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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 02.01.1894
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-01-02
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18940102029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894010202
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894010202
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-01
- Tag1894-01-02
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Slrößer« Schritten laut unserem Preis verzeichnis Tabellarischer und Ziffrrafttz nach höherem Tarif. Ertra-Beilage« (gesalzt), nur mit de, Morgen-?lu«oabe, ohne Postdeiörderung >l 60.—, mit Poslbejörderung -ck 70—, Aanatsmeschlllß fiir Anzeige«: «beod'Ausgobe: Vormittags lO Uhr. Morgea-AuSgab«: Nachmittag« 4 Uhr. kann» and Festtag« früh V,3 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellea je ein« halbe Stund« früher. Anzeige» sind stet« an die Gr»e>tti«« zu richten. Druck und Verlag von L. Bolz in Leipzig. » Dienstag dm 2. Januar 1894. 88. Jahrgang. politische Tagesschau. * Ltiptig, 2. Januar. Die maritime LeiftuugSsähinteit der verschiedenen (Groß mächte ist insbesondere durch die lebhafte Bewegung, welche sich in England zu Gunsten einer wesentliche» Verstärkung der Flotte geltend macht» wiederholt in den Vorder grund der politischen Betrachtung gerückt worden. Läßt man die Zahlen allein sprechen, so gewinnt man, wie das ja auch gar nicht anders sein kann, den Eindruck, daß das Deutsche Reick znr See eine immer noch vrrkällniß- mäßig unbedeutende Stellung einuimnit. Daß eS aber die Zahlen allein nicht machen, das beginnt man eben in England lebhaft zn süblen. Eine Reibe von Erfahrungen bat jenseits tcS C-rnalS die Befürchtung wachgcruse», die Königin der Meere möchte im Kriege aus einen vielleicht nickt allzu große» Tbcil ihrer 325 Kriegsschiffe zählen können.. Nun bat cS freilich auch in Deutschland an bedenklichen Stimmen nickt gefehlt, und man Wird darauf gefaßt sein müssen, daß das Deutsche Reich nicht ganz ohne Lehrgeld zu zahlen in die Reihe der See mächte eintritt. Immerhin aber ist cS ein sehr wichtiger Zweig der Mariae, bezüglich dessen Deutschland eine vcr- haltnißmäßig Hobe Stellung unter den Seemächten cinzn- nebmen scheint, das Dorpedowesen. Offenbar aus unter richteten Kreisen stammt eine Zuschrift, welche die fran zösischen. englischen und deutschen Erfahrungen im Torpedo wesen in lehrreicher Weise zusammcnstcllt. Darin beißt es nach der „Allg. Ztg.": „Die maßgebende Fachschrist „Marine de Frone«" versichert, daß thatsöchlich von den 50 in Toulon in Reserve befindlichen Torpedo booten kaum die HLlite i» einer Versasjung wäre, bei plötzlich auS- brechenden Feindieiigkeilcn in Dienst gestellt werden zn tönnen, und daß die meisten der iieuesikn Torpedoboote nicht idrcn Probefahrt«, geschwindigkeiten entspräche». Tie prahlerischen Berichte über die Leistungsfähigkeit und Geschwindigkeit der sranzvsischen Torpedoboote, wie man sie dann und wann und namentlich in jüngster Zeit wieder in den französischen Fachblätlern lesen konnte, sind somit illusorisch. In maritimen Kreisen ist eS eine bekannte Thatiache, daß das französische Torpebomaterial hinter dem anderer Großmächte zrückgeblieben ist. Tie Franzosen haben e« bis seht nicht fertig gebracht, rin Hochseetorpedvboot zu bauen, welches im Stande gewesen wäre, eine größere Seereise zurückzulegen, ober dessen Reise nicht von einer leichteren oder schwereren Havarie bc- gleitet gewesen wäre. Diese Erscheinung in der französichen Marine muß zum Theil aus den häufigen Ministcrwechsel, in der Haupt- lache aber daraus znrückgesüdrt werden, daß die französische Ad miralität den Wersten, welche da« Torpedomaterini-liescrn, säst lebe constructiv« Freiheit bisher genommen hat und obeiidrein solche Wersten mit der Lieserung betraute, welche im Bau von Torpedo- booten gar keine Erfahrung besitzen. Eine Folge dieses Verfahren« ist di« Thatsache gewesen, daß eine ganz« Serie von Hochseeiorpedo- booten wegen ungenügender Stabilität mit großen Kosten umgebaut iverden mußte. Wahrend der letzte» englischen Flottenmanöver haben von den LK zur Verwendung gekommenen Torpedo booten zehn Maschineahavarien gehabt, eine« wurde gerammt und bei einem der Kessel leck. SSmmllich« englischen Torpebojäger. mit Ausnahme eines emzigen. mußten schon in den ersten Tagen der beginnenden Manöver außer Dienst gestellt werde». Diesem gegen- über kann mit besonderer Genugtkuung für unsere Marine nnd Prioatindustrie constatirt werden, daß die deutschrn Torpedoboote bi« jetzt die glänzendsten Eigenschaften an Leesähigkeit und Maschinevleistutigen an den Tag gelegt haben. ES ist hinlänglich bekannt. Laß aus deutschen Privatwertten gebaute Torpedoboote in größerer Zahl unter eigenem Dampf zu jeder Jahreszeit nach dem Mitt'lmrer, Schwarzen Meer und sogar nach Ostasien gegangen und bi-her ohne jegliche Havarie in selten kurzer Zeit an ihrem Bestimmungsort angekommen sind. Welch« Anforderungen der Ve- Ichwaderdienst an unsere Torpedoflott» stelle weiß jeder für die Morin« Jnterelsirte, ebenso, daß uiijer« Torpedoboote und DivisionS- boote di« Nord- und Ostsee bei dem schwersten Weiter ebne Unfall an Schiss und Maschine durchkreuzt haben. Ein Beweis für di« Güte unseres TorpedomaterialS ist ferner der Umstand, daß bei Hararien durch gegenseitiger Rammen, wie sie bei Manövern mehr- such vorgekommen, trotz der schwersten Verletzungen, nie »in Torpedo boot gesunken ist. Diese auch vom Auslands rückhaltlos anerkannten vorzüglichen Leistungen d-r keltischen Torpedoflotte sind das Resultat des HandinbandgebenS der Marineverwaltuna mit der Privatindustrie, welcher man außer den generellen Vorschriften bis jetzt im Ba» von Torpedosahrzrugen säst gänzlich freie Hand gelassen bat." Im böhmischen Landtage bat bekanntlich rer Inng- czecke 7>r. Engel den Versuch unternommen, jeden Zu sammenhang seiner Partei mit der „Omladina" ebenso hinweg zu leugnen, wie sein Parteigenosse vr. Herold schon srübcr aus dem Prcßwcge wenigstens für seine Person jeden Antbeil an der Ermordung Mrva'S in Abrede gestellt hatte. Ein cigenthümlickeS Verbängniß wollte cS jedoch, daß in der nämlichen Stunde, wo die jungczechische Partei durch den Mund vr. Engels sich als unschuldig verfolgt und als den Hüter des Pa triotismus hinstellen ließ, die Wohnung des SccrctairS teS jungczeckischen Clubs, deS canck. zur. Äuton Eizek, von der Polizei überwacht war. weil nach cingebrochencr Dunkelheit seine Verhaftung erfolgen sollte. Letztere vollzog sich auch, denn der Secrctair deS Iungczechenclu bS unterliegt dem dringenden Verdachte, mit der „Omladina" in engster Verbindung zu sieben und ihre Bestrebungen zu fördern. Eine zweistündige Haussuchung bei Eizek ergab, wie schon kur; gemeldet, eine Menge belastenden Materiales. Außer dem fand in gleicher Rächt eine Hausdurchsuchung bei dem cauck. mock. Du t ka statt, bei welche,» ebenfalls zahlreiche Schriften beschlagnahmt wurden. Auch Dulka wurde verhaftet und dem LanLeSgerichtc eingclicsert. Er ist Obmann deS czechischen Studenten-VcreineS „Slavia". Eizek ist 28 Jahre alt und ein Ncs'c des I>r. Julius Grcgr und wurde vor zwei Iabren zu 50 sl. Geldstrafe, crent. zu zwei Tagen Arrest ver- »rtbeilt, weil er dem Berliner Geschäftsreisenden Artkur Müller bei einem von czechisckcr Seite provocirten Scankale in der Prager Ausstellung einen Faustschlag in taS Gesicht gegeben hatte. Diese beiden Verhaftungen stimmten sekr schlecht zu den Erklärungen Engels. die übrigen« auch von dem alt- czcchischen Hauplorgan ,H>laS Naroda" mit Entrüstung „als leere und inhaltlose Phrasen" znrückgewiesen wurden. Mehr als aller dies aber spricht gegen die SicherkeitSzusiände in den Straßen Prags eine RegicrunzScntschließung, welche der Prager SicherbeilSwache das Traar» von sech-lausigen, mit Eentralzsintnng versehenen .Rcookvern gestattet. Diese sehr charaklerisircnde Neuanorduhiig ist gestern in Kraft getreten. Die hatiändtschcn Socialdeinokraten hielten während der DeihnachtSseiertage ihre Jahresversammlung in Groningen ab. Es ging dabei sebr lärmend zu und die Mitglieder deS CongresseS bceiscrten sich, nicht die geringsten parlamentarischen Formen ru beobachte». Der größte Theil der Zeit wurde mit dein Dekaturen über Privataiig.-legenkeiten der einzelnen Führer verschwendet, wobei selbstverständlich viel schmutzige Wäsche gewaschen wurde. Deutlich trat hierbei die Spaltung zwischen den einzelne» Führern, wie Domela Nieuwcnyui«, van Kol, BituS BruinSma, van der GoeS u. a., und ferner die große Kluft zwischen dem blindlings vorausstürmenden socialdemokratischcn Arbeiter stand und einigen der oben erwähnten gebildeteren Führer z» Tage. Die ungebildete große Masse der socialdemokra tischen Arbeiter will von Rednern, die sich den LuruS eineS weißen Taschentuches oder gar eines Cylinders ge statten, nichts wissen; sie mißtrauen den .„Herren", die hier und da in ihren Reden mit Bernunskgründe» zu Tage treten; sie wollen keine vernünftigen Raikschlägr er- ' ballen, sie wollen ausgestackelt werden mit hohlen Phrasen über Gleichheit. Ein Beschluß des EongrcsseS documentirt die große numerische und geistige Schwäche der Partei: sämmkliche wahlberechtigte Genossen haben sich von der Wahlurne sern zu kalten. Man ersieht daran-, daß e« den Leuten nicht darum zn thnn ist. ihre Theorien nnd Forderungen möglicher Weise in der Zukunft im Parlamente zn verachten, sondern einfach »m eine gegen seitige Fütterung mit Phrasen in geschlossenem Kreise. Ans solche Weise vollzieht sick der Umschwung in eine anarchistische Parte' um so leichter. Am letzten Versammlungslage wurde neck Gericht gehalten über die Redactcure deS socialistische» Blatte- „Nieuwr Tijd": van der GoeS und Troclstra, welche im „Reckt voor Allen" beschuldigt Worten waren, in Dienste» der deutschen Socialdemokraten zn siebe» und von einem deutschen RcickSlagS-Abgeordneten 6000 Fl. für ibr Blatt empfangen zu haben. Diese Sacke wurde nickt deutlich aufgeklärt, da die delegirten Arbeiter da- Gewäsch der „Herren" nickt länger anhörcn wollten und die Debatten durch wenig schmeichelhafte Z vischcnruse unterbrachen. AuS diesem Resuniö ist zn ersehen, daß die Resultate teS Eon grcsseS, der drei Tage und halbe Nächte lang conferirte, sehr mager sind. Der Präsident der französischen Republik hat gestern, wie der Telegraph bereits gemeldet hat, die Glückwünsche deS diplomatischen Corps zum neuen Iatire cntgegen- enomincn und in seiner Entgegnung hervorgehobcn, er egrüße mit Vertrauen das anbrechcnde Iabr, kaS berufen sei. die große Familie der Völker dein Ziele näher zn bringen, nach welchem die civilisinc Gesell schaft strebe: dem sittlichen Wohle der Völker nnd der materiellen Verbesserung ihrer Existenz. Alle Ver treter der Staaten dienten gemeinsam mit Frankreich dieser edlen Sache, indem sie ihre Kräfte der Ausgabe wid meten, die Völker einander zu nähern. Dieser Ausgabe sei Frankreich treu,dasselbe brauche nur scincnTraditioncnzu folgen, um seine Liebe znr Ordnung, seine unbesiegbare Neigung zur Freiheit, seine Achtung vor Recht und Gesetz unk sein leidenschaftliches Streben nach jedem friedlichen Fort schritt zu beweisen. Ter Präsident schloß: „DaS vergangene Iakr bleibt unseren Erinnerungen erkalten. Frankreich- Ibeuerstcr Wunsch ist, daß daö begonnene Iabr alle unsere Hoffnungen aus daS Gedeihen unk aus die Wobltbatc» teS Friedens und der internationalen Eintracht befestigen möge". Daß ihm diese Worte angesichts dcS sreisprccheiidcn Unheil- der Geschworenen in Angoulüme nickt in der Kehle stecken geblieben sind, wirr wokl jedem Nichtfranzosen unbegreiflich sein. Kaum jemals hat sich so deutlich gezeigt, daß der französische Chauvinismus, trotz der schönen Phrasen vom Streben nach dem sittlichen Wohl der Völker, von Liebe zur Ordnung, von Achtung vor Reckt und Gesetz, von Pflege der Gaben de- Frieden- und der internationalen Ein tracht. nur nach der Besriedigung seine- Hasses trachtet und diesem Haffe jede Rücksicht unterordnet. Deshalb kann sich auch in Frankreich nickt erfüllen, wa« Herr Carnot wünscht nnd hofft. An den Franzosen zuerst wird e- beimgesucht werde», daß die Gerechtigkeit aiifgcbört bat, der Grundstein ihres republikanischen SlaalSwescu- zu sein. Ter citglische Premier bat einmal gcsag!: „Hat der Neger mit dem Cclaocntreiber im Rücken zu arbeiten, so leistet er. man mag ihn von Zeit zu Zeit noch so tüchtig turckprügeln, koch wenig". Gladstone'S Ausspruch finket in der beutigen ver zweifelten parlamentarischen Lage England-eine ihm gewiß hockst unliebsame Bestätigung. Er behandelt sein Parlament mit unerhörter Strenge, er gönnt ihm seit einem Iabrc so gut wie keine Ferien, er trommelt cS bereits am 27. Januar wieder zusammen und kann dock keine wirkliche Leistung auS i!»n bcrauSbckommen. Die Comitä - Beratbung der „Parisb EouncilS Bill" will nicht voin Fleck rücken: die Liste der Amendements scheint wie daS Oel lrüglcin der Witlwe unerschöpflich. Für den Monat December füllten sie 50 Seiten im „Lrkerbuck" auS; werden ein paar erledigt, so werden frische binzugesüzt, mit dem Resultate, daß heute z. B. noch 52 Seiten AniendementS zu erledige» sind, während eS vor vierzehn Tagen nur 40 waren. j«i» Wunder, daß in der radikalen Presse die Forderung der energischen Aiiweiidung de- Debatteschluffes immer lauter erhoben wirk. Läßt die Regierung den Dingen ihren Lauf, so kann die Session nickt vor Ende Februar geschloffen werde», wa- einer ersprießlichen gesetzgeberischen Tkäligkeit im neuen Iabrc sebr rcrbänanißvoll wäre. Die Regierung würde dem Verlangen der Radicalen gewiß gerne nachgeben, wenn mir die Opposition so kiitif- und amenkirungslustig wäre: die Sache liegt aber so. baß von 603 Amendement-, die nock zur Beratbung stehen, rund 200 auS den Kreisen der Re gierungspartei stammen (barunrer 41 dcS Minister- Fowler): cS gebt kaum an. die Beratbung der Amendements der eigenen Anhänger und Minister durch Debattenschluß unmög lich zn macken. In polnischen Kreisen ist man sehr gespannt, wie sich die „alte parlainentarische Hand" a»S der Klemme, in die sic scheinbar inil offenen Augen steuerte, ziehen wird. Man weiß, daß Gladstone ein großer Freund von Ueber- raschuiigcn ist: eine plötzliche Auslösung würde daher keines wegs besonder- unerwartet kommen. AuS Ri»';!,i»ü sind in der letzten Zeit auf allerlei Um wegen wiederholt dunste Gerückte über Anschläge aus de» Zaren zn »nS gekommen, aber eben so oft von den Oinciösen dcmcntirt worden. Auch beute wieder berichtet der Telegraph auS Wien über ein solches Gerückt. ES lautet: „Nack, polnischen Blättern ist in der Tbat in letzter Zeit versucht Worten, den Zaren mit Fischen zu vergiften, die mit Arsenik versetzt gewesen sein sollen. Die Fische wurdet» aus der H.'stascl anläßlich dcS BantelS zu Ehren der GcorgS- ritler ausgeirage». Ein Tbcil dieser Fische ft« auf Befehl de- Zaren den Kindern des NicolavwaisenbanscS überwiesen worden und in Folge tcS GcnnsseS seien circa l«>0 dieser Kinder crkranlt. Ebenso der Zar, was aber ofsicieU abgcleugne: werde. Der ganze Vorfall werde von den Offieiösen auf einen Irrthum der Hosköcke znrückgesüdrt und die Erkrankung der Kindcr werde als Ebolcra bezeichnet." Wa- an diese», neuen Gerückte Wahre» ist. läßt ffm nakür« lim von hier au« nickt bcurtbeilen. Für seine Wahrschein lichkeit spricht die O-ucllk — polnische Blätter — allcrtingo nicht. Immerhin tann man sich bei der Fülle derartiger Gerückte der Bciorgniß nickt erwehren, daß die russischen Mißstäntc abermals eine bedenkliche Gäbruug in breiten Schichte» der Bevölkerung hervorgerufen habe». Deutsches Reich. Ci Trco-c», l. Januar. In Nr. 240 der „Sachs. Arb.» Ztg." war eine sebr ungebührliche SonntagSplautcrci über da» 50jäbrige Militairjnbiläum unseres Königs ent halten und eS wurde deshalb gegen den verantwortlichen Redakteur, Edmund Fischer, die Unlersuchung wegen Maje stät-de leid igung cingcleitot. Es kam jedoch nickt zur Anklage, wobl aber erhielt Fischer später ein Strafmandat wegen groben llnsng-, lautend aus 14 Tage Hast. Aus den dagegen erhobenen Widerspruch gelangte die Sacke vor dem Schöffengericht zur Verhandlung. Der stellvertretende Aml«- -S Fruilletsn. II Äuf und nieder. Roman von Edwin Heinz. Me Siechte deriihetteir) E- ging auf sieben Uhr. Man merkte c- in der Buch drucker« de- Herrn Iuliu« Trübe. Nur langsam drehten sich «och dir Maschinen, der Maschinenmeister machte sich am Ga-motorzu schaffen und wartete aus den Schlag der Tbürme, um den Motor abzustellen. Dir Maschinenmadcken zählten noch die wenigen Bogen, die sie dem großen Iobanni-berger Nngethüm rufübren wollten, die Falzerinnen, die abseit« an einem großen Tiscke saßen, gäbnten hinter dem Falzbein, ein Setzer hatte sich schon an den Waschapparat begebe», um sich die Hände zu waschen, der jüngste Stift überlegte, ob er noch eine neue Zeile in den Winkelhaken setze» sollte, der älteste Lehrburscke starrte gedankenlos aus rin große» I, da rr in der Hand batte, al» ob ibin darüber Erleuchtung kommen sollte und hinten in der letzten Gaffe sah man nur noch einige Köpfe hinter dem Kasten sich bewegen, rin Zeichen, daß man da schon die Stieseln anzog und sich zum Schlöffe fertig machte. Der alte Factor und Corrector rugleich legte die stablgraue Brille und den großen grüueo Augenschirm ab und rieb sich die Hände und der Hausknecht oder Markthrlser. welcher dabei war, da» Papier adzuzähleu, schloß mit einem sehr geräuschvollen „Tausend" und warf die Bogen klatschend auf einen Stoß. Dir alte staubige Wanduhr schlug 7 Uhr und in demselben Augenblick ertönte die Damps- lfteise der gegenüberliegenden Fabrik io einem langen heisero Ton. Die Arbeit war aus. Da trat Herr Trübe ein. Niemand ließ sich in seiner Be schäftigung stören. Der Principal warf einen Blick aus dir Maschinen, ging in eine (Kaffe, den Raum zwischen den Setz kästen. wo die -Litzer sieben, überblickte die Reibe der Winkel haken. sah flüchtig auf einige aus den Klammern befindliche Manuskripte und stellte sich dann prüfend an den Gasmotor Unterdessen leerte sich der große Saal. Die Mädchen drängten Kch zuerst hinan«, dann gingen dir Männer Nur wenig« sagten gute Nacht. Der Maschinenmeister sprach zum Pria- «ipal etnige wenig« Dorkr» di« aus den M»tor und Inn« Leistungsfähigkeit Bezug batten, die aber Herr Trübe gar nicht zu hören schien und ging dann auch. Nur der Eorrector blieb noch einen Augenblick zurück, als wartete er. daß Trübe ibn an- rede. AIS die- aber nickt geschah, setzte er auch seinen alten abgegriffenen Hut auf und wünschte vcrnebmlich guten Abend. Herr Trübe war allein. Nochmals durchschritt er den großen Raum, drehte einige Gasflammen auS und schloß dann selbst die Tbüre zum Saale zu. Er begab sich nebenan in ein kleine« Gemach, da« ibm al« Eontor diente. Hier erwartete ihn der Hausdiener. Für ibn kalte Herr Trübe keine Dünsche mebr. Auck im Contor drehte er die Gasflamme selbst zu und verschloß alsdann die Tbüre. Mit einem lauten Gruß verabschiedete sich der Hausdiener und in drei Sätzen war er zum Tbore hinaus. Trübe aber ging mit den Schlüsseln in der Hand seiner im Bordcrgcbäude gelegenen Wohnung zu. Aus dem Hose brannte eine Petroleumlampe. Herr Trübe löschte diese eigenhändig auS, „denn", so sagte er halblaut vor sich bin, „wozu die Lampe brennen; eS ist ja niemand mebr im Hinterbause." Im Hose wurde e« stockfinster. Nur schwer drehte sich die HauSlhüre und Herr Trübe schritt durch dir auch nur matt erleuchtete Hausflur. Eine Tbüre, die zum Keller führt, stand offen. „Dumme« Volk, immer dir Kellerthüre aufzolaffrn," brummte der HauSwirth, schloß sie und stieg nun schwerfällig die Treppen hinan. Im ersten Stock angekommen klinkte er die Saalthüre zu seiuer Wohnung auf. hing die schweren Schlüssel zu Contor- und ArbeiiSräumen an einem Haken in der Wand aus und wandte sich der Küchentbürc zu. dir sich durch eiueu blaffeu Lichts» «io bemerklich machte. Er »rat in die Küche. Sie war nicht sehr geräumig. Eine große Küchenmaschine, ,n der rin lustige« Feuer brannte und der Lochtopf brodelte, «in kleiner Herd, ein Küchenschraok. wie man >bn allenthalben für zwanzig Mark kauft, und ein Regal mit einigen nicht gerade guten Taffen und Kochgeschirr und einem Kücheutisch bildeten mit einem Küchrnstuhl daS Hanze Mobiliar. Hier befand sich der übrige Tdril der Familie Trübe. Aus dem umgekebrten Auswaschsaß saß die Frau. Sie war mittelgroß uod mager. Ihr« langen knochi gen Finger zeugten von starker Handarbeit und ibre eiligen Bewegungen, ibr Vorstößen der Arme, wenn sie, wie gerade jetzt, nach der Kaffeetaffe griff, ließen jede weibliche Anmutb vermissen TaS Gesicht war gelblich, ungesund. Von der Najeuwurzrl zog sich zu den Unterkiefer, aus jeder Seile der mager, Backen rü»e tieft Fieischsatte hi, nad di« Augen blickten wässerig ohne Ausdruck dem Eintretcndcn ent gegen. Sie war peinlich sauber gekleidet, wie auch in der Küche die größte Reinlichkeit und Ordnung herrschte. Aus dem einzigen Küchcnsinkl saß langweilig und schläfrig da« Fräulein Trübe. Melanie, oder Milli, wie ikr Kose namen lautete, war etwas über siebzehn Iabrc alt. Die ihre Mutter trug sie ibr blonde- Haar m der M tte gescheitelt, während aber bei ihrer Mutter die Haare sick streng an den Kopf anschloffen, dingen sie bei Milli link- und recht- in Strähnen über da« Odr berab, und der Zops, der sich am Hinlerkops einfach zuschloß, zeigte einige recht bedenkliche struppige Stellen Milli batte in der reckten Hand ein große« Butterbrot, in der linken ein Stück Wurst und kaute mit vollen Backen, aber langsam und bedächtig Sie batte die Beine über einander geschlagen und ließ ihren Pantoffel einige ebenso langsame durch die Fußspitzen bervorgebrackte Bewegungen machen, wie ihre Zähne. ES schien, al- ob sie den Tact zum Kaue» schlüge. Vater Trübe stellte sich mit dem Rücken an die.Loch maschine und sah auf die Gruppe vor sich. Die drei Personen wechselten nickt ein Dort. Mama Trübe schlürfte Kaffee und Milli sab auf ibrrn Pantoffel und kaute weiter. Ans dem Kückentische lag rin große« angeschnittene- Brok, stand ein Teller mit Butter und rin solcher mit Wnrst, sowie «ine große Kanne Kaffee, der freilich der Henkel fehlte und deren Schneppe auch nicht mebr Hanz war. Vor Milli stand noch eine dalbgeleerte Taffe. Trude ergriff ein Messer und schnitt rin Stück Brod ab. Er schien sich nach einer Sitzgelegenheit umiusehen. DaS sah so hilslo- an-, daß ihm seine Frau zu Hilfe kam. „Milli", sagte sie „sieb auf, laß den Vater setzen." „'S ist nicht oothwendig, ich werde schon etwas finden", — meinte Trübe und machte Anstalt, sich an den Herd zu lehnen. „Ich kann ja auch aussteden, du kannst dich aus uieinen Stuhl setzen, Papa", äußerte endlich Milli, und al» ibr Vater Miene machte, dieser Einladung Folge zu leisten, erhob sie sich schwerfällig und setzte sich nun ihrerseits auf den Herd, indem sie die Unterhaltung mit ibrem Pantoffel von Neuem aufnabm. „(Lieb mir mal eine Taffe Kaffee", meinte Herr Trübe zu seiner Frau. Frau Trübe staad jetzt auf und indem sie die balbgelerrte Taffe Milli'« füllte, weinte sie: „Trinke nur gleich au« Millr« Taffe, di» will doch nicht« mehr haben." Milli schien der ganze Vorgang uichw anzugeben, sie sab ihre Mutter eiuschenken, ihren Vater trinken und kaute langsam weiter. Nach einer längeren Panse sagte Trübe: „Die Kuglern hat immer noch keine Miethe bezahlt. Sie war beute bc, mir hinten und bat mir die Ohren voll geheult, tag ick nur noch einen Monat lang borgen soll. Ihr Micibcr hat da«, was er macht, noch nickt fertig, und erst wenn der was kriegt und ihr die rückständige Miethe zahlt, kann sie uns was bringen." „Na, da wirst Du freilich lange warten können. Dev macht ja den ganzen Tag nichts, schläft bis zu Mittag und kommt NacklS nickt nach Hause. DaS ist ein schöner Bummler." „Da hast Du Recht, Frau, aber was (oll ich denn tbnn. Die Frau wohnt nun schon so lange da» ich möchte sic nicht gern an die Lust setzen." „Du mit Deiner Gutmütbigkrit; es wird da» nicht viel Kelsen. Jetzt ist sic achtzig Mark schuldig, nächsten ersten werten eS loo, und da sieh nur z», wo Du etwas herkricgst." „Vielleicht zahlt rann der Musikante." „Der und zahlen', da« möchte ich wohl scheu, wenn der hundert Mark zusammen bat — so viel bat der noch nicht einmal zulamme,i gesehen, viel weniger besessen." „Pfänden lassen kann ich dock die Frau nicht, sie hat ja auch nickt« und wenn i>0 die Wobnung anderweitig ver- mielhcn will, so muß ich sie erst Herstellen lassen und ob mir Jemand für die Wohnung 32» Mark giebt, da« ist die Fräse, dann steht sie leer. Wenn ich die Kuglern wohnen laste, dann ist die Möglichkeit noch nicht au-gcschlosirn, daß sie doch bezahlt." „Beim Pfänden wird auch nicht viel herailSkommen," mengte sich jetzt Milli in- Gespräch, „die alte Commodr, die die Kuglern hat, der wurmstichige Schrank und der wacklige Tisch, da ist nicht« zu prositircn." Frau Trübe wollte nock etwas sagen, aber sic verbiß sick die Worte. Der Mann aß ruhig weiter. Nach einer Meile stand er aus. „Lina leuchte mir einmal, ick will meinen Rock und meinen Ueberzieher holen, auck meine Stiefeln kannst du mir geben. Ich will in die Brauerei gehen." Die Frau nahm die Kückenlampe und ging in ein vordere« Zimmer Ihr Mann folgte. Milli blieb im Finstern sitzen. Beim Schein der Lampe konnte man die schöne Einrichtung der vorderen Räume erkennen. Groß: Pseilerspirgrl, ein prächtiges Buffet, ein eleganter Schreibtisch. Kleiderschränke und hochlelmigc Stühle, Lehnsessel und Svpha«, schöne Teppiche und PvrtiSren zierten die Zimmer. Sic waren eiskalt. Vater Trübe durchschüttrlt« e«. (Fortsetzung folgt.)
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