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02-Abendausgabe Dresdner Nachrichten : 03.11.1925
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1925-11-03
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19251103021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1925110302
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1925110302
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Nachrichten
- Jahr1925
- Monat1925-11
- Tag1925-11-03
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79. Sahrgarrg. 817 Abenö-Ausgabe Dienstag» S. November 1S2S Pro-laiychrlfl: »»cheicht,, Dr«»»«». E»e«lpr»<d«r. Sammelnummrr: SV 241. A« Mr NochlgelprSche: 20 011. ""'2 >-dl» Ib. 4t»v«md«r lS2S bel täal. »weimallger Zustellung frei Kau» l.SOMard. 4>"AUgS° weouyr Postd«rug»xr«i» für vlonal November g Marl,. VI»z«l»»m»»r l» Pleanlg. Ni» «nzeb Anzeigen-Preise: auherhald! werden nach Eloldmarl, berechn«!; dl» elnlpaltiar 30 mm dreile . für auewürls 3L Psg. I)a,nillena»»e>grn und SleUenacluchc ohne lg-, autzrdall» 20 Psg-. dl« so INI» dreile Aeklaniezeue ISO Psg.. > Plg. Off-rtengebM», >0 Psg. Aus». Aullrag- gegen Dorausbezahl. Nachdruck nur mit drullicher Quellenangabe (»Dresdner Dachr." zulllsstg. Unverlangle Schrislstücke werden uichl auidswahrl. Schriftlellung und Aauplgeschäftsfiellr: Martenitratz« SS/42. Druck u. Verlag von Üleplch ä- VelchardI in Dresden. Poillckeck-Konlo lOLS Dresden. GeneralleMant Müllers letzte Fahrt. Der sozialistische Nationalrat lehnt die Unterstützung Painleves ab. Beginn -er Parleisührerbesprechung in -er Reichskanzlei. — Die Einjlellung -er Parteien zur Frage von Locarno. Die Trauerpara-e. Im eherner Trauer, würdig und schlicht, wie es die ganze Wesensart des unerwartet auf her Höbe leiuer Laufbahn den Gollmtentod acstorbenen Generalleutnants Alfred Müller war. nahm die vierte Division Abschied von ihrem im Krieg und Frieden in unzähligen Lagen erprobten Führer, dem ersten sächsischen Landeskominaiidanten. lind wenn man die Menschenmanern, die am Dicnstagmitiaa Len Neustädter Markt und die Haupt st raße umlagerten, vom Blockhaus her überblickte, so kviintc man aus ihrer Haliuna und ihrer sozialen Schichtung sinnfälliger als dies je ein Nachruf zum Ausdruck bringen kann, auch die aufrichtige Trauer der Zivil- bevölkerunq empfinden um den Verlust eines Mannes. der nicht nur ein leuchtendes Vorbild deutscher ManncS. und Goldatcntugeudcn. sondern auch ein edler Mensch war. durch pulst von Heister Liebe zu Voll und Vaterland, und treu be währt in den grostrn Werken sozialer Hilsstäligkcii. Am zweiten Obergeschoß des Blockhauses, au dessen Nord- und Südfront die Rcichskriegsflagge balbstocks webte, hatte man in dem Bcrsammlunqszimmer den Befehlshaber -eS Wehrkreises IV aufgcbahrt. Der schlichte ichwarzgrünc Sarg war mit einem me ist-grünen F a Ii » c n t n ch be deckt, auf dem des Tote» Stahl beim und Dcaen lagen. Brennende Kerzen aus silbernen Armleuchtern füllten den kleinen, ganz mit Lorbeer- und Pslanzeiischmuck ausgckleideten Raum mit mildem Schein,' aus der linken Wandecke schaute, gleichsam als ein Gruß aus Deutschlands großer Zeit, König Albert isii Bilde auf den Sarg deS ritterlichen Führers des sächsischen Truppenkontingents hernieder. Zahllose Kranze mit Schleifen bedeckten den von Tannsngrün gebildeten Teppich. Vor dem Vorzimmer zum AusbahrnngVraum hielt ein Doppelposten dcS Iiisaiitcric-Rcginieiits lsi mit Stahlhelm und aufgepflanztcm Seitengewehr die Tviciiwachi. Um 12 Uhr rückten von den Kasernen her die zur Trauer- paraüe befehligten Truppen in die Hauptstraße ein, gesührt von Generalmajor von Brandenstein. Voraus ritt eine Schwadron des Reiterregiments 12, der daS 8. Bataillon des Infaiiicric- RegimentS 10 mit der 12. Maschincilgcwchrkompaiiic folgte. Den Schluß bildete eine Batterie des Artillerie-Regiments 4. Die Truppen nahmen aus dem Neustädter Markt in einem nach dem Blockhaus zu offenen Viereck Aufstellung. Aus dem sogenannten Wasfcnplatz vor dem Blockhaus hatten sich in zwischen die Angehörigen der früheren und jetzigen Wehrmacht in großer Zahl versammelt. Man sah hier die bekannten Er scheinungen der Generalität und die Vertreter der Osfiziers- vercinigungen. Im großen und ganzen ein rein militärisches Bild. Auch der Reichs,vasserschuh und die Polizei batten zahl reiche dienstfreie Offiziere entsendet. Inzwischen war ein Feldgeschütz mit schwarz ans- geschlagener Lafette vor dem Wasfcnplatz am Fußgängcrsteig vorgesahren. Fünf Minuten vor halb ein Uhr schallte über den weiten Platz daS Kommando: Sttllgcstaiiden! . . . DaS Gewehr — über! . . . Gin einziger silüernglänzender Ruck, dann erstarrte das graue Viereck in eherner Haltung. Während non der Dreikönigskirche her der Glocken klagender Mund herabdrühntc, schritt der Trauerzug ans dein Blockhause über den Wafsenplatz herab zur Straße. Voran die Majore Bichl und Meißner mit den Ordenskissen: dann trugen die Marschälle der Städtischen BcstatiungSanstalt den Sarg, der zu beiden Seiten von se vier Stabsoffizieren geleitet wurde, Dahinter folgte als Vertreter des Rcichswehrminister Gestler, der am Erscheinen verhindert war, der Ehef der Heeresleitung, Die Stimmung -er Parteien. Berlin, 8. Nov. Zu der gegenwärtig in der Reichskanzlei stattfindenden Besprechung mit Parteiführern sind nur di« Vertreter derfenigen Parteien geladen, die hinter der Regie rung stehen, nämlich Deutsche Nolkspartef, Bayrische Bolls» Partei und Zentrum. Auch Außenminister Stresemann, der heute früh ans Königsberg zurückgekchri ist, sowie Reichs- arbeltSministcr Dr. Brauns nehmen an der Besprechung teil. Ferner sind die Staatssekretäre zu den Verhandlungen zugrzvgen. In dcmokraiischcn Kreisen scheint damit gerechnet zu norden, daß sich ans dem d e n t s ch n a t i o n a l e n Partei tag. der am l.',. dieses Monats znsammcntritt, eine starke Minderheit für die Annahme der Locarno-Verträge unter den bekannten Vorbehalten finden wird, worauf der Partei tag sich veranlaßt sehen könnte, der Reichstagssraktion die Freigabe der Stimmabgabe zu empfehlen. Die deutsch- nationale RcichStngSfraktion tagt gegenwärtig im Reichstag. Man erwartet in Regicrnngskreiscn. dak Brian» und Ehambcrlain demnächst in ihren Erklärungen *or dem Parla, ment Interpretationen über daS Werk von Locarno geben werden, die geeignet sind, die außenpolitische Lage zu klären. Bis dahi» dürste eine Lösung der iiiiierpolitischen Fragen in Deutschland vermutlich hiiiaiiSgeschobc» werden. Die „K r c u zz c i t » n g" schreibt: Die Besprechung mit de» Parteiführer» soll K lärnng über die Frage der Ne», bildung der Regier,,»,, bringe». Wir vermögen allerdings nicht einzuschcn, worin die Klärung bestehen soll, denn sie tst 6e kscto vor de», 20. November als dem Stichtag für daS Inkrafttreten der Rückwirkungen nicht möglich. Es müßte denn sein, daß der Reichskanzler dem Drängen der General v. Seeckt, mit den beiden Söhnen des Entschlafenen, Hauptinann a. D. Aribert Müller und Ober leutnant im lO. (Sächs.s Infanterie - Regiment Manfred Müller, sowie dein Flügeladjutantcn des Königs von Sachsen, General O B yrn, und einer Anzahl hoher Ossiziere. Als der Trauerzug in dem Portal des Blockhauses sicht bar wurde, intonierte die Kapelle den Ehvral „Ach bleib mit deiner Gnade" und die Offiziere salutierten. Dann wurde der Sarg aus der Lafette des Geschützes befestigt, hinter dem das Lcibpfcrd des toten WehrkreiSkvmmaiideurS, ein prächtiger Rappe, stand. Und nun begann dieTraucrparade, ein militärisches Schauspiel von tiefster Wirkung. Klagend und doch tröstend zugleich schallten die Klänge von „Jesus meine Zuversicht" von den Mauern des Häuscrviereckes zurück. Nach zwei Takten folgten jedeSmal drei dumpfe Trommelwirbel und in lang same», Schritt defilierten mit „Angeu rechts" die Truppen an der Lafette mit der irdischen Hülle ihres toten Führers vor über, »m daiiv links in die Mittclallcc der Hauptstraße cin- znbicgen. Ais das letzte Geschütz vorbei mar, setzte sich auch die sechsspännig gefahrene Lafette mit dem Sarge i» Be wegung, hinter dem sich dann der große Zuge der Leidtragen den formierte. An der Spitze schritte» wieder General v. Seeckt, General O'Bnrn und die beide» Söhne dcS Toten, denen die übrigen Offiziere folgten. Alö der Zug den Neustüdtcr Markt verließ und in die Hauptstraße etnscüwcnkte, schlossen sich ihm die spalierbildenden Korporationen, Vaterländische Verbände, Militärvercine, Studentenschaft an. In stiller Wehmut und tiefer, ansrichtiger Trauer srühte Dresdens Einwohnerschaft allenthalben den erste» sächsischen Landcsko»,Mandanten aus seiner letzten Fahrt. dc,r treudrutschen Mann, dem Dresden und Sachse» so unendlich viel zu danken hat. lieber die Vantzncr Straße, Radeberger Straße, Carola- Alice, wo die dienstfreien Mannschaften der Garnison in zwei Gliedern Aufstellung genommen hatten, ging der Trauerzug, der hoch i» der Luft von einem JunkerSfliigzeua begleitet wurde, »ach der G a r n i s o n k i r ch e, in der nun :^2 Uhr die Traucrfcier begann. * Beileidskun-gedunqen für tSeneratteulnanI Mütter. Bei der Familie des verstorbenen Generalleutnants Müller sind zahlreiche BeUeibskundgebungen cingctrofsen. u. a. vom Reichspräsidenten, vom Neichswehrminister, vom Chef der Heeresleitung, von König Friedrich August, vom Rcichüaußenminister Dr. Stresemann, von den Prinzen Fried rich Christian und Ernst Heinrich mit ihren Gemahlinnen, von der Prinzessin Mathilde, vom ehemaligen Kronprinzen des Deutschen Reiches, vom sächsischen Gesandten Dr. Gradnauer, vom Rat der Stadt Dresden, von der Handelskammer Dres den, von der sächsischen Regierung, vom Stadtverordncten- kollcgium, vom General Reinhardt, Gruppenkommando 2. » Ein Autounsall General von ScccktS. Berlin, 8. Nov. Aus der Fahrt nach dem Anhalter Bahn hof hatte heute früh General v. Seeckt, der sich nach Dresden begab, um dort an der Traucrfcier für den Generalleutnant Müller teilzunehmen, einen kleinen Autounsall. Infolge eines Defektes des Cimmmireifens eines Vorderrades kam der Wagen ins Gleiten und fuhr gegen einen Baum. Der General und sein Adjutant blieben unverletzt und setzten in einem Droschkcnauto die Fahrt nach dem Bahnhof fort. LinkSkreise nachgibt und heute schon bindende Ver- sprechungen über die Regierungsneubildung nach Annahme des Vertrags von Locarno macht. DaS würde allerdings er- heblich von der Taktik abweichen, die bas Rumpfkablnett in richtiger Einschätzung der absolut ungeklärten Lage seither clnzuhalten sich bemüht hat. In der „Germania" läuft der Pressechef des früheren Reichskanzlers Dr. Marx, Dr. Spiecker, Sturm gegen Luther. Die Zentrumsfraktion, schreibt er. sei zu der Regierung Luther tn ein, wenn auch immerhin loses Verhältnis getreten, das zu einer bedaucrltchen Unzufriedenheit in der ZentrumS- wählcrschaft geführt habe. Es ergebe sich deshalb für das Zentrum auf dem Parteitage nicht «ur die Frage, ob dieses Verhältnis zur Regierung Luther wieder aus die in der Er klärung Fehreubachs enthaltenen Richtlinien zurtickrcvidiert werden soll, sonder« darüber hinaus die Frage, ob dieses Ver hältnis überhaupt «och bestehen bleiben könne. Der „Vorwärts" sagt: Wollen die Mittelparteien das Werk von Locarno vollenden, so sind sie dabei aus die Zu sammenarbeit mit den Sozialdemokraten angewiesen. Die Sozialdemokraten sind der Meinung, daß die Annahme des Vertrages von Locarno durch eine andere Mehrheit als jene, deren Negierung den Vertrag beschlossen hat, nicht möglich ist, ohne eine Neuwahl des Reichstags und eine Befragung des Volkes. Schließen sich die Mittelparteien dieser Auf fassung an, so wird der Weg zur weiteren Entwicklung frei: sperren sic sich gegen sie. so ist der Ausweg überhaupt nicht sichtbar. Die heutige Konferenz kann also in fünf Minuten z« einem furchtbaren Resultat kommen, wenn sic sich zu dem Standpunkt bekennt, daß der Reichstag vor der Ratifizierung anfznlösen ist. Andernfalls hat sie sehr lange z» beraten, ohne daß dabei etwas hcrauskommeu wird. Locarno und -ie Loearnislen. Von Geh. stieg.-Rat Dr. Qua atz, M. d. N. Wir führen zwar Vismarcksche Worte im Munde, aber wir handeln nicht danach. Der Reichsaußenminister spricht gern mit Bismarck von dem „Primat" der Außenpolitik. In Wirk lichkeit wird Locarno von den Locarnisten als inner» p o l i t i s ch e s K a m p f i n st r u m e n t verwendet. Der .vor wärts" l>at zweifellos das Verdienst, öfter das mit zynischer Offenheit auszusprechen, was andere klug verschweigen. Au§ das brutalste gibt er zu, daß wir in Locarno ein drittes Ber- sailles unterzeichnen, daß wir nicht nur auf Elsaß-Lothringen» sondern auch auf Westpreußen, auf den Schutz von Danzig ver zichten, daß wir erneut einer dauernden internationalen: MilitärkoniroUe im Rheinlande zustimmen, daß wir nicht ein mal einen Schutz gegen Sanktionen haben, daß die Entente bestehen bleibt und die Hoffnung auf die englische Garantie ein leerer Wahn ist. Der „Vorwärts" stellt das nicht etwa, dar als die Notwendigkeit eines schmerzlichen Verzichts, nein, er jubelt darüber. Tenn — das sei gut so. weil das die Deutsch- nationalen zu einem Gang nach Canossa zwinge. Diese rasend« Wut gegen das eigene Volk, geleitet von einem alles beherr schenden Haß gegen den nationalen Gedanken, ist eine traurig« Besonderheit des deutschen öffentlichen Lebens. Die Sozialdemokratie ist die wichtigste Partei, airf di« sich die Reichsrcgierung stützen muß, wenn sie den Weg weiter» geht, den der Reichsaußennisnistcr kürzlich vorgezeichnet hat. Cr hat bereits erklärt, daß der Pakt unter allen Umständen unterzeichnet werden müsse und hierzu nötigenfalls der Reichs tag aufzulüsen sei. Ich lasse hier dahingestellt, ob er zu einer solchen Erklärung durch die Reichsrcgierung und den Reichs präsidenten, der »ach der Verfassung das Auflösungsrecht hat ermächtigt war. Jedenfalls zeigt diese Aeußerung, Saß er Locarno als ein Ziel an sich betrachtet, nicht als ein Mittel zur Durchsetzung deutscher Ziele. Durch diese seine Aeuße rung werden die letzten Hoffnungen zunichte, die man deut scherseits auf Erreichung der einen oder anderen sogenannte» Rückwirkung gehegt hat. Wozu Gegenleistungen, wenn der deutsche Außenminister selbst, entgegen dem Regierungspro gramm, vor endgültiger Unterzeichnung sie nicht unbedingt für nötig hält? Zunichte wird aber auch die Hoffnung, die Auslegungen anerkannt zu sehen, welche die deutsche Regie rung bisher dem Vertrage von Locarno hat angedeihen lassen. Das um so mehr, alö diese Auslegungen in allen Punkten auch den Anschauungen der eigentlichen Locarnlstenpartei, wie sic im „Vorwärts" durchaus im Einklang mit den französischen und englischen Presiestimmcn dargelegt worden sind, wider sprechen. Allerdings ist hier der Wunsch, ein dem nationale« Gedanken unerträgliches Ergebnis zu erzielen und sich da mit im Reiche dauernd an die Macht zu bringen, der Vater des Gedankens. Mer leider haben diese Auslegungen der Locarnisten fast überall den Wortlaut für sich. ES ist ein« traurige Erkenntnis, daß der Standpunkt der Neichsregiernug so schwach begründet ist, daß letzten Endes eigentlich nicht» übrigbleibt, als Illusion. Man ist es der deutschen Oeffentlichkcit schuldig, das a« den wichtigsten Hauptpunkten immer wieder nachzumeisen. Der Sicherhcitspakt garantiert -ie Westgrenzen auf ewige Zeiten. Freilich werden viele völkerrechtliche Verträge auf „ewige" Zelten geschloffen, aber stillschweigend behält sich jeder Bertragsgegner die Kündigung vor, wenn sie seine» Interessen entspricht. Bismarck hat es einmal dahin aus» gedrückt: „Jedem völkerrechtlichen Vertrage wohnt di« clausula rebus «ia stantibus inne." Diesem Vertrage wohnt sie nicht inne,- denn wir haben ums der Kündigung be geben. Wir dürfen nur kündigen mit Erlaubnis unserer Gegner. Der NeichSaußenministcr wendet ein: Wir könne« ja auch kündigen durch Austritt aus dem Völkerbünde. Da mit ist nichts gewonnen: denn der Austritt aus dem Völker bunde ist auch nur mit Genehmigung des Völkerbünde- möglich. Gleiches gilt für den Verzicht auf die Wledcr- gewinn ungderimO st cngeraubten Provinzen, namentlich W e stp r e u ß e n s. Der deutsch-polnische Schieös- vertrag (Zeile 7 der Einleitung» erkennt ausdrücklich an, daß Rechte eines Staates, also auch die Grenzen, nur mit Zn- stiminung Polens geändert werden können. Wir verzichten damit auf die Möglichkeit der Grenzänderung auf friedlichem Wege nach Artikel lU des Völkcrbniidsstaiuis. Ebenso ver zichten wir auf Hilfe für Danzig, wenn dieses erneut von, Polen überfallen wird. Die Negierung ist jedoch ande rer Auffassung. Hier ist bereits ei» offener Konflikt in der Auslegung zwischen Deutschland einerseits, Polen und Frankreich anderseits ansgebrochcn. Der Wortlaut steht gegen »ns. Wer wird recht behalten? Der Mächtige oder de< Schwache? Deutschland erkennt ausdrücklich noch einmal die Neu tra l i t ä t d c S Rhcinlandcs an. Es verzichtet ans seine Milltärhohcit am Rhein. Selbst wenn die Besetzung aushört, wird der Völkerbund die Miliiärkoiitrvlle im Rheinland« über nehmen. Deutsch ausgedritckt: der Rhein wird französisch« Miliiärgrcnzc. Nun zu dem berühmten Artikel lödcS Völker« b u n d s st a t u t ö. Nach der Anlage b' zum Pakt haben ivir lonal und wirksam etwaige Krlegshaiidliiiigcn zu unterstützen, „soweit cö unsere militärische und geographische Lage zuläßt". Das läßt Durchmarsch und Aufmarsch fremder Truppen, sowie wirtschaftlichen Boykott zu. Wer erinnert sich nicht an die furchtbarste Zeit Deutschlands im Dreißigjährigen Kriege, li es der Tummelplatz aller wrropäischcn Heere ivar? Ae Parleisührerbesprechung in der Reichskanzlei.
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