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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 04.07.1907
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-07-04
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19070704017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907070401
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907070401
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
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Aazelgea.yrel» fltr Inserate an« Leipzig und Umgebung di« Sgespaltene Petitzeile 2b Pf., finanzielle Nnzrtgen 30 Ps., Nrklamen I M.; von miswärt« SO Ps., NrNamen I LO vt.; vom «»»land SO Ps., stnanz «n^gen75Ps., Reklame» M. Inserate v. BehSrden im amtlichen Teil 40 Pf. Beilagegebübr 5 M. P. Lausend e;kl. Post gebühr. Geschäftsanzeigen an bevorzugter Stelle im Preise erhöht. Rabatt nach Taris, gesterteilte Austräge können nicht zurück gezogen «erden. Für da« Erscheinen an bestimmten Tagen »nd Mähen wird keine Garantie übernommen. Anzeigen-Annahme: Ilugustusplatz 8, bei sämtlichen Filialen u. allen Annoncen- Expedilionen des In- und Auslandes. Haupt.Filiale Berlin: Earl Dunckar, Herzogs. Bahr. Hofbuch handlung, LützowAp^r ^2. (Telephon VI. Nr. 4MY. Nr. 188. Donnerstag 4. Juli 1907. 101. Jahrgang. Das wichtigste voni Tage. * König Friedrich August unternahm gestern seine Reise tn die Lausitz. (S. Letzte Dep.) ' Der Kaiser ist gestern in Kopenhagen angekommen und vom Hof und Bevölkerung mit großer Herzlichkeit empfangen. (S. Dänemark.) * Die Leipziger Stadtverordneten sprachen sich in ihrer gestrigen Sitzung für die Schaffung eines großen Wasserbassins im Westen der Stadt aus. (Siehe Stadt verordnetenbericht.) * Heute feiert das italienische Volk den 100jährigen Ge burtstag Garibaldis. (S. Ausl.) * Kossuth ist im ungarischen Abgeordneten haus« energisch gegen die kroatische Obstruktion vor- gegangen. (S. Ausl.) * Naisuli hat den Kaid Mac Lean, der im Auftrag deS Maghzen mit ihm verhandelte, gefangen gesetzt und be handelt ihn als Geisel. (S. Ausl.) * Die russische Sozialdemokratie hat die Be teiligung an der Dumawahl beschlossen. (S. Ausl.) * DaS Reichsgericht hat die Revision des Schuh machers Karl Naumann, welcher am 7. Mai wegen Er mordung und Beraubung der MarkthelferSehefrau Roßberg vom Schwurgericht zu Leipzig zum Tode verurteilt worden ist, verworfen. (S. Gerichtssaal.) Dev Meters pvozetz. fVon unserem Münchener Korrespondenten.) Das Urteil ist gesprochen. Das Gericht hat, wie voranszusehen war, zur Sühne eine Geldstrafe für ausreichend erccytet, zu der die eine ganz andere Summe betragenden Kosten 'ommen. Die Begründung des Urteils im Zusammenhänge mit den gegen Dr. Peters geschleuderten Be leidigungen würde wohl manchem die Verhängung einer Freiheitsstrafe konsequenter erscheinen lassen. Zweifellos bedeutet diese Begründung für Peters einen Erfolg, der ihm zur Wiederaufnahme des Disziplinar verfahrens verhelfen kann. Denn das Münchener Gericht erachtet es jedenfalls als sestgestellt, daß Dr. Peters im Bewußtsein des Rechts ge handelt und ein Bewußtsein der Rechtswidrigkeit nicht gehabt, daß er nach seiner persönlichen Ueberzeugung das Angemessene getan habe. Wie die „Münchner Post" das Material zusammenzutragen suchte — der „Köln. Ztg." mag vielleicht die dankbare Konstatierung, daß sie dazu wesentlich verhalfen hat, nicht sehr angenehm gewesen sein — wie sie während dieser Tage den Prozeß zu beeinflussen sich alle Mühe gab, wie sie nicht allein den Kläger, sondern seinen Vertreter und alle, sie nicht gegen ihn aussagken, beschimpfte, mag vielleicht selbst in den Annalen sozialdemokratischer Preßprozesse einzig dastehen. Haßerfüllte, wider liche Bilder entrollten sich im Gcrichtssäale und in und außerhalb seiner Mauern wurde bei der Betrachtung des Falles gar oft der juristische Boben verlassen. Wir wollen fest auf ihm stehen bleiben — sins ir» «t strulio. Zu Beginn der Verhandlung hat sich der Beklagte mächtig in die Brust ge worfen und erklärt, der „Münchner Post" sei es ernste Pflicht gewesen, dem deutschen Volke die Schmach zu ersparen, daß dieser Mann, der den deutschen Namen mit Schande bedeckt hat, t '-der in ein Neichsamt komme. Und weiterhin wurde geltend .emacht, daß Peters während des Reichstagswahlkampfes nach München gekommen sei. Das Gericht hat ausgesprochen, der Beklagte Gruber habe glauben können, er wahre bei seinen Angriffen berechtigte Interessen. Wir können diesem Gedanken- gang nicht folgen. Peters war von einem literarischen Verein zu einem Vortrag über England eingeladen '.'orden, bei dem jedoch politische Propaganda ausgeschlossen 'rschien. Aber selbst wenn Peters sich unterfangen hätte, über unsere Kolonien zu sprechen, wären keine „berechtigten Interessen" der Sozialdemokraten gefährdet gewesen. Auf welche Bahnen käme das deutsche Volk bei Verfolgung seiner nationalen Ziele, wenn eine solche Toleranz Schule macycn würde. In Wahrheit wollte die „Münchner Post" die zufällige Anwesenheit Dr. Peters für ihren skrupellos geführten Wahlkampf fruktifizieren, wollte die Massen noch stärker aufhetzen, als cs mit ihren gewöhnlichen Mitteln geschehen konnte. Wir sollten meinen, es wäre also eher ein straferschwerender Grund zu finden gewesen. Und nun zum Prozeßergebnisse selbst. Es ist viel über die Verhält nisse am Kilimandscharo debattiert vorder^ und es haben sich gute Menschen gefunden, nach deren „sachverständiger" Meinung beinahe Peters und seine Handvoll Leute ihr Haupt rghig jedem Eingeborenen in den Schoß hätte legen können. Ich gehöre nicht zu diesen rührenden Optimisten, aber die ganze Frage hatte für den Prozeß gar keine Be deutung, ebensowenig eine Untersuchung, ob Peters objektiv zu seinem Tun berechtigt war, ob er die Grenzen »iner Befugnisse eingehalten hat. Entscheidend erschien uns, ob Peters von der Notwendigkeit und Recht mäßigkeit seiner Handlungen überzeugt war. Das Gericht hat hier den allein richtigen Standpunkt eingenommen und ist dabei zu einer für Peters sehr günstigen Auffassung gelangt. r in dem Falle Mabruk bat es die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, daß für die Verurteilung auch die Annäherung Mabruks an die Mädchen mitbestimmend gewesen sein könnte. Dazu darf noch bemerkt werden, daß die Beweislast nicht etwa bei Peters, sondern beim Beleidiger lag, und daß dieser nirgends einen Beweis zu führen vermochte. ' Aber auch angesichts dieses Erkenntnisses bleibt nicht nur im Falle Mabruk ein „non liqnst" bestehen. Völlige Klarheit konnte auch dieser Prozeß nicht bringen. So werden auch in Zukunft die Meinungen über die inkriminierten Handlungen Dr. Peters' geteilt bleiben. Nicht allein über den Beklagten wurde ein Urteil gesprochen. Wie man sich auch äu Dr. Peters stellen mag, die Erkenntnisse der Dis ziplinargerichtshöfe fordern peinliches Erstaunen heraus. Der tem peramentvolle Freund Dr. Peters, General von Liebcrt, der übrigens nach dem Urteil alter, nicht vernommener „Afrikaner" den Charakter der Eingeborenen gänzlich mißkennt, hat dafür sehr scharfe und unter allen Umständen bedauerliche Ausdrücke gebraucht. Allein, einer schar fen Kritik braucht man sich nicht zu widersetzen. Daß es sich um einen Mann von den größten Verdiensten handelte, könnte unerörtert bleiben, wenn der Gerichtshof nicht die schier unglaubliche Ansicht gehegt hätte, sie seien nicht zu berücksichtigen, weil sie nicht in Peters Amtszeit sielen. Im übrigen wäre das Verfahren auch dem einfachsten Bürger gegen über unbegreiflich zu nennen. Der Vorwurf, daß in den Gerichtshöfen kein sachverständiger Richter saß, ist ungerechtfertigt, weil die Mit glieder dauernd ernannt sind. Aber um so befremdlicher muß erscheinen, daß kein einziger Sachverständiger zugezogen wurde. Die Zeugen, welche den Disziplinarrichtern genügten, waren der Leutnant Bronsart von Schellendorf, über dessen Ruf man sich schon damals hätte erkundigen können, der Dr. Baumann, der kurze Zeit darauf im Wahnsinn starb, der Unteroffizier Wilhelm, der bei seiner Vernehmung einen tragikomischen Eindruck hervorrief. Sie alle können ja die Wahrheit gesagt haben. Die Disziplinargerichte waren jedenfalls voll befriedigt. Denn sie ließen den Angeklagten Peters, dessen Verteidigung in der Oeffentlichkeit durch den Reichskanzler vorher unterbunden war, nicht M Beweisen zu, ja sie lehnten sogar das Zeugnis Miss« an ns ab. Der erbittertste Feind des Angeklagten aber, der Geheimrat von Hell wig, führte die Anklage. Auf die Verhältnisse in gewissen oberen Re gionen des Reiches fielen überhaupt recht anmutende Streiflichter. Unwillkürlich drängte sich wohl jedem die Frage auf, wer denn Bebel das Material zu seiner Anklage gegen Peters gegeben hatte. Er selbst deutete ja an, daß es sich um eine Persönlichkeit in hoher Stellung handle. Obwohl bei diesen Mitteilungen der gefälschte Tuckerbrief, der erst die Handhabe zu dem tags vor her vom Kolonialdirektor Kayser abgelehnten Verfahren bieten mußte, die Hauptrolle spielte, weigerte sich Bebel, den Namen zu nennen. Im Falle des unglücklichen Belastungszeugen Neuhaus zeigte er sich weniger feinfühlig. Der Mann hat ihm vor 11 Jahren einen Brief geschrieben. Bebel aber fühlt sich berechtigt, nach dieser langen Zeit das Schreiben zu verlesen, ohne auch nur den anwesenden Neuhaus vor her zu fragen. Ter Coup hatte wenig Zweck: der Zeuge mochte seine damaligen Angaben nicht mehr auf seinen Eid nehmen. Ein besonderes Kapitel müßte eigentlich den Sachverständigen ge widmet werden. Tic „Münchner Post" hatte sich dazu hauptsächlich die Herren Eugen Wolf und den „königlich bayerischen Wirklichen Rat" Martin gewählt — in Bayern erhält man solche Titel für Schenkungen an staatliche Sammlungen. Beide sind intime Feinde des Tr. Peters. Sie batten aber den Sachverständigeneid geleistet, und so haben sic natür lich ihre denkbar ungünstigen Aussagen gegen Peters nach bestem Wissen und Gewissen gemacht. Ob Forschunasreiscnde an sich zu einem Urteile über Erobernngszüge geeignet sind, scheint immerhin sehr frag lich. Jedenfalls haben aber die Herren Wolf und Martin ein glän- zendes Fiasko erlitten. Ter erstere hat sich im Gcrichtsjaale seiner Zugehörigkeit zu der Künstlcrgcselljchaft „Allotria" gerühmt. Am gleichen Abende wurde er ausgeschlossen. Wenn diese beiden „Afri kaner" sich veranlaßt sehen sollten, den Staub Münchens von den Füßen zu schütteln, so wäre dieser Verlust ein nicht zu verachtender Ge winn für München. Noch ein anderer kann aus dem Prozesse erwachsen. Der Major von Donat, der wegen der Ausnützung der Wasserkräfte der Isar einen so erbitterten Kampf mit unserer obersten Baubehörde süyrt, wird nach seinem Auftreten -m Gcrichtssaale wobt auf die breite Oeffentlichkeit verzichten müssen. Man wird nunmehr allgemein ge neigt sein, den wirklich sachverständigen Technikern zu glauben, daß sei» großartiges Projekt undurchführbar ist. Darüber kann überhaupt kein Zweifel bestehen: die Freunde und Verteidiger, die sich um Peters scharten — wir nennen nur v. Lieber:, Paasche, v. Tiedemann —, fielen zumeist ganz anders ins Gewicht, als die Ankläger, wenn unter diesen vom Pater Acker abgesehen wirv, der während der Verhandlung seine Auffassung sehr zu Peters un- gunsten wandelte. Die Ueberzeugung soll aber zum Schlüsse dieser objektiven Betrach tung betont werden: Dr. Peters ist auch aus diesem Prozesse nicht als ein Mann hervorgegangen, zu dem das deutsche Volk auch bei An erkennung aller seiner großen Verdienste mit Bewunderung empor- schauen, den es allenfalls als einen Nationalhelden verehren könnte. Dabei soll nicht verschwiegen werden, daß auch in München viele hoch angesehene, ausgezeichnete Männer anders denken. Haben doch heute mehrere nationale Vereine^ darunter der Flotten- und der Kolonial verein, zu einer Abschiedsfeier für Dr. Peters Einladungen ergehen lassen. eck. München, 3. Juli. (Privattelcgramm.) Die nach auswärts ge meldete Nachricht der „Münch. Allg. Ztg.", es werde von keiner Seite im Prozeß Peters Berufung eingelegt, entspricht nicht den Tot- fachen. Der Verteidiger des verurteilten Redakteurs Gruber erklärt ausdrücklich, daß sich sein Klient alle weiteren Schritte über eine Be rufung gegen das Urteil Vorbehalten habe. Ebenso will der Verteidiger Grubers eine von Dr. Rosenthal (Vertreter Peters') angekündigle Offizial-Beleidigungsklage durch eine Offizial-Widerklage beantworten. Deutschland und der westliche Bund. Das jetzt bekannt gewordene Abkommen Spaniens mit England und Frankreich und das schon 1903 abgeschlossene Abkommen Portugals mit England wird von der deutschen Presse teils als deutsche Interessen be rührend, teils als deutsche Interessen nicht berührend, bezeichnet. Es braucht unzweifelhaft nicht erst besonders betont zu werden, daß Deutsch land nichc daran denkt, sich mit Gewalt spanischen oder portugiesischen Kolonialbesitz an der Westküste Afrikas anzueignen. Es sind aber sehr wohl Verhältnisse denkbar, daß Veränderungen in diesem Besitzstände eintieten, die deutsche Interessen schädigen würden. In den Händen Spaniens konnte bisher das Campo-Muni-Territorium, das im Norden durch Kamerun begrenzt wird, als guter Nachbar betrachtet werden. Ta- gegen kann es zweifelhaft sein, ob dieser für Spanien wegen der iso lierten Lage schwerer ausnutzbare Besitz nicht durch protektionistische Maßnahmen, durch einseitige Bevorzugung der dort ansässigen englischen Konkurrenz oder durch sonstige Ereignisse ein Vorgehen Deutschlands provozieren würde, um deutsche Interessen zu sichern, die durch die an der Küste etablierten Hamburger Faktoreien mit ansehnlichem Warenaus tausch dargestellt werden. Ebenso würde es Deutschland durchaus nicht gleichgültig sein können, wenn die unmittelbar vor der Küste Kameruns gelegene spanische Insel Fernando P6o etwa in englischen Besitz oder auch nur englische Vor herrschaft durch irgend welche Vereinbarungen gebracht werden sollte, da sehr wohl englische Unternehmungen privater oder staatlicher Natur auf jener gebirgigen Insel, die nur durch einen schmalen Kanal von Kamerun getrennt ist, geradezu einen Eingriff in die Interessen Kameruns bedeuten könnten, bei deren anzustrebender Beseitigung Deutschland aus die jetzt geschlossenen Verträge stoßen würde. Nicht minder erheblich ist das Interesse an der Südwcstecke Angolas, mit der Portugal selbst gar nichts anfangen kann, während bei einem etwa denkbaren Austausch mit Deutschland, sei es durch Kolonial- besitz, sei es durch Konzessionen im Zolltarif, sie für Deutschland Interesse haben würde. Bei einem derartigen Austausch würde aber England in Zukunft auf Basis seines Vertrages mit Portugal noch mehr mit.;»- reden sich anschickcn als es schon früher tat. Es ist also ein Irrtum, wenn man die Verträge Spaniens und Portugals mit England und Frankreich als deutsche Interessen nicht be rührend hinstellt. Bei dem steten Wechsel der Ministerien in den beiden Pyrenäcnstaatcn ist, falls das Ruder sich in Willensstärken, nur die Interessen der eigenen Nation beachtenden Händen befindet, freilich nicht zu befürchten, daß man sich dort von England oder Frankreich einfach am Gängclbande führen läßt. Es können aber auch schwache Minister ans Ruder kommen, denen die Erfahrung und Nebersicht fehlt, und in solchen Zeitläufen würde die deutsche Diplomatie ein sehr wachsames Auge haben müssen. ES sprechen in solchen Zeiten auch Empfindungen der Volksseele mit, die augenblicklich in Spanien gegenüber Dutschland viel zu wünschen übrig lassen, und deren Unfreundlichkeit durch die gar zu große Langmut Deutschlands in den deutsch-spanischen Handelsver- tragsvcrhandlungen nur noch gesteigert wird. Deutsches Reich. Leipzig, 4. Juli. Neuer Miniftcrwcchsel im Herbst? In Berliner politischen Kreisen geht das Gerücht um, daß der Herbst deS Jahres eine zweite Auslage eines Minister Wechsels im Reiche bringen werde. So soll im Oktober noch vor Zusammentritt dcS Reichstags der jetzige Staatsjetretär von Tlchirichky seinen Abschied einreichen. Ec soll beabsichtigt haben, sein Abschiedsgesuch schon vor Wochen einzureicheu, doch hat er sich mit Rücksicht aus die gegenwärtige auswärtige Politik (deutsch-französische Annäherungsversuche, Haager Friedens« lonserenz) noch bestimmen lassen, im Amte zu bleiben. Es wirv behauptet, daß der Staatssekretär aus gewissen Grünten arg verstimmt sei, und sein Verhältnis zum Reichskanzler dem des Grasen PosaoowSly zum Fürsten Bülow in der letzten Zeit sehr äenle. Auch wird behauptet, raß der Herbst an der Spitze des NeichsjchatzamteS einen neuen Manu sehen wird, da die Noiwendigkett, vom Reichstage im nächsten Winter neue Geldmittel durch Steuerumlagen zu verlangen, beim jetzigen Staatssekretär Frhrn. von Stengel aus einige Schwierigkeiten ge stoßen ist. — Von amtlicher Seite werden diese Gerüchte als unbegründet bezeichnet. Bis zum Herbst ist auch noch lange Zeit. Wir geben die Gerüchte wieder, da sie seit einiger Zeit immer wieder hartnäckig aus treten. Warten wir ab! * Ablösung dir Lstasiatcn. Der Dampfer „Willehad" des Nord deutschen Lloyd ist mit dem AblösungstranSport für Vas ostasiatlschr Detachement am 2. d. M. woblbehalten in Colombo eingelroffen und am 3. d. M. nach Hongkong weilergesahren. * Tic Negierung und General v. LirbcrtS Kritik. Von unter richteter Seite wird unö geschrieben: Bclaniillich bar General v. Liebcrt vor dem Münckener Schöffengericht die beiden Diszipliiiarurteile gegen Tr. Peters „Justizmorv" unv die Art der llrteilssällung als einen „Schandfleck für vas ganze deutsche Voll" bezeichnet- Welche Schritte wegen dieser Kritik die Regierung ergreisen soll, darüber werden in den zuständigen amtlichen Kreisen zurzeit Erwä ungen «»gestellt. * Tie Ausweisung der russischen Studenten. U ber die Persönlich keiten der Ausgewieieneii wird geschrieben: Von den AuSgewieieueu g - hörten Ter-Oganessian, Maltulsli, Fräulein Skava Pmes und Polubiiiski der Tschechowlcschalle an, wäbrend die übrigen Mitglieder der Sal'ytow- lesehalle waren. Bemerkenswert ist, daß Maliulski, der Mitglied der Tschechowlesehalle war, gleichzeitig dem Wirtschaftsausschuß der Küche in der Salrykowleiehalle augclörte. Polubineki war umgekehrt gleichzeitig Vorstandsmitglied der Satykowlesehallc und gehörte zum Wirtichafisaus chuß der Küche in der Tschechowlesehalle. So wurden die politischen Fäden von der Küche zur befreundeten Lesehalle gesponnen. Der Student Äjelostozki ist übrigens verdächtig, im März eine Bombe in den Zug Wiesbaden — Frankfurt a. M. gelegt zu haben, we'che in einem Patetnetz eines WagenabteilS zweiter Klasse gesunden ist. Die Bombe Hal sich allerdings dann als ungefährlich heraus gestellt, so daß man es mehr mit der Verübung c>neS groben Unfugs, als mit einem beabsichtigten Attentat zu Inn Hal. Die von der SaOykow- und Tschechowlesehalle einbcrufcne Versammlung, in der über die Schließung der Lesehallen beraten werden sollte, konnte wegen mangelnder Be teiligung nicht stattsinden. Diese Tatsache ist bezeichnend für die Stimmung, die augenblicklich in russischen Kreisen herrscht. * Tie Ttudlsche Konkursmasse. Es wurde schon berichtet, daß Kultusminister Dr. Holle den berüchtigten „Bremserlaß" auf seine Daseinsberechtigung hin prüfen läßt. Jetzt scheint es auch, als ob die Schikanierung der Vereine sür Feuerbestattung aushören soll. Der Berliner Verein sür Feuerbestattung ist dieser Tage in daS VereinSregister eingetragen worden. DaS Organ der Fcuer- bestattuligövereine, „Die Flamme", erinnert bei dieser Gelegenheit daran, daß Herr v. Stuvt sich seinerzeit in einem Erlaß an die Regierungspräsidenten sehr entschieden gegen die Eintragung von Fcuer- bestatlungsvereinen in das Vereinsregister ausgesprochen hat. DaS Oberverwaltungsgericht stellte sich im Gegensatz dazu auf den Stand punkt, daß auch Feuerbestattungsvereinen, wenn im übrigen die gesetz lichen Vorbedingungen erfüllt sind, die Eintragung in das Vereinsregister nicht versagt werden kann. DaS Blatt schließt, daß der viel umstrittene Sludtsche Erlaß in aller Stille zurückgezogen worden sein muß. * Vom National-Vcrein. Dem Nationalverein stellen sich Wider stände innerhalb der linlslibcralen Parteien entgegen. Die Heidelberger Tagung hatte gewünscht, daß die Führer der drei freisinnigen Gruppen in den Vorstand des Nationalvereins einlreien sollien. Nachdem jedoch von seilen der deutschen Volkspartei der Eintritt ihrer parlamentarischen Vertrauensmänner in den Vorstand des Nationalvereins abgelehnt ist, dürsten die Organisationen der beiden anderen freisinnigen Gruppen ebenfalls schwerlich geneigt sein, ihre führenden Parlamentarier in den Vorstand deS Vereins zu delegieren. Damit dürste dann aller dings die Uebertragung des NationalvereinS auf Norddeutschland aus geschlossen sein. * Wtndthorst-Bunde. Der 8. Bertretertag der Windthorstbunde Deutschlands, der soeben in Wiesbaden stattfand, vrrdient in doppelter Hinsicht Beachtung. Unv zwar ist es zunächst das Referat des Zentrums- abgeordneten Herold über die politische Lage, welches die Aufmerksamkeit auf sich lenkt. Herr Herold kennt nur zwei Möglichkeiten für die liberal- konservative Paarung: „Entweder die Linke schwenkt etwa» »acb rechts hinüber und die Rechte nach link», daun treffen sich diese beiden Parteien auf dem Boden, den daS Zentrum schon seit Jahren eiunimmt; oder aber, die Rechte und die Linke kommen sich nicht entgegen, dann ist das Zentrum wieder ausschlaggebend; also die Verhältnisse mögen sich gestalten wie sie wollen — ohne daS Zentrum oder gar gegen daS Zentrum wird auch im neuen Reichstag Politik nicht gemacht werden können". — Die klerikale Jugend, vor welcher er redete, hat sich kaum gegenwärtig gehalten, daß nicht nur ohne, sondern auch gegen da» Zentrum das Reichstagspräsidium gewählt, der kolonial« NachtragSetat und das Reichskolonialamt bewilligt wurde x. x. Sie dacht« anch nicht daran, wie wenig e» zu dem bisher vom Zentrum geübten Verfahren, die liberal-konservative Paarung als „Wechselbalg" za verhöhne», paßt, wenn jetzt Herr Herold dieselbe Paarung al» ans dem Boden de- Zenlrums besindlich behandelt. Indem Herr Herold letztere» tat, bewies er nicht weniger als durch eine deutliche Absage an diejenige» feiner politischen Freunde, die st» i» den SebmollwüM iex» lü»
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