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02-Abendausgabe Dresdner Nachrichten : 27.08.1905
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1905-08-27
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19050827023
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1905082702
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-19050827
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1905082702
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Nachrichten
- Jahr1905
- Monat1905-08
- Tag1905-08-27
- Monat1905-08
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Hamburg, Der Woermann-Linie ist folgendes Telegramm zuyegangcn: Der Postdampfer „Eleonore Wocrniann" mit den Mitgliedern der Kolonialen S t ud ie n g e se l lsch a ft an Bord ist gestern in Lome auf Togoland eingetroffen. Am 24. August ist der Reichstaasabgeorduete Oberförster Fries aus Marksuhl am Gehirnschlag infolge Arterienverkalkung gestorben. Bei dem bisber andauernd kühlen Wetter ist jeder klimatische Einsluk bei diesem beklagenswerten Ereignis ausgeschlossen. Alle übrigen Mitglieder der Studiengcsellsrhnft befinden sich vollkom men wohl. — Die Leiche des Oberförsters Fries ist in Lome zur Beerdigung gelandet. Marokko. Pari». (Priv.-Tel.j „Petit- Journal" meldet ans Toulon: Ein vertrauliches Telegramm wies die Militärbehörden an. im Hinblick auf die Kundgebungen in Marokko die Mobilisation der Kolonial-Regimenter und die Instand setzung mehrerer Schiffe vorzubereiten. Dem „Eclair" zufolge oll der Punkt, gegen den sich die Kundgebung richtet, Lardia kein. Friedenskonferenz in Portsmouth. Portsmouth. Der stellvertretende Sekretär des Staats- beharttments, Peirce. hat heute früh ein langes Chiffre-Tele- aramm ans Oysterbay erhalten. Obwohl dessen Inhalt nicht bekannt ist. beginnt hier doch wieder hoffnungsvollere Stimmung aufzukommen. Portsmouth. Die russischen und japanischen Frie dens-Delegierten beschlossen, erst heute nachmittag 3 Ubr zu einer neuen Sitzung zusammenzutreten, da die Verlmnv- tungsberichte über die letzte Sitzung noch nicht sertiggestellt waren. Zur Lage in Rustland. Li bau. Vor dem Kriegsgericht standen gestern 139 Matrosen der Kriegsflotte wegen Meuterei, deren sie sich im Juni d. I. schuldig gemacht hatten. Das Gericht ver- urteilte8zumTode. beschloß aber, die Umwandlung der Todesstrafe in 15jährige Zwangsarbeit nachzusuchen. 19 der Angeklagten wunden zu drei- bis vierjähriger Zwangsarbeit und 35 zu leichteren Strafen verurteilt; 77 Matrosen wurden freigesprochen. Petersburg. Eine umfangreiche Mitteilung des Polizeidepartements weist darauf hin, das, die wirtschaftliche Bewegung unter den Letten der Ostseepro vinzen infolge der Agitation der lettisch-sozialdemokratischen Partei und des sozial-revolutionären Arbeiterverbondes in letzter Zeit einen revolutionären, häufig sogar anarchistischen Aarakter angenommen habe. In den letzten drei oder vier Monaten sind in den Straßen der Städte Kurlands und Liv lands vier Mordanschläge auf Amtspersonen, vier Uebersälle aus Privatleute, sechs Anschläge aus Polizisten und drei auf Kosaken-Patrouillen vorgekommen, wobei in zwei Fällen Bomben geschlendert wurden. In Riga wurde der Versuch gemacht, die Füllobteilung einer Patronenfabrik in Brand zu stecken. Aus den Städten drang die revolutionäre Bewegung in daS flache Land von Livland und Kurland, wo ebenfalls anarchistische Er scheinungen zu tage traten. Ende Juli nahm die Bewegung einen äußerst bedrohlichen Charakter an. Im Kreise Mita» verwüsteten die Landarbeiter an einem Tage neun Amtsbezirke und steckten die Gebäude dreier Amtsbczirksverwaltungen in Brand. Nach den neuesten Meldungen nahmen m letzter Zeit -die Versuche, die Eisenbahnlinien teilweise zu zerstören, zu. Als Sitz der Leiter der Bewegung wird Riga angenommen, wo die Lage seit dem 29. Juli äußerst beunruhigend ist. Kassel. Der Kaiser und die Kaiserin, Prinzessin Victörio Luise und Prinz August Wilhelm nebst Gefolge sind mit einem Sonderznge gegen M/s Uhr von Station Wilhelms hohe nach Eisenach abgereist. Aus dem Bahnsteige war der Oberpräsidcut v. Windheim erschienen. Die Maiestäten mit der Prinzessin und dem Prinzen werden kurz nach 11 Uhr in Eisenach eintreffen, wo sie dem Groß!,erzog von Sachsen einen mehrstündigen Besuch ans der Wartburg abstattcn werden. Die Ankunft auf Station Wildpark ist für heute abend 9 Uhr 35 Min. vorgesehen. Stettin. Der Norddeutsche Lloyd hat beim „Vulkan" einen neuen großen Schnelldampfer vom Typ des „Kaiser Wilhelm II? bestellt. Swinemünde. sPriv.-Tel.j Die stark in Verwesung überaegangene Leiche eines Badegastes wurde in den Dünen bei Ueckeritz gefunden. Neben ihr lag ein kleiner, mit Wäsche gefüllter Koffer. Die Strümpfe waren mit 8t., die Taschentücher mit VV. gezeichnet. Anscheinend handelt es sich um einen Herrn aus Dresden, der Anfang Juni in Ueckeritz zur Kur weilte und plötzlich verschwand, ohne daß man von seinem Bleiben etwas erfuhr. Budapest. „Ujsag" schreibt mit bezug auf die nach allge meiner Auffassung in einem gestrigen Artikel des „Magnar Nemzet" enthaltene Ankündigung von Neuwahlen, über den Ernst eines solchen Schrittes müsse man auf allen Seiten im Klaren sein. Die Krone müsse, falls die Neuwahlen gegen die Regierung entscheiden sollten, anerkennen, daß ihr nicht nur die Koalition, sondern auch der Wille der Nation gegenüberstehe. Anderseits werde ein eventueller Sieg der Koalition überwiegend dem radikalen Flügel der Kossuth-Partei, keineswegs der Fraktion Andrassv oder Banffy zu statten kommen. Die Koalition möge also die Kabinettsbildung übernehmen, wo durch dem Lande der große Dienst erwiesen würde, daß die leidenschaftliche Aufregung eines Wahlkampfes vermieden werde. Paris. Aus Chamböry wird gemeldet, daß auf der Rück kehr aus dem Manöver mehrere Soldaten des 94. Infanterie- Regiments sich an dem Patrouillenfübrer, Hauptmann Charcy, vergriffen haben, indem sie ik»n zu Boden warfen, knebelten und mit Stöcken auf ihn losschlunen. Der Hauptmann wurde von zwei Kameraden befreit. Die Soldaten sind verhaftet. Stockholm. Zu Delegierten für die Verhandlungen zwischen Schweden und Norwegen werde» ernannt von Schweden: Ministervräsident Lundberg, der Minister des Aeußeren Graf Wachtmeister, der Kultusminister Hammarskjöld und Staatsrat Stoaff, von Norwegen: Ministerpräsident Michelsen, der Minister des Aeußeren Lövland, der Präsident des Storthing Berner und der frühere Staatsrat Vogt. Die erste Sitzung findet ain 31. August nachmittags in Karlstad statt. Oertllches und Sächsisches. Dresden, 26 Anglist. —* Se. Majestät der König, welcher gestern abend nach 9 Uhr von der Reise ins Vogtland nach Pillnitz zurückkchrtc, traf heute vormittag zur Entgegennahme der Vorträge der Herren Staatsminister. der Teparlemcntschcfs der König!. Hofstaaten »nd des König!. Kabincttssekretärs im Residenzschiosse ein und weilte daselbst vis nach 1 Uhr. — Nächsten Montag wird der F ü r st von Hohenzollern dem Könige in Pillnitz einen Besuch abstatten. Desgleichen trifft PrinzLudwig von Bayern in Vertretung des Prinz-Regenten Luitpold Mittwoch, de» 30. August, nachmittags, zum Besuche des Königs in Pillnitz ein. —» König Friedrich August in Chemnitz. Wie be reits in einem Teile der Morgenausgabe unseres Blattes mitgeteilt wurde, traf Se. Majestät derKönig gestern nachmittag 5 Uhr 23 Min., von Crimmitschau kommend, in Chemnitz ein. Zum Empfange hatten sich auf dortigem Hauptbahnhoie die Herren Kreishauptmann Freiherr v. Welck, Oberbürgermeister Dr. Beck, Landgerichtspräsident Wagner, Oberstaatsanwalt Dr. Pohl, Oberposldireklor Richter, Polizei- direktor Lohse, Eisenbahndirektor Mehr, der Garnisonälteste Generalleutnant Basse mit seinem Adjutanten, Major v. d. Decken, dem Generalstabsoffizier Hauptmann Frei herrn o. Oldershausen, Generalmajor Wahle und Justizrat Eulitz eingefunden. Nachdem der Monarch den Salonwagen verlassen, entbot ihm, wie das „Chemnitzer Tagebl." mitteilt, Herr Oberbürgermeister Dr. Beck herzlichen Willkommengruß. Der .König nahm sodann die Vorstellungen der erschienenen Herren entgegen, jedem die Hand reichend. Alsdann begab sich der Monarch durch das Köniaszimmer nach dem bereitstehenden Wagen. Die zahlreich im Bahnhofsgebäude, sowie vor dem selben versammelte Zuschauermenge brach beim Erscheinen und bei der Abfahrt des Königs in brausende Hurras aus. Die Fahrt ging durch die mit reichem flüaggenschmuck verscheii.-n Straßen der Stadt nach der Ausstellung. Im ersten Wagen hatte» die Herren Oberbürgermeister Dr. Beck und Stadl- verordnctenvorstcher Justizrat Eulitz, im zweiten Wagen Herr Kreishauptmann Freiherr v. Welck Platz genommen: alsdann folgte im dritten Wagen der König und in den übrigen die weiteren Herren des Empfanges, sowie die des Gefolges. Am Neustädter Markt hatten 22 Deputationen der Militärvereine ten Hurras. In herzlicher Weise dankte der König den Deputa tionen und den vor dem Rathause versammelten Beamten des Rates der Stadt Chemnitz. Dort hatte auch das Chemnitzer Kuabeumusikcbor Aufftellung genommen und den König inst klingendem Spiele begrüßt. 5 Uhr 40 Min. traf der König in der Ausstellung ein und wurde dort am Hauptportal von Herrn Garteudirektor Werner begrüßt. Vielhundertstimimg wurdcn die Hochrufe aus den König von den Ausstellungs- besuchcrn ausgenommen. Auch aus Kindermund wurde dein Monarchen ain Hanviportal noch ein Willkommengruß dar- gebracht. Die 7jährige Anna Wünsche überreichte ihn mit den Worten: „Lieber Herr König, guten Tag. Dir bei uns es gefallen mag!" einen reizenden Strauß von Maiblümchen. Der König dankte dem Kinde wie auch Herrn Gartendirektor Werner für die berz'iche Begrüßung und sprach sein Bedauern darüber aus, daß er nicht zur Eröffnung da sein konnte, weil er durch andere Pflichten abgcbalten gewesen. Darauf unternahm er unter Führung des Herrn Oberbürgermeisters Dr. Beck und des Herrn Garteildirektors Werner einen Rundgang durch die Aus stellung und sprach sich dabei wiederholt höchst befriedigt über das Gesehene ans. Insbesondere die Koniseren, für die er Fa einen Preis gestiftet, fanden seinen lebhaften Beifall, nicht minder die prächtigen Pflanzengruppen der Haupthalle, das Viotoi-ia ropffa-HauS, wo er «in von Herrn Dehne überreichtes Bild des Hauses annahm, ebenso die Bindereien, besonders das Arrangement des Speisezimmers und der Jagdtafel. Während des einstündigen Rundganges nahm der Monarch an den beiden Ausschaiikstellen je einen Becher Pilsener Bier und eine Zigarre, die ihm von den beiden Fräuleins Meyer überreicht »vurden, entgegen. "F? Uhr verließ der König die Ausstellung wieder. Ein brausendes Hoch, von Herrn Dehne ketztcn Rundreise, die wiederum wundervoll verlauten sei. Chemnitz bilde nun abermals einen würdigen Abschluß. Er sagte: Ende gut, alles gut. Er verabschiedete sich auf das freundlichste durch Händedruck von den Herren seiner Begleitung. Bei der Abfahrt brachte Herr Oberbürgermeister Dr. Beck ein Hoch aus den König aus. Das Publikum, das in großer Zahl aus dein Perron versammelt war, stimmte begeistert ein. und geleitet von lange forttöncndcn Hoch- und Hurrarufen verließ er um 7 Uhr Chemnitz. —* In der Nacht zum Freitag verstarb Herr Oberst z. T. August Herrmann Clautz im Alter von 75 Jahren am Herz schlag. Als Kommandeur des 6. Jnf.-Regts. Nr. 105 zu Straß- bnrg trat er am 1. April 1881 in -den Ruhestand und lebte seit der Zeit in Dresden. —* Auf dem St. Panli-Friedhofe wurde heute mittag die in Obernigk bei Breslau verstorbene Reichsgrafin Henckel von Donnersmarck zur letzten Ruhe geleitet. Ter kostbare, reich geschnitzte Eichensarg war in der Parentations- lmlle des Friedhofes aufaebahrt, wo Herr Pastor Schneider die Trauerrede über das Wort: „Es ist genug, so nimm, Herr, Kunst nn- Wissenschaft. s* Wochen-Spielplan der König!. Hoftheater, Opernhaus. Sonntag: „Die Zauberflötc." Montag: „Der fliegende Hofländer." Dienstag: „Carmen." Mittwoch» „Undine." Donnerstag: „Die Hugenotten." Freitag: „Die Regiments tochter." „Aul. Japan." Sonnabend: „Tosca." Sonntag f3. September): „Der Freischütz." — Schauspielhaus. Bis mit 2. September geschlossen. Sonntag (3. Septemberj: „Nathan der Weise." Triumph -er Photographie — Künstleranek-oten. Wenn inan einmal in Großmütterleins Stübchen eine über dem Sofa hängende Daguerreotypie von der Wand niniint. ein halb vergilbtes Bild, das man gegen das Licht halten muß, »>» di« fast verwischten Züge nur ciiiigcrmaßcn zu erkennen, wenn man dann abends in einem großen Spezialitätenthcater sitzt und durch den Kinematographen in nnheimlicher Lcbensechtheit eine Enthüllungsseierlichkeit oder eine große Parade oder die Be grüßung eines angekomnienen Monarchen vorgcführt wird, deren photographische Aufnahme erst vor wenigen Stunden a» demselben Tage erfolgt ist, dann sieht man so recht, wie weit wir cs auf diesem Gebiete gebracht haben. ES ist der Triumph der Photo graphie ! Und die so hoch entwickelte Kunst des Lichtbildners spannt heute alle, alle vor ihren Triumphwagen, den geharnischten Krieger und den Mann der stillen Friedensarbeit, den Künstler und den Gelehrten, die Primadonna und den Politiker, das Wunderkind und den achtzigjährigen „rüstigen" Jubilar, das Ueberbrettl und das Sargbrcttl. In der Tat, die Photographie ist heute eine Weltmacht, vor der sich alle beugen, die ganz Großen und die ganz Kleinen. Wenn dem Deutschen Kaiser irgend ei» Bürger meister bei festlicher Veranstaltung in güldenem Humpen dcn - Ehrentrunk darvietct, oder wenn der jagdfreudige Monarch im! Wams, mit Schirmmütze, Hirschfänger »nd Muff die zur Strecke, gebrachten Sauen besichtigt, so können wir das wenige Tage, später ganz genau und getreu in irgend einem Wochenblatt,! irgend einer illustrierten Zeitschrift sehen. Der Leser von heute I »raucht nicht mit Hamlet dmnpfttagelrd auSrusen: .Ich wollt'.' ich wär' dabei gewesen!" Der Leser von heute ist überall dabei: er sieht allrs, was vorgeht. Die kindliche Freiide an Bildern hat jetzt die erwachsensten Personen erfaßt. Die Minister lassen sich an ihrem Diplomatenschreibtisch photographieren »nd die Parlamentarier werde» hinterrücks ans die Platte geworfen, wen» sie zur Debatte nach dem Deutschen Reichstage gehen. Geradezu geschmacklos aber finde ich es. wenn auf dem großen Markt der menschlichen Eitelkeiten auch bekannte Schriftsteller sich prostituieren. Wie kann ein Mann der Feder, zum Beispiel ein Httmorist, der von dcn Schwächen seiner Mitbürger lebt, über die er spottet, sich so weit vergcsicn, daß er sich im eigrncn Heim einem Photographen preisgibt und dann »och obendrein eine möglichst wirksame Pose sucht. Ich halte das geradezu — Par don. es hat eben bei mir geklopft! Ich: „Herein!" Mein Dienstmädchen (in das Zimmer tretend): „Entschuldigen Sie. es stellt ein Herr auf der Treppe, der Sic sprechen wollte!" Ich: „Ein Herr?" Mein Dienst mädchen : „Ja, es ist ein Mann, der Sie gerne pkotographieren mochte für so'n Blatt, was Bilder bringt!" Ich icmpört»: „Und diesen Herrn lassen Sie aus der Treppe stehen? Sind Sie denn verrückt?" (Ich eile hinaus.) „Verzeihen Sie gütigst, sehr ge ehrter Herr, aber das Mädchen ist noch äußerst naiv — sie ist von außerhalb, sehr von aiißcrbalb! Wollen Sie nicht näher treten? Mit wem habe ich die Ehre?" Der Herr: „Ich bin Photograph des „Illustrierten —" Ich: „Ich schätze Ihr Blatt ungemein! I" Der Photograph: „Im Namen der Redaktion soll ich Sie fragen, ob Sie sich nicht für die nächste Nummer des „Illustrierten —" photographieren lassen möchten? Ich habe den Apparat gleich mitgebracht!" Ich: „Mein Gott, ich glaube kaum, daß sich irgend jemand für meine äußere Erscheinung »iter- essicren wird — aber, wenn Sic »leinen — es ist selbstverständ lich eine Ehre für mich! Ich stehe Ihnen völlig zur Verfügung Sie können 20 Aufnahmen von mir machen!" Der Photograph: ,Mne genügt!" Ich: „Bitte, nehmen Sie mich von der rechten Seite auf — daS ist für »nch vorteilhafter! Gestatten Sie — nur einen Augenblick! Ich will mir nur die Dichtcrlocke vor dem Spiegel etwas tiefer in die Stirn drücken — so! Soll ich mw vielleicht schnell einen Frack anziehcn — ich habe nämlich enien hocheleganten ^rnckanzug." Der Photograph: „Nein — Sie was, da setze ich mich schnell wieder an meinen Schreibtisch, tauche die Feder ein und blicke sinnend auf das Papier." Der mich der gesamten Redaktion." behalten Sie ruhig an. Der „Illustrierte —" will Sie ja gerade in der Intimität Ihres Schaffens seinen Leiern zeigen!" Ich: „Ah — da haben Sie vollkommen re,bt' Wrsien . . . Wir sitzen draußen auf der Terrasse des Hauptrestau- rants des „Zoologischen Gartens" bei einer Bowle — ein gemüt licher, intimer Kreis. Schriftsteller, Maler, Schmispicler und zwei liebenswiirdige Kommerzienräte, die sich zu uns „verirrt" haben! Der Regen strömt Hemieder, klatscht auf die Leinwand der Markise. Und um so nässer es draußen wird, um so mehr sorgen wir auch für innere Feuchtigkeit! Als der Mokka gebracht wird und seinen würzigen Hauch ver breitet, als die Zigarren dampfen und die Rauchkringel der Zigaretten in die Luft steigen, da beginnt natürlich — das Anek - doten erzählen ! Einige der lustigsten, aus der Klasse der Literatur und Kunst, mögen hier wiedergcgeben werden: Es war vor einigen Jahren bei einer Gesellschaft im Ha»le Professor Paul Meycrheims. Der sehr musikbegeisterte Maler hatte zu Ehren des Komponisten Bruch eine Gesellschaft ver anstaltet. Auch der bekannte Cello-Virtuose Heinrich Grünfetd befand sich unter den Gästen. Nach dem Singen wurde Musik aemacht, und Grünfeld spielte, um dem Komponisten eine Artig- reit zu erweisen, das althebräische Lied „Lot nickrvi", in einem Arrangement von Bruch. Alles applaudierte begeistert. Herr Bruch aber sagte mit sauer-süßer Miene: „Es war sehr schön im Ton, aber zu langsam im Tempo, Herr Grünfeld!" Da antwortete ibm Grünfeld ruhig: „Werter Herr. daS Lied habe ich »ckwn gespielt, lange, bevor Sic's komponiert haben!" Wie man sicht, kann Heinrich Grünfeld, der in Berlin mit Recht als der „König der Anekdotcn-Erzähler" arlt. leibst schr gute Witze maclim. Zur Zeit, als der Sänger Rothmühl noch im Königlichen Opernhause in Berlin engagiert war, geschah «S öfter, da» Grüiffeld mit Rothmühl verwechselt wurde. Eine gewisse Aehnlichkcit zwischen den beiden war tatsächlich vor handen, Einmal passierte cs Grünfeld nach einem großen Fest mahl im „Kaiserhos", daß man ihn am selben Abend dreimal als Nachmühl anlprach. Der dritte war ein Berliner Maler. Da faßte der bekannte Cellist ihn am Jrackknops und sagte rulng: „Vereürtester. ich bin Grünfelb und nicht Roth«W. S«
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