter, der ei» Zusammen leben durchaus unerfreulich machen würde. Mit Wut. Empörung und beleidigtem Vatergcfühl verläßt der alte Fergus den Ort der Familienzusammcnkiinst. Aber Glorias siegessichcre Herzcnskälte wird auf der Stelle be straft. Im Flirt mtt dem gescheiten, flotten Fraucnkenner Dr. Valentine zieht sie den kürzeren, nach 18 Minuten küßt er sie wiederholt herzhaft mitten auf den Mund, »nd die moderne Virago — zu großen Taten in der Gruppe der bannbefrcitcn Frauen berufen —, läßt es sich erschauernd gefallen. Und sie muß unter wachsender Empörung cin- sehen, daß sic mit der Sentimentalität ihres Vaters be lastet und für den „Zweikampf der Geschlechter" absolut schlechter ausgerüstet ist, als jedes altmodisch erzogene Mädchen, das sich wahrscheinlich erst nach achtzehn Monaten hätte küssen lallen. Gloria ist also keine moderne Virago. sondern ein Mädchen, wie sie waren, sind und sein werden: in dem Zahndoktor hat sic ihren Petrucchio schon gesunden, obschon man für einen endgültigen Sieg dickes Edlen nicht autsagen mücht«. Der verlorene Vater bemüht si^. einige Rechte über seine Familie mit Hilfe eines IustizratrS wiederzugewtnnen, aber seine Bemühungen werden wohl erfolglos bleiben. Der Verfasser des aus Impressionen und Anqenbltckscinsallen beruhenden Stückes fühlte wohl selbst, wie er allgemach auf einen dürren Ast kam nnd brachte daye- Be Familicnafsärc in das karnevalistische Treiben eines Maskenballes, nicht mit rechtem Glück, hier füblte man deutlich, daß Shaw kein künstlerischer Gestalter mit großem Zug ist. An amüsanten Einfällen fehlt es ihm natürlich nicht, so wird jede Szene mit sentimentalem Einschlag durch Musik, die irgendwoher ertönt, zu einem Melodram gestempelt. Shaw nimmt aber außer der wirk lichen positiven Arbeit, die jeder, seinem Vermögen nnd seinem Kreise entsprechend, leisten soll, nichts so ernst, wie cs die meisten Menschen zu tu» pflegen. Der köstliche österreichische VesänftigungSipruch i» Anfregungsznstän- den: „Es steht nicht dafür", könnte als Motto über allen seinen Werken angebracht sein. Für Shaw ist die Narr heit als solche nicht das Besitztum einzelner Individuen, für ihn sind vielmehr alle Menschen in gewissem Grade närrisch, und nur die Geschicklichkeit, mit der sie ihre« wahren Zustand verbergen, ist verschieden. Maskerade über angeborene Narretei und Urtrleben — cs steht nicht dafür, sich aufzuregc». Daß er bei solcher Welt anschanung nicht zu sterilem Pessimismus gelangt, da für sorgen sein Humor und seine Bewertung positiver Arbeit. — Es kann füglich nicht behauptet werden, daß „Der verlorene Vater" ein geschlossenes Kunstwerk wäre, cs ist bei weitem zu impressionistisch flüchtig be handelt und im Aufbau frei von jeder traditionellen Vc lastnng, auch inhaltlich ist die Komödie, was das Stoffliche betrifft, allzu dünn, sehr z» schätzen aber ist die prägnante Eharakterisierung der einzelnen Gestalten »nd die Fein heit der Beobachtung. Nnbercichcrt wird man nie von Sliaw Weggehen. Die Ausführung (Regie: Hanns Fischers war ganz vor trefflich vorbereitet, sie hatte eigene» Eharakter und war durch Reminiszenzen a» Blnmenthal- »nd Moser-Stil nicht beschwert, der ja auch in einer Shaw-Komödie übel an gebracht wäre. Es war etwas geistig Beschwingtes in den meisten der Szenen, dabei eine leise parodtstischc Bei mischung, die man belustigt empfand. In erster Reihe stand Frau Hermine Körner als Gloria. Sie hatte für die Gescheitheit dieser modernen Virago einen sein komisch wirkenden, dozierenden, von GrmütSwerten nicht belaste ten Ton, war amüsant, überlegen, selbstsicher und im Kampf ihres angenommenen Selbst mtt ihrem wirkliche»
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