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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 05.04.1905
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1905-04-05
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19050405014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1905040501
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1905040501
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1905
- Monat1905-04
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Bezugs-Preis in der Hauplexpedttton oder deren Ausgabe- stellen obgeholt: vierteljährlich 3.—, bei zweimaliger täglicher Zustellung in-Haus 3.75. Durch die Post bezogen für Deutsch. land u. Oesterreich vierteljährlich 4.50, für die übrigen Länder laut ZeitunqspreiSliste. Diese Rümmer kostet tk 4N 7 aus allen Bahnhöfen und III 1I( I bei den Zeitungs-Verkäufern I * Redaktion n»d Expeditts« 453 Fernsprecher 222 JohanniSgaffe 8. Haupt-FUtalr DreSdeu: Marienstraße 34 (Fernsprecher Amt I Nr. 17IU. Haupt-Kiltale verlt«: LarlDun ck er, Herzgl-BayrHofbuch-audlg, Lützowstraßr 10 (Fernsprecher Amt VI Nr. 4608). Morgen - Ausgabe. MipMer TaMaü Handelszeitung. Zlmtsvkatt des Äönigl. Land- und des Lcönigl. Amtsgerichtes Leipzig, des Nates und des Nolizeiamles der Ltadt Leippg. An zeigen-Preis die 6gespaltene Petitzcile 25 Familien- und Stellen-Anzeigen 20 Finanzielle Anzeigen, Geschästsanzeigen unter Text oder an befonderer Stelle nach Tarif. Die -gespaltene Reklamezeile 75^. Annahmeschlutz für Anzeigen: Abe ad-Ausgabe: vormittag- 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: nachmittags 4 Uhr. Anzeigen find stet- an die Expedition zu richten. Extra-Beilagen (nur mit der Morgen- Ausgabe) nach besonderer Vereinbarung. Die Expedition ist wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig (Inh. vr. V„ R. L W. Klinkhardth Herausgeber: vr. Victor Klinkhardt. Nr. 173. Mittwoch den 5. April 1905. 99. Jahrgang. Vas wichtigste vsm läge. * Die RevisiouSsumme beim Reichsgericht wurde von der Reichstagskommission zur Vorberatung der ZivilprozeßordnungS-Novelle von 1500 auf 2500 heraufgrsetzt. * Nach einer Erklärung deS Staatssekretärs v. Stengel wird die Reichsfinanzreform dem Bundesrat vor der Sommerpause und im Herbst dem Reichstage zugeheu. (S. Bericht.) * Der Bundesrat stimmte in seiner gestrigen Sitzung dem Gesetzentwurf über eine Aenderung deSReichsbeamlen- gesetzeSzu. * Der „Reichsanzeiger" veröffentlicht das Gesetz über Feststellung des ReichshauShaltetatS für 1905. * Wegen der Genickstarre sind die Hebungen des Beurlaubtenstandes im Bereich des 6. Armeekorps (Schlesien) verschoben worden. (S. Vermischtes.) * Der Prinz und die Prinzessin Heinrich von Preußen sind in Petersburg durch das Zarenpaar empfangen worden. S. Dtsch. Reich.) * ConslantinMeunier.der holländische Plastiker, wnrde gestern morgen 7 Uhr in Brüssel tot im Bett gefunden. (S. Feuilleton.) * Die Universität Warschau wurde durch Ministerial- reskript geschlossen; die Studenten wurden entlassen. kin neuer Vorstoss Ser kirchlichen steakiion. Aus Preußen wird uns geschrieben: Die Orthodoxie ist recht unzufrieden darüber, daß -er evangelische Oberkirchenrat Preußens dem Pastor 0. Fischer in Berlin nicht genug zu Leibe gegangen ist. Er hat das brandenburgische Konsistorium zwar in feiner sachlichen Entscheidung gedeckt, aber er hat es doch für gut befunden, über dessen formelles Vorgehen einen Tadel auszusprechen. Von der Genügsamkeit eines ge mäßigten kirchlichen Liberalismus zeugt es, daß dieser schon dadurch, daß der Oberkirchenrat von äußerlichen Mitteln gegen den frei denkenden Pfarrer Abstand ge nommen hat, sich für befriedigt erklärt: er erblickt darin „die Anerkennung der sogenannten Vermittelnngstbeo- logie (d. h. 'der Ritschlschen Richtung), die sich inhaltlich sehr weit von den: Boden der biblischen Weltanschauung entfernt, in ihren religiösen Ausdrücken aber die biblische Terminologie möglichst festzuhalten sucht und damit zu der gefährlichen Unterscheidung zwischen theolo- gischen Darlegungen auf der Kanzel und solchen in wissen schaftlichen Vereinigungen kommt. Es leuchtet ein, daß dieser Standpunkt, 'den der Oberkirchenrat setzt amtlich eingenommen hat, auf die Dauer unhaltbar ist un menschlicher Voraussicht nach eine volle Ginüberführung der Religion in moderne, wissenschaftlich haltbare Vor stellungen und Ausdrucksweisen zur Folge haben muß. Ein solcher Fortschritt der geistigen Entwickelung wäre in der protestantischen Kirche nur durch äußere Mittel gewalttätiger Art zu unterbinden, und die große kirchlich politische Bedeutung der Entscheidung des Oberkirchen- rates besteht nun eben darin, daß er dem Wunsche des Brandenburger Konsistoriums und vieler Orthodoxen nach Anwendung solcher äußerlichen Mittel nicht nach gekommen ist. Damit hat der Liberalismus ün der preußischen Landeskirche die Gewissensfreiheit erhalten, deren er allerdings zu seiner Entwickelung notwen-ig bedarf." Es muß doch vor einem solchen Optimismus gewarnt werden. Der Erlaß eines Oberkirchenrates an einen Prediger ist ein viel zu winziges Ding, als daß man an ihm einen wirklichen Galt haben könnte. Denken wir doch nur einmal an die Zeiten Falks und seines Ober kirchenrates Herrmann. Beide waren liberale Leute. Glaubensgerichte waren unter ihnen gar nicht möglich. Oberkirchenrätliche Erlasse waren damals noch viel libe- raler als der heutige an v. Fischer. Und doch mußte 1878 der Oberkirchenrat Herrmann weichen, weil die ortho doxe Partei beim alten Kaiser wieder Oberhand ge wonnen hatte, und im folgenden Jahre ging es Falk nicht besser. Es zog eine Reaktion herauf, die sich in den Namen Puttkamer. Goßler. Bosse, Studt und Hege kennzeichnet. Es kamen wieder Glaubensgerichte, wie z. B. das gegen Pastor Weingart in Osnabrück, das rni' Absetzung endete. Der Oberkirchenrat gelangte in den Besitz der Entscheidung, wer als theologischer Hochschul lehrer angestellt werden solle: man setzte den Professoren die auf Grund ihrer wissenschaftlichen Leistungen erkoren waren, Strafprofessoren an die Seite, die nichts besaßen als den Vorzug strenger Rechtsgläubigkeit. Die Bestäti- gung gewählter Geistlicher hängt stets davon ab, welcher Richtung sie angehören, und da muß man sich über den Rüffel des brandenburgischen Konsistoriums an die Adresse des Pastors Fischer gar nicht einmal wundern. Selbst wenn der jetzige Oberkirchenrat wirklich so liberal wäre, wie Dr. Herrmann, wäre ein Umschlag nur zu leicht möglich. Die Orthodoxie aber geht heute viel weiter und ver - langt vom Oberkirchenrat die Absetzung Pastor Fischers, weil er sich, entgegen der von der obersten Instanz inhaltlich gebilligten Warnung des Konsisto riums, doch dahin ausgesprochen hat, daß er wie bisher weiter lehren werde. Er werde in seinem Verhalten eine Aenderung eintreten lassen und in derselben Weise ehren und predigen, wie er es bisher mit Zustimmung einer Gemeindemitglieder getan. Da schlagen nun die Orthodoxen -en Haken ein. Sie verlangen Arntsent- lassung: wenn der Oberkicchenrat nicht selber vergehe, so müsse das Konsistorium das tun, dem -er Oberkirchenrat die Genehmigung dazu gar nicht verweigern könne: weil er die Warnung inhaltlich als berechtigt anerkannt habe, anne er jetzt nicht dulden, daß Pastor Fischer ausdrück- ich seinen Ungehorsam ankündige. „Wenn", so sagt der romme Reichsbote, „das nicht geschieht un- v. Fischer mit seinen grundstürzenden Ansichten im Amte bleibt, dann ist der Erlaß des Oberkirchenrats bedeutungslos, und die Berechtigung solcher Anschauungen wäre tatsäch- lich anerkannt. . . . Denn bleibt Fischer, der Mann, der die Offenbarung Gottes, der Gottheit Christi, die Er- ösung und Hcilsbedeutung seines Todes un- seiner Auferstehung leugnet, die Anbetung Christi verwirft, in der Kirche — wer kann dann noch ausgeschlossen werden im Amte!" Nun, wenn dieses Mal wirklich -er Oberkirchenrat ungerührt bleiben sollte, so würde -och darum die Orthodoxie nicht die Konsequenzen ziehen, die sie soeben in galliger Stimmung 'daraus herleitet. Sie würde fortfahren, für ein Glaubens- regiment innerhalb dec protestantischen Kirche zu kämpfen und würde die Hoffnung auf einzelne und generelle Siege keineswegs aufgeben. Es ist auch noch gar nicht ausgemacht, wie sich der Oberkirchenrat ver halten wird. Die Möglichkeit, F»aß er einem Vorgehen des Konsistoriums betreffs Absetzung Fischers seine Zu- timmung erteilt, ist keineswegs ausgeschlossen. Nein, die Ansprüche des Liberalismus auf Bürgerrecht in der protestantischen Kirche beruhen nicht auf oberkirchenrätlichen Entschei dungen. Sie können durch solche nicht vernichtet unü ebenso wenig erfüllt werden. Sie liegen imPro- testantismus selbst. Mit vollem Recht beruft sich die evangelische Kirche darauf, daß in der Bibel nichts von einer bischöflichen Ordnung, nichts von einem un- fehlbaren Papsttum, nichts von einem Kirchenregiment stehe. Mit vollem Recht setzt sie dem Herkommen der Jahrhunderte das Glaubensrecht des Einzelnen entgegen. Aber eben indem sie sich selber auf das Fehlen einer solchen biblischen Norm beruft, muß sie anerkennen, daß die Bibel ebenso wenig ein Wort über Konsistorium, Oberkirchenrat und Summepiskopat enthält. Das sind nichts als zeitliche Einrichtungen von mehr oder minder grobem praktischen und politischen Werte, Einrichtungen, die vor hundert Jahren angemessen sein mochten, ohne daß daraus hervorginge, sie seien es heute oder nach hundert Jahren. Jedenfalls steht neben ihnen das ur - protestantische Recht des individuellen Glaubens und der Anwendung der freien Vernunft. Das hat Luther getan, indem er — namentlich in seiner ersten Zeit — die Bedeutung der Bücher des neuen Testaments sehr verschieden ein schätzte, Len Römerbrief über alles setzte und den Iackobus- brief eine stroherne Epistel nannte. Dem Anspruch, mit Hülfe der Offenbarung zu schreiben, begegnen wir im neuen Testament nirgends. Im Gegenteil, die rührende Einleitung zum Lukas evangelium sagt ganz offen, daß der Verfasser alles ge treulich aufgeschrieben habe, was er habe in Erfahrung bringen können. Die Orthodoxie geht also selbständig vor, indem sie dem neuen Testament die Eigenschaft einer Offenbarungsgeschichte zuschreibt. Da kann sie den Gegnern das Recht nicht bestreiten, über diese rein menschliche, rein nachbiblische Ansicht anders zu urteilen. Die Bibel sagt kein Wort von Dreieinigkeit, vom Altar, von der Pflicht, die Kinder taufen zu lassen, von dem Recht und der Pflicht, Eide zu leisten. Auch die Lehre, auf die Luther so viel Gewicht legte, die von der Recht fertigung durch den Glauben allein, kommt in -er Bibel nicht vor, und ist doch jahrhundertelang ein Be standteil der orthodoxen Anschauungen gewesen: vielleicht ist sie es noch. Kurzum, die Orthodoxie beschränkt sich nicht darauf, nur das zu lehren, was in der Bibel siebt. Sie läßt daneben noch ihre freie Vernunft walten und deduziert und interpretiert eine ganze Menge heraus und hinein. Ihr Hülfsmittel dabei ist-re freie Vernunft. Luther hat sie gebraucht und nach dem Stande der damaligen Kennt nisse der Zeit einen großen Nutzen daraus gezogen und die Welt umgestaltet. Das sollen wir nun heute nicht wieder tun. Was er, dem auch der ortho-oreste Pastor schtvcre Irrtümer und Mißgriffe nicht bestreitet, an- erkannt hat, das soll für alle Zeit maßgebend sein! Das ist nicht einmal aus der Bibel zu rechtfertigen! Selbst Luther würde eine solche Anmaßung zurückgewiesen haben, so fest er mich auf dem Standpunkt stand, daß die Bibel maßgebend sei. Seitdem aber ist die Wissen schaft in einer Weise in die Breite und Tiefe gegangen, «daß Luther sich nicht mehr hineinfinden würde. Von -er siebentägigen Schöpfung, an die er fest glaubte, reden nicht einmal mehr katholische Pfarrersköchinnen. Die Entstehung unseres Erdballes, der doch nur ein Stäub chen im Weltall ist, hat unabsehbare Millionen Jahre ge dauert und ist an den Ueberbleibseln der Zwischenstufen noch leidlich zu übersehen. Wir erkennen die Gleich mäßigkeit der Wirkungen der Schwerkraft, der Licht wellen, der chemischen Prozesse, der atomistischen Zu sammensetzung in unermeßlich weiten Nebelflecken mit den greifbaren auf der Erde übereinstimmend. Kein Mann der Wissenschaft hält an dem in der Bibel ganz naiv ver tretenen geozentrischen Standpunkt für das Weltall noch fest. Geschichtliche un- sprachliche Studien haben unfern Einblick in die Zeiten, aus denen das alte wie das neue Testament entstammen, außerordentlich vertieft. Je weiter wir Vordringen, desto mehr schwindet der Nimbus des Wunderbaren. Die natürlichen Vorgänge reichen aus — nicht nur die Welt zu begreifen, denn diesen Anspruch erhebt niemand —, um die Erzählungsweise der Bibel zu verstehen. Dem unvergleichlichen ethischen Wert des Christen tums tut damit niemand Abbruch. Im Gegenteil, wenn die Orthodoxie nicht so viel zeitliche Nebenerscheinungen der Lehren Christi noch immer konservierte, so würden solche köstliche, unschätzbare Sprüche wie „Du sollst deinen Nächsten lreben wie dich selbst" und „Selig sind, die reines Herzens sind, denn sie werden Gott schauen", noch weit schöner hervorleuchten. vir Marskkolrage. Herr von Tattenbacy. Aus Tanger wird der „N. H. Ztg." gemüdet: Der frühere hiesige deutsche Gescltäststräger Tattenbach, der mit dem Kaiser Herkain, wird noch einige Zeit hier bleiben. Diesem Aufenthalt Tattenbachs, dem zu Ehren der Vertreter des Sultans gestern ein großes Fest veranstaltete, wird allseitig Bedeutung beigemessen. ^er Berichterstatter der „Timer" in Tanger hat den folgenden, angeblich korrekten Bericht über die Unterhaltung des deutschen Kaisers mit dem Vertreter des Sultans gesandt: Nach den Bewillkommnungskomplimenten er widerte Kaiser Wilhelm, er sei eigens nach Tanger gekommen, um zu erklären, -aß die absolute Gleichberechtigung dec deutschen wirtschaftlichen und kommerziellen Rechte auf recht erhalten werden müsse. Er werde es nicht zu- lasfen, daß irgend eine andere Macht Vorzugsrechte erlange. Der Gultan fei ein freier Herrscher in einem freien Lande: Deutschland werde darauf bestehen, in seinen Angelegenheiten stets direkt mit ihm zu verhandeln und niemals das Da- zwischentretcn anderer Mächte zu gestatten. Die Gegenwart sei ungünstig für die Einführung von Reformen nach europäischem Vorbilde. Ueberhaupt sollten alle Reformen auf den Islam und die Ueberlieferung begründet sein. Marokko brauche jetzt Frieden und Ruhe. Zum Schluß erklärte der Kaiser, wie das englische Blatt meldet, er habe diese Anschauungen dem französi schen Geschäftsträger ganz klar gemacht. Der Bericht kennzeichnet sich als eine tendenziöse Ver schärfung der Reden, deren Wortlaut vom Wolff- bureau übermittelt worden ist. Vie Anträge der französischen Mission sind bei einer früheren Gelegenheit in Form einer Pariser Zuschrift von uns gemeldet worden. Da sich jetzt die Situation verschärft hat, ist eine Wieder holung der Forderungen geboten. Wir erhalten aus Berlin die folgenden Mitteilungen, die sich in man chen Punkten mit den ersten Korrespondenzen decken, in manchen Punkten neues Material geben: 1) Vermehrung der militärischen französischen Mis sion, deren Chefs nicht allein den Unterricht der scherifischen Truppen leiten, sondern direkte Kom mandogewalt und Verwaltung erhalten sollen. Zu deutsch: die Militärhoheit des Sultans soll angetastet werden. 2) Aufstellung französischer Vertreter (zu deutsch: politischer Agenten) in Udschda. Rabas, Marrakesch. Es wird sicher empfehlenswert sein, wenn in Tetuan, La rasch, Marrakesch, Ksar el Kebir gleichfalls deutsche Konsularagenten sitzen. 3) Verbesserung gewisser Häfen in dem Maßstab, in dem der gegentvärtige Handelsverkehr die nutzbringende Anlegung der verwendeten Kapitalien gestatten wütde, Bau von Zolllagerhäusern, Verbesserung des Ein und Ausladeverkehrs der Waren. Beschlagnahme -er Zölle nnd Maßnahmen, um Willkürlichkeiten bei der Erhebung der Steuern zu verhindern: Frankreich würde übrigens dem Sultan seinen Anteil erhalten. 1) Studien über Herstellung eines Münzzinsfußes: Schaffung einer Staatsbank für das Sultanat zur Sta bilisierung -cs Wechselkurses. Ueberwackuna des Münz verkehrs, Vorbereitung zukünftiger Anleihen, die als unvermeidbar bezeichnet wer den: Maßnahmen, um die nötigen Mittel zu erhalten, zur Ausführung von Reformen un- zur beständigen Ver mehrung der Einnahmen des Staatssckxitzes. 5) Reformen des marokkanischen Eigentumsrechtes und Erleichterungen, und Erleichterungen größerer Garantien bei dessen Erwerbung und Erhaltung. 6) Verbesserung fahrbarer Straßen. 7) Schaffung von Kabeln zwischen marokkanischen Häfen. 8) Herstellung von Ruhe und Ordnung im Bezirk von Tanger und zu diesem Zweck Entsendung von Verstärkungen in -ie Mahallas von Tanger und Kl. Ksar. Die meisten der geschilderten Maßnahmen liegen mehr in französischem als europäischem Inter- esse. Wir dürfen wohl hoffen, -aß unsere Reichsre- gierung unsere Interessen in Marokko wahren und Maßnahmen verhindern wird, die nur auf eine Aus beutung der Unerfahrenheft und des Leichtsinns des jungen Sultans abzielen. Spanische jpläne. Nach einem Telegramm des „B. T." aus Madrid be schloß, um dem französischen Einfluß entgegenzuwirken, die Spanische Naturwissenschaftliche Gesellschaft die Ausrüstung zahlreicher Expeditionen nach Marokko. Auch das „Centro Comercial Hispano-Marroqui" entwickelt große Rührigkeit zum gleichen Zweck. Vie striris in stnrrianO. Jur Begnadigung religiöser Verbrecher. Der „Br. Ztg." schreibt ihr Petersburger Korre spondent: Auf Verfügung deS Mi nist er ko mite es sind in der letzten Zeit bekanntlich etwa 900 „religiöse Verbrecher" freigetassen worden, die in den Gefängnissen der verschiedenen Klöster Rußlands interniert gehalten wurden. Auf alle „religiösen Verbrecher" hat sich aber dieser Befreiungsakt nicht erstreckt. In dem Kloster deS Städtchens Shusdal, sowie Wladimir z. B. wird noch etwa ein Dutzend dieser Leute gefangen gehalten. Kürzlich hat ein Herr Inwatschew dieses Klostergefängnis besucht und berichtet hierüber eingehend in der Monatsschrift „Istoritscheski Westrik" (Historischer Bote). Wir greifen aus diesem Berichte nur das Aller interessanteste heraus: „Das Gefängnis des Klosters", so wird erzählt, „ein langes einstöckiges Gebäude innerhalb des Klosterhofes, ist durch eine Hobe Mauer auS roten Ziegeln isoliert. In dem Gefängnisgebäuve liegen an einem langen Korridor die ein zelnen Zellen. Die Einrichtung ist sehr primitiv: ei» Bett, das zugleich als Sitzgelegenheit dient, in einer Ecke ein Holz tisch und darüber ein kleines Heiligenbild. Die meisten Zellen sind unverschlossen, sodaß die Internierten jederzeit einander besuchen und in dem Korridor spazieren gehen können. Nur wenige Zellen sind mit Vorlegeschlössern versichert. Einer der interessantesten Gefangenen ist ein gewisser Alexei Kaletschin, ein etwa 50 jähriger Mann, mit langem schwarzen auf die Schultern herabwallenden Haar, dunkelbraunen nachdenk lichen Augen und einem schwarzen Bart, den einzelne Silber- säven durchziehen. Angetan ist er mit einer Art langen schwarzen Priesterrockes. Dieser Sektierer hält an folgen der Lehre hartnäckig fest, die er, so lange er in Freiheit war, mit großem Erfolge unter der unwissenden Bauernmenge verbreitete: Im Jahre 1896 hat sich die heilige Dreieinig keit auf Erden verkörpert. Gott, den Vater, sieht er m einem weggejagten Priester Nikolai, den man in das Sholowatzker Kloster gesperrt hat; der heilige Geist, das ist der bekannte Kronstädter Protohierei Johann, und der verkörperte „Christus" ist gleich ihm in das Shusdaler Kloster eingesperrt worden. Natürlich ist auch die Mutter Gottes wieder zur Erde herab gekommen, und zwar in Gestalt eines Bauernmädchens mit dem Namen Marie. Die Hand reicht dieser wunderbare Heilige niemand, denn damit verstoße er gegen das Gebot der „Reinheit". Das Angebot, ihn in Freiheit zu setzen, wenn er sich nur des Predigens vor dem Volke enthalten wolle, hat er entschieden abgelehnt. „Es ist besser, den geraden Weg zu gehen." — Unbegreiflich ist es, wie dieser Schwärmer auf den Gedanken kommen konnte, in dem gleichfalls im Shusdaler Kloster internierten Hierodiakon Parfenij den personifizierten „Christus" zu sehen. DieserParfenij ist ein durch den Trunk ganz herabgekommener Küster, ein Mensch mit groben, gemeinen Gesichtszügen, der fast nie ein Wort spricht, sondern sich den ganzen Tag auf dem Bett herum räkelt. Jeden Morgen aber kniet Alexei Kaletschin vor seiner Tür und schreit: „Christus ist erstanden. Die Drei einigkeit ist erstanden. Die ganze heilige Dreieinigkeit hat sich verkörpert!" Einmal veranstalteten die im Shusdaler Klostergesängnis Gehaltenen mit Gesang, Heiligenbildern und Lichtern eine Prozession vor die verschlossene Tür ihres „Christus", aber Parfenij rief ihnen zu, sie sollten sich weg machen, denn man müsse im Gerste anbeten." Jedenfalls gehören alle diese Leute nicht in ein Kloster gesängnis, sondern ins Irrenhaus unter die sachgemäße Be handlung eines Arztes. ver russisch-japanische Krieg- Japan und Deutschland. Ans Tokio wird durch einen Shanghaier Korrespondenten der „Franks. Ztg." gemeldet: Die japanische Zeitung „N,schi Nischi" antwortet jetzt auf die Rede Bülows im Reichs tag am 15. März (in der der Reichskanzler von einem Tele gramm des deutschen Gesandten in Japan, Grasen Arco- Valley, Kenntnis gab, der u a. meldete, die japanische Regierung habe ihm erklärt, sie werde wohlerworbene Rechte in China respektieren) folgendermaßen: Es sollte vollständig klar gemacht werden, daß eine japanische Versicherung nur solange wirksam ist, als Deutschland genau und gewissenhaft sich innerhalb des Rechtes hält, das es ausdruck- lich in China erworben hat. Denn Deutschland sollte von uns nicht mehr eine passive Zustimmung erwarten, wenn es Ansprüche ausschließlicher Art erbeben sollte. Tie „Japan Times" gehen diesen Artikel wieder unter der Ausschrist: „Ein Wink an Deutschland"; die übrigen Blätter bewahren noch Stillschweigen. Vsn, japanischen Hauptquartier. Aus Tokio meldet das Bureau Reuter: Nach einer Meldung auS dem Hauptquartier trieb am Sonntag ein
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