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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 21.09.1893
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-09-21
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18930921025
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893092102
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893092102
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1893
- Monat1893-09
- Tag1893-09-21
- Monat1893-09
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Wie schon im Morgrnblatte drahtlich gemeldet wurde, hat Kaiser Wilhelm, welcher erst nachträglich von der schweren Erkrankung de- Fürsten Kenntniß erhielt, ibm von GünS au« telegraphisch seine Theilnahme ausgesprochen und mit Rücksicht aus die ungünstigen klimatischen Berbäliniffe in Friedrichsruh ihm in einem der kaiserlichen Schlösser Wohnung angedotcn. Fürst Bismarck hat noch an dem» selben Tage in einem ausführlichen Telegramm seinen lehastcn Dank ausgesprochen, jedoch auf die Annahme des kaiserlichen Anerbieten- verzichtet aus den Rath von Professor Schweninger, welcher sich gegen eine Aenderung des gewohnten Aufenthaltes aussprach. In allen patriotisch denkenden Kreisen unsere- Volkes wird diese Nachricht mit tiefer Befriedigung und Herz» licher Freude ausgenommen werden. Ist unS doch die fast erloschene Hoffnung, e- werde noch zu einer Versöhnung zwischen dem Träger der Kaiserkrone und dem Altreichs kanzler kommen, aufs Neue belebt worden. Daß der Kaiser an der Erkrankung deS Fürsten Theil nimmt, ist ja an und für sich selbstverständlich. Aber seine Theilnahme hat, wie au« dem Anerbieten, Fürst Bismarck möge in einem kaiser lichen Schlöffe Wohnung nehmen, hrrvorgeht, einen besonders berzlichen Charakter. Und weiter: der Kaiser legt, daraus läßt die schleunige Verbreitung des kaiserlichen Telegramms durck Wolff'ö Bureau schließen, Werth darauf, seine herzliche Theilnahme öffentlich zu bekunden. So ist man wohl be rechtigt, in dem kaiserlichen Telegramm den AusgangS- puncl für die Anbahnung einer vollständigen Aus söhnung zwischen Kaiser und Altreichskanzler zu seben. Daß Kaiser Wilbclm die Initiative ergriff, um einem Conflict die Spitze adzubrrchen, der unser Volt irre machte an seinen heiligsten Empfindungen und es den Maßstab für wahre« patriotisches Verdienst verlieren ließ, wird von der vaterländisch gesinnten Mehrheit der Nation dankbar begrüßt werden. — Von den Berliner Blättern bringt die »Norvd. Allg. Ztg." da« WolffscheTelegramm an der Spitze ihrer »telegraphischen Corre- spondenz", enthält sich aber jeder Aeußerung dazu. Auch die »Kreuz-Zta." schweigt. Die »National-Zta." bemerkt. „Der Initiative des Kaiser- zur Wiederherstellung der jenigen persönlichen Beziehungen, welche zwischen dem Träger der Kaiserkrone und dem Staalsmanne, der sie geschmiedet hat, niemals hätten gestört werden sollen, ist die freudige Zustimmung der großen Mehrheit de« deutschen Volkes gewiß. Ueberall, wo man da- bisherige Verhältniß zwischen dem Kaiser und dem Fürsten Bismarck schmerzlich empfunden hat, wird man an den ersten Schritt des Monarchen die Hoffnung knüpfen, daß er bald zur vollen Ausgleichung trauriger Irrungen führen möge." DaS „Berl. Taaebl." sagt: „Dieser Austausch von Höflichkeiten, an sich freilich nicht eben wunderbar, muß doch ein gewisses Aussehen erregen, da man bisher anzunehmen harte, daß die Drähte, welche vom Alt-ReichSkanzler zum kaiserlichen Hoslager führten, seit der vorjährigen Wiener Reise de- Fürsten BiSmarck durchschnitten seien. Nun hat jetzt der Souverain die Initiative ergriffen, um dem hochverdienten ersten Be amten seine- Vater» und Großvater« die Hand zur Ver> söhnung zu reichen. Wer da glauben sollte, daß damit der erste Schritt zu einer Rückkehr de« Fürsten BiSmarck zur RegieruugSgewalt gelhan sei, wird sich sreilich schwerer Täuschung hingebeu. Aber für da« deutsche Volk ist und bleibt e« ein beruhigendes Bewußtsein, durch die« Entgegenkommen de- Monarchen einem Conflict die Spitze abgebrochen zu sehen, dessen Fortdauer nicht dazu angelhan fein konnte, da« Ansehen de« Reiche- nach außen zu stärken." Die „Voss. Ztg." schreibt: ,,E« muß Wunder nehmen, daß die Umgebung de« Kaiser« nicht für nvthig gebalte» hat, ihn früher von der ernsten Erkrankung de- Fürsten Bi-marck, die doch in der ganzen Presse besprochen wurde, zu unterrichten." DaS „Kleine Journal" bezeichnet das Ereigniß als erfreulich und^ glaubt, Grund zu der Annahme zu haben, daß Gras Caprivi zu dem kaiserlichen Telegramm sein« Zustimmung gegeben habe. Die russlsch-sranzösischc Freundschaft scheint doch noch nicht so festbegründct zu sei», als die Franzosen anfangs in ihrem blinden Haß Degen Teulschland angenommen hatten und die unausbleibliche Ernüchterung der Franzosen auS ihrem BcgeisterunzStaumcl ob de- Touloner Schiffsbesuches scheint noch rascher eintreten zu sollen, als selbst kalt blütige Veurtbeiler anzunebmen geneigt waren. Die Deutung, welche die Franzosen dem Gegenbesuche für Kronstadt unter legten, brachte Rußland in den Scbein, es auf einen FriedenS- bruch abgesehen und sich in den Dienst der französischen Rache pläne gegen Deutschland gestellt zu haben. Eine leise Mah nung, jene für da- zarischc Selbstgefühl ebenso unerträg liche, wie für die zarische Politik bloßstellende Aufsaffung fallen zu lassen und sich vor Ausschweifungen der politischen Einbildungskraft zu hüten, blieb an der Seine unverstanden. Nun erfolgte nach echt russischem Brauch eine förmliche erste Verwarnung, der erwäbnle Artikel deS . Grashda n>n", der da« Lob der Politik der freien Hand, die keine Bündnisse erstrebe, verkündete und auf die Gefahr eines Himibrr- züngelnS umstürzlerischer Gedanken von Frankreich nach Ruß land hinwieS. Fast gleichzeitig ließ sich die au« amtlichen russischen Quellen gespeiste »Agence russe" dahin ver nehmen, in den Frankreich woblgesinnten hohen Petersburger Kreisen werde aufrichtig der Wunsch geäußert, die Bevölkerung von Toulon und Pari« möge ihren Kundgebungen ein au«- schließlich friedliche« Gepräge verleihen. In den französischen Kreisen, denen sie galten, scheinen auch diese Mahnungen invcß nicht verstanden, vielleicht gar nicht vernommen worden zu sein, und so rrwic« sich eine zweite Verwarnung al« nothwendig, und man hat e« in Petersburg verstanden, sie sehr eindringlich zu machen. Sie wurde nicht mehr an die breiten Masten, an die unverantwortliche, mcbr durch Antriebe als Erwägungen gelrilcte öffentliche Mei nung, sondern unmittelbar an das französische Ca bin et gerichtet, zweifellos in den verbindlichsten Formen, aber unzweideutig in der Sache. Al- Wirkung diese« „Meinungsaustausch-" von Cabinet zu Cabinet hat ma» die sorgenvoll« nächst ro . bereit« bange zu werden vor dem Russenlaumeb, der ihr über den Kopf wachsen könnte. Ein zweifellos beauftragter Ein geweihter warne im „Figaro" rinvrmglichst vor der krakehlc rische» Begeisterung, die anzuwachsen beginne und deren Be weggründe über dir Absichten des Zaren gewiß hinausgehen. Man müsse sesthalte», daß Frankreich mit Deutschland und Italien in Frieden lebe und daß auf Rußlands Hilse nur im Falle der Vertheibigung zu rechne» sei. Eine Unvor sichtigkeit könnte dem Verbündeten unangenehm werte» und ihn, was da« Schlimmste wäre, selbst abtrünnig mache». Diese Ausführung wird durch eine Meldung de« „Gaulois ofsiciöse Auslassung zu betrachten, von der die Hstehende Drahttneldung der „Voss. Z." ans Paris vom September berichtet: Der sranzösischen Regierung scheine unterstützt, der zufolge der ^'^u^/nhei'm ^er'Abordnung Rücksprache mit Herrn von Mohre »heim rer de« PrcßauSschusseö „ahrlegcn werde, d ^ri«" warnt Glan; -l- Ausdehnung zu geben. «uw vor überschwänglichen Demonstrationen National" schränkung der Festlichkeiten. Ebenso rath auch "r„Nan°n ^ Zeinen Landsleuten, sich nicht durch ..... j^ssiciere und tand lächerlich zu machen,und d'-rust^ Seeleute mcht alS cm Sp.el ug S« b-hunkel^^^ ^ sich von Hand zu Hand "'A'Briefen Telegrammen a»S Pari« entflohen, um sich den Br>e,en.^ § ^iS und Besuchen zu entziehen, Lffstcibse P ^ xon PeierSbura eiiiaclrostcn, welche die Tragweite Toulon etwa« abschwächen Men. DaS sollte man b^cst ^ Dergleichen tbe.lt der neue Abgeordnete ron B ^ Edouard Vaillant, nicht die Aiistchten der me>,l n ^ listen der Kammer und de» Par.-rGemnnderabSn^tr st de« Empfangs der russischen Seeleute. DaS kbe'naUg ^ mune Mitglied nennt se.ne Land-leute. welche s'^ b'e >r rüsten, eine reae.ionaire Bande, d.e dem b - rösische Republik hinwersen und opfern mochte. — 7,'. o en werden jedenfalls Wasser, viel Waffer m 'hr-n.V-- geislcrungöwein gießen und sich wieder daraus de,innen »'"ffu'' daß das russisch-französische Bündniß ein Inltrunient ,,, - der Zar ga»; allem zu handhaben beaniprucpt, wie es ibm beliebt und wie es der Bortbeil se.n-S Ne,ches er!,e„ch . D e Republik wird sich zu bescheiden haben, weun dabei g-lcgonl lich auch für sie ein Vortheil abfälll. Ter lateinische Mnnzbuu» kann nicht mehr auf seinen jetzigen Grundlagen forlbcstehen. Zunächst bcnutzt .rra reich seine überlegene Stellung m diesem Bunte, "»' Italien die erdenklichste» Schwierigkeiten zu bereite». Man weiß cS ,n Brüssel vollkommen, daß die französischen Machen,cha,len r« verhindert haben, daß die von Italien im italienischen Scheidemünzen so dringend gewünschte M,M)- confcrenz zusammentreten konnte und bei der Haltung Frankreichs schwerlich eine solche Conferenz stallfinden wird. D>c >.I>'toP. belae" erfäbrt direct auS Pari«, daß Frankreich mit Abßcht da« Zusammentreten der Münzconsereuz verbinden hat, »weil der italienische Kronprinz an den deutschen Manövern Elsaß-Lolhringen thcilgenommen und Italien sich mit der deutschen Politik ibentisieirt bat.' Italien verliert dadurch Millionen, und da« ist „die legale unv friedliche Antwort der sranzösischen Regierung auf da« italieiii,chc Verhalten! Ja. Frankreich wird noch weiter aehei, und zum Schaden Italiens den Münzbund kündigen. Man ersieht daran-, wie bock die ylutben de« AergcrS und Verdrusses über Italien in Frankreich gestiegen sind. Der Münzbund ist »iitcr allen Um ständen unhaltbar. (Ir land ^ , .. ... Niger - S««pa«»ik und die Mission Miz on äußern, um einen blutigen Coslict zu verhindern. Die aenannle Com pagnie droht seltsamer Weise, die französische Mission, welche vielleicht mit Unrecht ihre Tbäligkcil über ein streitiges Gebiet ausgedehnt hat. „anzugreifen, gefangen zu nehmen oder zu vernichten." Ein solcher Vorgang ist unzulässig und kann leicht zu gefährlichen internationalen Verwickelungen führen. Die Niger-Compagnie verlangt die Zurückberusung der ganzen Mission, und da sie die- nickst erreichen konnte, trifft zsie kriegerische Vorbereitungen. Die öffentliche Meinung in Eng land hat sich natürlich gegen sie gewendet. Man beschuldigt sie der Verletzung internationaler Vertiägc und «e selbst der Gebote der Menschlichkeit. Sie verknust de» " l Negern große Menge» schlechten Alkohol«, Wae nach den ist hoch an der Zeit, baß die Negierungen von Eng- und Frankreich sich endlich kategorisch über die Verträgen untersagt ist, und massacrirt die Eingeborenen, wen» sie sich über Bedrückungen und schlechte Be handlung beklagen. UebrigenS hat sie nicht da« Recht, den unteren Niger zu blockiren, da die Schifffahrt auf diesem Strome durch die Berliner Generalactr für frei erklärt wurde. Die englische Negierung wird dem willkürlichen und gewalt- tbälizen Vorgehen der Niger-Compagnie gegenüber nicht lange mebr die Augen verschließen können. Glücklicher Weise ist die Mission Miro» mit ihren Schiffen, wie berichtet wird, bereit« in 2)ola außerhalb deS Bereiches der englischen Gesellschaft angekommen. Die Krisis in Rio de Janeiro scheint auf dem Höhe- punct angelangt, va seit einigen Tagen osficielle Berichte schien. Privalmeldungen berichten, daß man stündlich den Uebergaug von Santo- an die Rebellen erwartet, womit Peipoto S Sturz besiegelt wäre. In diesem alle gelte die Wiederherstellung der Monarchie al« sicher. ^)iese Möglichkeit erscheint freilich etwas zweiselhast. Bisher ist nicht daS Mindeste bekannt geworden, daß Admiral Mello den Ausstand in monarchischem I»te>effc unternommen, sondern er that cS zum Schutze der Verfassung gegen ungerechtfertigte llcbcrgriffc und gegen eine Dictatur LeS Präsidenten Peipoto. Mello selbst ist Republikaner und auch bei allen provinziellen Aufständen ist bisher nicht die Rede von einer Wiederherstellung der Monarchie gewesen, die bei dem größten Tbcile der Be völkerung auf Widerstand stoßen würde. An eine Berufung der Kronprinzessin, der einzigen Tochter Dom Pedro«, unv ihres jungen SobneS ist bei ihrer persönlichen Unbeliebtheit nicht zu denken. Es bliebe allerdings »ocb der l8V6 in Brasilien geborene Nesse des Kaisers, Prinz Pedro von Coburg, der eine zeitlang als Thronfolger galt. Dieser lebt jetzt in Wien, befindet sich aber seit einem Jahre wegen GcmüthSleikciiS in einer Heilanstalt. Nach Mittheilungen einer auS Brasilien zurückgekckrten diplomatischen Persön lichkeit, die die dortigen Verhältnisse genau kennt, sind die Tage Pcipoto'S infolge von Miß- und ProtectionSwirtbschaft gezahlt. Wie sckilicßlich der „Hamburgische Corre» tpondcnt" meldet, ist die telegraphische Correspou- denz mit Brasilien wieder gestattet, doch dtribep Chlssrrndcpeschen hiervon ausgeschlossen. Deutsches Reich. * Leipzig. 2l Scplembcr. TerLorstand vom deutschen CentralauSschuß für Jugend und Volksspiele hielt liirzlich hier Sitzungen ab, in welchen neben den zahlreichen lausenden Angelegenheiten die Frage der weiteren Propa ganda eingehende Besprechung fand. Erschienen waren Abgeordneter von Schenckendorss-Görlitz, Professor vr. Koch- Braunschwcig, Turninspector Hermann Braunschweig, Ghm- nasialdircctor l>r. Eilncr Görlitz und Dircctor Raydl-Lauen- burg. Verhindert war nur I)>. Schmidt-Bonn, der schriftlich sein Gutachten abgegeben hatte. Zugezvgen zu den Br- rathungcn waren »och Or. iiwck. Gocy, Geschäftsführer der deutsche» Turnerschast, vr. Lio» unv Turnwart Schröer. Der Vorstand beschloß, daß mit den jährlichen CcntralauSschußsitzungen von jetzt ab auch öffentliche Ver sammlungen bezw. Coiigresse verbunden werden sollen. Als erster Congreßort würbe Berlin und zwar sür Januar nächsten IabrcS in Aussicht genommen. Nachsttem sollen mit dem im Iabre 18ll> i» Breslau stattsintcnden deutschen Turnfest Wettspiele verbunden werbe» Ebenso sanv cui Antrag, mit der deutschen Turnerschast engere Fühlung zu nehmen, dahin Annahme, daß gelegentlich dieses Turnfeste- ein gemeinsamer Ausrus mit der deutschen Turuerschast vereinbart werde, um In Fesseln. Lj Roma» von L. Bollbrecht. (Fortsetzung.) Ille Recht« »ortebollen. Noch immer stand sie ihm sprachlos gegenüber. Bei» Viele-, was sie in der letzten Zeit befremdet hatte", ward ihr jetzt deutlich. Darum also hatte die Vorsteherin ihr manche lang weilige Abhandlung über da« Sparen gehalten, und daher nahmen wohl die milleidigen Blick« ihrer LieblingSlehrerin ihren Ursprung, mit welchen dieselbe ihre Phantasteaebilde von Pracht und Herrlichkeit anhörte, die sie vor ihr so gern in Worte kleidete . . . Gleich nach Papa« Tode hatte Clemens ibr Taschengeld in empfindlicher Weise beschränkt, und manchen Wunsch, den sic in ibren spärlichen Briefen gegen ibn au« gesprochen, schlug er ihr ab, »weil e« zu viel Geld koste" . . . O — sie kannte ihre Leute. Sie glaubte von alledem kein Wort. Papa batte niemals vom Sparen gesprochen. Lächer lich! Waren nicht sie und Clemen« Besitzer de« BärensteinS? Und lag da unten neben dem Schloßberg nicht der große Meierhof mit seinen Kühen, Pferden, Feldern und der Brennerei? Nein, sie glaubte von dem allen kein Wort. Clemen« war noch ganz derselbe wie ehemals. Er haßte sie und fand ein Vergnügen darin, sie zu ängstigen. Äber sie glaubte ibm nicht, o nein, kein Wort! Sie warf den Kopf mit dem ganzen Selbstbrwußtsein ihrer siebzekn Jahre zurück und wendete sich znm Gehen. »Gute Nacht!" sagte sie möglichst glrichgiltia. „Schlafe wohl!" erwiderte er ernst. Dann siel die schwere Thür hinter ihr in- Schloß. Ein seucdtkalter Vuftstrom fuhr ibr entgegen. DaS Thor nach dem Scbloßhof stand offen. Die Laterne im Vorhau- schwankte hin und ver und wart ihre zitternden Lichrdüschel Uder die kahlen Wände und auf den unteren Tbeil der Trippe, welche da« junge Mädchen fröstelnd rmporstieg. lieber einen breiten, mit Ahnenkildrrn behängten Corridor, von welchen zwei schmale Gänge nach den entzezengeseyen Flügeln de- Schlosse« führte»!, erreichte sie ihr Zimmer. Dasselbe bot, verglichen mit dem düsteren und traurigen Raum, t» welchem sie ihren Stiefbruder zurückgelaffen hatte, «inen ehr freundlichen Anblick. Die Vorhänge waren geschlossen, die mit einem rosa Gazeschleier bedeckte Lampe verbreitete ein milde« Licht Uber den zierlich gedeckten Theetisch, vor welchem sich Hildegard in dem ibr zurecht geschobenen weite» Armstuhl sofort niederließ. Während sie mit gutem Appetit den bereitstehenden Speisen cusprach, entging ibr die geflissent lich zur Schau gestellte Verstimmung der sie bedienentcn Zosc nicht. Allein sie beschloß, heute keine tkeilnehmende Frage ,u stellen, sondern sich mit dem zu begnügen, waS ihr selbst das Herz beschwerte. Sie ignorirte daher Marien'S Seufzer und legte sich bald schlafe». Als sie dann tief in die weiche» Kiffen de» Himmelbettes versank und Marie die schweren, an manchen Stellen ;erschliffenen Damastgardincn zusammcnzog, kam da« Gefühl de« Dabeimscin« über sie. Sie faltete die Hände über der Brust und mit dem Gedanken an den guten Papa und der sicheren Ueberzcugung, daß sein Geist ihr "nahe sei, schlief sie rin. Zweite« Capitel. »Ja, ja — e- geschehen wunderliche Dinge. — Das arme junge Blut thut mir leid." „Wenn da« der alte gnäviac Herr erlebt hätte — solch ein Empfang! — Da« kann ich Ihne» sagen. Anselm — mir gefällt e« schon lange nicht mehr hier aus dem wüste» Schloß. — Wenn meine Frau nicht wäre mit ihrer dumme» Anhäng lichkeit — ick — ich selbst —" »Sic suchten das Weite. — Ja, ja — die Ratten verlassen da- sinkende Schiff." »Na — uttch mit einer Ratte zu vergleichen, daß ist denn doch nicht paffend, Anselm. Und wa« daS sinkende Schiff betrifft — so werden wir c« Wohl in nicht langer Zeit ver lassen müssen — da« ist c« auch, wa- ich meiner Allen immer sag«^ Anselm murmelte etwa- Unverständliches und trat einige Schritte zurück, um der Wasserfluth zu entgehen, welche Lorenz au« einem Eimer über da« Lederdach deS Wagen« gcß. Es war am frühen Morgen, und der Kutscher ließ cS sich eben angelegen sein, denselben von allen Spuren zu reinigen, die er bei der gestrigen Fahrt davon getragen. Er batte die Aermel seine« Hemde- hoch ausgewickelt und waltete seine« Amtes mit einer riesigen Verschwendung des llaren WasscrS, welche« dem breiten Maul eine« steinernen LöwenkopsS zur Seite de« Thore« entfloß und von einer Muschelschale auige- sanaen ward. Vor dem gebadeten Wagen bildeten sich kleine Bäch«, die in allerhand Schlau-enwiavungrn den Fahrweg hinabstckertrn. Der Kammerdiener Anselm liebte e», die Morgenfrische zu genießen und mit seinem ihm untergeordnete» College« einige herablassende Worte zu Wechsel». Er war der älteste Diener im Hause und seiner Herrschaft treu ergeben. Als der alte Graf noch lebte, batte er seine vielen Mußestunden mit Lesen verbracht. Ter General, der ihn zuweilen in der Bibliotbek angctroffen, nannte ibn deshalb scherzweise den „Archivar", und Anselm war sehr stolz auf kiesen Titel unk gewöhnte sich dementsprechend eine gewählte Redeweise an. „Donnerwetter! —Wer ist denn das?" Lorenz stand aus dem Dach seines Wagens und frottirlc dasselbe mit einem großen Lappen. Von seinem erhabenen Ctandpunct konnte er ein gutes Stück deS hiiiabsührendc» WcgcS übersehe», aus welchem sich, vorsichtig das rieselnde Wasser überbüpsend, ein Fremder näherte. Anselm vergaß, dem Kutscher die üble Gewohnheit des Fluchens zu verweisen — wie oft batte er dies nicht schon vngcbenS getban! Mit Spannung sah auch er dem Heraiinahende» entgegen, von welchem zuerst der hohe Cyliudcr und allmälig die i» eine» clwenfarbene» Ueberzicher gehüllte Gestalt in ihrer ganzen ansehnlichen Länge sichtbar ward. — „Ein Fremder! — WaS führte ihn hierher^? — Sollte er komme», um unbezahlte Rechnungen zu präsentirc»?" Ta» Antlitz de- Kammerdiencrö uabm unverzüglich den Aus druck stolzer Abweisung an. Kiikl erwiderte er den artigen Grunde« Fremden, während er fick, abwendete, um im Innern de» «chlosseS zu verschwinden. Allein jener hatte ihn in zwei Sprüngen erreicht, und indem er seine Hand aus des Kammer dieners Arm legte, rief er mit einem etwa« kreischende» Argali: „Hören Sie. mein Bester! Können Sie mir nicht sagen, ob der Herr Graf schon zu sprechen ist?" Anselm warf dem Sprechende» eine» keineswegs freundlichen Bl.ck zu. M,t der Anrede „mein Bester" hatte jener sich durchaus nicht >n seine Gunst eingcschmcichelt. Er rer Kammerdiener und Hau-bosnienter de« Grasen Föbl, war durchaus nicht Jedermanns „Bester". Er maß den An gekommenen nnt Kennerblicken und regelte danach sein Ver bal en gegen >bn. Derselbe war ein Man» von Mittleren Ungliche« Gesicht war durch ..neu von einer schlafe zur andere» reichenden Backenbart eingefaßt der "n Verein mit der stark hervor,retcaden. sehr beweglichen Kinnlade dem Aittlitz etwa« Affenartige« verlieh. Er batte unruhige braune cLpioii Augen und mangelhafte Zähne Sein Anzug war anständig, ohne Eleganz Sr trug a!ä.,«nd schwarze Handschuhe und roch »ach schlechten Cizarnn. * „Also — kann ick' den Herrn Grafen sprechen? — Hat er schon au-geschlascn?" „AiiSgcschlafcn? — Da müßten Sic früher anfragen", ciitgcgnctc Anselm geringschätzig. „Na also — das ist ja schön. So melden Sie mich, mein Lieber. — Agent Müller. - Ta, meine Karte." Herr Müller kalte ei» Notizbuch hcialiSgczogen und überreichte dom Kammcr- dicuer seine Karte. Anselm stand ibm unschlüssig gegenüber. Er ahnte »ickttS Gutes von dem Besuch dieses Eindringlings, und dieser crrieth mit der ihm angeborcneu List die Bedenken des treuen Dieners. „Melden Sie mich nur", rief er angelegentlich, indem er unruhig aus dem Pflaster der Einfahrt bin- und bcrlicf. „Mein Geschäft ist dringend und von sehr großem Vortheil sür Ihre» Herrn Grafen." Aiisclm's Gesicht bellte sich rin wenig auf. Cr verbeugte sich leicht und schritt die zwei Stufen binan, die zur Bibliothck- Ihür führten, hinter wclwer er verschwand. Vor geraumer Zeit schon hatte Anselm seinem Herrn daS Frühstück scrvirt. Dabei war cS ihm gestattet, einige die häuslichen Angelegenheiten berührende fragen zu stellen. Danach hatte Clemens sich in seine Stuvicn vertieft, die sich hauptsächlich auf Geographie und Naturiviffenschast bezogen. Es war sein geheimer Wunsch, sich einmal als Missionär der Menschheit nützlich zu erweisen. Eben Halle er eine hohe Leiter erklettert, um auS dem oberen Fach eine- Schranke« einen Folianten herbcizubole», als Anselm kilttrat und ihm des Agenten Karte hinausreichte. „Ter Herr behauptet, de» Herrn Grafen dringend spreche« zu müssen." Clemens erbleichte. Er wußte WaS „diese Herren", di« ibn dringend z» spreche» wünschten, auf dem Herzen hatten. Seit de« Vater« Tod batten sie ihn mit ibren Forderungen, ihren unbezabllcn Rechnungen, an den Rand der Verzweiflung gebracht. Weltfremd, ganz nnvcrtraut mit geschäftlichen Ver handlungen, batte er ihnen Zinsen über Zinsen geboten. Er hatte sein Möglichste- gelhan, bezahlt, so lange er e« vermochte und sich nicht selten zu Bitten erniedrigt, um nur Frist zu gewinnen. Der Packst sür den Meierbos war auf Iabre hinaus verpfände». Nur eine kleine unantastbare Rente gab die Mittel brr zu seinem und Hildegard« Unterhalt. Air den Tisch sorgte zum Theil Anselm, der fleißig der Jagd oblag, und manch' heimliche« Geschenk kam vom Meierbos in die Küche. Er batte davon keine Ahnung und hätte dergleichen auch schnöd« zurückgewi«s«n. Ging «r doch dem Pächter aus
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