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Dresdner Journal : 30.11.1887
- Erscheinungsdatum
- 1887-11-30
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188711309
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18871130
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18871130
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1887
- Monat1887-11
- Tag1887-11-30
- Monat1887-11
- Jahr1887
- Titel
- Dresdner Journal : 30.11.1887
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Im L«i«8«' ^LUrliol», .... 18 zzjLürliod: 4 80 ttk. kiumwvro: 10 kk. 8ll«<rluUdä« 6«ot»cti«a tieicll« tritt?o«t- »vä 8ivlup«Iio»cl>l»ts bü»a. LQ>iüoülikiu»x»8«bIidr«v r ?'Sr 6so liLum siosr ^v«p»It«oso 2sil2 lcleiosr 3ol»nti 20 ttf. tlotsr,,^>o^««»o6t" äi« 2«U« 80 kk. Usi 1»b«IIsQ- lluä /iüsro»ot» sotUpr. Aakottl»^. Lr»vd»1a»i»r IL^Uck wit ^usootuuv äsr 8ooo- ooä ^«i«rt»^« »d«aü». lEsru^prsoll-Aoselliu«: Ur. 1298. DresdnerHounmI. Für die Gesamtleitun- veranttvottlich: Gtto Banck, Professor der Litteratur- und Kunstgeschichte. F> Lra^üe«tt«r, Ovll»wi«iou»r «1« Orsxtoor ^oorv»I»; N«»d«rU Z«rU» Mi« l^lpitU - L»—!-Lr«^»« ^r»»ttllr1 «. » : L ^o-t«r, I«rU» Mt« -U»»d«U- ?r»U-L«txLtU kr«kt»rt ». ». >ü»«i»«: L««i Ako««,' k»rt« L«ä« 8«rl1» er«K1«rr » N.-8t«ttU»»t: />a«ä« F »«u»: /n«Uit«^anL, SSrUt»- v. Akutt«r« L«»«r»r: 6. i8cX<r«/«r, »«U« ». »., F L«rct Oo. U»r»«,,«d»rr Lüvizl. krpsüitiov cis« Or«<io»r ^ounuU«, l-r^äso, /^iossvrstr»«« 20. ksriupr«ob-ArweUIo« Ur. 1298. Ankündignnge» fir die Weihnachtszeit finden im „Dresdner Journal" die geeignetste VerbreiMng. Hierbei versäumen wir nicht, darauf aufmerksam zu machen, daß aus Anlaß des Weihnachtsfestes Handel- und Gewerb- treibeuden bei Ankündigungen mit mehrmaliger Wiederholung außerordentliche Bergüustiguuge» gewährt werden. Amtlicher Leit. Dresden, 30. November. Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht, den Generalmajor und Kommandanten von Dresden Freiherr ü Byrn zum Generallieutenant mit einem Patente vom 15. No vember d. I. zu ernennen. Se Majestät der König haben Allergnädigst ge- ruht, dem Rittmeister a. D. Freiherr Bachoff von Echt die Erlaubniß zur Anlegung des demselben ver liehenen Fürstlich Lippischen EhrenkreuzeS 1. Klasse zu ertheilen. Se Majestät der König haben Allergnädigst ge ruht, dem Rittmeister a. D. von Zezschwitz die Er- laubniß zur Anlegung des demselben verliehenen Fürst lich Lippischen EhrenkreuzeS 1. Klasse zu ertheilen. Dresden, 30. November. Se. Majestät der König haben dem Rath bei dem Landgericht Zwickau Franz Robert Otto Hofsmann die nachgesuchte Versetzung in den Ruhestand mit der gesetzlichen Pension unter Belassung seines Titels und Ranges zu bewilligen Allergnädigst geruht. Nichtamtlicher Leit. Kelegraphische WacHvictzten. München, 3V. Novevber. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Wie die „Allgemeine Zeitung" meldet, hat sich der Bankdirektor Jerusalem von der Leip ziger Diskontogesellschaft gestern in einem hiesigen Hotel erschossen. Wien, 30. November. (Tel.d.DreSdn.Journ.) Nachrichten der „N. Fr Pr." auS Teplitz zufolge, steht auch der Nelsonschacht unter Wasser. Im KortschrittSschachte wird der Eintritt des WaffrrS heute erwartet. Der O.uellenspiegrl deS Teplitzer StadtbadeS ist um 4 etm gesunken. Paris, 30. November. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Gri-vy empfing gestern die Besuche zahlreicher politischer Persönlichkeiten. Seiten Derjenigen, welche für ein Verbleiben GrsvyS find, wurde (Hoblet angegangen, ein Kabinett zu bilden. Goblet lehnte indessen ab. Nunmehr dürfte kein weiterer Versuch gemacht werden, die PrafidrntschastSkrise zu vermeiden. Athen, 30. November. (Tel. d. Dresdn. Journ) Die Deputiertenkammer gab mit 75 gegen 52 Stimmen ein Vertrauensvotum für die Regier ung ab. Dresden, 30. November. Französische Präsidentschaftskandidaten. Die Botschaft GrovyS, in welcher er seine Würde in die Hände des Parlaments zuruckgiebt, wird nach den letzten Meldungen erst am Donnerstag in der Kammer verlesen werden. Mit scharfem Auge hat er erkannt, daß sein Vaterland vor den Gefahren einer in Eile vorgenommenen Präsidentenwahl behütet wer de» muß und daß die maßvollen Mitglieder deS Ver- Feuilleton. Dienstag, 29. Nov. Konzert Nikita. Da die Reklame in ihrem zeitgemäßen Fortschritt zu solchem Lapidarstil in der Konzertankündigung gegriffen hat, müßte man eigentlich erläuternd bemerken, daß „Nikita" ein junge- Mädchen von 1b Jahren und einigen Mo naten bedeutet, welches singt. Mutter Natur hat ihr neben musikalischem Talent auch Stimme und eine frühe Entwickelung derselben verliehen, so daß sie als Sängerin den musikalischem Wunderkindern zugesellt werden konnte, welche vorläufig Beifall und Gewinn von der Hoffnung auf künftige künstlerische Leistungen — die gewöhnlich auSbleiben — einheimsen und von der Vorliebe des großen Publikums für da» Unge wöhnliche, von dessen gefälliger Praxis zwar prinzipiell die Reklame in ihrer Ausartung zu verdammen, aber zu gleich ihrem Ruf ganz gehorsamst zu folgen und auf ihrGebot mit Enthusiasmus auSzurüsten Frl. NikitaS Stimme be sitzt einige bereits kräftige glänzende Töne in der obern Oktave und einen hübschen Pianoklang der besonders geübten Kopstöne; in der untern Oktave ist die Stimme, welche von dem kürzlich verstorbenen Moritz Strakosch eine ausgezeichnete Vorbildung empfangen hat, noch am unreifsten, ohne Fülle und etwas herb und der Tonbildung fehlt Festigkeit. Der Vortrag der Arie auS „Figaro" und de» Gesanges von Gordigiani (8»ueti»»ilu» vsrzins) bot nichts ungewöhnliches, war vielmehr ganz ungenügend und besonders durch Ge brauch deS Pianissimo manieriert, wenn er auch musika- lisch«» Talent und GesaugSbegabung bekundete; letztere sailler Kongresse- einer gewissen Zeit bedürfen, um sich nach Möglichkeit zu verständigen, die verschiedenen An- Wärter auf den ersten Platz in der französischen Re gierung gegen einander abzuwägen und auch die Folgen zu überdenken. Die gegenwärtige Lage in unserem Nachbarlande ist so verwickelt und schwierig, die Partei- Zerrissenheit ist eine so schroffe, daß e» von großer Einsicht und großem Pflichtgefühl deS scheidenden Staatsoberhauptes zeugt, wenn dasselbe mit allem ihm zu Gebote stehenden Mitteln verhindern will, daß der Weg seines Nachfolger- zum Elysee mit Blut getränkt wird. Wer dieser Nachfolger sein wird, darüber herrscht zur Stunde noch die gleiche Ungewißheit wie vor einer Woche. Nachdem indes General Saussier und Anatole de la Forge die Erklärung abgegeben haben, daß sie nicht gewählt werden wollen, bezeichnet man vier an nähernd gleichwertige Kandidaten: Ferry und Freycinet, und in zweiter Reihe Floquet und Brisson. Dat „W. Fremdenbl." versieht diese Kandidatenliste mit einigen kurzen aber treffenden Randbemerkungen, die wir im folgenden wiedergeben: Hr. v. Freycinet, der Abkömmling einer alten hugenottischen Adelssamilie, ist ein Mann von feinster Erziehung, vielseitig gebildetem Geiste, reich an Ent würfen und Auskünften in der Politik, ohne vorge faßte Meinung, nachgebend und gewinnend, versöhnlich und verführerisch. Er wußte sich die Freundschaft der Gemäßigten und der Radikalen zu erwerben und ver scherzte nur das Wohlwollen derjenigen, welche eine autoritäre Regierung wünschten, lange in Gambetta ihr Haupt sahen und die den ehemaligen General- quartiermeister der Exdiktators schon darum nicht liebten, weil er in dessen große- Ministerium nicht hatte eintreten wollen Sie klagten ihn an, daß er den Radikalen, ohne deren Stimmen er damals nicht hätte regieren können, zu viel Einfluß einräume. Thatsächlich bediente sich Hr. v. Freycinet der Radi kalen, ohne ihnen irgend einen nennenswerten Vorteil zu gewähren; allerdings wurde er jedesmal gestürzt, ehe er an die halben Versprechungen, mit denen er sie hie und da vertröstete, hätte gemahnt werden können. Ob sie noch einmal bereit wären, ihn als Minister zu unterstützen, ist fraglich; als Präsidenten der Re publik werden sie sich ihn gerne gefallen lassen. Hrn. v Freycinets größter Ehrgeiz würde die Förderung der wirtschaftlichen Entwickelung Frankreichs sein, für die er durch seinen umfassenden, nur teilweise au-ge- führten Eisenbahnplan sehr viel geleistet hat, und nicht minder die Förderung der französischen Wehrfähigkeit, da er, obwohl erfüllt von jener Friedensliebe, die ihm seine scharfe Einsicht in da- europäische Getriebe und sein Abscheu vor den Schrecken des Krieges verleiht, doch die Armeeorganisation seit jeher als den Lieb lingsgegenstand seines Nachdenken» gepflegt hat. Eine viel ausgesprochenere Stellung nimmt im französischen Parteileben Hr. JuleS Ferry ein. Ihm ist nicht die Liebenswürdigkeit FreycinetS gegeben, er ist knorrig, nicht selten herausfordernd in der Debatte, und dies hat seine politischen Gegner aus der Linken geradezu zu seinen Feinden gemacht. Aber er hat Mut und Hartnäckigkeit, Arbeitskraft, viel natürlichen Verstand und großen Ehrgeiz. Er ist e», der da- Schutzgebiet der Republik durch zwei Eroberungen: Tunis und da» anamitische Reich, bedeutend ver größerte. Eben wegen dieser Feldzüge jedoch wird er am heftigsten angegriffen; das Blut, das sie gekostet haben, kann ihm die Masse der radikalen Arbeiter nicht verzeihen. Dafür gilt ei im Bürgerstande al ber wahre Regierungsmann, als der verläßliche Hüter der Ordnung, als der Vorkämpfer von Frankreich- Ansehen und Macht. Die Anhänger Rocheforts und die Revolutionären drohen mit thätlichem Protest für den Fall der Wahl, und die Radikalen von der Gruppe Llomenceaus, die den offenen Aufruhr doch nicht zu trat indes weit entschiedener mit innerer Wärme deS Tons und mit natürlichem fesselnden Ausdruck in der Arie aus „Mignon" von Thomas hervor. Diese Aus führung sowie die Zugabe aus der Elsa-Partie scheint für die spätere Entwickelung de- jungen Talents mehr auf sentimental-dramatische Pattien zu verweisen. Hr. Prof. A. Eibenschütz aus Köln vervollständigte das Programm durch Klaviervotträge. Er erwies sich als ein tüchtiger Pianist, musikalisch gediegen und korrekt, voll Verständnis und Geschmack in seinen Vorträgen und spielte Phantasie und Fuge von Bach- Liszt, Suite von d'Albert und kleinere Stücke von Schumann, Mendelssohn, Lhopin und eigener Kompo sition. E. B. Frieda. Erzählung von v. Mrrent»^ (Forlsetzun,.) Da waren wir auf der Höhe angelangt. Da» weite Thal lag vor uns, so sonnig, so frühling-frisch, und mir wurde so feierlich zu Mute und so glückselig, al- fielen langgetragene Ketten von mir ab, und ich schaute hinaus in ein neue- Leben voller Sonnenschein, und, doch warum schreibe ich da- alle- nur? Du weißt eS gewiß noch so gut wie ich selbst, Du liebe, kluge Mutter, Du! Ich will Dir sogen, warum ich e» schrieb: Weil ich e« mir selbst noch einmal ganz unwiderleglich klar schwarz auf weiß zurückrufen muß, denn sonst schriebe ich gar nicht, und dann hätte ich doch keine Ruhe, denn — doch Du kannst mich nicht »erstehen, wenn ich so fortfahn. predigen wagen, kleiden diese Drohung in die Form einer Warnung. Diejenigen, welche für Ferry zu stimmen beabsichtigen, sollen dadurch abgeschreckt werden. Trotzdem herrscht unter den gemäßigten Re publikanern des Senat- und der Kammer große Neigung, ihn zu wählen. Die Radikalen dürften, ehe sie sich für Hrn. v. Freycinet auLiprechen, die Wahl eines der ihrigen, des gegenwärtigen Kammerpräsidenten Floquet, ver suchen. Hr. Floquet, der Schwager Ferrys, hat, wie die'er, seinen Namen dem Kampfe gegen da- sinkende Kaiserreich zu verdanken. Mehr aber, als seine poll- tische Thätigkeit machte ihn das „Vive la ?o!opoo" bekannt, das er dem Zaren zurief, als derselbe wäh rend der Weltausstellung den Justizpalast besuchte, wo die jungen Advokaten von Paris, die zukünftigen Führer der Republik, versammelt waren. Hr. Floquet hat sein heißes Temperament von damals noch nicht qanz verloren, obwohl sein volles Haar schon seit lange weiß ist Aber er vermag sich zu beherrschen, und er leitet die oft sehr stürmischen und immer un ruhigen Sitzungen der nahe an sechshundert Mitglieder zählenden Versammlung, wenn auch manchmal nicht ohne Schärfe, so doch mit Autorität und Sicherheit. Hr. Floquet hat bisher noch nicht Gelegenheit gehabt, sich als Minister zu erproben, er ist immer in der Opposition gewesen, und man kann daher seine poli tischen Fähigkeiten nur unvollständig beurteilen. Als Redner bewies er mehr Aufrichtigkeit der Überzeugung und stürmische Argumentation als Weite des Hori zontes. Weniger Aussichten als Hr. Floquet soll sein Vorgänger auf dem Stuhle der Kammerpräsidentschaft, Hr. Brisson haben, owohl er lange Zeit hindurch als der unausweichliche Nachfolger Grövys bezeichnet worden war. Der Rückgang in der Geltung Brissons stammt daher, daß derselbe am Ende der vorigen Legislatur periode kurze Zeit Ministerpräsident gewesen war und nach den Wahlen, in welchen die gemäßigt republika nische Mehrheit bekanntlich stark zusammenschmolz, auf seine Stellung verzichtete. Hr Brisson ist ein Ehren mann, ein edel angelegter Geist mit einem Hauche von Idealismus, etwa- feierlich im Wesen, ohne die Lebhaftigkeit, welche seiner Nation im allgemeinen nachgesagt wird. In ruhigeren Zeiten wäre seine Anwartschaft auf die Präsidentenwürde schwerlich von irgend einem andern Namen zurückgedrängt worden. Auf wen die Rechte ihre Stimmen vereinigen wird, darüber laufen die verschiedensten Gerüchte um, die teil- wirklicher Unklarheit teils taktischen Zwecken ihre Entstehung verdanken. Die Rechte hat kein ge ringes Gewicht im Kongresse, und sie würde entschei dend wirken, wenn die Republikaner in annähernd gleich starke Partien sich spalten. Man macht daher Versuche, eine republikanische Vollversammlung zu stände zu bringen. Aber einzelne Fraktionen scheuen sich vor der daselbst etwa anftauche! den Notwendig keit, sich zu binden. In dieser Verwirrung ist es tröstend für die Republikaner, daß in drei der in telligentesten, gewerbfleißigsten und ruhigsten Bezirke Frankreichs aus den gestern daselbst stattgehabtcn Nachwahlen Republikaner auch für solche Sitze her vorgegangen sind, welche bisher durch Monarchisten vertreten waren. Der bedächtige Norden wird immer mehr die Hauptstütze der Republik, und er Hilst das Wort ihres ersten Präsidenten bestätigen: die Republik wird gemäßigt sein oder sie wird nicht sein. Lagesgeschichte. Dre-drn, 30. November. Heute früh 7 Uhr ist in Bautzen das bei dem dortigen Schwurgericht gegen den Müllergesellen Gustav Adolf Schöne aus WeigS- dorf und den Grünwarenhändler Gustav Hermann Knecht auS Steinigtwolmsdorf wegen gemeinschaftlich „Kein Zickzack! gerade durch!" sagt Vater, also: „Willst Du mir versprechen, daß Du in Zukunft Deiner Mutter schreibst oder erzählst, sobald Du wieder einmal glaubst, „die Rechte gesunden" zu haben?" So hast Du mich gefragt, und ich habe Dir in die Hand versprochen, ja, ich hab' es versprochen: „Mutter, e- sollen nicht vierundzwanzig Stunden vergehen, ehe Du'» weißt!" „Laß die vierundzwanzig Stunden", sagtest Du, „wenn Du Dich mir nur anvertraust, ehe Du das Mädchen fragst, so bin ich zufrieden." So, und nun sei zufrieden, mein Mütterchen! Sieh! ich habe die Rechte gefunden. Wenn sie's nicht ist, so giebt e» für mich gar keine Ich habe sie gefunden, vierundzwanzig Stunden ist es freilich längst her, aber ich habe sie doch noch nicht gefragt. Und nun komme ich zu Dir! Ich wollte aber lieber, Du könntest zu mir kommen, Mutter, und könntest sie sehen in ihrer ganzen Lieblichkeit und Engelsreinheit. Rätst Du nicht, wer e- ist? Du kennst sie ja so lange wie ich sie kenne; kenne? dumme- Wort! Ich habe sie eben nicht gekannt, ich war wie ein Blinder, dem eine wunderholde Blume die verschlossenen Augen streift, er denkt vielleicht flüchtig „wa- ist da-? ist da- nicht ein Frühlingskuß?" aber er achtet ihrer doch nicht, er greift, er hält sie nicht, denn er sieht sie eben nicht. Ja, so hab' ich's gemacht! Aber nun sind meine Augen offen, weit offen, hell offen, und ich sehe, sehe ein herzlieber blonde» Kind, da» die süßeste Erfüllung alle- dessen ist, wa» ich je vorher in einem Mädchen suchte, ich sehe den Namen «de» dem in einigen in dem großen Himmelsbuch, von verübten Raubmordes ergangene Todesurteil mittels Tauschwert» vollstreckt worden. * Berlin, 29. November. Se. Majestät der Kaiser empfing gestern nachmittag auch noch den Besuch Ihrer König!. Hoheiten des Prinzen und der Prinzessin Wilhelm, welche nachmittags von Potsdam nach Berlin gekommen waren, und am abend wohnte Allerhöchstderselbe längere Zeit der Vorstellung im Schauspielhause bei — Am heutigen Tage nahm Se. Majestät zunächst die regelmäßigen Vorträge entgegen und empfing dann viele höhere Offiziere. Mittags arbeitete der Kaiser sodann längere Zeit mit dem Stellvertreter des beurlaubten Chefs vom Militär kabinett, Obersten v. Brauchitsch, und sprach den geh. Hofrat Bork. Ihre Majestät die Kaiserin ist heute vormittag» 9 Uhr von Coblenz nach Berlin abgereist. Wie immer, hielt der Sonderzug auch heute vor der Rhein brücke an der Rückseite des Schloßgartens, woselbst vor einigen Jahren schon ein besondere- Einsteige häuschen sür die Kaiserin errichtet worden ist. Man gelangt in dieses Häuschen direkt vom Schloßgatten aus Ihre Majestät hat den Weg durch den Garten und bis an den Waggon zu Fuß zurückgelegt und war hierbei nur von einem Lakai, der an der Seite ging, begleitet und gestützt. Auf Veranlassung des Prinzen und der Prin zessin Wilhelm fand, wie der „Börs. Kur." meldet, gestern in der Wohnung des Grafen Waldersee eine Versammlung von meist den kirchlich-konservativen Kreisen angehörigen notablen Persönlichkeiten statt. Es waren u. a. erschienen: Hof- und Domprediger Kögel, Garnisonprediger vr. Frommel und Hof prediger Stöcker, geh. Kommerzienrat v. Hanse mann und Hr. Hardt, Chef der Firma Hardt u. Co. Aus rheinischen kaufmännischen Kreisen waren einige als Vertreter der konservativen Richtung be kannte Männer anwesend. Prinz und Prinzessin Wil helm waren gleichfalls erschienen, und der Prinz setzte in einer Rede, die etwa 20 Minuten währte, den Zweck eingehend auseinander, der zu der Berufung der Ver- ammlung geführt habe. Es gelte, den fortdauernden ozialistischen, anarchistischen und anderen Bestrebungen in festgeschlossener Einheit entgegen zutreten. Die sich hieran anknüpfende Diskussion währte etwa zwei Stunden, während welcher Zeit der Prinz und die Prinzessin Wilhelm der Versammlung beiwohnten. Die „Nordd. Allq. Ztg." schreibt: Die Version, daß der Besuch, den die Herzogin-Mutter Clementine von Koburg-Kohary ihrem Sohne, dem Prinzen Ferdinand, gegenwärtig in Bulgarien abstattet, de« politi schen Hintergrundes völlig entbehre, findet nirgends so rechten Glauben, am wenigsten in Wien, beziehentlich in Sophia seibst. Die Familie Koburg-Kohary soll sehr besorgt sein, daß die alte Dame das bedeutende orleanistische Vermögen, über welche» sie verfügen kann, ihrem Ehrgeiz und der mütterlichen Liebe sür ihren jüngsten Sohn zwecklos opfere. Die Bulgaren aber er warten, daß Prinzessin Clementine ihnen mit einigen Millionen auS der Erbschaft Ludwig Philipps beispringe. Sie wird in Sophia Bälle geben und andere Veranstaltungen treffen, um die Frauen des Landes für ihren Sohn zu gewinnen, und e» scheint der „Köln Ztg.", daß sie dort auch Gelegenheit finden werde, mit Baron Hirsch in Finanzangelegenheiten zu verhandeln. Die „Berl. Pol. Nachr." schreiben: Bei Beant wortung der Frage, ob es gelingen werde, die Zukunft Europas vor kriegerischen Verwickelungen zu bewahren, kommen wesentlich zwei Momente in Be tracht: der ehrliche Wille, Frieden zu halten, und die Macht, welche den friedfertig gesinnten Staaten zu G"bote steht, damit sie ihrem Willen auch den ge hörigen Nachdruck verschaffen können. Denn darüber darf man sich nicht täuschen, daß in der Vielheit der Bestrebungen, die einander auf dem Schachbrett der europäischen Politik kreuzen, auch kriegerische Ström- mungen vorhanden sind, welche in der Beharrlichkeit, womit sie ihrem Ziele entgegen drängen, den An dern mein Mütterchen so gern spricht. Da steht er, unauslöschlich groß und strahlend: Frieda v. Alten! Erinnerst Du Dich ihrer noch, Mutter? Sie war ein schüchternes, blasses Kind, da» zwischen Wally v. Alten und Klara Reichert fast immer zu rücktrat, aber vielleicht sind Dir doch bei Deinen kurzen Besuchen in Schönau ein oder das andere Mal ihre wunderbaren Augen aufgefallen. Augen, ach! was ist denn Form und Farbe? die Seele, die au- den Augen spricht, sie ist es, die mich nicht lo»- läßt! Sie hatte vor Jahren schon eine zauberhafte Macht über mich; weißt Du noch, Mutter, einmal kletterte ich auf den Schönauer Kirchturm, Tante be richtete Dir die Heldenthat brieflich wohl etwa» schonend, aber ich war wirklich ein kollkühner Bengel! Aus der obersten Luke, zu welcher man nur mittel» einer halsbrecherischen Leiter gelangen konnte, hatte ich mich, schwindelfrei wie ich bin, auf eines der Ornamente außen am Turm geschwungen; und da saß ich denn rittlings, stolz und vergnügt durch Onkel- Fernrohr mir Land und Leute betrachtend Im Übermut warf ich meine Mütze unter eine Schar unten auf dem Marktplatz versammelter Ge müseweiber; mit hörbarem Entsetzen bemerkten sie mich, lasen den Namen im Mützenfutter, posaunten ihn kräs- tiglich in alle vier Winde, und — die Volksversamm lung war fertig! Man schrie mir zu, man drohte, man bat, die Sache machte mir Ungeheuern Spaß; ich hatte nicht die mindeste Lust, meinen Thron, auf dem ich mich immer sicherer fühlte, zu verlassen. Die Leute da unten sahen so putzig au-, ich konnte durchs Fernrohr ja jeden einzelnen ganz genau beobachten. Und zu
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