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Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 10.11.1903
- Erscheinungsdatum
- 1903-11-10
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841109282-190311103
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841109282-19031110
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841109282-19031110
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungHohenstein-Ernstthaler Tageblatt
- Jahr1903
- Monat1903-11
- Tag1903-11-10
- Monat1903-11
- Jahr1903
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 10.11.1903
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WeWllMMl UM Expeditionen solche zu Originalpreisen AugknLcrg, Falken, Langenchursdorf, Meinsdorf, Rußdorf, Wüstenbrand, Grüna, Mittelbach, Ursprung, Erlbach Brchberg, Pleißa, Reichenbach, CMenberg, Tirschheim, Kuhschnappel, Gmmbach, St. Egydien, Hüttengrund u. s. W Erscheint ;eden Wochentag abends für den folgenden Tag vvd tostet durch die Austräger pro Quartal Mk. 1F». durch die Poft Mk 1,82 srei in's Haus. Anzeiqer Hohenstei« M«stthat, Oberlungwitz, Gersdorf, Lugau, Hermsdorf, Kernsdorf, Juferare nehmen außer der Expedition auch die Austräger auf dem Lande entgegen, auch befördern die Annoncen» für das Königliche Amtsgericht und de« Ltadtrat z« Hohenstein - Ernstthal. GVgcrn crUer Gernerrröe-Vevwcrltrrrrgen ösr? irrnliegenöerr Ortschafterr. Nr. 261. Dienstag, den 10. November 1SVS, 53. Jahrgang. Mk KperMn des Kaisers. Berlin, 8 November. Lie Nord- deutfche Allgemeine Zeitung teilt mit: Wir find ermächtigt, folgende- zu veröffent lichen : „Leine Majestät der Kaiser und König haben fichheutederOperation eines Stimm lippen-Polypen unterzogen. Die Operation wurde von dem Geheimrat Professor Dr. Moritz Schmidt au-geführt und verlief ganz glatt. Seiner Majestät ist bi- zur Heilung der Operationswunde nur Ent Haltung des Stimmgebranchs auferlegt Pot-dam, 7. November 1903 v. Leuthold Moritz Schmidt. Jlberg " Berlin, 8. Nov. Dar Ergebnis der von Ge» heimrat Professor I. Orth ausgeführten mikroskopischen Untersuchung ist folgendes: „Der Polyp besteht aus einem sehr weichen, nur wenige Zellen enthaltenden Bindegewebe, welches von einem regelmäßig geschich teten und überall scharf gegen das Bindegewebe ab- gegrenzten Plattenepithel überzogen ist. Ein Teil der BindegewebSzellen enthält seine braune Pigmentkörnchen, offenbar von früher statt gehabten kleinen Blutungen herrührend. Der Polyp enthält eine größere Anzahl dünnwandiger Blutgefäße. ES handelt sich um einen durchaus gutartigen binde gewebigen Polypen. Berlin, 7. November 1903. (gez.) Professor I. Orth." Neue- PalaiS bet Pot-dam, 8 November Seine Majestät der Kaiser und Ihre Majestät die Kaiserin unteruahmen gestern einen Spaziergang. Zur Mittagstafel uud zur Abeodtafel waren Einladungen nicht ergangen. Zur heutigen Mittagstafel ist der Reichskanzler Graf von Bülow geladen. Neue- Palai-, 8. November. Se. Majestät der Kaiser nahm heute mittag den Bortrag des Reichs kanzlers entgegen. Graf Bülow wurde sodann von den Majestäten zur Frühstückstafel zugezogen. Berlin, 8. November. Ueber das Befinden Seiner Majestät des Kaisers und Königs ist heute Morgen das nachstehende Bulletin ausgegeben worden: Seine Majestät der Kaiser und König haben den gestrigen Tag ruhig im Zimmer verbracht und die Nacht ohne Unterbrechung geschlafen. Das Aus- fehen der kleinen Wunde ist durchaus zufrieden stellend. Schmerzen und fonstige Befchwerden im Halse find nicht vorhanden. Temperatur Morgens 36,3 Grad Celsius, Puls 60. (gez.) v. Leuthold. Moritz Schmidt. Jlberg. Neues PalaiS. Potsdam, den 9. Novbr. Der heute Bormittag ausgegebene Krankenbericht über das Befinden Sr. Maj. des Kaiser- lautet: Die nach der Operation selbstverständlich auf tretende entzündliche Reaktion läßt bereits nach. Man darf mit dem AuSfehen der linken operierten Stimm- lippe zufrieden sein. Immerhin wird die Heilung der kleinen Wunde voraussichtlich noch einen Zeitraum von etwa 8 Tagen in Anspruch nehmen. DaS Allgemeinbefinden ist gut. Temperatur und Puls normal. von Leuthold. Schmidt. Jlberg. * * » Die Nachricht, die wir bereits gestern durch Extra- blatt bekannt gegeben, hat überall völlig überraschend gewirkt, war doch bisher niemals etwas von einer Wucherung auf den Stimmbändern des Kaisers in die Oeffentlichkeit gedrungen. In der letzten Zeit noch hat der Kaiser wiederholt öffentliche Ansprachen gehalten; von einer Veränderung an seiner Stimme scheint man jedoch nicht» wahrgenommen zu hab.v, denn sonst wäre wohl in dem einen oder anderen Bericht etwas davon zu,lesen gewesen- In Wiesbaden und in Wolfr- aarten, wo der Kaiser soeben mit dem Zaren zu« sammengetroffen war, wurdev'zwar Reden nicht gehalten, doch zeigte sich der Kaiser überall in unverminderter Frische. Von irgendwelchem bedenklichen KrankheitSzu stände kann mithin zum Glück keine Rede sein, das beweist auch der heute früh au-gegebene KrankheitSbe- richt, der eine entschiedene und klare Sprache führt. - Daß man auch in der nächsten Umgebung deS Kaiser- die Erkrankung nicht al- eine sehr schwere ansieht, geht au- der Reise deS Kronprinzen hervor, der sich Sonntag Mittag in Begleitung des Hof» marslballS von Trotha nach Wernigerode begeben hat. Immerhin aber wird die Operation bei allen BaterlandSfreunden im ganzen Reiche und weit üoer dessen Grenze hinaus die ernstesten Gedanken wecken und Tausende von Herzen werden zu dem Gebete ge- stimmt werden: Gott schütze und behüte unseren Kaiser! * * Frankfurt, 9. Nov. Die „Frkf. Ztg." melde- aus Paris: Die Nachricht von der Operation des deutschen Kaisers wurde erst in den Abendstunden hierher übermittelt und rief einen tieferen Eindruck hervor, als das Bulletin zu rechtfertigen schien. München, 9. Nov. Der Prinz Regent hat so» fort nach Bekanntwerden der Operation des Kaisers ein Telegramm an den Kaiser gesandt, wofür der Kaiser in überaus herzlicher Weise seinen Dank auf dem gleichen Wege zum Ausdruck brachte. Die Wiesbadener M M Maiserzusammenkunst. Berlin, 9. Nov. Die „Nordd. Allg. Ztg." schreibt an der Spitze ihrer Wochenschau: „Die jüngsten Begegnungen Ihrer Majestäten des Kaisers Wilhelm uod deS Kaisers Nikolaus unter Teilnahme des Reichskanzlers und des Mini sters Grafen Lambsdorff haben einen sehr herzlichen Verlauf genommen und auf beiden Seiten höchst be» friedigende Eindrücke hinterlassen. Sie boten Gelegen- heit zu vertrauensvollem Gedankenaustausch über politische Fragen. Der Wert dieser Aussprache ist ohne Deutelei darin zu erblicken, daß sie die Bürg schaften für die Erhaltung deS Weltfriedens ver mehrt hat. In dem Verhältnis zwischen Deutschland und Rlß- land haben ferner die Tage von Wiesbaden und Darm- stadt abermals bekräftigt, daß die Beziehungen von Mo- narch zu Monarch und von Regierung zu Regierung so ungetrübt sind, wie es die persönliche Zuneigung der Herrscher, die wechselseitige Wertschätzung der Staats- männer und nicht zuletzt das Fehlen aller und jeder po litischen Streitpunkts zwischen den beiden befreundeten Nachbarreichen möglich machen " Mn armer Mensch! Wiesbaden, 6. November. Der Kaiser «eilte iu WicSbade» und Darmstadt- WolsSgartev urd tauschte mit dem Kaiser von Ruß- laud Akte der Höflichkeit au», welche durch die gleichzeitige Auweseuheit der beiderseitige» leitende» Minister ewige V:rtiefuog erfahren habe». Ein merkwürdiges Schau spiel. w lcheS Wiesbaden o« diesem Tage des Zaren- besuche» bot. Waffenstarrende Straße», nicht einmal die Besitzer und Bewohner der Häuser durfte», wäh rend der Kaiserliche Wage» vorbeifuhr, auf die Straße heraus. Hat die Polizei wirklich zu solcher Beschrän lang der persönlichen Freiheit die Befugnis? Bei un» nämlich? Und hilft denn solche Absperrung wirklich etwa» oder durften die Bewohner der Häuser vielleicht auch nicht an die Fenster ihrer Wohnungen in diesem Augenblick trete» ? Ja Rußland schießt mau vielleicht iu die Fenster, an denen sich Mensche» zeige» ; bei u»S ist mau doch noch nicht so weit, wenn sich bei solchen Zarenbesvchen auch dir russische Polizei in Deutschland io einer Weise breit machen darf, die manchem die Röte in'» Antlitz treibt- Darmstadt bei spielsweise ist zu dieser Zeit wie eine russische Stadt in welcher die Rosien fich als die Herren fühlen und beispielsweise — beim vorletzten Besuche des kaiser lich russisch:« Paare» — sämtliche russische Studieren- den de» dortigen Polytechnikum» kurzer Hand iu« Ge- fäugui» setzten. Fährt der Zir spazieren, dann durch streiften die dort liegenden beiden Dragonerregimenter vom frühen Morgen ab die ganze Gegend uod überall blitzten die weißrote» Fähnchen ihrer Lanzen durch die Bäume, wenn daun vormittags der Z« dorch de» Wald fuhr- Armer Selbstherrscher de« größten Reiche« der Welt! Er saß im Wage», gebeugt, farblosen Antlitze«, mit scheuen Auge» die Gegend musternd, al» fürchte er, daß jede« Augenblick der nächste Busch fich teilen und da« Geschoß irgend eine« getreuen Unter tan« daraus hervorfliegt» konue. Er lebt iu einem wandelnde» Gefängnis, das ihn überallhin begleitet, sihn überall umgibt- Als die Herren von Behr und Professor Nitzsche al- Delegierte de- deutsche» Fischerei- vereivS einmal in Petersburg weilten, empfing der Vater des jetzigen Zaren die beide» Herren io Audievj and zwar auf seinem „Lost".Schloß Stierniwize. Nitzsche meinte, sie führen in ein Zuchthaus. In wei tem Umkreis patrouillierten Kofakeoabteilungen uod stellten Jedermann; dann mußte man noch zwei Li nien Infanterie passieren — bald hätte ich geschrieben, durchbrechen, ehe man in- Schloß selber kam Und Hier, wenn man zu einem Fenster hivau-sah, blitzten Bajonette. Für Rußland sind die Strophen de» Liede längst verklungen, welcher den „Graf im Barte" als reichsten Fürsten pries, der sein Haupt ruhig in jede- seiner Untertanen Schoß legen konnte. Wir wissen, welcher SxaltadoS und DcSparadoS die verschiedenen Völkerschaften säbjg sind und ich glaub-, mehr noch a - der Zar selbst, lebt in Augst und Furcht der Polizei präsident der Stadt, welcher mt dem allerhöchsten Be suche beehrt wird, uud segnet die Stunde, da der Gast wieder heil die Mauern verlassen hat. Die Panama Republik. Amerika hat von neuem den Beweis geliefert, daß eS wirklich und mit allem Recht da» Land der unbe grenzten Möglichkeiten genannt wird. Das Geschehnis ist vollendet, Panama ist ein Staat für fich und den Nordamerikanern gehört er. Die Dinker- ziehen ihren transitischen Kanal hindurch und die Panamesen hoffen, an seinen Usern zu reichen Leuten zu werden Harren wir der verblüffenden Ueberraschnng, die der neue Erd- eil etwa für die kommende Woche io Bereitschaft hält Zum Panama-Kapitel wird heute noch gemeldet: Washington, 7. November. Das Schlacht' ichiff „Maine" bat Befehl erhalten, nach Colon zu gehen. — England h,t die Vereinigten Staaten er- ucht, die Interessen der britischen Untertanen auf dem Jsthmu» zu schützen- Mau erwartet hier, daß andere Länder ähnliche Ersuchen an die Vereinigten Staaten richten. Halbamtlich wird gemeldet, die Vereinigten Staaten wünschten die fremden Mächte davon abzu- haltca, baß sie größere Flotteevertretungen in dleGe- wäss-r des JsthmuS entsenden, bis die neue Regierung »auerod gebildet fei. Washington, 8 November Der Gesandte der neuen Republik Panama Bunasvarilla, ist hier eiogetroffrn und hat .eine Beglaubigungspaziere al- bevollmächtigter Minister uud außerordentlicher Ge fandter der Republik Panama überbracht. Er wird den Staatssekretär Hay sofort davon in KenutoiS setzen daß er bereit und ermächtigt ist. Verhandlungen über deu Bau des PaoamakaualS eiuzuleite». Er ist der Ansicht, daß die Bevölkerung der Republik Panama dem neuen Präsidenten die Vollmacht gebeo wird, so wrt eiuen Vertrag abzuschlicßeo. Baoauvarill, er- klärte zu der über ihn herrschenden Anschauung, wo nach er Agent der Paoamagesellschaft sein sollte, den er Chefingenieur der alten Panamagesellschaft gewesen sei, niemals aber Angestellter der neuen Gesellschaft. Jie llmhti in ItM-siWtskfrili. Die Nachrichten, die über das Umsichgreifen der Unruhen im Distrikt Warmbad fortgesetzt au» Kapstadt «»laufen, müssen nach wie vor mit großer Vorsicht behandelt werden. ES steht zu hoffen, daß sie fich als stark übertrieben Herausstellen werden, sobald zu verlässige Berichte über das Vorgefallene «»treffen- Ueber die Veranlassung zum Aufstand meldet heute ein Telegramm folgende»: London, 7. November- Au» Kapstadt wird telegraphiert: Ein deutscher Missionar au» Damara- laod berichtet, die Ursache des Ausstand» im Süden de» deutschen Schutzgebiet« fei folgende: die deutsche Regierung besah! alle» Eingeborene», ihre Waffen zeitweilig abzugebe» ; sie sollten registriert werden. Die Boodelzwart« verweigerten die«, woraus Leutnant Dobst mit wenige» Ma»» von Warmbad abgiog, um mit ihrem HSaptliug zu verhandel». Dabei kam eS zu einem heftigen Streit. Der Häuptling wurde io- solen», uud Dobst fchoß ihn mit einem Revolver nieder. Hierauf griffen die Eingeborenen die deutsche Abteilung an und töteten drei Mano. Ler Rest ent kam «ach Warmbad, da» später von de« Boodelzwart- erobert wurde. Man glaubt, daß im ganzen nicht mehr al» 1b Deutsche in Warmb d getötet wurden, obwohl die Zahl durch Morde in anßenliegeoden Di strikten erhöht sein kann. Die deutsche Garnison in Keetmanthoop, bestehend au» 60 Weißen mit »wei Berggeschützen und einem Maximgeschütz, wurde ebew fall» angegriffen. Prozetz gegen die GrSfiv KwileSn. Der Prozeß gegen die Gräfin Kwilecka wird da- Schwurgericht voraussi^tlich noch zwei Wochen be schäftigen. Man hofft, daß die Beweisaufnahme — falls keine unvorhergesehenen Ereignisse dazwischen treten — Ende dieser Woche ihren Abschluß finden werde. Die nächstfolgende Woche wird dann mit der PlaidoyerS der Staatsanwälte und der Verteidiger sowie mit den Beratungen der Geschworenen und den Urteilsfällung auSgefüllt werden. Sowohl die Ver treter der Anklagebehörde wie die Verteidiger werden vor dem Beginn der PlaidoyerS beantragen, die Sitz ung durch Freigabe je eines Tages zu unterbrechen, um das ungeheure Material noch einmal durcharbei- ten und sichten zu können. Bis zum letzten Verhaud- lungStage am Freitag, über den wir ausführlich be richtet haben, waren insgesamt 112 Zeugen vernom men worden; eS sollen nun noch etwa 100 Zeugen gehört werden. Die Verhandlungen, die in den letzte» Tagen etwas monoton verliefen, weil eS sich ledmlich darum handelte, sestzustellen, ob die verstorbene Wirt schafterin Aniela AndruSzewska an dem Tage der an geblichen Geburt deS kleinen Grasen Kwilecki, dem 27. Januar 1897 im Schlosse Wroblewo anwesend war, werden sich in dieser Woche um so interessanter ge- gestalten: Zunächst wird die Komtesse Marie, die sich ständig in der Umgebung ihrer Mutter bis kurz vor oer Geburt aufhielt, als Zeugin vernommen werden. Dann wird, vorau-sichtlich am Dienstag, die Weichen- stellerSfrau Cäcilie Meyer, geb.Parcza, die Leidens geschichte des von ihr als Mutter in Anspruch ge- nommeneu kleinen Grafen den Richtern enthüllen. Frau Mey r ist inzwischen in Berlin von einem Sohn ent. Kunden worden. Am DienStag wird sie soweit her gestellt sein, daß sie sich unbeschadet ihrer Gesundheit einer Vernehmung unterziehen kann. Einer der wesentlichsten Momente in der Beweisführung wird schließlich die anthropometrische Untersuchung deS kleinen Parcza und des jungen Grafen Kwilecki bil- den. Zu diesem Zweck wird der Gerichtshof einen Sachverständigen vom Berliner Polizeipräsidium vor aussichtlich den Polizeiinspektor Klatt, als Gutachter laden. Die Verteidigung, die sich in diesem Prozeß vor eine ganz besonders schwierige Aufgabe gestellt sieht, dürste sich indessen mit dec Vernehmung dieses Sachverständigen nicht begnügen; sie legt vielmehr im Interesse ihrer Klienten Wert darauf, durch daS ge- übte Auge eines kunstverständigen MalerS feststellen zu lassen, ob eine Familienähnlichkeit aus den Gesich- lern der beiden Knaben herauszulesen ist. Ueber das Gutachten des SanitätSrat» Dr. Ro sinski im Kwilecki - Prozeß haben wir berichtet. Be merkenswert sind in der Aussage deS Hausarztes der gräflich Kwileckischen Familie einige Aeußerungen über das Verhältnis der beiden angeklagten Eheleute und die wirtschaftliche Lage deS Gutes Wroblewo. Dr. RosinSki gab an: die Gräfin Kwilecka stamme auS einer hochadlichen, alten Familie, und habe eine sorg fältige Erziehung genossen. Sie war jung, schön, reich und liebenswürdig, als sie in ihrem 18. Jahre eine Neigungsheirat mit dem Gccfen Kwilecki ein ging. Sie sah bald ein, daß di? wirtschaftliche Lage deS Gutes im Niedergange begriffen war. Sie schob dies der mangelhaften Zentralleitung zu, während ihr selbst wohl der größte Teil dec Schuld zuzuschreiben war. Die Gräfin wirtschaftete phantastisch, ohne Etat, ohne Ueberlegung, daS Geld verschwand ihr unter den Fingern. Sie war sich dessen aber nicht bewußt, son- drrn gewiß vom besten Willen beseelt; sie glaubte, gut zu disponieren. Als die Einnahmequellen ver siegten, schob die Gräfin die Schuld daran ihrem Ehemann zu ; sie begann aus ihn zu schimpfen, weil er sie angeblich so knapp halte. Die Spannung zwi- schen den Eheleuten sei immer größer geworden, wäh rend die Gräfin fich früher nicht um feine Liebesver hältnisse gekümmert habe, sei eS nun auch dieserhalb zwischen ihnen zu bösen Auftritten bekommen. Die Gräfin habe fogar keinen Anstand genommen, in
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