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Sächsischer Landes-Anzeiger : 22.11.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-11-22
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384622-188811224
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384622-18881122
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384622-18881122
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungSächsischer Landes-Anzeiger
- Jahr1888
- Monat1888-11
- Tag1888-11-22
- Monat1888-11
- Jahr1888
- Titel
- Sächsischer Landes-Anzeiger : 22.11.1888
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MMMWWWMMM! Nr. 273. — 8. JalirMilq. Der jeden Wochentag Abend (mit Datum des folgenden TageS) zur Versendung gelangende „Teichfische Lmivcs-Anzciger" mit täglich cincm Extra-Beiblatt: i. Ätine Botschaft 2. Sächsischer Erzähler 8. Sächsische GerichtSzeitnng 4. Sächsisches Allerlei b. IllujirirteS linterhnltnngsblatt s.'So»»tngSblatt 7. Lustiges Bilderbuch lostet bei den Ausgabestellen monatlich 70 Pia» bei den Post-Anstalten 7> Psg. (Post-Zeitungs-Preisliste Nr. 8035.) Sächsischer Unparteiische tägliche Zeitung für Sachsen nnd Thüringen. Verlags-Expedition: Alexander Wiede, Bnchdrnckerei, Chemnitz, Theaterstratze Nr. 5. Fernsprech-Anschluß Nr. 136. — Telegramm-Adresse: Landes-Anzeiger, Chemnitz Donnerstag, 22. November 1888. Vou Vcn Hauptblättcru des „Sächsischen LandcS-AnzeigcrS" erscheint (ohne dessen tägliche Extra-Beiblätter) eine billigere Sonder-AuSgabc unter dem Titel: Chemnitzer General-Anzeiger- für monatlich nur 50 Pfg. mit Anträgen; außerhalb Chemnitz monatl. 57 Pf. m. Ztr. (Zeitungs-Preisliste !>. Nachtr. Nr. I3S0».) FürAbonnentcn crscheintjeeinmal inlJahr. Sommer-Lisetibahnlahrplauhefr für Sächsin: Wiiiter-Eiseiibahufahrplaiiheft für Sachsen. Illiistr. Kalender des Sitchsischen Laiidbotcn, JlliistrirteS Zahresbnch des Laudes-Anzeigers. AnzrigeiipreiS: Nanm einer schmalen Coipnszeilc 15 Psg. — Bevorzugte Stelle (lspaltigc Pctitzeile) 30 Pfg. — Bei Wiederholung großer Anzeige» Preisermäßigung. — Bei Bestellungen von Auswärts wolle mau dcg Einriicknngsbetrag (in Briefmarken) beifüge» >sc 3 Silben Cerpnsschnst bilden ca. 1 Zeile.) — Anzeigen können nur bis Vormittag angenommen werden, da Druck und Verbreitung der großen Auslage längere Zeit erfordern. — Tie Anzeigen fitzdcn^ohiic Prwi^sa»Schlag gleichzeilig Berbrennng durch den „Chemnitzer General-Anzeiger" (billigere Sonder-Ausgabe der Hauvtblättcr des „Sächsischen Landes-Anzeigers" ohne dessen tägliche Extra-Beiblätter.) Netteste Nachrichten. Wien, 20. November. Der „Pvlil. Corr." wird aus Belgrad gemeldet, daß die Fortschrittspartei bei den Wahlmämicrtvahlcn trotz heftiger Agitation der Gegenparteien bemcrkcnswerthe Erfolge erziele. Bisher gehörte kaum die Hälfte der Gewählten der radikalen Partei a». Noch ungünstiger sei das Wahlresultat für die Liberale». Paris, 20. November. Die nach NimcZ zitirlcu Zeugen be absichtigen, im Parlament einen Zwischenfall hcrbeiznsührcn, »m Gillh zum Reden zu zwinge». Die von Gilly cröffncte Campagne dcr Dcnniicintionen beginnt selbst die Monarchisten anzuclel». Der „Figaro" fordert heute die Republikaner auf, um dcr nationalen Ehre willen sich nicht mit Schmutz zu bewerfen. London, 21. November. (Drahtnachricht unseres Anzeigers). Das englische Unterhaus verwarf mit 330 gegen 246 Stimmen 0 ladstoncS Amendement, betreffend die irischen Pachtziusen-Rückstände „nd nahm in erster Lesung die irische Pachtankanfs-Bill an. Politische Nrmdschan. Chemnitz, den 21. Nvvcmber. Deutsches Reich. Die kaiserliche Familie ist am Dienstag von Potsdam »ach Berlin übergcsiedelt und hat im dortigen Schloß die Winterwohiumg bezogen. — Dcr Beginn dcr neuen Ncichstagssession wird sich genau wie in früheren Jahren abspiclen. Der feierlichen Eröffnung folgt an, Freitag die Präsidentenwahl, welche zweifellos auf die Herren v. Lcvetzow, Or. Buhl und Freiherr v. Unrnh-Bviust fallen wird, nnd am Dienstag oder Mittwoch nächster Woche beginnt dann Vie erste Bcrathung des Etats. — So lange wachsende Militäranforderungcn nöthig sind, wird auch im Rcichsbndgct ein Deficit obwalten. Auch der neue Etat hat 22 Millionen Einnahmen weniger als Ausgaben, aber praktisch kommt diese Thatsache bei uns wenig in Anbetracht. Ein Deficit muß stets durch Erhöhung der Beiträge der Bundesstaaten zur Reichskassc beseitigt werden, und selbstständig daneben stehen dann wieder die Rückzahlungen der Reichskassc an die Bundesstaaten aus den Zollcinnahmen re. Was aber die Hauptsache ist, wir haben außer dem Etat auch »och die alljährlich wicdcrkehrcndcn Rcichs- anlcihcn. Darin--sitzt die Schuldenlast des Reiches, das Deficit im Budget macht viel weniger ans. Die Schulden des Reiches sind in Folge dcr fortwährenden Armccverstärkniigen gewachsen, mit ihnen die Zinse», unv noch immer läßt sich ein Ende nicht absehen. Das Reich kann zur Zeit die Schulden recht gut tragen, im Ernstfall würden es noch viel mehr werden, nur Eins wäre erwünscht, Klar heit darüber, ob die Reichsrcgiernng die Sienergesetzgcbnng als ab geschlossen betrachtet vdcr nicht. Der neue Schatzsekretär wird dar nach gewiß gefragt werde», sobald die Generaldebatte über das Budget stattfindet. Ob er eine klare, nette Antwort geben kann, ist aller dings die Frage. — Gutem Vernehmen nach beträgt die Summe, welche die Ad miralität vom Reichstage für Schiffneubautcn fordern wird, nicht ganz 117 Millionen Mark Dieselbe soll auf die nächsten 10 Jahre vcr- rhcitt wecdcn, würde also, je nachdem die Schiffsbautcu für das Jahr einen größere» oder geringeren Betrag in Anspruch nehme», jährlich zwischen 0 und l2 Millionen erfordern. — Tic römische „Civiltn, Cciitvliccr" bringt einen angeblich authentischen Bericht über die Unterredung zwischen Papst Leo und Kaiser Wilhelm, der indessen etwas Neues nicht bietet. Der Papst Der Pfarr-Heinnch. Novelle vv» Theodor Winkler. Fortsetzung. Nachdruck verboten. X. Die Säbclaffairc zwischen dem Hnnplmann von Hvldorff und dem Maler Osten machte, zum Thcil mit den abcntencrlichsten Zu sätzen verbrämt, die Runde durch sümmtliche Zeitungen und erregte ungemeines Aufsehen. Namentlich i» dcr Residenz, dem Wohnort der beiden Bctheiligte», bildete der Vorfall mehrere Tage lang das allgemeine Stadtgespräch. Der alte Major von Holdvrff hatte noch in derselbe» Stunde, als die Kunde von der übereilten Thai seines Sohnes ihm zu Ohren drang, uni lästige» Besuchen zu entgehen, die Stadt verlassen und sich anj's Land zurückgezogen, wo er so lange zu verharren beschloß, bis über die unselige Geschichte Gras gewachsen sei. Hierher kam ihm wenige Tage später ein Brief nach, in dessen Handschrift er sofort den Major von Weißcnborn als Absender crricth. Das Schreiben enthielt die bittersten Vorwürfe darüber, daß dcr Major von H ldorsf seine Kameradschaft dadurch an ihm habe bcwäi;rcn wollen, daß er il»» seinen in der ganzen Stadt berühmten Herrn Sohn als Schwiegersohn habe ansschmnggeln »nd somit seine einzige Tochter einem zweifellosen Unglück habe cnlgcgensührcn wolle». Der a!!c Herr protcstirte mit energische» Worten gegen diese Art des Egoismus, die cincm Betrug nicht allzuscrn sei. Der ganze Brief wac ans Verwünschungen und Klagen sowie Vorwürfe» zusammcn- gemijchl und snr Vaicr »nd Sohn nichts weniger als schmeichelhaft. „Ich habe," schrieb der verletzte Vater in heftiger Entrüstung, „die einzige Tochter, die mir Gott geschenkt und als Andenken meiner verstorbene» Gattin zurückgclasscrr hat, gehütet wie cincn Augapfel, ans daß sic i» meine» Wien Tage» mir eine Stütze »nd Freude sei; aber nicht habe ich sie erzogen, »m sie an einen Man» z» ver schleudern, der die Ehre dcr Frauen notorisch mit Füßen tritt und den Platz seiner Wirksamkeit verlassen muß, um »och Leute zu finden, die ihr» Vertraue» schenke». Daß Sie, als Vatcr dieses Sohnes und von der» Lebenswandel desselben wohl nntcrrichlct, ihn mir mit so warmen Empsehlnnge» in's Hans senden konnten, kan» ich Ihnen nie verzeihen »nd muß eS Ihrem Rechtsgcsühl überlassen, dies mit Ihrer» Gewissen zu vereinbaren." Den wuchtigen Schlägen, welche Elisabcth's Vater gegen das moralische Gefühl seines ehemaligen Kriegskameraden in diesem schreiben anSführle, vermochte sich dieser »ich! zn entziehen; er beklagte sich über seine Lage und über die Angriffe, welchen er aus gesetzt sei. Der Kaiser wies in seiner Antwort n»f das hohe Ansehen hin, welches der heilige Stuhl in der ganzen Welt genieße, und be merkte, ans den Angriffen müsse man sich nichts machen. Als der Papst späterhin ans die in Europa drohenden Gefahren hinwics und den Wunsch nach einer Einigung betonte, trat dann Prinz Heinrich von Preußen ei», das Gespräch über dies Thema abschncidend. — Gegen die „Freisinnige Zeitung" ist ans Hintrag des Kaisers bekanntlich ein Nachdrucks-Prozeß wegen Veröffentlichung des Tage buches Kaiser Friedrichs angestrengt worden. Es ist aber im Voraus festzustcllcn, ob Kaiser Wilhelm auch in Bezug auf das Tagebuch alleiniger Rechtsnachfolger seiner Vaters ist, oder ob das Eigcnthnms- recht der Kaiserin Friedrich zusteht. — Die deutsche Kriegsflotte bekommt zu thun. „Schwalbe" und „Pfeil" sind bekanntlich schon nach Ostafrika abgedampft, und »un ist auch »och die Indienststellung des Aviso „Blitz" hierfür verfügt. Das Kanonenboot „Eber" und die Korvette „Olga" sind nach Samoa beordert worden, um dort zur Wiederherstellung der Ordnung bcizu- tragen. Die Schiffe dürften bereits dort angekommen sein. — Von dem österreichischen Afrikarciscndcn Oskar Bciumann, der mit dem deutschen Reisenden Hans Meyer von Zanzibar eine Expedition ins Innere des afrikanische» Küstenlandes unternommen hatte und von Eingeborenen lange gefangen gehalten war, ist an seine in Wie» lebenden Eltern aus Zanzibar ein Brief ciiigcgangc», welcher mancherlei Mittheilungen über de» Aufstand bringt. Es wird darin erzählt, daß in Pangani wilder Aufruhr tobt, daß Alles dort in Waffen starrt, und Araber und Ncgertruppen mit wüstem Geschrei durch die Straße» ziehen. Die flüchtenden deutschen Beamten haben all ihr Hab und Gut verloren. Aus der verlassenen deutschen Plan tage Samoa steht die Tabakernte prachtvoll, die nun unter den ob waltenden Verhältnissen verkommt. — Die französische Regierung hat sich übrigens von dem Heer bann der Rewuichemäiincr ganz gehörig breit schlagen lasse». Es galt bekanntlich als ausgemachte Sache, daß Frankreich den bei der Sklavenblokade in Ostafrika betheiligten deutschen und englischen Schiffen das Recht gewährt, unter französischer Flagge segelnde ver dächtige Schiffe »ach Sklaven zu untersuchen. Hiergegen wurde solcher Lärm erhoben, natürlich nur weil Deutschland mit ins Spiel kommt, daß das Ministerium Floqnct ängstlich zurückging nnd er klärte, nach Sklaven dürsten keine unter französischer Flagge fahrende Schiffe untersucht werde», sondern nur nach Waffen. Durch diese Weigerung, die dummer Weise als Schutz der französischen Interessen ausgelegt wird, »»iß die geplante Blokade natürlich von ihrem Werth verliere». Ganz anders verfährt England. Die Regierung hat die Forderung vou britischen Indiern, welche durch de» Aufstand in dem dcntschen Schutzgebiet geschädigt sind, auf Gewährung von Schadenersatz durch Deutschland als nicht gerechtfertigt aiierkaiint. Italien. I» wiederholter Abstimmung hat die italienische Depiitirtcnkammer dem Ministerium Crispi mit großer Mehrheit ein Vertrauensvotum crtheilt. — Der Conflict mit Zanzibar ist zn Ende und die Fahne des italienischen Koiisulatcs auf dcr Insel unter Kanonendonner wieder aufgchißt. Der Sultan entschuldigte sich wegen der iinchrerbictigeii Acußernng, die er über das an ihn gerichtete Schreiben des Königs von Italien gethan hat. Frankreich. Der deutsche Botschafter Graf Münster läßt die von französischer Seite verbreitete Nachricht, er habe die Ausweisung dcr beide» Pariser Korrespondenten ans Berlin verlangt, für unwahr erklären. — Nächsten Sonntag veranstaltet die Pariser Patrivtenliga Bvulanger zn Ehre» ein großes Gostmahl. Dcr General will eine Friedensrcde halten. — Die Aufregung, welche dcr Prvccß Gillh verursacht hat, dauert fort. Andrieux hatte deshalb mit einem anderen Abgeordneten ein Duell und ist leicht verletzt. Am Donners tag wird Gilly's Schrift erscheinen, in welcher er seine Behauptungen über die Schwindler unter den Abgeordneten zn beweisen suchen wird. Auch Wilson's Drohung, Enthüllungen über seine Gegner und republikanische Wortführer zn machen, hat sehr erregt. Es ist That sache, daß vv» bekannten republikanischen Größen die schmutzigsten Geschichten im Umlauf sind, und Grevy wird von Angstmeiern über lausen, um das Vorgehen seines Schwiegersohnes zu hindern. Der Expräsidcnt antwortete ausweichend »nd dm Boulangistcn und Monar chisten sind außer sich vor Freude. Gründlicher, als es jetzt geschieht, können sich die Republikaner auch gar nicht blosstclle». — In dem Orte Bnssang wurde eine österreichische Dame von der Bevölkerung als Spion!» verfolgt. Glücklicherweise war dcr Maire des OrteS vernünftig »nd nahm die Dame unter seinen Schutz. — Aus Nancy melden Pariser Blätter, daß ein in Avriconrt angestellter französischer Beamter, dcr sich, wie gewöhnlich, auf deutsches Gebiet begeben hatte, um einen ihm gehörigen Acker zn bestelle», dort verhaftet sei. Wenn der Man» nichts gethan hätte, wäre er schwerlich verhaftet. mußte im Stillen zugcben, daß er nicht ehrlich gegen den Fccnnd gehandelt habe. Allein mehr als dies Zerwürfniß beunruhigte ihn das Schicksal seines Sohnes selbst, der seit jenem unglücklichen Tag verschollen und verschwunden war. Auch die emsigsten Nachforschun gen über seinen Verbleib blieben erfolglos. Die Zeilungsblcittcr, welche sich »och immer aus's Angelcgcnlichste mit seiner Person be schäftigten, verbreiteten die widersprechendste» Gerüchte. Bald sollte er sich in plötzlicher Reue selbst den Tod gegeben haben, bald nach Amerika geflüchtet, bald sich selbst dem Militärgericht gestellt und seine Bestrafung gefordert haben. So gingen Wochen dahin, ohne daß in dieses Dunkel ein Licht gekommen wäre. Das Fatalste für den allen Baron war, daß trotz dcr „von oben herab" erlassenen Ordre, die Sache nicderzuschlagen, oder vielleicht gerade deshalb, der Vorfall erst recht lebendig im Publikum blieb und von den Zeitungen immer auf's Nene angeführt wurde. Nach langer Zeit erst sollte er ans dieser Peinlichen Ungewißheit erlöst werde». Er erhielt ans der Schweiz einen Brief, in dem ihm der Vermißte ein Lebciiszeichc» gab und ihm heimlich mitthciltc, daß er in dcr Ferne ein Asyl ge sunde» »nd vorläufig dort zu blcibcn für geralhcn Halle. Ostcn's Genesung machte rasche Fortschritte. Bereits am Tag nach dcr Katastrophe erwachte er wie ans tiefem Schlaf nnd fühlte sich wieder Herr seiner Sinne. Verwundert schaute er sich im Zimmer um, er wußte nicht, wo er sich befand, und die junge Dame a» seinem Bett wac ihm fremd. Die blonde Emilie — denn diese war die bekannte Wärterin — gewahrte sofort, was ihm fehlte, und sagte, daß er im Hanse des Amtmanns sei, wo sein Freund Berner täglich aus- nnd eingche. Osten drückte ihr dankbar die Hand, er fühlte sich in Folge des starken Blutverlustes noch so kraftlos, daß er nur wenig sprechen konnte. Für Heinrich und Elisabeth aber, die sich kaum gesunde» hatte», schlug bereits die Stunde dcr Trennung. Dcr nächste Morgen nach dem verhäng»ißvvllcil Geburtstag sah auch bereits den alte» Major in Grünthal cinzichcn, »m seine Tochter in Empfang zu nehme» nnd wieder nach Schwalbcnhcim zurückzubringen. Noch in dcr Nacht Halle man ihn aus dcm Schlaf geweckt, und ihm die Botschaft ge bracht, daß in Gegenwart Elisabcth's Jemand ermordet worden sei. Der alte Herr zeigte eine Unruhe und Aufregung, die nur dcm erklärlich war, der da wußte, welche Hoffnungen er auf den Haupt mann gesetzt hatte. Fast gleichzeitig mit der Ankunft von Elisabeths Vatcr erschien aber auch dcr gestrenge Herr Forstmeister in dcr Thnrmklause seines Neffen — zu», ersten Male, seit dieser da oben hauste — und kündigte ihm an, daß er vor Einbruch der Nacht das Sächsisches. — Mit Ende dieses Jahres läuft die letzte Frist ab, bis zu Wel cher die älteren Gewichtsstücke ('/z, 1 Pfs. rc.) in den frühe ren Formen im öffentlichen Verkehr angewendet werden durften. Vom I. Januar n. I. an dürfen nur noch Gewichtsstücke mit den gesetz lichen Bezeichnungen nach Kilogramm im Gebrauch sein. Gcwerb- trcibeudc mögen bei Zeiten die alten Gewichtsstücke durch neue ersetzen, damit sie kein Schaden trifft. Auskunft über die Zulässigkeit dcr ge führten Gewichte ist bei den König!. Aichämlcrn zu erbitten, deren es ca. 20 in Sachsen gicbt. — Dresden» 21. November. Gestern früh 4 Uhr ist unser Königspaar von Schloß Sibhllenort nach seiner Villa in Strehlen zurückgckchrt. — Heule früh Uhr fand in der Capelle des Re- sideiizschlosscs durch Bischof Dr. Bcrncrt die Firmung des am 25. Februar 1875 geborenen Prinzen Albert statt, an welcher Feier die gestimmte königliche Familie thcilnahm. — Der Rath hat sich nun mehr schlüssig gemacht, auf welchem Platze das neue Gebäude für das Neustädtcr Realgymnasium errichtet werden soll. Darnach wird cs an die Planmäßige Verlängerung dcr Wasserstraße zu stehen kom men und in 3 Stockwerken 19 Unlcrrichtszimmer, einen Festsaal, einen Zeichensaal, ein Berathungs-, ein Rector- und ein Lehrerzimmer, Räume für Schul- und Schnlerbivliothck, sowie Sammlungen e»t- haltcn, abgesehen natürlich noch von der Ncctor-Wohnung und wirlhschaftlichen Räumen. Die Turnhalle wird selbständiger Bau. — Scho» wieder ein Bahnfrevel! Auf dcr Bahnstrecke zwi schen Rathen und König st ein wurden am Sonnabend zwischen den dort gelegenen Bahnivärlcrhäuscrn 15 und 16 vier Sandsteine im Gewicht von zusammen 67 Kilogramm, welche zuvor an einem in dcr Nähe befindlichen CommnnicationSwcg lagerten und von dort c. dann die ca. 2>/s Meter hohe Dammböschung hinaufgctragcn worden waren, auf einem Schiencnstrang des Gleises gefunden. D e Ma schine des früh von Schandau nach Dresden verkehrenden und gegen halb 7 Uhr die kritische Stelle paffirendcn Pcrsoncnznges ist auf die jedenfalls übereinander gebaut gewesenen Steine aufgcfahrcn, wobei jedoch nur dcr linke Räumer der Lokomotive verbogen wurde. Tie ganze Ansfnhrnngswcisc, sowie dcr Umstand, daß von dcm Personal des 20 Minuten früher das Nebengleis an bcrcgter Stelle befahren den Gütcrzugcs von den Steinen noch nichts bemerkt worden ist, läßt annchmcu, daß eine die Verkehrsvcrhältnisse kennende Person die frevelhafte That ausgcführt hat. — In Zollschwitz bei Lcisnig fiel am 17. d. M. der 50 Jahre alte ledige Handarbeiter E. Küchenmeister beim Fällen eines Schloß verlassen müsse. Er habe zu seinem Erstaunen gehört, daß sein Neffe nicht nur mit dcr Familie des Amtmamis einen lebhaften Verkehr unterhalte, sondern sogar mit den beiden „Landstreichern" bekannt sei, welche dem Ort eine so traurige Berühmtheit gegeben hätte». Beides sei ihm unerträglich, und er bitte sich daher aus, daß Heinrich Schloß und Dorf verlasse. Berner, dcr bei dieser Confrontation eine überlegene Ruhe be hauptete, machte ihm erst über die ausgesprochenen Ansichten nach einer Art den Standpunkt klar, dankte dann für die gütige Beher bergung und erklärte, daß er letztere ohnehin nicht mehr nöthig habe und im Laufe des Tages räumen werde. Nur mit Hilfe einer List gelang cs ihm, die Geliebte vor der Entführung durch dc» Vatcr noch einmal zn sehen und ihr im Vor- übergehe» ein „Leb' wohl!" und „Ans Wiedersehen!" znzustüster». Wenige Minuten nachher rollte ihr Wagen ans dem Dorf und Hein rich stand am Schlvßthvr und sah ihr nach, bis die Ferne sie seinen Blicken entzog. Jn's Schloß zulückgckchrt war ihm zn Mnth, als wenn der Engel dieses Hauses geschieden wäre. Er ging noch einmal hinauf a» das Krankenlager des Freundes und überzeugte sich von der 'vrtschrcitcndcn Besserung, bat, daß man seine Sachen an seine Mutter - nach Schwalbcnhcim schicken möge, nnd verabschiebctc sich »nter dem Verspreche», in einigen Tagen znrnckznkehrcn. Seine Reise war zu nächst nach der Residenz gerichtet, wo er die Angehörigen Ostcn's anfsnchcn nnd über dessen Schick al beruhigen wollte. Ans dcm Wege dahin berührte er die Stadt, in deren Kirche sein Altarbild stand. Auch hier galt cs, Abschied zn nehmen, wie von einem Kinde, dcm er das Lebe» gegeben, das er großgezogen und mm verlassen müsse. Er »ahm den ihm zncrlanntcn Preis in Empfang nnd setzte seine Reise fort. Wie dänchte ihm dieser Preis so gering, da ihn, der eine große Preis noch in der Ferne lag, dem all sei» Ringen und Mühe» galt! Inzwischen war im Schwalbcnheimcr Gntshof zum erstenmal seit Jahren der Friede» des Hauses gebrochen und zwischen Vatcr nnd Tochter ein Zwiespalt entstanden, dcr sich ohne Aussicht auf friedliche Lösung von Tag zn Tag weiter span». Elisabeth hatte dem Vattr sogleich nach dcr Heimkehr ihr Inneres erschlossen und gestanden, daß sie Heinrich liebe und keinem Andern ihre Hand geben könne als ihm, dem allein ihr ganzes Herz g-höre. Dcr alte Major war außer sich über diese Neigung, „Einen Maler, mein Kind?" sagte er, „und noch dazu diesem? Nein, nimmermehrI" Elisabeth legte bei diesem Kampf die ganze Zähigkeit eine-
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