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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 13.07.1905
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1905-07-13
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19050713029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1905071302
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1905071302
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1905
- Monat1905-07
- Tag1905-07-13
- Monat1905-07
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Bezugs-Preis i» d« Hauptexpeditton oder deren Ausgabe stellen abaeholt: vierteljährlich 3.—, bet zweimaliger täglicher Austelluag inS Haut 3.7L. Durch di» Post bezogen für Deutsch land u. Oesterreich vierteljährlich 4ch0, für die übrige» Länder laut ZettnngSpreilltfte. Diese Rn»«« kostet auf allen Bahnhöfen and III bei den AeitungS-Berkäuferu I * Redaktt»« und ErpedtNoa. tüS Fernsprecher 222 FohanniSgaff« 8. Hanpt-Mltale Dresden: Marienstratze 34 (Fernsprecher Amt I Nr. 17131, Hnupt-Fitints Vertin CarlDnnck«r,Herza l.BayrHofdnchbandlz^ Lützowstratze 10 (Fernsprecher Amt VI Nr. 46031. Nr. 352. Nberrd-Ausgabe. ttpnger. Tageblat! Handelszeitung. Amtsblatt -es Aömgl. Land- und -es AömgL Amtsgerichtes Leipzig, -es Rates und -es Volizeiamtes -er L1a-1 Leipzig. Donnerstag 13. Juli 1905. Auzeigen-PreiS die 6 gespaltene Petitzeile 25 Familieu- und Stellen-An-eigen 20 Finanzielle Anzeigen. GefchästSanzeigen unter »ext oder an besonderer Stell« nach Tarif. Di, 4 gespalten» dtrNamrzeü« 75^ UanatzMefchtu- für «azrigen: Abend-Ausgabe, vormittag- 10 Uhr. Morgen-Ausgabe nachmittags - Uhr. Anzeigen find stet- au die Expedition zu richten. Ertrn-VeUage» mnr »st da Morgen- Ausgabe) nach besonder« Vereinbarung. Dir Expeditton ist Wochentag- nnnuterbrochen «Sffnet von früh 8 bi- abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Prh in Leipzig (Inh. l)r. «„ R. L ». »linkhardtl Herausgeber: vr. Victor Kkknkharvt. 89. Jahrgang. Iss Nichtigste vsm Tage. * In der gestrigen Sitzung der deutschen Sa- nioa-Gesellschaft kam es zu erregten Ausein- andersetzungen. Ztach mehrstündiger Verhandlung wurde dem Aussichtsrate die Entlastung verweigert. (S. Polit. Lagesschau und Handelsztg.) * Ein neuer Trupventransport für Deutschsüdwestafrika geht am 29. Juli mit dem Dampfer „Bohlen" nach Swakopmund ab. * Nach einem uns zugehenden Privattelegramm sind auf der Zeche „Borussia" die Bergungsar beiten eingestellt worden, da ein neuer Brand auf der fünften Sohle auszubrechen droht. Die Zechen verwaltung hat einen neuen Seiten schacht gebaut; an eine Rettung der Verunglückten istnichtmehr zu denken. * Die Reife des Pariser Gemeind er als zum Besuch der Londoner städtischen Behörden ist auf den 16. Oktober festgesetzt. * Der türkische Botschafter beim Ouiri - naI, Reschid Beh, ist direkt nach dem Aildiz berufen worden, um über die Tripolisfrage und die I n - tentionen Italiens Bericht zu erstatten. * Nach amtlicher Meldung ist der russische Marineminister Avellan unter Belassung in seiner Stellung als Generaladjutant des Kaisers verabschiedet worden. Vizeadmiral Birilew wurde zum M a r i n e m i n i st e r ernannt. * Nach dem „Daily Telegraph" bat der Zar definitiv den Ministerpräsidenten Witte fiir den erkrankten Murawiew zum Friedensbevollmäch- tigten ernannt. Vas Zeekriegsrecdt. Unter den zahlreichen vortrefflichen und nach vielen Richtungen hin Anregungen bietenden Abhandlungen des jüngst erschienenen „Nautilus 1905" sei auf die „Fragen des Seekriegsrechts" betitelte Studie besonders hingewiesen. Wie das Kriegsrecht überhaupt, so ist auch das Seekriegsrecht fortgesetzt in Flust. Jeder neue See krieg oder auch nur überseeische Krieg gewinnt ihm neue Gesichtspunkte ab. jede neue im Seekriege zur Geltung gelangende neue Erfindung erheischt die Aufstellung »euer Regeln. Begreiflich ist dabei, dast, je gröster die Seemacht eines Staates ist, seine Schiffahrt, seine Küstenentwickelung, je größer die Zahl seiner Häfen, er um so mehr bedacht sein wird, die Regeln des Seekriegs rechts nach seinen Bedürfnissen und Interessen zu ge stalten. Es ist eine Errungenschaft der fortschreitenden Kul tur, dast ohne internationale Verabredung jeder Staat sich angelegen sein läßt, die Bedingungen der Schiffahrt durch Markierung der Fahrstrasten, Ausgabe von See karten, Erbauung von Leuchttürmen, Verbesserung und Beleuchtung der Häfen innerhalb seines Hoheitsgebietes tunlichst zu verbessern, Einrichtungen, die nicht nur seiner eigenen, sondern auch der fremden Schiffahrt zu Gute kommen. Kriegsschiffe erfreuen sich dabei nach internationalem Brauch noch einer besonderen Bevor zugung. Sie haben in der Regel Hafenabgaben nicht zu zahlen, mit einer gewissen Zuvorkommenheit wird ihnen die Einnahme von Kohlen, die Vornahme von Ausbesserungen, der postalische und telegraphische Ver kehr mit der Heimat erleichtert. Es gilt dies keineswegs als besondere Vergünstigung, sondern als Gewohnheits- recht, das fest eingewurzelt ist; im Gegenteil erscheint es als besondere Unfreundlichkeit, wenn Kriegsschiffen die Ausübung alter Seefahrtsrechte irgendwo verweigert wird. Demgemäß gestaltete sich ehedem das Recht der Kriegführenden. Es war selbstverständlich, daß sie inner- halb neutraler Gewässer keine kriegerischen Handlungen begehen durften, aber ebenso wurden sie beim Eintritt in neutrale Gewässer wie im tiefsten Frieden behandelt und genossen die volle Gastfreundschaft. So war es z. B. noch 1870, als das deutsche Kanonenboot „Meteor" und das französische „Bouvet" sich zusammen im Hafen von Habana befanden. Tie erste Abweichung von diesem Gewohnheitsrecht ist historisch nachweisbar im Jahre 1861. Damals hielt England es für angemessen, wäh rend des amerikanischen Sezessionskrieges zu neuen Regeln übcrzugehen und an die Stelle der früheren Gast- freundschaft erneu hohen Grad von Unfreundlichkeit gegen die Kriegführenden zu setzen. Es stellte den Grundsatz auf, daß, um keinen der Kriea führen den zu belästigen, ihnen alle im Frieden üblichen Begün stigungen vorzuenthalten seien, und erklärte demgemäß folgende Regeln als verbindlich: Schiffe der Krieg führenden durften sich in englischen Häsen nur noch 24 Stunden lang aufhalten, ihr Recht auf Kohlen und Reparaturen wurde stark eingeengt, ja die Möglichkeit des Wiederkommens durch das Verbot beschnitten, vor Ablauf von drei Monaten irgendwo in einem englischen Hafen zum zweiten Male Kohlen zu nehmen. Die eng lische Flotte kann im Kriege im allgemeinen darauf ver- zickten, neutrale Häfen anzulaufen, da sie Nachrichten, Kohlen, Vorräte und Werften überall an eigenen Stütz punkten findet. Gelang es England, seine neuen Regeln zu verallgemeinern, so war damit einem künftigen Gegner, als welcher damals nur die Marine der Nord staaten in Betracht kommen konnte, außerhalb der enge ren heimatlichen Gewässer der Lebensnerv durchschnitten. Während nur die Vereinigten Staaten von Nordamerika sich unbegreiflichcrwcise diesem Doraehen angeschlossen haben, was nur unter dem Gesichtspunkte verständlich war, daß sie damals an eine Kriegführung außerhalb Amerikas noch nicht dachten, hat Frankreich stetig an den alten Grundsätzen festgehalten und sie auch soeben der russischen Flotte gegenüber von neuem betätigt, in dem es dem russischen Geschwader, das von der Ostsee nach Ostasien führ, Ruhe und Erholung, Kohlenauf- uamc und Verproviantierung in seinen Häfen gewährte. Obwohl Frankreich diese Neutralitätsregeln schon Lei Beginn des Krieges veröffentlicht hatte, erblickte Japan dennoch in die'cr Handlungsweise Frankreichs einen Neutralitätsbruch, fand jedoch bei seinem englischen Bundesgenossen, der großes Interesse daran hatte, Ditferenzen mit Frankreich zu vermeiden, keine Unter stützung. Frankreich verblieb bei seiner Auffassung, bei deren Betätigung die Konnivenz der Kolonialbehörden dann wobl noch eine besondere Nolle spielte. Daß die Japaner sich gestatteten, mit einem Kriegsschiff in Tsingtau einzulaufen (während ein Admiral mit einem Geschwader auf der Reede blieb), um sich von der An wendung der dortigen Neutralitätsvorschriften auf die russischen Schiffe, die in Tsingtau Zuflucht gesucht chatten, zu überzeugen, mag hier nur notiert werden. In einem englischen oder französischen Hafen würden die Japaner sich das schwerlich erlaubt haben. Hatte die Entschlossenheit der französischen Regie rung und die Rücksichtnahme, die sie dem verbündeten Rußland zollte, dem von England befehdeten alten Neu tralitätsprinzip einen neuen geschichtlichen Rückhalt ver schafft, so hat dieser Krieg aber zugleich auch England Gelegenheit geboten, die schärfere britische Auslastung weiter zu entwickeln. Rußland hatte es im Interesse seiner Kriegführung für geboten erachtet, Kohle als un bedingte Kontrebande zu behandeln, und war bei dieser Erklärung, ungeachtet aller im Auslande erhobenen Be schwerden, verblieben. Das benutzte nun England zu einem Schachzuge gegen Rußland, indem es im August 1904 in den englischen Kolonien Verordnungen erließ, wonach auch die Erlaubnis, Kohlen nur in dem beschränk ten Umfange einzunehmcn, überhaupt nicht gelten sollte, sobald die Schiffe nach einem Kriegsschauplätze unter wegs wären oder ihre Tätigkeit darauf ausgehe, neutrale Handelsschiffe abzufangen. Für Deutschland und die Vereinigten Staaten ist mit diesem Prinzip eine außer- ordentliche Erschwerung für die Entsendung von Sctnffen in Kricgszeiten durch das Mittelmeer und den Suez kanal nach Ostasien verbunden, England hat sich durch diese Anordnung tatsächlich eine meerbeherrschcnde Stel- lung gesichert. Dem Präsidenten Roosevelt ist das nicht entgangen und er ist deshalb dafür eingetreten, die immer weiter um sich greifenden Unsicherheiten in den internationalen Rechtsbeziehungen auf einer Konferenz einer einheit lichen Regelung zu unterziehen. Er ist dabei von dem klaren Bewußtsein getragen, daß die zukünftige Kraft entfaltung seines eigenen Landes in den Wurzeln unter graben werden kann, wenn cs nicht rechtzeitig auf die Weiterentwickelung des internationalen Rechts nach einer für Amerika nützlichen Richtung Einfluß zu ge winnen vermag. Eine Konferenz kann freilich nur Er folg haben, wenn die Staaten, die gleiche Interessen haben, sich zu gleichem Wollen vereinigen, das von einem entschlossenen Können getragen wird. Die politische Laye am Schlüsse des jetzigen Krieges, politische Erkenntnis und politische Macht werden — wie „Nautikus" betont — dafür bestimmend und entscheidend sein. Uns Deut schen mag die Einmütigkeit zur Lehre dienen, mit der die englische Presse die England frommenden Grundsätze vertritt und ausbreitet. Wir haben es da mit einem neuen Beweise der hohen politischen Reife des britischen Volkes zu tun, während ein nicht geringer Teil unserer deutschen Zeitungen die ausländische Ware, die unter der Flagge der Friedensliebe und der Humanität bei uns eingeführt wird, ohne Prüfung der einzelnen Inter essen übernimmt und aupreist und so für die den deut schen Interessen entgegengesetzten Zwecke Englands arbeitet. Al. 6. Vie marrotzsnirche frage. Herr Rouvier bat gestern in der Kammer die Frage, ob er DelcafssS Politik sortsetze, nicht beantwortet, indessen mit erhobener Stimme gesagt: „Ich werde bis zum Oktober allein die ganze Last der Verant wortung zu tragen haben; im Oktober werde ich im Wege des Gelbbuches über Kreta, Madagaskar und, wenn es die Verhältnisse gestatten, auch über Marokko Mit teilungen machen." Die Kammerdebatte verlief uninteressant. Der konservative Abgeordnete Cochin stellte, wie zu einem Teil schon gemeldet worden ist, mit Befriedigung fest, daß Deutschland die besondere Lage anerkannt habe, die für Frankreich bestehe; das Marokkoübereinkommen zwischen Frank reich und England sowie Spanien bade in keiner Weife eine Herausforderung Deutschlands dargestellt. Schließlich billigte Cochin die Annahme der Konferenz unter der Bedingung, daß man auf dem Boden des französisch-englischen Uebereinkommens bleibe. — Aus Tanger wird gemeldet, daß trotz des von den Sultanstruppen errungenen, ansehnlichen Waffenerfolges der Prätendent Bn Hamara zu neuen Taten rüste und in der Berg bevölkerung der Umgebung von Elksar und Arzula Anhang finde. Vorläufig herrscht allerdings in Fez gehobene Stim mung. — Bei der Konferenz mit Rouvier überbrachte Radolin zugleich ein Schreiben des Fürsten Bülow, worin dieser die Genugtuung über das Resultat und den Verlauf der bisherigen Verhandlungen ausdrückt. Wie eS heißt, wird man nun abwarten muffen, welchen Eindruck das deutsch-französische Einvernehmen am Hose des Sultans macht. D»e wesentliche Aufgabe der Konferenz soll sein, diejenigen Sicherheitsmaßnahmen zu genehmigen, die für die Verbesserung der Verkehrswege unumgänglich sind. politische Tagesschau. Leipzig, 13. Juli. Ter Streit in der S«m»a-Vesellsch«ft. Die schon längere Zeit währenden Mißhelligkeiten zwischen dem Gouverneur von Samoa Dr. Solf und der Direktion der Samoa-Gesellschaft haben jetzt einen Streif innerhalb der Gesellschaft hervorgerufen,- bei dem der Aufsichtsrat die Partei des Gouverneurs zu vertreten scheint, während da-« Direktorium die Mehrheit der Gesellschafter hinter sich bat. Dem AufsichtSrat wurde denn auch die geforderte Entlastung verweigert (mit 2525 gegen 233 Stimmen), die dem Vorstande mit großer Mehrheit erteilt wurde. Aus den Be richten Berliner Blätter über die gestrige Generalversammlung der Samoagesellschaft ist über die Ursache deS Streites nach dem Gang der Verhandlungen einiges zu entnehmen: Zuerst entspann sich eine längere Geschäftsordnungsdebatte darüber, ob Admiral von Werner mit Recht den Vorsitz führe und dem AufsichtSrat noch angehöre oder nicht, von Werner batte im August v. I. schriftlich seinen Austritt erklärt, aber später seine Erklärung auf Bitten deS übrigen Aufsichtsrates wieder zurückgezogen. Schließlich trat von Werner zurück und auch der stellvertretende Vorsitzende, Kapitän Arnstaedt, lehnte die Uebernahme de« Vor sitzes ab und eS wurde Direktor Goldstück« zum Vorsitzenden gewählt. Von dem anwesenden Regierungs kommissar, Geheimen Legationsrat Rose, wurde darauf hm- gewiesen, daß die etwa von der heutigen Generalversammlung gefaßten Beschlüsse der RechtSgiltigkeit entbehren würden, da die Einberufung der Generalversammlung nicht rechtzeitig durch die Deutsche Kolonial - Zeitung, wie die Satzungen es vorschreiben, einberufen sei. Gleichwohl ent schied sich die Majorität dafür, in die Besprechung d« Tagesordnung einzutreten, worauf derRegierung«- kommissar den Saal verließ. Än der darauf folgenden, sich über viele Stunden hinziehenden Debatte trat zutage, daß ein groß« Zwiespalt zwischen dem Vorsitzenden von Werner und der Direktion, auf deren Seite auch der stellvertretende Vorsitzende Kapitän Arnstaedt sich befindet, besteht. Gegen den deutschen Gouverneur in Samoa wurden von der Direktion schwere Anschuldigungen «hoben. Direktor Deeken gab eine längere Schilderung üb« die in Samoa zu Tage getretenen Differenzen mit dem Gouverneur Dr. Sols. So sei der Gesellschaft der Bau eines Gebäude« verboteu, der Konkurrenz aber später gestattet worden. Zn einem von einem wegen lüderlichen Lebenswandel« entlassenen Pflanzer gegen die Gesellschaft angestrengten Pro zesse habe der Gouverneur dessen Partei ergriffen. Für die Züchtigung eines Chinesen sei er (Deeken) zu zwei Monaten Gefängnis verurteilt worden, diese Strafe sei aber von dem Obergericht in Apia in eine Geldstrafe von 600 um- gewanvelt worden. Eine von ihm (Deeken) in d« Er regung getane Aeußerung der Gouverneur sei mit schuld an dem Ausstande der Chinesen, habe ihm eine mehrmonatliche Gefängnisstrafe eingebracht. Die Rich tigkeit dieser Bezichtigungen soll in Prozessen, die gegenwärtig schweben, erhärtet werden. Die Verhandlungen förderten noch mancherlei interessante Dinge zu Tage, so wurde behauptet, daß die Privatkorrespondenzen der Direk toren Deeken und Ullmann durch daS Auswärtige Amt beschlagnahmt worden sind. Hierbei kam es zwischen d« Direktion und dem Aussichtsrat, welche durch das Aus wärtige Amt Kenntnis von dem Inhalte der Briefe erhalten hatte, abermals zu heftigen Auseinandersetzungen. — Eine Stellung zu diesen höchst unerquicklichen Vorkommnissen zu nehmen, ist vorläufig untunlich, denn eS ist noch keinerlei Klärung der Situation zu sehen; insbesondere muß doch auch erst die Berechtigung der Vorwürfe gegen den Gouver neur geprüft werden. Ausfällig kann man immerhin heute schon die Haltung des Aufsichtsrats finden, der zween Herren zu dienen versucht zu haben scheint. Der Block der kirchlichen Rechten in Preußen. Wir haben seinerzeit von der in Berlin abgehaltenen Landeskirchlichen Versammlung berichtet, die anläßlich de« Falles Fischer einen scharfen Vorstoß gegen die Feuilleton. SOI Die beiden Hallermunds. Von A. Dom. Ra-Vdruck Verbote«. Und dann erzählte Loni von Anfang an, und sie sah dabei an ihm vorbei, so daß er nur das Profil des Mäd chens vor sich hatte. Der feine, dunkle Kopf, den ein ein faches Matrosenhütchen bedeckte, war tief geneigt, ihre Stimme klang unsicher und in der Erregung fast rauh. „Auch den Brief habe ich gelesen, ich ja doch mir blieb keine Wahl." „Sind Sie zu Ende, Fräulein?" Loni hob den Kopf. Sie sah auf einmal sehr stolz und hochmütig auS, dieser hochfahrende, ungeduldige Ton in des Barons Frage gab ihr die.Haltung zurück. „Nein, noch nicht, ich bin aber bereit, Sie anzuhören, Herr Baron!" Er verbeugte sich spöttisch. „Sehr gütig von Ihnen. Ich wollte nur bemerken: Sie haben gehorcht und fremde Briefe gelesen, und haben somit ein recht pikantes Geheimnis erfahren! Nun gut. Sie möchten'« verwerten so gut als möglich! Also nur weiter, ich höre!" Lonis Augen sprübten Haß und Verachtung, mit denen sie den Mann jetzt anschaute. Aber um ihre Lippen zuckte eS weh und bange, und ein paar heiße Tränen liefen ihr über's Gesicht. Sie fuhr hastig mit der Hand darüber. „O, mein Gott, warum muß ich mir das sagen lassen?" stöhnte sie. — Der Baron bereute sofort. „Ich bitte um Ver zeihung, ich vergaß mich!" sagte er und seine Worte klangen aufrichtig. „Aber um Gottes willen, dann er- lösen Sie mich aus allen Rätseln, was soll ich tun?" Loni atmete tief auf. „Ich will, daß Sie mir helfen, Ditti in Sicherheit zu bringen", rief sie. „Bei allem, was Ihnen heilig ist auf dieser Welt, bitte ich, beschwöre ich Sie, mir beizustehen, daß ich beide Kinder dem Vater zuführe. O, bedenken Sie doch die Folgen, die furcht baren Oualen, die Sie heraufbeschwören, lassen Sie sich erweichen, stehen Sie mir bei!" Janos stampfte mit dem Fuße. „Zum Teufel auch", rief er. „Ich spiele ja da eine traurige Rolle bei diesem Drama." Loni schüttelte den Kopf: „Nein, nein, denken Sie das jetzt nicht. Es steht in Ihrer Macht, das große Un recht zu verhindern. Ah, denken Sie doch auch einmal daran, wie furchtbar es für mich ist, alles dies mit Ihnen zu verhandeln. Versetzen Sie sich doch in meine Lage. Glauben Sie, daß ich daS Häßliche so bald wieder ver gesse, das sich so ungerusen in mein Dasein drängt?" Janos sah ganz verblüfft auf das in seiner Erregung wunderschöne Mädchen, und ihm wurde doch auf einmal klar, wie selbstlos sie handelte und auch wie hilflos sie vor ihm stand. „Was verlangen Sie denn, daß ich tun soll, nm Ihnen so zu helfen, wie Sie eS wünschen?!" sagte er. „Was kann ich tun? Sie haben mich ja doch in .Händen, so gut wie die Gräfin, denn der Brief, dieser höchst kom promittierende Zeuge l" „Hier ist er, machen Sie damit, was Sie wollen", unterbrach ihn Loni hastig und drückte ihm den Brief, den sie schnell auS der Tasche gezogen, in die Hand. Fast zaudernd nahm er den Brief. Dann aber beugte er sich demütig und küßte Lonis Hand ehrfurchtsvoll. „Ich danke Ihnen, Sie sind wahrhaftig großmütig!" sagte er leise. „Wollen Sie mir beistehen, Herr Baron?" — „Ja, aber was ich auch tue, ich kann der Gräfin nach dem nichts verschweigen davon; denn auch sie muß wissen, waS aus Ditti geworden, den sie dann doch wohl heute nachmittag nicht mehr hier finden soll?" Eine heiße Blutwelle stieg in Lonis Gesicht. DaS Schamgefühl kam über sie dem Manne gegenüber, Mit- wisserin zu fein von dem Ehebruchsdrama, welches sich auf diesen selben Planken abspielen würde, wenn er daS Weib dem Gatten entführt. Verwirrt blickte sie in die Ferne, wo die JSle St. Marguerite gleich einem sonnigen, grün schimmern- den Garten im blauen Meer lag. JanoS sah LaS Er röten, und dem kecken, leichtsinnigen Mann gab eS einen Stich inS Herz. Da fühlte er plötzlich seine Hand er- faßt: „Onkel JanoS, Ditti ist müde, Arm nehme." Er beugte sich nieder zu dem bittenden Knaben, dessen große, blaue Augen mit einer Welt voll unbewußtem Vertrauen zu ihm aufschauten. Und im selben Blick lag auch etwas, das ihn mit wahrhaft packender Gewalt an den ehrlicben, offenen Ausdruck erinnerte, den er so wohl Kannte; in den ruhigen, stolzen Zügen des Grafen von Höhen buchen. In dem leichtsinnigen Herzen des ungariscben Edelmannes rührte sich ein wehes, reuevolle? Gefübl, er hätte aufschreien mögen, aber er ließ die Zähne fest ans- einander und schüttelte sich wie im Frost. Er nahm den Knaben in seine Arme und drückte den kleinen, warmen Körper fest an sich. Tann sich an Loni wendend, sagte er: „Was nun? Ditti ist ganz schläfrig, die Sonne und die scharfe Seeluft — wahrhaftig, er schläft ein, der Bub!" Dittis Köpfchen hatte sich ganz fest angeschmiegt, er fühlte sich wohl und geborgen. „Sie müssen mir den Kleinen schon in daS Boot tragen. Und nun schnell zu Ende, die Zeit drängt!" „Und wo wollen Sie hin. Sie müssen doch ein Ziel haben?" „Ich will bis nach Marseille fahren und dem Grafen telegraphieren. Von Ihnen aber möchte ich erbitten, daß Sie dem Grafen schreiben, und zwar sofort, und damit mein Einschreiten rechtfertigen. Wollen Sie mir daS versprechen?" „Das will ich. Und ich will Ihnen auch noch einen Rat geben. Fahren Sie nicht nach Marseille, sondern nach einem einsamen, am Fuße des EsterelS gelegenen, ganz versteckten kleinen Ort. Dentelona heißt daS Nest.
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