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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 16.12.1898
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1898-12-16
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18981216027
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1898121602
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1898121602
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1898
- Monat1898-12
- Tag1898-12-16
- Monat1898-12
- Jahr1898
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weile?!" sagte er scherzend und zog sie zärtlich an sein Herz. Sie lehnte ähr Köpfchen an seine Schulter und erwiderte leise: „Nein, wenn Du bei mir bist: niemals!" „Mein Lieb, mein Alles!" Eng umschlossen standen sie in dem dunkelen Zimmer und starrten hinaus. Draußen hörte man die Schiffer einander zu rufen, Guy wurde aufmerksam und bemühte sich, «ine Gruppe, die am Rande der nächsten Klippe stand, zu beobachten. Die Männer hatten ihren Südwester tief in den Nacken gedrückt und deuteten auf einen in der Ferne aufsteigenden grauen Dampf. Plöhlich verdeckte eine dichte Wolkenmasse den Mond. Das Meer hatte wieder seine Farbe gewechselt; jetzt war es tiefschwarz, und unheimlich erhoben sich die weißschäumenden, hochaufsteigen den Kämme. Das schrille Gekreisch der Seevögel vermischte sich mit dem Heulen des Windes, der mit jeder Minute an Gewalt und Stärke zunahm, und Vater Ocean zeigte sich in seiner ganzen majestätischen Pracht, während die Nacht ihre Schatten herab sandte. Strand und Meer waren in gleich tiefe Dunkelheit ge hüllt, die ein Gefühl des Grauenhaften um sich verbreitete. Weit draußen wütheten die entfesselten Elemente, als ob sie sich gegen seitig aufreizen wollten. „Sieh nur die haushohen Wellen! Wenn der Mond wieder aufsteigt, werden wir einen überwältigenden Anblick genießen", bemerkte Guy. Capri antwortete nicht, sondern schmiegte sich fester an ihn; ihre Hand zitterte in der seinigen, und sie war his in di« Lippen kreidebleich vor Angst. „Du bist erregt, mein Lieb/ „Ja. Der Tag war so heiß und die Luft so drückend." „Meine arme Capri!" Sie umschlang ihn leidenschaftlich und küßte ihn auf den Mund. „Sollen wir nicht an den Strand gehen? Wenn der Wind uns nicht davonträgt, wird Dir die Luft wohlthun." „Guy verlaß mich nicht!" schrie sie verzweifelt auf, und klam merte sich mit beiden Händen an seinen Arm. „Ich Dich verlassen? Was fällt Dir ein? Du sollst ja mit kommen. — Ich sehe, wir müssen ein milderes Klima aufsuchen, die Luft hier ist für Deine Nerven zu kräftig." „Nein, nein, es ist nicht die Luft. Versprich mir, Geliebter, daß Du mich heute in dieser schrecklichen Nacht nicht verlassen willst." „Du regst Dich unnütz auf." «Nun, so versprich es mir", bestand sie. „Ich verspreche es Dir." „Dein Manneswort?" „Mein Wort!" Capri athmete erleichtert auf und drückte ihm dankbar^die Hand. Plötzlich erschütterte ein heftiges Grollen die Luft. „Ist das ein Donnerschlag?" fragte sie beunruhigt, und trat einen Schritt vom Fenster zurück. Guy Rutherford lauschte mit zurückgehaltenem Athem. In der nächsten Secunde drang wieder dieser dumpfe, die Luft er schütternde Ton an ihr Ohr. „Der zweite Donnerschlag." „Nein, Capri, das ist kein Donner, sondern ein Kanonenschuß. Ein Schiff muß weit ab von der Küste in Gefahr sein", ent gegnete er ernst. Wieder herrschte lautlose Stille im Gemach, bis ein Windstoß das Haus in seinen Vesten zu erschüttern drohte, dann folgte ein Kanonenschuß dem andern. „Das Schiff kann doch nicht weit entfernt sein" bemerkte Guy. Capri umklammerte ihn immer fester und schwieg. „Ich muß hinaus an den Strand, um zu erfahren, was los ist. Ich bin gleich wieder zurück, mein Lieb." „Dein Versprechen, Guy?" Dann fügte sie rasch hinzu: „Ich begleite Dich!" „Fürchtest Du nicht, weggeblasen zu werden?" . „An Deiner Seite kenne ich keine Furcht." Sie schlüpfte in ihren Gummimantel, band ein Tuch um den Kopf, und Beide traten hinaus. Einige Fischer eilten den schmalen Pfad, der zum Strande führte, hinunter, und schrieen sich mit der gehöhlten Hand vor dem Munde etwas zu, was Guy jedoch nicht verstehen konnte, denn der Wind verschlang die Worte. Er folgte ihnen, mit Capri am Arme, auf dem Fuße. Immer öfter und immer schwächer ertönten die Signalschüffe von dein gefährdeten Schiffe, die Windstöße wurden so heftig, daß man nur schwer vorwärts kommen konnte. Endlich erreichten sie den Strand, der von sämmtlichen Fischern des Ortes, deren Weibern und Kindern belebt war, die alle unter einem Klippenvorsprung Schutz vor der Unbill des Wetters suchten. Die Männer trugen ölgetränkte Kleider, Südwester, mit einem bunten Taschentuch um die Ohren gebunden, und Laternen in der Hand; die Röcke und Tücher der Frauen flatterten im Winde, die Kinder kreischten ängstlich. Von einer Verständigung untereinander konnte keine Rede sein, denn der Sturm übertönte selbst die lautesten Rufe. „Was giebt'S?" rief Guy aus Leibeskräften, als er sich einer Gruppe von Männern genähert. „Ein Schiff ist in Gefahr, an dem schlimmsten aller Riffe zu scheitern", lautete die Antwort. Keine Muskel bewegte sich in dem wetterdurchfurchten, unbeweglichen Antlitz des Mannes. Der Anblick von Wracks hatte für ihn nichts Schreckliches; seit seiner frühesten Kindheit Ivar ec daran gewöhnt, Menschen gegen das fürchterliche Element kämpfen und darin untergehen zu sehen. Auch jetzt blickte er der Gefahr ruhig und unerschrocken ins Auge. Guy vermochte das Schiff trotz des Fernglases nicht zu ent decken. Die Nothsignale jedoch tönten immer näher und näher. „Es hat gar keine Hoffnung!" rief derselbe Mann. „Der Sturm treibt cs gerade auf das Riff zu." Die Weiber kreischten alle auf und sanken beirnd aus Knie. ' „Wie weit erstreckt sich oas Riss?" „So viel wir wissen, über «'ne Meile." Abend-Ausgabe 31» Druck und Verlag von E. Pol^ in Leipzig, Jahrgang 837 Freitag den 16. December 1898. auferlegt sind? 2 cs 85» FeniHeton Slj DI» Morgen-Ausgab« erscheint am '/,7 Uhr, die Abend-Ausgab« Wochentag» um b Uhr, .Ootd» ik 108.73 78.40 135,25 100,20 so.vo bl. räoitd ioak. lioll.N» ;rt>»i>r> plvll vollk > 6»I<1 «uta» »m «eN,»I » >ll " kllot.ll 102.— 132,60 164,2 > 133,00 10S,10 08,20 101,30 SS »7,40 bv.30 so,80 SS,SO ov<t ok.ee, «citlo 03 ö0 177,80 SSI.00 100 50 9«,60 21125 188,00 17b,50 180,10 113.40 12480 80^) 43,SO 'e.t »nk >o.Lnt. >. <to. >n«nr. r. Lol. -vd-kr '»eitio »t-rioi. ci-.-p,-. klldüc rsss«, .d.ll- IlM.rlt»« d-> «n. SekIU»»«I, 187.80 340.10 15^— 300.10 280,- IS 2.80 138.75 175,23 »28. 109.75 172 25 178,70 138,— 202.50 77A5 134.50 118.75 334,25 354,- 383,20 141.75 197.50 325,— 154, - 134.80 87 30 S7'« luv'. geopfert hätte, wenn er geahnt, wie man sein Fernbleiben im Reichstage auSlegen würde? sr. ikooonAnkr. iNr". Anzeigen'PreiS die 6 gespaltene Petitzeile SO Pf-. Reklamen unter dem RedactionSstrich (t ge spalten) SO^Z, vor den Familiennachrichtra (6 gespalten) 40 Größere Schriften laut unserem Preis verzeichnis. Tabellarischer und Ziffernlatz nach höherem Tarif. Annahmeschluß für Anzeigern Ab end-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Norgeu-AuSgabe: Nachmittags 4 Uhr. Lei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expediti«» zu richten. so -IVl.ll i-'rr. llw Zt.-kr, !« Ul.» Extra-Beilagen (gefalzt), »,r mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderuns 60.—, mit Postbesörderung >>l 70.—. Die Lettelmaid. Roman von Fitzgerald Molloy. Nachdruck verbot««. Filiale«: vtt» Llennn'» Gortt». (Alfred Hahn), Uuiversitätsstraß« 3 (Pauliuu»), Laut» Lösche, lkathariuentzr. 14, Part, and Köuigsplatz 7. (Schluß.) „Ich habe Angst vor dem Meere, wenn es so stürmisch ist. Es kommt mir in seiner Leidenschaft gewaltig und unbarmherzig, grausam und entsetzlich vor." „Ganz wie das menschliche Herz. Meinst Du nicht auch, Capri?" „Daran habe ich noch nicht gedacht. Aber Dein Vergleich mag zutreffend sein." „Ich habe das Herz schon oft mit dem Ocean verglichen. Heute ist's ruhig, leidenschaftslos und glücklich, der erste leichte Sturm, der es erfaßt, bewegt seine Oberfläche, ein etwas stärkerer wühlt es bis in seine innersten Tiefen auf; es braust und tobt und wüthet in seiner wilden Leidenschaft, als ob es sich selbst ver zehren wollte, gerade wie das Meer." Seine Worte erstarken in der plötzlich eingetretenen Stille, das Abendroth verschwand immer mehr im Westen, die bleiche Mondscheibe trat hinter einer dunkelen Wolke hervor, der Wind schien tief Athem zu holen, um dann mit immer stärkerer Kraft übers Meer zu fegen. „Du wirst das Meer heute in seiner ganzen Großartigkeit und entfesselten Leidenschaft kennen lernen, diese plötzlich ein getretene Stille deutet darauf hin", unterbrach Guy das Schweigen. „Du weißt, ich bin nicht feige, aber bange Ahnung erfüllt mich mit Entsetzen. Ich fürchte ein Unglück!" Er sah zu ihr auf und bemerkte trotz des Dämmerlichtes die Bläffe auf ihren Wangen und die Angst in ihren Augen. „Meine Capri empfindet Furcht, während ich an ihrer Seite Nr-actio« ««- Expedition: A-tza«ne»gafse 8. Die Expedition ist Wochentag« ununterbrochen von früh S bi« Abend» 7 Uhr. krUok. »»»«lld 1rL«d. lioll 1ll»»r. ui» ML iIU»ill> »krr-H Llektr. >s,rUK ii-lllld. t-0ll ». L. 8rnd. ek.-u «Ie«U re.«», on llckNSt it.it.N 5 Pflichten abwenden, die dem Lande durch unsere eigenen großen Thaten DaS klingt ja fast — spanisch! Deutsches Reich. — Leipzig, 16. December. Die vereitelte Wahl dcS Socialbcmokratcn Abg. Schippe! zum Schriftführer im Reichstage ist, so weit wir die Auslassungen der Presse darüber verfolgt haben, nirgends unter dem Gesichtspunkte behandelt, der zweifelsohne beim Vorschlag gerade dieses Abgeordneten für die socialdemokralische Fraction bestimmt gewesen ist. Man präsentirte nicht ohne Absicht den „Sachsen" Schippe!» um ihn neben dem „Sachsen" Kammerherrn vr. von Fr ege fizuriren zu lassen. Bei der grundsätzlich ablehnenden Haltung, die in durch aus richtiger Conseguenz des socialdemokratischen Pro gramms der Socialdemokratie gegenüber noch stets in der Sächsischen Zweiten Kammer zum Ausdruck ge bracht worden ist, würde Herr von Frege zweifelsohne bei einer Wahl des Abg. Schippel auf den Ehrenposten des ersten Biccpräsidenten verzichtet und dem Centrum eine andere Wahl anheimzestellt haben. Dieses natürliche Ergebniß einer für die conservative Fraction unmöglichen Constellation würde der Socialbemokratie in Sachsen willkommenen Anlaß zu der Behauptung gegeben haben, der hochconservative Herr von Frege hätte dem „Arbeitervertrcter" Schippet weichen eipMr.TaMalt Anzeiger. ÄmLsklatt des Königliche« Land- «nd Amtsgerichtes Leipzig, des Aathes nnd Nolizei-Ämtes der Stadt Leipzig. Die Mittheilung, daß der antisemitische Agitator und Bürgermeister von Algier, Max Regis, seims Amtes entsetzt sei, war insofern incorrect, als es sich n:.bl um eine Absetzung, sondern nur um eine Suspension Hande!:; Max RegiS ist vom Ministerium nur auf die Dauer von 3 Monaten seines Amtes enthoben worden. Auch von dieser halben Maßregel wurde erst Gebrauch gemacht, als Regis und seine Genossen die Unterbeamten, die sich ihnen nickt gesüg z zeigten, aus dem Amte entfernt batten. Was will die Regie- rung machen, wenn nach 3 Monaten entweder Regis selb» ober einer seiner Gesinnungsgenossen wieder Bürgermeister von Algier wird? Wohl hat die Regierung dem bisherigen Präfccten von Algier einen energischen Nachfolger gegeben, aber auch diesem Manne wird eS nicht gelingen, binnen weniger Monate Zustände zu beseitigen, die unter der Duldung, tbeilweise sogar unter der Förderung'der Negierung sich entwickelt haben. Bleibt cS aber bei den gegenwärtigen Zuständen, so ist, wie das „Journal des Tebats" besorg!, Jnsurrection und Bürgerkrieg unvermeidlich. Dann wi.v die algerische Gefabr die Dreyfus-Picquartaffaire ablösen. — Der Abgeordnete Charles Bos, der sich gegenwärtig in Algier befindet, schildert ig einem am 8. December, also vor der Suspendirung von Max Rvgis geschriebenen Briese d: dortigen Zustande folgendermaßen: Max Regis entwickelt im höchsten Ernste die Theorie, daS Mischvolk, das ans der Kreuzung der lateinischen Rassen in Algerien entsteht, sti französischer gesinnt , als'die FrcknzoseN selbst. Man vergess: nickt, daß der Maird Vock Algier durch ein Jahr Militairtici.'l Franzose geworden ist und daß sein Wablkörper auS Naturali- sirten besteht, die in Frankreich noch nicht einmal die Erlaub- niß zur Niederlassung crhältcu hätte», welche der Naunali- sirung vorangehen muß. Algier zählt lO OOO Juden. Man siebt sie nicht mehr; sie verkriechen sich; sie leben usitcr einer Schreckensherrschaft. Mar RegiS stellt in seinem Blatte „Le Nouvel Anti-Juif" die Europäerinnen au den Pranger, welche in die jüdischen Läden gehen. Die«« Europäerinnen werden Photographin und sollen, wenn sie sich nicht bessern, öffentlich mit Ruthen gestrichen werden. Die Juden dürfen ihre Maaren nicht mehr ausstellen. Sie dürfen nicht mehr hausiren. Sie dürfen ihre gewöhnlichen Berufsarten nicht mehr auSüben. So will es der Proconsnl Max Regis. Der Generalgouvernenr vermag nichts dagegen, weil die Polizei sich nach französischem Brauch in den Händen des Maires befindet, der seine Gewalt mißbraucht. Er möge sich jedoch in Acht nehmen. »84 434 488 628 8«t>r ltr-Lvt.1 122 uk»ej8ol 7V' a 7.15/1«. Politische Tagesschau. * Leipzig, 16. December. Wenn der Reichstag schon vorgestern die erste EtatS- berathang zu Ende geführt hätte und dann sofort in die „Wohlverdienten" Weihnachtsferien gegangen wäre, so würde ihm dies schwerlich irgend ein Mensch verübelt haben. Jedenfalls hat der gestrige vierte Tag der Etatsberathung keine rednerische Leistung gebracht, auf welche die Wähler nicht hätten verzichten können. Daß Herr Bebel weniger geschickt als sein Genosse v. Vollmar die wahren Ziele der Socialdemvkratie zu verschleiern versteht, wußte man auch ohne seine gestrige zweistündige Rede; daß er mit einer gewissen Vorliebe seine Klagen über militairische „Brutalitäten" auf Material gründet, da« er selbst als gefälscht erkennen könnte, hätte er nicht aufs Neue zu beweisen gebraucht, und daß er, der gleich seinem Freunde Liebknecht am liebsten alle Antianarchisten ins Ausland schaffen nnd dort „erziehen" ließe, in belle Wuth durch staatliche Ausweisungen sich versetzt fühlt, hatte man ihm auch ohne neue Versicherungen geglaubt. Von Herrn vr. Lieber weiß man zur Genüge, daß ihm bei der ausschlaggebenden Stellung seiner Partei an seinem Glücke nur noch die absolute Frerheit „der Kirche" fehlt, und Herr Liebermann v. Sonnenberg ist al« Verächter aller gegen die Verstaatlichung der Reichsbank sprechenden Gründe zu bekannt, als daß er als solchen sich vorzustellen gezwungen gewesen wäre. DaS Haus hätte also getrost seine Ferien um den gestrigen Tag verlängern können, um so getroster, je weniger zu erwarten war, daß der Herr Reichskanzler noch vor „Thorschluß" sich einsinden und die Gerüchte widerlegen werde, zu denen sein Fernbleiben an de» ersten Debattentagtn Veranlassung gegeben hat. Die «Boss. Ztg." schreibt darüber: „Der Reichstag hat die erste Lesung des Etats beendigen müssen ohne die Anwesenheit des einzigen ihm verantwortlichen Reichs- beamten, de» Reichskanzlers. Fürst Hohenlohe hat sich am Mittwoch zur Saujagd nach Springe begeben. Er zog die Thetluahm« ao einem Jagdvergnügrn dem Aufenthalte im Reichstag vor, obwohl die gesammte Regierungspolitik und die wichtigsten politischen Fragen den Gegenstand der Verhand lungen bilden. Als Abg. Bebel diese Thatsache im Reichstag erwähnte, wurden Kundgebungen des UnwilenS nicht blos auf den socialdemokratischen Bänken laut. Vielleicht hat der Reichskanzler aber vermeiden wollen, zu einer Erklärung über einen angeblich vorhandene» neue» Flottenplan genöthigt zu werden. In ReichstagSkreisen wird erzählt, daß Aeußerungen vorliegen, die daS io der vorigen Tagung beschlossene Flottengesetz und den Tirpitz- scheu Plan bereits wieder als unzureichend darstelle» und eine darüber hinauSgehende Flottenvermehrung und daneben dir Erwerbung verschirdener Kohlen st ationen für nothwendig erklären. Gegen «inen solchen Plan hat Abg. vr. Lieber, in der Form gegen eine Aeußerung Bebel's polemisirend, thatsächlich aber nach einer andern Stelle zielend, bestimmte Verwahrung eingelegt. Die Erfahrung hat indeß gelehrt, daß solche Verwahrungen ebenso wenig bedeuten, wie die Versicherungen vom Regierungstisch, daß neue HeereS- oder Flottenverstärkungen für die nächste Zeit nicht geplant seien. Möglicherweise hat die Anwesenheit des Reichskanzlers Fürsten Hohenlohe bei der Jagd in Springe auch den Zweck, eine Entscheidung zu veranlassen über die Einstellung der Aus weisungen aus Schleswig-Holstein, die im Reichstag allein bei der conservativen Partei (?) eine schwache Vertheidigung ge- fanden haben. Es ist aufgefallen, daß vom Bundesrathstisch kein Wort zur Vertheidigung der Ausweisungspolitik des Oberpräsidenten v. Köller gesagt worden ist. Es verlautet in parlamentarischen Kreise», daß Herr v. Köller des Rückhalts an entscheidender Stelle keineswegs sicher sei und die Noihwendigkeit seines Rück- trittS erwogen werde. Die nächsten Tage werden darüber vielleicht Aufschluß bringen." Ob der Herr Reichskanzler sein Jagdvergnügen wohl '»em. dsluoe »tter UNok t-rltiutov >»»r ruUtU uv! «»na ivo',. !. 1. S«. »v.ttckl. Zom. 3. u ckv. Das Interesse CanadaS an der Nicaraguaeanalfragc, welch letztere dem Stadium ihrer endgiltizen Entscheidung jetzt zusehends näher rückt, ist bedeutend genug, um eS be greiflich erscheinen zu lassen, wenn von den dortigen Politikern in London alle Anstrengungen gemacht werden, um Groß britannien zu einem strikten Festhalten an den Stipu- lationen des Clayton - Bulwer - Vertrages zu bestimmen. Ob Canada seinen Willen Durchsetzt, bängt davon ab, wie hoch man in London die durch den Canalbau berührten eigenen Interessen einsckätzt. Das Washingtoner Staatsdepartement, welches mit Ausarbeitung eines Berichts über die Vortheile der Nicaragua - Wasserstraße für die Lander an der amerikanischen Küste des Pacific und den Handelsaufschwung nach dem fernen Osten beschäftigt ist, will aus einschlägigen, den Berichten des englischen Handels amts entlehnten Taten folgern, der Bortheil, der dem eng lischen Handelsverkehr auS Benutzung der Nicaragua- Canalverbindung erwachsen könne, werde bedeutend über schätzt, und der Schwerpunkt der ganzen Sache liege auf Seiten deS Interesses der amerikanischen Länder an Schaffung eines Handelsverkehrs größten Stiles zwischen den Emporien der atlantischen und der pacisischen Küste, Es versteht sich von selbst, daß hieran auch diL zwischen beiden Oceanen gelegenen nordbritischen Besitzungen pro rata paicko theil- nebmen würden und insofern hat Canada ein greifbares Interesse an Beibehaltung der gemischten Controle über den Canal. ES heißt in Washington, die canadischen Theilnebmer der Reciprocitälsconferenz bereiteten einen Antrag vor, dem zufolge den Vereinigten Staaten eine gewisse Betheiligung und Controle an dem großen System der canadischen Canäle, gegen einen entsprechenden Beitrag zu deren Herstellungskosten, eingeräumt werden solle, wenn Amerika der gemischten Controle über den Nicaraguacanal zustimme. New Horker Preßstimmen meinen dazu, der Vorschlag habe etwas Verführerisches, da der Wellano- und der St. Lawrence- Canal in großem Umfange den Bedürfnissen des amerikanischen Handelsverkehrs dienen. Von da bis zu einer förmlichen Einigung ist aber noch ein weiter Weg, zumal, wie unS auS Ottawa gemeldet wird, die canadische Conferenz zum zweiten Mal auf unbestimmte Zeit vertagt worden ist und selbst opti mistische Kreise jetzt völlig daran zweifeln, daß eine Verständigung und eine wirkliche gegenseitige Annäherung möglich sei. In Washington zeigten die Unterhändler der Union ein noch viel geringeres Entgegenkommen, als vorher in Ouebcck, so daß aus kanadischer Seite die Empfindung Platz gegriffen hat, Mac Kinley glaube mit Canada ähnlich verh and ein z u können, wie mit Spanien. Wie sehr überhaupt Mc Kinley und den Amerikanern der Kamm geschwollen ist, zeigt folgende Meldung: * New N»rk, 15. December. Präsident Mac Kinley hielt in Atlanta (Georgia) eine Rede, in der er sagte: Die amerika- irische Flagge ist auf beiden Hemisphären gehißt worden und da bleibt sie als ein Symbol der Freiheit, des Rechts, des Friedens und deS Fortschritts. Wer will sie von dem Volke wegnehmen, über dem sie in schützenden Falten flattert? Wer will sie niederholen? Werden wir jetzt, wo der im Krieg errungene Sieg im FriedenSvertrage geschrieben steht, uns zaghaft von den Ueber eine Gefährdung der geschlossenen Kirchen gemeinden der deutschen Katholiken Nordamerikas wird unS auS New Hork berichtet: DaS Deutschthum der Ver einigten Staaten wird durch einen sehr überraschenden Schritt des VaticanS ernstlich bedroht. Auf der Ende November in der St. Patriks Kathedrale abgehaltenen katholischen Diöcesen- synode verlas der Vorsitzende Erzbischof Carrigan ein längeres päpstliches Breve, welches die Stellung der Pfarrgemeinden der deutschen Katholiken in den Vereinigten Staaten be handelt. DaS Schreiben geht von dem Grundsatz auS, daß die Sonderung der Katholiken Nordamerika« nach Nationalitäten den Grundsätzen der katholischen Kirche zuwiderlaufe, und daß deshalb die Vereinigung aller Katholiken, gleichviel welcher Nationalität sie angehören, zu gemeinsamen Pfarrgemeinden anzustreben sei. Für die Katholiken deutscher Zunge ergebe sich dadurch die Weisung, daß nur diejenigen, welche selbst in Deutschland geboren sind, als Mitglieder besonderer deutscher Pfarrgemeinden In zwei deutschen Schutzgebieten sind augenblicklich Grenzfestsctzungcn im Gange, deren Ausfall nicht obne Be deutung für die betreffenden Colonien sein dürfte. Bekannt lich fehlt noch immer eine genauere Festlegung der Ostgrenze unseres südwestafrikanischen Schutzgebietes. Nach mehr jährigen Verhandlungen mit England ist endlich eine deutsch englische Commission zusammengetrcten, um im Anschluß an das bis Rietfontain geführte Dreiecksnetz der kapländischen Triangulation dieses längs oder in möglichster Nähe deS zum Tbeil als Grenze angenommenen 20» ö. Gr. weiter nach Norden, zunächst bis zum 22 o s. Br. in daS Gebiet von OlifantSkloof und Rietfontain Nord am Epukiro fortzusetzen. Nach einer Mittheilung in der Denkschrift über die Ver wendung des sogenannten Afrikafonds sind diese Arbeiten Anfangs November dieses JahreS begonnen worden. Ihre Dauer ist aus zwei Jahre bemessen. Nach ihrer Beendigung wird sich erst die Streitfrage lösen lassen, ob die beiden oben genannten Puncte, OlifantSkloof und Rietfontain Nord, die jedenfalls sebr dicht an der deutsch - englischen Grenze liegen, dem deutschen oder dem englischen Gebiete zuzebören. Die Entscheidung über diese Frage, welche schon wiederholt ru Verhandlungen zwischen Deutschland und England Anlaß gegeben hat, ist daher bis auf Weiteres vertagt worden. In Deutsch-Ostafr ika ist ein ähnliches Unter nehmen im Gange. Hier hat sich das Bedürfniß einer Fest stellung der deutsch-englischen Grenze zwischen dem Tanganyika- und dem Nyassa-See schon wiederholt dringend geltend ge macht. Der Wortlaut deS bezüglichen Abkommens zwischen Deutschland und England erforderte möglichst genaue astro nomische Längenbestimmnngen an einen oder zwei Orten des fraglichen Gebietes. Die möglichst genaue Feststellung der Länge und Breite eines so weit in daS Herz von Afrika vor geschobenen Punktes wird auch für die gesammte Kartographie von Afrika von wesentlicher Bedeutung sein, da sie einen un verrückbaren Fixpunct schafft, an den sich nach allen Richtungen hin die Routennetze anschließen können. Die dazu erforder lichen astronomischen Beobachtungen und trigonometrischen Auf nahmen, zu deren Ausführung von deutscher Seite eine Expedition unter Führung von Hauptmann Herrmann und unter Betheiligung des Astronomen vr. Koblsckütter und deS Premierlieutenants Glauning im Frühjahr dieses Jahres von Deutschland ausbrach, sind nach den letzten vorliegenden Nach richten in vollem Gange; die telegraphische Längenbestimmung zwischen dem Observatorium in Kapstadt und einem Puncte an der Westküste deS Nyassa-SeeS ist erreicht und die Arbeiten längs der Grenze selbst sind mit Hilfe chronometrischer Zeit übertragung an jenen Punct bereits angeschlossen. Nach den bisher bekannt gewordenen Resultaten werden sich die geographischen Längen dieser Gebiete und damit auch die Grenzlinie um ca. 4 Bogenminuten nach Westen verschieben. gezählt werben könnten, während deren in Amerika geborene Kinder den gemeinsamen Pfarrgemeinden einzureiben seien. Dieses Vorgehen deS Papstes, welches auf den Einfluß deö deutschfeindlichen Erzbischofs Jreland zurückgcfühil wird hat unter den Deutschen Nordamerikas große Erregung hervorgerufen. Man erblickt darin einen offenkundigen Versuch, die deutschen Katholiken zu anglisiren, was allerdings der bisherigen Politik Jreland's vollkommen entspricht. Dieser Kirchensürst strebt danach, die katholische Kirche der Union zu einem bedeutenden Machtfactor zu erheben und wünscht sich zugleich durch ein zur (Schau getragenes auffälliges Hingothum die Gunst der anaenblicklichen Machthaber zu sichern. VezrrgS-PreiA bi b« Hauptexpeditiou oder de» t» Stadl, bezirk und de» Vororte» errichteten Aus- aavestellen abgeholt: vierteljährlich 4.50. »ei zweimaliger täglicher Zustellung ins Hau« 5.50. Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vierteltährlich ^kl 6,—. Direkte tägliche Kreuzbandsendung bl» Ausl and: monatlich 7.50. » I — »a s — »«alt 855,— » I 763,— a-^ett«o 3051 »a I 84.10 ooot I r r n«. ir- irnrr 218,75 »Lor. k»e. «» 6dia»»«v »et8, I S8 "nt I 31, reit. »»»So 12«,— »9,V5 59,05 12017- 47.70 9.50', 89,05 1.275, 114,— 361,— rsxunr Iv»tlo,, 543 N » nclt vordotoa. Snu-i — 6850 6600 —— 4875 8325 5375 »- 3100 13100 >3300 202 - 3800 2750 2825 — 4700 11080 I32°0 — —— 12300 vioo 9175 8800 »778 3850 540 »70 940 »7o 1660 1725 — 2825 — 1550 2680 2700 2800 2875 14200 — »100 'M 1825 '2000 280 310 — 29S0 50 80 15200 25450 t14t0 2225 — - iSioo iw IS225 666 700 3285 3300 — 4000 6700
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