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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 07.09.1881
- Erscheinungsdatum
- 1881-09-07
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188109073
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18810907
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18810907
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1881
- Monat1881-09
- Tag1881-09-07
- Monat1881-09
- Jahr1881
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 07.09.1881
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Erscheint täglich früh SV, Uhr. kirdaclion und LkpedUisu JohaaueSgaffe SS. ^prechstmiden -er Nedactiou: vormittag« 10-IS Uhr. Nachmittag« 4—S Uhr. - - "L'LLL'A AÄÄ- ^ >«n«h«e »er für Ute »dchftsalgend« N«««er beftimmten Inserate an Wochentage« »t« S Uhr Rachmtttaa». anGann- »ndAefttagcn früh»t«'/,S Uhr. 2» de» Filialen für Ins.-^nuahure: vtt« Klemm, UniversttütSstrahe SS, Lant» Lischt, Katharinenstraße IS, p. nur bi» Utzr. MMtr TagtblM Anzeiger. Organ fiir Politik, Localgeschichte, Handels- «nd Geschäftsverkehr. 250. Amtlicher Thetl. Bekanntmachung. Wir bringen hiernnt zur öffentlichen Kenntniß, daß wir dir Fahrbahn der Brandvorwerkstraße zwischen der Krön- Prinzstraße und der nördlichen Fluchtlinie der Straße I de» südlichen Bebauungsplanes in die Unterhaltung der Stadt gemeinde übernommen haben. Leipzig, am 3. September 1881. Der Rath der Stadt Leipzig. Hehler. vr. Wangemann. Bekanntmachung. Wegen Abbruch» der Brücke in der ThomafluS-Gtratze (früheren Canalstraße) und Tieserleaung de» Niveau« der Letzteren wird die gedachte Straße auf der Strecke zwischen Lesfingstrache und PoniatowSkyftrage von Montag, den S. September d. I. ab bi» auf Weiteres für den Fährverkehr gesperrt. Leipzig, den 3. September 1881. Der Rath der Stadt Leipzig. H e ßler Harrwitz. Der zeitherige Referendar beim Königlichen Amtsgerichte hier Herr vr August Bruno Cäsar Deuecke, ist von un» zum dritten Criminalcommiffar ernannt und heute verpflichtet worden. Leipzig, am 8. September 1881. Da» Polizei-Amt der Stadt Leipzig. vr. Rüder. Der Inhaber de» abhanden gekommenen Sparkassen« OuittungSbucheS Serie II. Nr. 57.333 wird hierdurch aufge fordert, sich damit binnen drei Monaten und längsten» am 10. Drrember 1881 zur Nachweisung seine» Rechtes, bez. rum Zweck der Rückgabe gegen Belohnung bei Unterzeichneter Anstalt zu melden, widrigensall« der Sparcaffenordnung ge mäß dem angemeldeten Verlustträger nach erfolgter Be eidigung seiner Anzeige der Inhalt diese» Buche» au»gezahlt werden wird. Leipzig, den 5. September 1881. Die Verwaltung des Leihhaufe» «nd der Sparkasse. Die Lieferung der Lisemnaterialien zu der hier herzustellenden Fernsprechaulaa« soll vergeben werden. Dieselben bestehen an« schmiedeeisernen Tragstangen (Röhren) und deren Ausrüstung mit schmiedeeisernen Querträgern, Schuhen, Schellen, Sweben, Anker», Schraubcnbolzeu u. s. w. Die Lieferungsbedingungen liegen bei der Materialieu-Lerwaltnng der Kaiserlichen Ober-Postdirection Hierselbst — PosthauS am AugustuSplatz, Eingang von der Poststrabe, 3. Stockwerk links — zur Einsichtnahme aut und können von der genannten Materialien Verwaltung, bei welcher auch Musterstücke der zu liefernden Materialien niedergelegt find, abschriftlich gegen Erstattung der Schreibgebühren bezogen werden. Leistungsfähige Unternehmer wollen ihre Angebote, an welche st« 14 Tage gebunden bleiben, mit der Aufschrift .Lieferung von Eisenmaterialieu für Fernsprechanlagen" verschlossen und frankirt bi« zum 1b. d. M., Vormittag« 11 Uhr, an die Kaiserliche Ober. Postdircction, Abtheilung IV, Hierselbst einsenden. Die Eröffnung der Angebote erfolgt zu dem angegebenen Zeit- punkte in Gegenwart der etwa erschienenen Anbieter. Später ein gehend« Angebote können nicht berücksichtigt werden. Leipzig, de» 5. September 1881. Der Kaiserliche Vber-Paftdireetar. Walter. Bank. voa einem Wohlthäter, der nicht genannt sein will, find an« heute Fünf Lausend Mark in 4proe. Deutscher Reichs-Anleih« für den Unterstütznna-sand znm Besten hüls«bedürftiger Kaufleute sowie Wittwen und Waisen von solchen übergeben worden. Kür diese reich« Gabe, durch welch« et un« ermöglicht wird, in ausgiebigerer Weise al« bisher manche verborgene Noth zu lindern, sprechen wir hierdurch unsere» aufrichtigsteu Dank au«. Leipzig, de» 6. September 1881. Die Handelskammer. I. L. Cichoriu«, stellt». Bors. vr. Gensel, G. Nrrflag« L«,SSV. Ld«naenlntt,»rei» viertelt. 4V, Mil^ incl. Briugrrloh» 5 LN., durch die Post bezogen 6 «L Jede einzelne Kummer 25 Pf. Belegexemplar 10 Pf. Gebühren für Extrabeilaa«, «tz»r Postbesörderung SS Mt «tt Postbesörderung 48 Mk. 3l»ftr«tr Saespaltene Petitzeile »0 Pf. Größer« Schriften lant nufere« Prriö- verzeichmß. Tabellarischer Satz »ach höhere« Tarif. Lerlümea »>1er de» Led«rti<»»-rich di« SpalcheU« 50 Pf. Inserat» find stet« an di« Gxpedttw« M senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung prnanumarainio oder durch " mlchmlhMe, Mittwoch dm 7. September 1881. Nichtamtlicher Theil. Leipzig, 7. September. Wohl selten hat eine Nachricht mit solcher Gewalt der Ueberraschuna gewirkt wie diejenige, welche von der unmittel bar bevorstehenden Begegnung de» deutschen und de» russischen Kaiser» zu melden wußte; noch seltener mag sich die öffentliche Meinung in ihren maßgebendsten Elementen mit gleicher Einmüthigkeit zustimmcnd äußern, al» eS diesem vornehmsten Ereigniß de» Tages gegenüber der Fall ist. Wa» in Petersburg und Gatschina in jüngster Zeit vor sich gegangen, ist bekannt: die fanatischen Vertreter de» Pan- slaviSmuS mit ihrem Haß gegen Deutschland glaubten den Teufel durch Beelzebub auStreiben zu können und empfahlen al» Mittel zur Besiegung de» Nihilismus die Rückkehr Ruß land« zu feiner „nationalen Eigenart", d. h. zur kirchlichen und politischen Reaction, von welcher die schwersten Ver wickelungen mit dem deutsch-österreichischen Intereffenbunde unzertrennlich bleiben mußten. Ob der Zar selber die drohende Gefahr rechtzeitig erkannte oder ob ihn die frei- müthigen Vorstellungen de» Kaiser- Wilhelm, feine» Großoheim», aus dieselben aufmerksam machten, jeden sall» kann die Begegnung in Wcstpreußen al» erfreu liche» Anzeichen beginnender Euikebr am nordischen Hofe gelten. Ein wesentlicher Anthcil an der neuen Wendung gebührt, wie man glaubwürdig erfährt, dem König von Dänemark, der erst in diesen Tagen da» Hoflagrr von Gatfchina verlaffen. Wenn von einer Seite, deren Sympathien sich Deutschland sonst eben nicht zu er freuen hat, die Hindernisse für eine Wiederannäherung der großen Nachbarre,che au» dem Wege geräunit werden, so ist dämit wohl der vollgültigste Beweis erbracht, daß diese Wiederannäherung geradezu von den Lebensinteresien Ruß land» geboten »st. Man zweifelt nicht, daß die Tage Ignatlrsf'» gezählt sind, und daß die Entfernung de» un heimlichen Manne- al» erste Frucht der Begegnung eine Ge währ besserer Beziehungen für die Zukunft oilden wird. E» wird HHe Zeit» daß seiten» der nationalliberalen Partei mit Energie in die Wahl bewegung eingetreten wird, um nicht den Ultramontanen und Eonservativen, den Fortschrittlern und Socialdemokraten da» Feld zu überlassen. Erfreulich klingt die Kunde, daß Rudolf von Bennigsen am 1. September au» seinem Fenen-Aufenthalt in der Schweiz nach Hannover zurückgekehrt ist, und daß nunmehr die liberale Wahlbewegung in Fluß kommen wird. Wie e» heißt, haben bereit» Vorbesprechungen stattgefunden, um die Taktik für den Wahlkampf festzustellen. Die osficiöse Presse siebt diesen Vorbereitungen natürlich mit Besorgniß entgegen; wenigstens versehmt sie Alle», wa» nicht in ihr Horn stützt, und erklärt eS für „eitel Spiegelfechterei, dem Volke einreden zu wollen, e» könne — unbeschadet der Treue für den Kaiser — dessen Regierung bekämpfen." Die Klopffcchtermanicr der „Eingeweihten" de» Berliner Preß- bureau und die Gepflogenheiten der „freiwillig Gouvernemen- talen"sind zu bekannt, als daß nicht Jedermann wüßte, wie ohn mächtig und wirkungslos derartigeLärmruse imStreiteverhallen und wie wenig der Reichskanzler Veranlassung hat, seinen ihm blindlings ergebenen Freunden für solche Liebesbezeigungen dankbar zu sec». Indessen die Officiösen daS Schimpfen auf ihr Panier schreiben, die Fortschrittspartei nach allen Rich tungen der Windrose hin den Klingelbeutel auSstreckt, um finanziell für die Wahl gerüstet zu sein, sammeln sich unsere Parteigenossen mit Ernst und Würde, um an bewährten Grundsätzen sestzuhalten und, unbeirrt von den Angriffen der Gegner, »hre Pflichten gegen daS Vaterland zu erfüllen. Der Geist der Mäßigung, welcher da» liberale Bürgerthnm bisher geleitet, wird sich auch fernerhin bewähren und fruchtbringend auf unsere politische Zukunft einwirken. Der beginnende Wahlkampf weist bereit» Anzeichen auf, daß die Verbrüderung der extremen Eonservativen mit den CentrumSleuten eine sehr innige sein wird; „Junker" und „Psafs" wollen Arm in Arm den Liberalis mus in die Schranken fordern. So ist au» einem Rund schreiben de» Vorstandes de» Deutsch-eonservativen Vereine» der Provinz Schlesien zu ersehen, daß diese Partei allent halben, wo Centrum, Liberale. Fortschrittler und Demo kraten in Stichwahl kommen, für den ultramontanen Can- didaten zu stimmen beschlossen hat, wenn derselbe die nöthia, Gewähr bietet, d. h. bereit ist» die wirthschaftliche und social, Politik des Fürsten BiSmarck rückhaltSlo» zu unterstützen. Aehnliche Zusagen sind auch schon von klerikaler Seite an die Deutschconscrvaliven ergangen, falls dieselben die nöthigen Garantien bezüglich des CülturkampfcS geben. Wir stehen also, wenigstens wa« die engeren Wahlen anlangt, vor einem innigen Wahlbündniß zwischen den beiden Parteien der Reaction, und mit der unbe dingten Verpflichtung auf daS Social- und WirthschastS- programm de» Reichskanzler» wird eS wohl auch nicht allzu streng genommen werden; eine so weitgehende Verpflichtung aus aste möglichen Monopolpläne und „staatssocialistischen" Pläne würde ein CentrumSmann schwerlich übernehmen. Ueberraschen kann das conservativ-ultramontane Wahlbündniß unter den heutigen Zeitläusen natürlich nicht; allein eine ernste Mahnung muß e» sein. Die Stichwahlen werden aller Vor aussicht nach bei der herrschenden Zersplitterung der Stimmen berufen sein, eine sehr wichtige Rolle, wichtiger als in irgend einem früheren Wahlgang, zu spielen, und häufig genug wird dabei die Entscheidung in kleine Mindcrhcilsgruppen gelegt sein. Ein einige» Auftreten der verschiedenen libe ralen Richtungen hat sichnicht in dem wünschenS- werthen Umfang erzielen lassen; welche derselben die stärkere ist, wird an verschiedenen Orten erst durch eine Probe entschieden werden müssen. Hat sich ein einmüthige» Auftreten der liberalen Parteien nicht von Anfang an erzielen lassen, so ist e» eine einfache, nichts desto weniger aber wohl einzu schärfende Pflicht, bei den engeren Wahlen ehrlich und kräftig zusammen zu halten, wo es gegen einen Ultra montanen, Eonservativen oder Socialdcmokraten geht. Wir sehen, wie aus gegnerischer Seite der Zusammenhang der eonservativen Interessen betont wird und mit wie planmäßiger Vorbereitung von langer Hand die praktischen Folgerungen daraus gegen den Liberalismus gezogen werden. Zu den am meisten angefochtenen Bestimmungen der preu ßischen Maigesetze gehören diejenigen über den geistlichen Gerichtshof. Gegen keine maigesetzliche Einnchtung hat die ultramontane Wühlerei mit größerer Erbitterung ange kämpft. Daß in der zu erwartenden Vorlage, welche den kirchlichen Ausgleich bringen soll, auch dieses Institut ange tastet wird, wird man ohne Weiteres al» wahrscheinlich an nehmen können. ES ist in der Presse wiederholt angeoeutet worden, der geistliche Gerichtshof solle durch eine Mini- sterialcommisston oder dergleichen ersetzt werden. Ob in der That etwa» Derartiges in Vorbereitung ist, wissen wir nicbt, wir können uns aber nicht vorstellen, wie aus diesem Wege etwa» auch nur für da- Centrum Annehm barcS geschaffen werden soll. Ta» System der „diScretio nairen Vollmachten" würde aus diese Weise in einem der entscheidendsten Puncte aus die Spitz« getrieben, der Rechts schutz gegen Mißbrauch der kirchlichen Gewalt zu Gunsten des freien Ermessen» der Regierung aufgkhoben. die richter lichen Formen und Garantien geopfert und doch die dem Cenlrum so anstößigen Befugnisse, die bisher dem geistlichen Gerichtshof zugestanden, unter anderen Formen aufrecht erhalten. Ueberhäupt ist da« System der diScretio- nären Vollmachten für Liberale eben so unannehmbar wie für da« Centrum. und wir können nicht glauben, daß eS der preußischen Regierung gelingt, auf diesem Wege irgend Jemanden zu befriedigen. Darüber sollten die Schicksale des vorjährigen IuligcsctzeS hinlänglich aufgeklärt haben. Will die Regierung sich die Zufriedenheit nnd Zustimmung de» Centrum« erringen, so schlage sie die Aushebung der am meisten anstoßerrrgenden Bestimmungen der kirchenpolitischen Gesetze vor. Mit liberaler Hülse weiter Kircbenpolitik zu treiben, wird man wohl überhaupt verzichtet haben. Aber selbst auf libe raler Seite würde man sich noch eher entschließen können, nockmal- zu prüfen, ob vielleicht eine oder die ankere Be stimmung der Gesetze mmvthig hart ist und entbehrt werden kann, al» daß man je einen Zustand herbeisllhren helfen würde, wo die Gesetze formell bestehen, thatsäcblick aber je nach Gutdünken und den wechselnden Stimmungen de- Tage« auSgesührt werden oder nicht. Ein solcher Zustand ist mit einem Rechtsstaat nicht verträglich. Da» bereit» telegraphisch erjnähnte Schreiben de» Reichskanzler», dle Feier de» Sedantage» betreffend, hat folgenden Wortlaut: Die patriotischen Begrüßungen, durch welche ich au» vielen Theilen Deutschland» und auch au» weiter Ferne an dem National-Festtage de» 2. September beehrt worden bin, haben mir zu großer Freude gereicht und ich bitte alle Diejenigen, welche mir bei diesem Anlaß den Ausdruck ihrer Sympathie entgegen gebracht haben, meinen verbindlichsten Dank dafür entgegen nehmen zu wollen. Man schreibt un» au» Berlin: „Die Meldung der englischen „Morning-Post", daß Herr v. Keudell um die Streichung seine» NamenS von der Liste der Ehrenmitglieder deS Cobden-ClubS nachgesucht habe, findet hier um so mehr Glauben, al» e» bekannt lst, wie wenig der deutsche Botschafter in Rom in wirthschaftlichen Fragen al» Parter- mann gelten kann. und wie er zu jenem Ehrendiplo» eigentlich gegen seinen eigenen Wunsch und Willen gekommen ist. Man mag eine Schwäche darin finden, daß er der herrschenden Politik und dem leitenden Staatsmann da» Zugeständniß macht, in ungewöhnlich brü»ker Weise eine Ehre abzulehnen, die er sich jahrelang gefallen ließ. Aber vie Gerechtigkeit erfordert e», anrnerkennen, daß Herr v. Keudell einen Abfall von wirthschaftlichen Principien nicht begebt, indem er au» dem Cobden-Club auStritt. Schon damals, al» ihm die Mitgliedschaft desselben angetragen wurde, ging die allgemeine Meinung dahin, daß die Auszeichnung ihm nur dem Namen nach, in Wirklichkeit aber keinem Geringeren als dem Fürsten Bismarck gelten sollte. Herr v. Keudell war zu jener Zeit der intimste Freund deS Reichskanzler«, er stand ihm persönlich näher al» selbst Lothar Bücher, nnd «r hatte in den Augen der englischen Freihandel» - BanttWchr« vor Diesem den Vorzug voran», daß er al» Diplomat in WirthschaslSsragen nack keiner Seite hin gebunden war. In einem Augenblick, wo Delbrück die Handelspolitik de» Reiche» leitete, wo also Fürst BiSmarck al» Anhänger der Grundsätze, die der Cobden-Club vertritt, sehr wohl gelten durste, hatte e» an und für sich nicht» Ueberrafchende», wenn dem Reichs kanzler von England au« Beweise der Sympathie entgegen getragen wurden. Ihm selber konnte man au» naheliegenden Gründen die Mitgliedschaft jener Vereinigung nicht antragen, und so ehrte man ihn wenigsten» indirekt, indem man Den jenigen auSzeichnete, der ihm politisch und persönlich am nächsten stand. Wir wissen, daß Herr von Keudell die Ehren mitgliedschaft de» Cobden-Cinb» erst annahm» al» er de, aus drücklichen Billigung de» Fürsten BiSmarck sicher war. Bei aller Peinlichkeit, den der jetzt gemeldete Vorgang an sich hat, wird man wenigsten- Genugthuung darüber empfinden, daß durch ihn die verdienstvolle Kraft de» deutschen Botschafter in Rom dem Staatsdienst erhalten bleibt." ES ist sicherlich von Interesse, den Eindruck zu verfolgen, welchen derCulturkampf in Preußen aus die maßgebende» Kreise in Frankreich hervorbringt. Die „RSpublique franyaise", daS Organ Gambetta'S, hält eS noch für zweifelhaft, ob die katholischen Wähler, aus welche Fürst BiSmarck e» bei seinem Entgegenkommen offenbar abgesehen, den geschlossenen Frieden resvectiren, ob sie nicht päpstlicher sein würden al- der Papst selbst. Niemand sei anspruchsvoller al» ein Ultramontaner, dem man Zugeständnisse macht. Gebe man ihm einen Finger, so wolle er gleich die ganze Hand. DieS würde indeß den Fürsten Bismarckwenia geniren. Erwürbe seine Pläne durchführen, selbst wenn da» Centrum sich wider spenstig zeigen würde. Er könne sich dann wieder der Parteien bedienen, die er jetzt bekämpfe. So lange er oben stehe, werde er auch die größten Schwierigkeiten bemeistern können; was aber werde geschehen, wenn er nicht mehr sei? Die von ihm angrfachten Gegensätze würden dann um so verhängnißvoller Hervorbrechen. Sein Werk würde sich dann nicht al» dauer haft erweisen. Wie au» Pari» gemeldet wird, vollzogen sich die Stich wahlen in größter Ruhe, nur den radicalen Markt und Revillon wurden nach dem Siege Mne Ovationen gebracht. Die radicalen Blätter rufen Triumph und sie haben Recht, denn ihre Candidaten siegten in Pan» und in der Provinz. Die Gambettisten sagen, da» größte Ergebniß der Stich wahlen sei die Niederlage Godelle'S in Pari», er war der letzte bonapartistische Candidat in Pari«; welches nun au- schließlich von Revublikanern und Intransigenten vertreten ist. Auch der Erfolg Rane'» beglückt. Gambetta'S Rede in Neubourg findet man. wie das „B. T." au» Paris meldet, ungemein gemäßigt, fast im Tone des „linken CentrumS". Besonder« fällt auf, daß er erklärt, die Listenwahl dürfe nicht gleich wieder einaebracht, sondern müsse verschoben werden. Bei der Enthüllung der Statue Dupont'S gab e» eine hochkomische Scene. Spuller la« eine Rede vor, da krachte e»; die Stufen de- Gerüste» brachen zu sammen und Alle», wa» darauf stand, purzelte durch einander; eine Menge Präsecten, Bürgermeister, Officiere, der Minister Cazot und Gambrlta selbst, der in ein vier Fuß tiefe« Loch siel. Er war leichenblaß und faßte sich mit Mühe. Biele glaubten anfangs, die Radicalen hätten unter dem Gerüste eine Mine losgelassen. Auch heute liegen au» Washington telegraphische Mel dungen vor, die auf besondere» Interesse Anspruch erheben. Im StaatSsecretariat de» Kriege- eingegangene Depeschen bestätigen die Niedermetzelung der unter General Carr stehenden Truppen durch einen Indianerstamm und beziffern die Zahl der Getödteten aus etwa 70. — Wegen de» er neuten Erbrechen», da- sich in der Nacht vom Sonnabend zum Sonntag beim Präsidenten Garfield wiederholte, geben sich die Aerzte keinen Besorgnissen hin, weil da» Er brechen dnrcb die Anhäufung von Schleim in der Kehle verur sacht war. Dem Bulletin von Montag früh 8 Uhr 30 Min zufolge verbrachte Präsident Garfield bi« Mitternacht in ruhigem Zustande und schlief den Rest der Nacht gut. (Pul» 102, Temperatur 99,05, Respiration 18.) Am Montag war auch in Washington ein Ertrazua bereit gehalten, der den Präsidenten nach dem Seeoabe Lona Brauch an der Küste de» Staate» New Jersey führen sollte. E» ist die« derselbe Ort, nach dem der Präsident sich am 2. Juli zum Besuche seiner derzeit dort weilenden Gemahlin begeben wollte, als ihn aus dem Baltimorrr Bahnbose in Washington der verhänanißvolle Schuß de» Mörder» Gnitean traf E» war hohe Zeit, daß der Patient von Washington nach einem gesünderen Orte übergesührt wurde, da die Bundeshauptstadt gerade um die jetzige Jahreszeit in Folge der Ausdünstungen de« schlammigen Potomac-Flusse« von Fiebern heimge sucht »ird. 75. Jahrgang. Gewerbe- «üb Industrie-Ausstellung Ml zu Halle a. S. xvm. Eine Abtheiluna der Ausstellung, welche vom Publicum mit besonder» lebhaftem Interesse m Augenschein genommeu wird, ist die Grupp« de» Schulwesen». ES ist in dieser Gruppe eine erstaunliche Fülle von Material vereinigt, welche» Demjenigen, der nicht fortwährend Gelegenheit bat, sich von dem heutigen Stand« d<H Unterricht-Wesen» zu überzeugen, i« anschaulicher Weise erkennen läßt, in welcher Weise die moderne Schule ibr« Aufgabezu erfüllen sucht und welcher Mittel sie ich dabei bedient. Man ersieht hier so recht deutlich, welch« lewaltige Veränderungen auf dem Gebiete de» Schulwesen» platz gegriffen haben und wie grundverschieden die Methode« cnd, welche die Pädagogik der Jetztzeit im Gegensatz zu der Vergangenheit anwendet. Die Grupp« de» Schulwesen» in der Halle'schcn Ausstellung ergiebt zugleich die «rsreulich« Gewißheit, daß innerhalb de» AuSstellungSgebiete» der Staat und die Gemeinden wetteifern, da» öffentlich« Unterricht»- wesen mehr und mehr in denjenigen Zustand der Vollkommen heit zu versetzen, der nothwendig ist, wenn die Allgemeinheit der Staatsbürger oder doch wenigsten« die große Mehrheit derselben in den Stand gesetzt werden soll, den immer schwie riger werdenden Kamps um da» Dasein erfolgreich zu bestehe«. Hervorragend und von den Preisrichtern mit der höchste» Anerkennung bedacht ist di« Aurstellung der Buchhandlung de« Waisenhause» in Halle, au» einer großen Zusam menstellung von Schulbüchern bestehend: hier hat nicht etwa die augenblickliche Leistung auf dem AuSstellungStische ihr« Würdigung erfahren, sondern e» kenntzeichnet dieser Verlag sich seit einer langen Reihe von Jahren gewissermaßen alt ein Mittelpunkt de« ganzen pädagogischen Streben« für weite Theile Deutschland». Mit Schulbüchern re. eoncurrirt ebenfalls die Firma E. C. Meinhold G Söhne inDre»- dn, in erfolgreicher Weise und r» sind von den betreffend«» " " ' ' ' ' der so schnell in >»f« von vr. O»ear Schneider Büchern namentlich hervorzuheben gekommene.Dypen-Atla»" , »ahme in Dresden, welcher in bester Weise den Zweck erfüllt, bei« geographischen Unterricht den Schülern die typischen Gestalte» der Menschen-, Thier- und Pflanzenwelt aller Erdtheil« in vorzüglich getreuen Abbildungen vorz »führen, fer ner' die Forwegssch« Blatt- ui« Bllthrnformen» di« Bilder zur biblischen Geschichte von Reichardt, dm Bist« »» deutschen Geschichte, di« anatomischen Wandtafel» da» Ut»«» ». l. w. Die königliche höher« Gewerbschul« in Halberstadt, welcde den mathematischen und naturwissen schaftlichen Di»ciplinen, sowie dem Zeichnen besonder« Be rücksichtigung zu Theil werden läßt, führt vortrefflich« Schüleneichnunaen und Modelle vor, unter letzteren vor nehmlich Modelle von ConstructionSformea für den Linear- t. Eine vorzüglich« Leistung, welche in der ch räumlich einen großen Platz einnimmt, ist- diejenige der Schulabtheilung der Regierung z«' Erfurt. Dieselbe enthält eine ausführliche Darstellung v«< Lehrgänge» in den Schulen de» Regierungsbezirke« Erfurt durch Zusammenstellung von sämmtlichen angewendeten Lehr mitteln in methodischer Anordnung, und sie würde gewiß von der Jury ausgezeichnet worden fern, wenn sie sich nicht von der Preisbewerbung ausgeschlossen hätte. Ein eigenartiger Unterricht-gegenständ ist die Steno graphie, deren beide Hauptsysteme, die GabelSberger'sch« und Stolze'sche Stenographie, von den Stenographm- Vereinen de» Ausstellungsbezirke» vorgeführt, jede» di« silberne Medaille errungen haben. E» ist keinem Zweifel unterworfen, daß die Leistungsfähigkeit unserer Schulen, je mehr die Schüler beim Schreiben die Stenographie anzu wenden in der Lage sind, bedeutend wachsen wird. Von den mit der silbernen Medaille Gekrönten nennen wir weit« di« Firma Friedrich Nitschmann Söhne in Halle, welche vortreffliche Zeichnenmaterialien, insonderheit Reiß zeuge und mathematische Instrumente, vorsllhrt. Die Baugewerkenschule in Langensalza hat ein« Collection von gewerblichen Zeichnungen au-gestellt, die Gewerbschule de« Gewerbevereins m Dres den eine nicht minder reichhaltige Sammlung von Zeichnungen, welche Ornamente, Blattstudien, Gefäßskizzen, Landschast«studien, Fiaurenzeichnungen, Thierstudien, Znch- nungen von Möbel- und Tischlerarbeiten, gemischte Holztechnik, Kunstschlossern. Mühlen- und Wagenbau, Mauerconstrue» tionen, Zlmmerconstrnctionen. Grundrisse und dergleichen um faßt. F. Svnnecken'S Verlag in Leipzig eine Anzahl Lehrbücher und Vorlagen, welche nnmal da» System und d»e Lehrmethode für die lateinisch« Schrift und sodann di« Lehr methode für di« Rundschrift, unter Hiniusügung der ve- tressenden Schreibwerkzeuge, darstellen, Georg Wigaud in Leipzig verschiedene Bücher und Vorlagen, unter ander« photolilhographische Vergrößerungen au» dem Werke „Bilder au- der biblischen Geschichte für den Anschauungs unterricht", Bildnisse brandenburgisch-preußischer Regenten au» dem Hause Hcchenzollern rc.. die königlich sächsischen Lehrerseminare in Lvbau, Borna und Friedrich- stadt-Dre«den, Zeichnungen der verschiedensten Art. welche die günstigen Erfolg« de» Zeichenunterrichte» in diesen Lehrer- BildungS-Anstalten veranschauliche«, Hermann Schüller in Dresden eine größere Collection von Fröbcl'schen Lehr- und BeschästigungSmitteln für Kindergärten, der Central- verlag von UnterrichtS-BeschästigungS-Material vr. Richter in Leipzig Baukasten mit wirklichen Steinen in drei Farben, die nicht allein ein beliebte- Beschäftigung-mittel für Kinder jeden Alter» darstelle», sondern auch im praktischen Leben nicht selten von Architekten b« LuSarbeitong und Erprobung ihrer Entwürfe benützt werden, «nd andere Unterrichtsmittel, wie Georgen - Schulen der weiblichen Handarbeit rc. Eine sehr interessante Ausstellung ist auch diejenige der königlich sächsischenLandesblinden-Instaltin Dresden, welche einen lehrreichen Einblick gewährt in die Thätigkeit dieser Anstalt, die dazu bestimmt ist, den Anne» und Unglücklichen, denen da« Augenlicht versagt ist, ihr Loo« möglichst erträglich zu gestalten. ES ist geradezu erstaunlich, wenn man fleht, welche Handfertigkeit den Blinden durch einen methodisch« Unterricht angengnet werden kann. Da sind ganz nette ge schnitzte Arbeiten, wie ein Relief von Mitteleuropa und ei» ge schnitzte« Hau«, auSgestopste Tbier«, geflochtene Körb«. Seilerarbeiten und insonderheit auch weiblich« Handarbeiten in ziemlicher Reichhaltigkeit au-gestellt, weich« letzteren zum Theil die Arberten der Vorschule in Moritzhnrg dar stellen. Die Leipziger Lehrmittel-Anstalt von vrl
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