Suche löschen...
Sächsischer Landes-Anzeiger : 21.06.1892
- Erscheinungsdatum
- 1892-06-21
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384622-189206217
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384622-18920621
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384622-18920621
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungSächsischer Landes-Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-06
- Tag1892-06-21
- Monat1892-06
- Jahr1892
- Titel
- Sächsischer Landes-Anzeiger : 21.06.1892
- Autor
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Nr? 141. — 12. Jaliraaua. Die an jedem Woche»,«!, Abend (mit de» Datum de» folgende» Tages» zur Ber- jendnng gelangende unparteiische Zeitung --sächsischer Landes-Anzeiger": mit täglich einem Extra-Beiblatt , i. Kleine Botschaft s. Sächsischer Erzähler b Sächsische Gerichtözeitnng 4. Sächsisches Slllerlei e. Jllnstr. NnterhaltnngSblatt 6. SonntattSblatt 7. Lustiges Bilderbuch kostet bei Ausgabestellen monatlich 7V Pfg.» bei Post-Anstalten monatlich 7b Psg. Sächsischer tNl-es.Mkisel Verbreitetstes ««parteiisches tägliches Lokalblatt. Die tznuptblätter de» „Sachs. LandeS-AnzeigerS" erscheinen (ohne desseit Extra-Beiblätter) auch in einer billigeren Sonder-Bnsgabe als: Chemnitzer General-Anzeiger für Chemnitz monatlich 40 Psg. frei in» Hans; außerhalb Chemnitz monatlich 80 Psg. mit Zntragen. Dienstag, 21. Juni 18»2. Der „Sächsische LaiideS-Ai,zeige»" ist In der dentsche» Post-Zeitungs-Prel-list» nnter Nr. MO eingetragen. (Oesterreihisch. Zeitungskatalog Nr. 2651.) Der „Chemnitzer General-Anzeiger" ist in der deutschen Post-ZeitungS-Preislist« unter Nr- 1342 eingetragen, (vesterreichisch. Zeitungskatalog Nr- LSL) Verlags-Anstalt r Alexander Wied« Chemnitz, Theaterstraße Nr. L, Fernsprech-Anschlnß Nr. ISS. Telegr-Adr-: Lander-Anzeiger, Chemnitz. Anzeigenpreis: 6aespol1c»c Corpnszeile (ca. 9 Silben fassend) oder deren Naum 1b Pfg.— Bevorzugte Stelle (ögespaltene Petltzeile ca. 11 Silbe» fassend) oder deren Stau»! 30 Pfg. Bei wiederholter Aufnahme entsprechend billiger. — Anzeige» können mir bis Vormittag angenommen werden, da Druck und Verbreitung der großen Auslage längere Zeit erfordern.—Die Anzeigen finden ohnePreiSanfschlag gleichzeitig Verbreitung durch den „Chemnitzer General-Anzeiger*. Amtliche Anzeigen. lieber da» Vermögen der Möbelhändleri» Augnste Thekla vcrehel. Sprauger geb. Frommhold in Chemnitz (Wcbcrgasse 7) wird heute, am 1«. Juni 1892, Nachmittags 6 Uhr das CoiiciirSvcrfahrcn eröffnet. - Der Rechtsanwalt Preller in Chemnitz wird znm ConcnrSverwalter ernannt. CoucurSforderungeu sind bis zum 18. Juli 1898 bei dem Gerichte anznmelden. ES wird znr Veschlnßsassnng über die Wahl eine» anderen Verwalters, sowie über die Bestellung eines Glänbigcransschnsses nnd eintretende» Falles über die in 8 120 der ConcurSordnung bezeichnet«, Gegenstände ans de» 8. Jult 1892, Vormittags 9 /z Uhr «»d zur Prüfung der angemeldete» Forderungen auf den 19. August 1892, Vormittags 1« Uhr Vor dem Unterzeichneten Gerichte Termin anbcranmt. Allen Personen, welche eine znr Concnrsmasse gehörige Sache in Besitz haben oder zur ConcurSmasse etwas schuldig sind, wird aufgegeben, nichts an den Gemeinschnldner zn verabfolgen oder zn leisten, auch die Verpflichtung anserlegt, von de», Besitze der Sache und von .de» Forderungen, für welche sie ans der Sache abgesonderte Befriedigung in Anspruch nehmen, dein ConcnrSverwalter bis zum 13. Juli 1892 Anzeige z» machen. Königliches Amtsgericht Chemnitz, Adth. v. Böhm e. lieber das Vermöge» des SchnhmachermeisterS Johann Gotthelf Römer in Chemnitz (Nengasse 12) wird heute, am 18. Juni 1892, Vor-Mittags 1v Nhr dar Concnrsverfahren eröffnet. Der Kaufmann Otto Hösel in Chemnitz (Annabergerstraße 40) wird zum ConcnrSverwalter ernannt. Conkurssordernnge» sind dis zum 2V. Juli 1892 bei dem Ge richte anznmelden. Es wird zur Beschlußfassung über die Wahl eines anderen Verwalters, sowie über die Bestellung eines Glänbigcransschnsses und eintretcnden Falles über die i» 8 120 der ConcurSordnung bezeichnet«!, Gegenstände aus den 11. Jnli 1892, Vormittags 9Vg Nhr, Mid zur Prüfung der angcincldetc» Forderungen ans de» 12. August 1892, Vormittags 19 Uhr vor dem »»terzcichuetei, Gerichte Termin anberamnt. Alle» Personen, welche eine znr ConcurSmasse gehörige Sache in Besitz haben oder znr ConcurSmasse etwas Ichnldig siüd, wird ansgegebe», nichts an den Gcmeiilschnldncr zu verabfolge» oder zu leisten, auch die Verpflicht ung anserlcgt, von dem Besitze der Sache »ud von den Forderungen, für Deiche sie ans der Sache abgesonderte Besricdianng in A»spr»ch nehmen, dem ConcurSVerwalter dis zum 9. Juli 1892 Anzeige zu mach«». Königliches AuitSgericht Chemnitz, Adth. «. B ö hme. Bekannt gemacht durch Boljahn, st. G.-S Im Hause Nr. 2 der Maxstraße hier solle» nächste» Dienstag von Nachmittaas 3 Uhr ab den, Bäckermeister Klink,g adgepfändete Gegenstände und zwar ei» großer Biisfetschrank, 1 Ladentisch, 3 Tafeln »nd 2 Tischchen mit Marmorplatteu, 4 Tafeln mit harte» Platte», 36 Rohr stühle, 3 Sophas und 1 Pfeilerspiegel mit Consol, znr öffentlichen Ver steigerung gelangen. Actuar Berger, Gerichtsvollzieher bei dem Königl. Amtsgericht Chemnitz. Dienötag den 21. Juni 1892 Nachmittags 8 Uhr gelangen die Brauhansstratze Nr. 19 hier lagernde» Pfandstücke, als: 1 Partie Scheit holz n. 8 Stück Sandsteine gegen sofortige Bezahlung zur Versteigerung. Selbmann, Gerichtsvollzieher bei dem Königl. Amtsgericht Chemnitz. Fürst Bismarck in Dresden. Die Huldigung, wclhe die Einwohner Dresdens am Sonnabend Abend de», ans der Durchreise »ach Wie» begriffene» Ehrenbürger der sächsischen Residenz, dem Fürste» Bismarck darbrachte, dürste wohl als die groß artigste Volkskundgebilttg z» betrachte» sei», welche Dresden je gesehen. Nicht die Zahl der Theilnchmcr an, Feflzuge allein war cs, was ergreifend wirkte, sondern im Besonderen der Jubel, welcher mit elementarer Gewalt ans den Herzen drang. Zur fahrplanmäßige» Stunde rollte der Berliner Zug in die festlich geschmückten Hallen dcS Leipziger Bahnhofes, dessen Räume gefüllt Ware» von begeisterten Mensche». Hier hatte Herr Oberbürgermeister ». Stübcl mit den Deputationen dcS RathcS und der Stadlverorsiietc» de» Herren Bürgermeister Bönisch und den Stadlrälhen Tencher Schicke«, Richter und vr. Lotze, sowie den Stadtverordneten Geh. Hofrath Ackermann, Schriftführer Or. Vlochwitz, Apotheker Friedrich, Tischlermeister Lnngwitz, Deco»aiio»Smaleb Möller »nd Buchhändler Winter,die zni» ersten Malei», Schmucke der goldene» Amtskcttc» erschienen, am Eingang znm kgl.Wartelalo» Ausstellung genommen. Herr Bahnhossinspcctor Freitag öffnete die Thür des Salonwagens und ge leitete die fürstlichen Herrschaften in den königl. Wartcsalon. Dortsclbst hielt Herr Oberbürgermeister Or. Stübel a» de» Fürsten folgende Ansprache: Durchlauchtigster Fürst! Gnädigste Fürstin! Den erste» Millkommeu- grnß in »»lerer Stadt wollen Eure Durchlauchten von de» gesetzlichen Vcr trete«, derselben hnidvoll entgegennehincii, von de» Abgeordneten der städtische» Cvllegie», weiche im Sommer des Jahres 1871 in srcndi er Erwartung der Heimkehr siegreicher Söhne und Brüder edelster Begeister ung voll dem Begründer des Deutsche» Reiches das Ehrenbürgerrecht von Dresden anznbicle» wagten. Mit der gesammtc» Bürgerschaft haben wir seitdem von ;>ahr zn Jahr bis heute den Tag herbeigesebnt, an welchem wir Eure Durchlaucht als liniere» Ehrenbürger hier begrüße» könnte». Zwei Jahrzehnte der Geschichte des Deutsche» Reicher sind seitdem ver flossen, e!» kleiner Zeitraum in der Weltgeschichte, nnd doch — welch' ein Wechsel der Gesichte: 1871 »nd 1892. Von uns glaube ^ch sage» zn dürfen: Wir sind dieselben geblieben, dieselbe» vor Allenz Ew. Durchlaucht gegenüber. Getreue lliilerthaiicn Sr. Majestät unseres allergnädigsteu Königs und Herrn wissen wir iinS von jeher eines Sinnes mit Aller- höchstdemsctben in der Würdigung der unsterbliche» Ber lenste, welche Ew. Durchlaucht „in die Wiederausrichtiing des Deutschen Reiches ebenso, wie um die Beschaffung der Grundlage» dauernde» Friedens sich erwor ben- Unauslöschlich ist iinserc Dankbarkeit. Aber auch Ew. Durchlaucht stehe» „och immer als die Heldengestalt von 1870/71 leibhaftig vor »user», Auge, geistcsfrisch und i» unermüdeter Schaffenskraft, ja kcimpsbcreit, wcnu'S gilt sür's Vaterland. Wir sind hocherfreut, Ew. Durchlaucht »nd Sie, gnädigste Fürst,'», gerade jetzt hier begrüßen z» dürfen, da Sie, »m Zeugen z» werde» der Ecfüllung längst gehegter heißer Wünsche für das Hans Bismarck, ans der Reise nach de», Süden sich befinden. Unsere herzlichste» Wünsche be gleiten Sie ans alle» Ihren Lebenswegen. Möge »och cine Fülle der Freuden Ihnen zn Theil werde», dem durchlauchtigsten Fürste» insbesondere noch viel »„getrübte Freudc an dem, was seine Kraft für das geliebte Vaterland nicht >,»r erstrebt, sonder», wilt'S Gott, für Jahrhunderte geschaffen hat. Nach alledem nochmals: Willkommen, herzlich willkommen! Nach die'em Willtoimneusgritß sprach der Fürst, tief ergriffen, etwa Folgendes: „Mein Herr Oberbürgermeister! Für Ihre herzliche Begrüßung meine» wärmste» Dank! Es ist für .mich eine hohe Auszeichnung, Ehrenbürger der Stadt Dresden zu sei», einer Stadt, nicht blos sür Deutschland, sonder» für ganz Europa von hervorragender politischer »nd wirthschaftlicher Bedeutung. Eine Erhöhung dieser Auszeichnung bedeutet Ihr heutiger Empfang »nd cs dünkt mich fast, einer höhere» Klasse eines,hohe» Ordens theilhastig geworden zu sein. Ich bin Ihnen dafür von Herze» dankbar! Ihr Empfang ist mir die größte GenttgthuimK in meinen gl«» Togen, wo ich 7? Jahre eines rasche» nnd aufregende,, Lebens hinter mir habe- Ich bin vom politischen Leben zurück- getrcte», habe aber k>,'„ anderes Interesse als das Gedeihen der Aufgabe, an der ich seit Jahrzehnten mit gearbeitet. Und wenn ich mit Erfolg gearbeitet, so gebührt ein großer Theil der Dankbarkeit dafür Ihren, allergnädigsteu König und Herr», welcher mir stets ein lieber „nd gnädiger Herr gewesen ist und der auf de», Felde „je gefehlt hat, »in die deutsche Einheit mit zn erringe». Daß cs gelungen ist, widerstrebende Interessen zu versöhnen, die »och vor Jahren als „»vereinbar galten, ist nicht zn», wenigste» sein Verdienst- Für mich ist es ein beruhigender »nd befriedigender Abscblnß meiner Thätig- kcit, daß man ans solche Erfolge zmückblicken kann. ES ist eine große Freudc in »leinen alten Tagen „nd eine Genngthmmg für i»anchei, Verdruß i» meiner frühere» amUichcn Thäligkcit, Ihre ehrende Begrüßung cutgcgc,,- znnehmen." Es erfolgte hierauf die Vorstellung der Mitglieder der Abordnung des NatheS »nd der Stadtverordneten. Fürst Bismarck hatte für Jeden ein freundliches Wort Als von, Bahnsteig ans eine große Anzahl Damen der ersten Gesell schaftskreise in den Borrann, zum Königssalo» eiiigedrnngen war »nd Hoch rufe nnsbrcichte, dankte Fürst Bismarck galant mit einer Kußhand, die er de» Dame» -»wendete. War vorher bei der Ankunft des Zuges der Jubel des Publikums gr, ß, so kannte derselbe leine Grenzen, als Fürst Bismarck den Königssalo» verließ »nd a»f de» Platz vor Le», Bahuhose beraustiat. Tausende von Menschen brachen in stürmische, nicht endenwollende Hochrufe a„S. Oswin Berg. Novelle von F. von Kapff-Essenther. (Fortsetzung und Schluß). Nachdruck Verbote» Der kleine Oswin trug ein blütheiiweißeS Schürzchen. »Gewiß h-t sie cS selbst geplättet," dachte Hellmau». Dcr Tisch war appetitlich gedeckt und trug blankes Thecgeschirr. Auguste machte mit strahlendem Lächeln die Honneurs, sichtlich er freut über den Besuch. „Sie nimmt mauches Mal ihr Unglück recht leicht," sagte er sich. . » Vorerst gingen sie die i»> Enlwurs vorhandene Novelle durch. Auguste IaS vor. OSwin zeigte sich gelehrig. Eine junge Frau ist untröstlich über de» Verlust ihres Galten, welchen sie nur kurze Zeit besessen. Aber sie überzeugt sich später, daß dies flüchtige erste Glück sie nur reis gemacht hat sür ein zweites, besseres, edleres. Hellmann fand den Entwurf vortrefflich. „ES ist wahr und auch schön," sagte er — „darum das Nichtige." Sie besprachen »nn die Einzelheiten der Erzählung. „Das wird Oswin schon machen," meinte sie das eine nnd das andere Mal zuversichtlich. Und dann wieder: „Nein, das wird Oswin nicht einsehenl" Und in dies heiter bewegte Gespräch rief er plötzlich, unver- luiltklt, mit rauher Stimme: „Wau» soll Ihr Mann wiederkonnnen? Wann wird cc hier sein?" „Heule weiß ich eS noch nicht," versetzte sie leise. Und wieder suhlte Hellmann in sich dies min schon wohl bekannte, aus Haß, Mitleid »nd Geringschätzung gemischte Gesühl gegen den Unbekannten ansslcige». Wie lange würde es dauert» nnd das junge blühende Weib wurde wieder die Fra» eines Andere» I üs war inzwischen dnnkcl geworden. Auguste entzündete die , "n>pe und das Spirilusflammchen unter dem Theckessel. Und nun faßen sie mied« „eben einander auf dem kleinen, harte», steif- leymgc» Diva». Vielleicht mit Absicht hatte Auguste das Kind n» r'"'t> den Gast gesetzt. Der kleine Oswin beschäftigte damit, ei»« schadhafte Stelle an der Sophalehue mit b-i F'»a«che» zu vergrößern. Er trennte seine Nach- «li '"hm"» verewigte si« zugleich. de m sie spielen nnd tändelten Hellmann Halle sich nie um kleine Kinder gekümmert. Aber dies liebliche, blonde Köpfchen zog ihn a»; es verlockte ihn, »ach den warmen, zarten Gliederchen dcS Kindes zu fassen nnd es wurde ihm war», »m's Herz, wenn der Kleine ihn ans seinen großen, klaren Augen vertraulich anblickte. Dazwischen erzählte er ans Augusten'- Bitte Einiges aus seinem Lebe». Wie er in ärmlichen Verhältnisse» geboren »nd ansgezoge», unter schweren Sorgen und Entbehrungen sludirte, sich anfänglich dem Lehramt widmete, ohne darin Befrie digung zu finde». Ei» littcrat»rgeschichtlichcS Werk, welche- er herans- gab, verschaffte ihm, in enger belheiligten Kreisen wenigstens, einen Name». Es gelang ihm, die Nedaction eines litterarischen Fachblattes zu erhallen und von dieser, verhältnißmäßig bescheidene» Stellung auS erreichte er durch Fleiß, Energie nnd Ausdauer seine gegen wärtige, welche unstreitig zu de» viclbcncidcten gehörte. So hatte er eigentlich keinen Grund, über sein Schicksal zu klagen, was er seiner aufmerlsamen Zuhörer!» willig zugab. Freilich war er sich darüber auch noch nie so klar geworden, als im Lause dieser kurzen Erzählung. In dem trauten Lichtkreis der kleinen Lamp- ward ihm gan eigenthnmlich zu Muthe. Ja, sein Lebe» entbehrte nicht des äußeren Ersolges, wohl aber der inneren Befcicdignng, de- rechten Behagens. Und unwillkürlich bemächtigte sich seiner die Vorstellung: Wenn dies sein Heini wäre, dies seine Frau, sein Kind — wie wohl könnte man sich hier fühlen, trotz des zerfaserten Divans, trotz des ordinären Fnßleppichs. Wie heiter sie lachte, wcl he reizenden Grübchen sich dabei in ihren Wangen bildeten, mit welcher Aiimnth sie de» Thee einschenlte, mit welch' naivem Frohsinn sie ihre tägliche Lebensweise beschrieb! Wie sie den kleinen Haushalt sclbst besorgte; immer mit dem einen Arm kochend, nähend, ivirthschaftend — auf dem anderen den kleinen Oswin. Und vor seinem inneren Ange zerfloß daS Gespenst des krüppelhasten Gatten in nebclhaster Ferne. Immer deutlicher, immer bestimmter dachte er sich als Angustens Mann. Sie schützen, sie versorge», die herbe Mühsal von ihr nehmen, sei» eigenes Leben durchsonnen lassen von ihrem Frohmnth hätte er je geträumt: so würde er das Weib seiner Wahl geträumt habe», so heiter, so mulhig, kräftig, verständig au Leib nnd Seele. Und sie sollte jenem kcüppclhasten Gespenst gehören? Das konnte Er" stand auf. Eine unwiderstehliche Sehnsucht, Augusten au sein Herz zn ziehen, hatte sich seiner bemächtigt. Und doch, er durste Als dcr Fürst und die Fürst!» de» Waren zur Fahrt »ach dem Hotel besteige» wollte«, hatte die Polizei die erdenklichste Mühe, das Publikum da von abz,,halten, die Pferde a»sz»stränqen. Mehrere Vereine Hilten eS sich znr Ausgabe gemacht, den, Fürsten persönliche Voripanndienstt z» leiste», nud cS bedurfte dcS energische» Einschreitens der SichcrheitsorgMie, die- ztt verhindern. - Unter »nbeschrclblichem Jubel des Volkes, welches nach Villen Tausende» zählend de» lange» Weg von dem Leipziger Bahnhose in der Neustadt bi- zni» Hotel Bellevue in dcr Altstadt säumte, durchfuhr der Mage» t eS Fürsten die Feststraßen. Ihnen folgte» die Wagen des RathcS und dcr Stadt- Verordiieten. Kurz nach der Ankunft !>» Hotel erschiene» dcr Fürst nnd die Fürstin Bismarck i» dem festlich geschmückten Empsangssalo», woselbst eine Abord nung des Festkomitees das fürstliche Paar erwartete. Dcr Borsitzendc des ComiteeS, Herr Hvfrath Or. mocl. Osterloh, begrüßte de» Fürste» mit einer Ansprache, in welcher zunächst der Dank der Bewohner Dresdens ausgesprochen wurde, daß sich der Fürst bereit gezeigt, am späte» Abend noch die Huldigung der Erstcre» enlgegeuzmiehincii. Alsdann warf Redner in begeisterten Worten eine» historischen Rückblick o»s die G schichte Deutschlands vor nnd während der Thäligkcit Bismarcks und schloß mit den Worten: Nehmen Sie, Durchlaucht, am beniigen A' end als Hockzeitsgabe der Dresdner Bürgerschaft die Liebe und Dankbarkeit nnd Anhänglichkeit nnserer gesammten Bcvölkerimg entgegen. „Die Liebe höret nimmer a»f. Gott segne und schütze Euer Durchlaucht". Fürst Bismarck antwortete darauf:- Ich danke Ihnen sür die ehrenvolle Begrüßung. Ich bi» bewegt über den außerordentlich glänzende» Emvsang, er kommt vom Herze» »nd geht znm Herzen, »m so mehr, als er lediglich meiner Person und der Vergangen heit gilt; denn ich nehme keine autorotive Steilung mehr ein. Die Ehren« erweisnng ist eine Folge dcr Beziehungen ans der Vergangenheit. Ich vertrete cine abgeschlossene Bcrgangcnheit nnd weder in gegenwärtiger Zeit, noch in Znknnst werde ich wieder eine össcmli.le Stellung einuehmen. DaS Baud, das sich -.wischen mir »-d dem Volke gebildet hat, ist mir von größtem Werthe, nnd ich freue mich, wie »ie>» Thiu, nnd Lassen von der höchsten Instanz der., öffentlichen Meinung, von meinen Mitbürgern, benrthcilt wird- Wir habe» > gemeinsam gearbeitet, um der deutsche» Nation eine» Slang zn verschaffen in Europa gegenüber den« scindlichcn AnSle.nde. Dcr gemeinsame» Arbeit ist es gelungen, d iß wir eitle starke Ehrfurcht gebietende Macht geworden sind.' Heule sind wir gleichberechtigt! Frankreich, England »nd selbst) Rußland Ware» uns an Gewicht nnd Ansehen voraus. Honte sind wir gleichberechtigt! Es hat viel Arbeit gekostet; denn eS waren sehr viele Vornrtl.eile zn überwinde». Hanptiächtich ans dem Schlachtfelds sind diese Vorurtheile gefallen. Zudem galt cS die Eifersucht de deutschen Stämme gegenseitig z» besiege». Wir erkannten, daß wir besser Ware», als unser Rnf, und daß wir tüchtige Kerle waren- Dcr Männer, die a» dieser hohen Auf gabe ,»«gewirkt, werden immer weniger. Kaiser Wilhelm, Kaiser Friedrich, Gras Moltke und Gras Noon sind zn ihren Väter» versammelt! — Unter Ihnen in Dresden lebt »och Einer, dcr mügewirkt hat, mit Schwert und Feder a» dem großen Werke — Sc. Majestät der König Alben! Nicht kürzer und besser kann ich Ihm meinen Dank cmsdrücien, als wen» ich dies beton«.. Er war für mich immer ein gütiger nnd gnädiger Herr! An der Ausbildung nud Erhaltung des Reiches ist Er durch Vorsicht »nd Besonnenheit. Tapfer keit »nd Entschicdenleii eitler dcr wesentlichste» Schmiede des Eisens gewesen, das uns »nn sür immer znsamnicnhätt. Ich kann Ihm meiiie Dankbarkeit nicht besser ansdrückcn, als ich Sie bitte, mit mir einznslinimc» i» ein drei faches Hoch auf Sc- Majestät de» König Albert. Se. Majestät dcr König Albert lebe hoch! — »nd Gott erhalte Ihn noch lange!" Mit hoher Begeisterung wurde dieses Hoch von der Versammlung aus genommen. . Die Tochter des Herrn Hosraths Osterloh überreichte hierauf dcr Fürstin Bismarck ein Bouquet, ei» hieraus bezügliches Gedicht dabei sprechend. Hieran schloß sich die Vorstellung der «o jiglicder des EtitpsangsaiisschnsseS des Festkomitees. Dann betrat das snrstliche Paar die vor dem Empfangs« salon erbaute überspannte Tribüne. Unbeschreiblich war der Jubel des bieltaiisendlöpsigen Publikums, «lS der Fürst sichtbar wurde. Endlich gelang es den Säuger», sich Gehör z» ver schaffe». Sie sangen zncrst das Lied: „Wie könnt' ich Dein vergessen?. Dan» folgte als zweiter Äeian»»Ichor: „Das treue deutsche Herz" «mV als dritte Massendarbieiilng langen die vereinigten Mäuncrchöre „Die Wacht am Rhein". Nach dem letzten Liede erhob sich Fürst Bismarck unbedeckten HanptcS von seinem Sitze und sagte, allemhajben lanthin vernehmbar: „Ich danke Ihne» ganz besonders für das letzte Lied, das Sie gesungen. haben; denn es entstammt einer großen Zeit, die wir durchlebt haben. Dieses cs nicht, wagte es nicht! Vertrante sie ihm doch! Und jeiies arme Dichtcrgespenst war ja doch ihr Gatte.' „Ich kann nicht länger bleiben, Augnste," sagte er ohne nähere Begründung. Zniii ersten Mal nannte er sie beim Vorname». „Ach, es ist schon spät!" rief sie. „Ja, gehen Sie! Ich muß ja auch das Kind zu Bette bringen." Sie begleitete ihn hinaus in die dunkle Küche, wo er feine» Oberrock gelassen hatte. Sie reichte ihm denselben und ihr Kleid streifte ihn leicht dabei. Und in dem diiiillen Ra»m, der nur eine» Lichtschimmer nzis der Thürspalte empfing »»d ihn kaum die Umrisse ihrer Gestalt unterscheiden ließ, erschien sie ihm wie eine leuchtende, »ie erschaute Vision des Glücks. „Attgnsie," sagte er leise, „ein einziges Wort »och. Lieben Sie Ihren Mann?" Eine kleine Panse. Dann klang eS ebenso leise zurück: „Nein, nicht mehr!" Nun wollte er nach ihr fasse», aber sie entglitt ihm und öffnete die Ausgangsthttr. DaS Gaslicht des Cvrridvrs strömte herein und man hörte fremde Stimmen. ^ „Gute Nacht!" sagte er dnmpf »nd enteilte. Ans dcr Treppe blieb er tiesathmeud stehe». „Es muß anders werden — klar wenigstens! Dies Gespenst, Namens OSwin Berg, könnte mich noch verrückt machen!' IV. Am nächsten Morgen schrieb er Folgendes an Auguste: „Verehrte Frau! Ganz plötzlich — gestern Abend — heute Nacht ist mir dcr Gedanke gekommen, ebenfalls eine Geschichte zu schreiben. Ich erbitte dazu Ihren Rath — den Ihren, nicht de» Oswin Bcrg's. Hören Sie »»'eh an: Mein Held ist ein starrer, wenig liebenSwcrther Mann, dcr sünfniiddreißig Jahre alt wurde, ohne sich viel um die Frauen zu küinmer». Ja, in gewissem Sinne war er sogar ein Weiberfeind. Er entbehrte ein Glück nicht, da rr noch gar nicht erkannt, nicht begriffen hatte. Ta creilie ihn sein Schicksal — zugleich die Nemesis. Er fand ein Weib nach seinem Sinne und von seiner Art, das ei lieben lernte mit jedem Gedanke» seiner Seele, mit jedem Tropfe» seines Blutes. Und er fühlte di« Kraft in sich, dieses Weib zn gewinnen. Aber sie war nicht frei — sie gehörte einem Ander». Sie liebte diesen Ander« nicht un» er vermochte sie auch nicht zu beglücke», nicht einmal zu stütz«« mch brr a Ir an 1 -ad j
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite