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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 06.08.1887
- Erscheinungsdatum
- 1887-08-06
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188708061
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18870806
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18870806
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1887
- Monat1887-08
- Tag1887-08-06
- Monat1887-08
- Jahr1887
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 06.08.1887
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Erscheint täglich früh 6'/, Uhr. Ueötttioll und Lrprditiou Ioha»»c«gassc 8. Sprechstunden der Nrdartion: Vormittag- 10—IS Uhr. Nachmittags L—6 Uhr. Für d >»<»«»« ew-et»»«» M-nu>crt»te aaüht gch »>« Rk»»ciloi, nicht »rrdiadlich. Annetzme per f»r Pt« aächftselgentze Nummer »efttmmten Inserate an Wochentagen Pt« » Npr Nachmittag«, an Leun- nutz Festtagen jrüh Pi»'/,» Uhr. In den Malen fir Ins.-Tlnnahme: vtt« «emm, Universstät-straße 1. v-ui» Lösche, Kothartnenstr. L3 Part. n. König-Platz 7, nur bi«'/.» Uhr. Anzeiger. Organ för Politik, Localgeschichte, Kandels- und Geschäftsverkehr. Auflage LS7S0. Ävoiinrmrutsprris Viertels. 4'/, MK >ncl. Bringerlohn 5 Mk., durch die Post bezogen 6 MI. Jede einzelne Stummer 20 Pf Belegexemplar 10 Pf. Gebühren für Extrabeilagen (in Tageblatt-Jorinat gesalzt) «hur PostbeiSrderunq M Mt. mit Postbesörderuug 70 Mk. Inserate Ogespaltme Petitzeile 80 Pf. Gröbere Schriften laut uns. PreiSverzeichnib. Tabellarischer u. Ziffernsatz nach höherm Tarif. lleclame» «tter dem RcdactionSstrich die «gespalt. Zeile bOPs., vor denFaMilieu Nachrichten die 6gespalteue Zeile 40 Ps. Inserate sind stets au die Expedition zu senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung xraonumornoäo oder durch Post nachnahme. -A218. Sormabevd dm 6. August 1887. 81. Jahrgang Jur gefälligen Beachtung. Unsere Expedition ist morgen Sonntag» de« 7. August» Boemtttag» nur bis Uhr geöffnet. Lxpvältlou lies I^lp/Iser 7'a^6dla1t«8. Amtlicher Theil. Uetmiitmchml. Da» 31. Stück des diesjährigen Sketch-grfetzblattr- sst bei ua» eingegangen und wird bi» zu« ÜS. vsS. MtS. auf dem RathhauSsaale zur Einsichtnahme öffentlich auS- HLugen. Dasselbe enthält: Nr. 1742. Bekanntmachung, betreffend Bestimmungen zur Ausführung deS Gesetze» über den Verkehr mit Ersatzmitteln für Butter. Vom 26. Zull 1887. Leipzig, den 3. August 1887. Der Rath der Stadt Leipzig. > Krumdte vr. Tröndlin. btegel. Städtische Sparcaffe heletht Werthpapiere unter günstige» Bedingungen. Leipzig, den 20. Januar 1987. Die Sparcaffen»Deputattoa. Vekiaiitmchmg. Zn Folge der Hvberlegung de» Schlenhiger Weg wird derselbe auf der Strecke zwischen der Kopfwehrbrücke und der Schleußiger Brücke von Montag, de» «. August d. I. ah dir aus Weitere» für alle» uuhefrrgte» Aahrverkehr gesperrt. Während der Dauer dieser Sperrung wird der Fähr verkehr auf den von der Plagwitzer Straße durch da» Nonnen holz nach der Connewitzcr Linie führenden Fahrweg, de», über Plagwitz verwiesen. Leipzig, am 29. Juli 1887. Die Künigl. AintShauptmanaschaft. I>r. Platzmann. Der Rath der Stadt Leipzig. IX. 5192. vr. Tröndlin. Hennig. Bekanntmachung. n gsortbiiduug-schule für Knaben. Wegen baulicher Herstellungen im Gebäude der V. Bürger schule kann der Unterricht in der II. Fortbildungsschule für Kaabea erst Montag, den IS. Angnst, w eder beginnen. Leipzig, am 30. Juli 1887. Der SchnlanSschust der Stadt Leipzig. Or. Schmid. Lednert. Vekanntmluhlin-. Montag, den 8. August d. I., soll mit dem Schleußenbau läng- der Ostfront de- Roßplatzes begonnen werden. Es wird daher die längs der Ostfront des Rotz» platzeS hinführende Straffe von Montag, den 8. d. Mo»., ah auf die Dauer der Arbeiten für allen »nbrfngte» Fahr» verkehr gesperrt. Leipzig, den 2. August 1887. Der Rath der Stadt Leipzig. IX. 6081. vr. Tröndlin. Hennig. Wege» A-phaltirung des BarfuHgästchenS wird dasselbe »»» Freitag, den S. dS. MtS. ah auf die Dauer der Arbeiten für alle» unbefugten Fährverkehr gesperrt. Leipzig, am 3. August 1887. ^ Det Rath des: Stadt Leipzig. IX 5192., . Hr, Tröndlin.Heu»ig. Wege« Reinigung der Lokalitäten bleibt daS Atchaint DienStaa, de« ». uvd Mittwoch, de» IL. d. M. geschloffen. Leipzig, den 4. August 1887. Der Rath der Stadt Leimig. I)r. Tröndlin. Nichtamtlicher Theil. Vas Parteiwesen, eine Krankheit der Deutschen. m. * W«r habe» die große Zahl der politischen Partei«» als rin Unheil für da» deutsche Reich bezeichnet und uachgrwiesen, daß einzelne Parteien im deutsche» Reiche wie in seinem Parlamente durchaus kein Recht zu beanspruchen haben, auch nur zu existiren. Die Socialdemokraten sind keine deutsche Part«, sie bezeichnen sich ja selbst gern al» .International", und ihnen gegenüber hat sich ja auch die übergroße Mehrheit der Nation bereits einig gezeigt, ihre Bestrebungen al» ver brecherisch gebrandmarkt und deren Förderung gesetzlich Ver bote«. Ebensowenig find die Ultramontaneu eine deutsch« Partei. Auch sie sind al» politische Partei zu bekämpfen bi» zur Bernichtuna. Während wir aber im großen Ganzen di« andere» Parteien geschlossen Front machen sehen gege» di« Socialdemokraten, ist dieselbe Einigkeit »Velber de» Ultramontaueu leid«, nicht vorhanden. ja wa» noch schlimmer ist, von mancher Seite sind di« Een» trum»leute ber den Wahlen al» bündnißsähig angesehen und in dem Streit« der Conservativen und Liberalen al» aus schlaggebend von der einen Seite gegen die andere zu Hilfe ge rufen worden. Soll rS besser werden mit unseren inner» politischen Verhältnissen, so dürfen derartige, wenn auch nur vorübergehende Bündnisse schlechthin nicht mehr Vorkommen. Liberale und Conservative müssen dahin kommen, daß sie di« ultramoutaue Hilfe, selbst wenn sie ihnen ohne ihr Zuthun freiwillig anaeboten wird, einfach ablehnrn, als etwa» Undentschess; sie müssen lernen, auch im politischen stampfe, auch im Wahlkampfe, sich als Brüder anzusehen, welche, wenn auch auf verschiedenen Wegen, stets dasselbe Ziel, die Wohlfahrt des deutschen Vaterlandes, im Auge behalten. Von diesem Hiele will der UltramontaniSmn» jo wenig wissen wie die Socialdemokratie, beide wollen bei einem „Bruderzwist" unter den anderen Parteien für ihre dunklen Zwecke profitiren, beide sind also für immer zurückzuweise». — ES »st wohl kaum nöthig, zu sagen, daß dasselbe gegen die „Polen" gilt. Zu unserer Gcnugthuung dürfen wir constatireu, daß sich hier — ganz vereinzelte Aus nahmen abgerechnet — die erforderliche Einigkeit auch gezeigt und immer «ehr erfolgreich bewährt hat. E» würden demnach noch vier Parteien übrig bleibe«: Deutsch-Eonservative, Deutsche Reichspartei, Nationalliberale und Deutsch-Freisinnige. Wenn wir uns die vier Bezeichnungen ansehea, so fällt zunächst in» Auge, daß alle vier Parteien sich ausdrücklich als Deutsch bezeichnen, oder wa» hier dasselbe besagt, al» national. Man weiß nicht recht, ob man darüber Oenugthuung empfinden soll oder nicht. Jeden falls wird man zugebcn müssen, daß wir in keinem anderen Staate mit konstitutionellen Einrichtungen etwa« Analoge» finden. In England, in Frankreich und in Italien hält man eS für selbstverständlich, daß cs dort nur englische, französische bezw. italienische Parteien giebt. Aber es sollte bei unS vielleicht ein besonderer Werth auf die Hervorhebung de» .Deutschen" gelegt werden gegenüber den undeutschen oder gar antideutschen Parteien, welche doch einmal leider thatsächlich vorhanden sind, gegenüber den Socialdemokraten, Ultramontanen. Demokraten, Polen, Elsässern, Welfen u. s. w.. und von diesem Standpuncte aus wird man die Beweg gründe billigen können, klebrigen» müsse» wir in Bezug aus die nationalliberale Partei bervorhcbe», daß für der Name jedenfalls historisch gerechtfertigt ist. Sie ist älter als der deutsche Reichstag und hat unter Rudolf von Bennigsen'» Führung lange vor allen anderen Parteien die deutsche Einigung unter preußischer Führung erstrebt. Aber daß die vier genannten Parten sich osficiell äl» deutsche bezeichnen, ist jedenfalls farblich begründet. Sie sind deutsche Parteien, welche — Vas gestehen wir auch den »Frei sinnigen" trotz ihrer großen politischen Febler zu — die För derung des deutsche» Reiches, dessen Glanz, Macht und Größe, dessen gedeihliche Entwickelung erstreben. Also in diese», Puncte, und das ist doch gewiß der erste und wichtigste, sind die Vier Parteien einig. Sollte es nicht möglich sein, wenn wir die trennenden und unterscheidenden Momente suchen und finden, bei leidenschaftsloser Prüfung auch von ihnen mehr und mehr sortzuschaffen, so daß, wenn auch nicht eine völlige Verschmelzung, so doch eine größere Aiinäbermig, eine minder heftige Befehdung unter einander, wenigsten» in. Lause der Zeit, zu erreichen wäre? Man wird diese Forderung zunächst vielleicht als zu idealistisch, als unpraktisch bezeichnen, aber wir meinen, auch wenn man schrittweise vorwärts kommen will, ist cS nicht unpraktisch, ein ideales Ziel im Auge zu behalten, und wenn man einmal zugiebt — was wohl allseitig der Fall ist — daß die große Zahl unserer Parteien ein Unglück ist, dann muß mau auch mit Ernst und Eifer aus Abstellung dieses unseres nationalen Fehlers bedacht sein. Wir maßen unS keineswegs an, hier den richtigen Weg allein finden zu können, wir Hallen eS schon für verdienstvoll, diese unserer Ansicht nach brennend« Frage zur DiScussio» zu stellen und werden unS von anderer Seile gern belehren lassen. Wir wollten nur «ine Anregung gegeben haben. Wenn wir also die Bezeichnung und Hervorhebung des Deutschen al» selbstverständlich nickt in Betracht ziehen, so stehen die Gegensätze Liberal und Conservativ einander gegenüber. Um es vorweg zu sagen, wir halten diese keineswegs für so feindlich wie Feuer und Wasser; e» sind daS keine absoluten Begriffe, welche sich nicht Überdrücken ließen. Aber dieser Aus gabe wollen wir ufi» zunächst nicht unterziehen, eS giebt näher Liegende». Die Reich-Partei führt im preußischen Abgeord netenhause die Bezeichnung „Frei conservativ". Die Herren haben sich selbst diesen Parteinamen beigelegt, sie wollten selbst au»drUckc», daß sie nicht in die vorhandene Partei- fchablone hineinpaffen, daß sie sich ebenso nahe den Conser vativen wie den Liberalen fühlen, daß sie gemäßigt conservativ und gemäßigt liberal sein wollen, daß sie aber gleich weit entfernt sind von den Extremen auf der rechten und auf der linken Seite. Wir kommen später zur Klarlegungde» Stand puncte» der Nationalliberalen, aber das scheint un» doch vorher bereis klar zu liegen, daß die politische Stellungnahme der Reich-Partei sich al» die von Leuten charaklensiren läßt, welche praktische Politik treiben wollen, von Männern, welche nicht, wenn ein trivialer Ausdruck gestattet ist, mit dem Kops durch die Wand rennen wollen, welche da» Mögliche erreichen wollen und sich darum die Aufgabe stellen, zwischen rechts und link» zu vermitteln. Finden wir denn aber nicht in diesem — löblicherweise nicht gedruckt formnlirten — „Pro gramm" sehr viele Puncte, welche ganz ebenso die Nitional- liberale» in jedem Augenblick ebenfalls unterschreiben und bethätiaen? Hier, wo die tatsächliche Verwandtschaft so offen, seilte e< wirklich so schwer sein, die Uebereinstimmuug auch zu bekennen? Gewiß steht die Reich-Partei ihren Grnndanschauungen «ach aus konservativem Boden, aber sie erkennt doch rückhaltSlo» an. daß die Resultate der modernen nationalen Bildung im StaatSleben Berücksichtigung zu beanspruchen haben, sie sind damit einverstanden, daß da» lebende Geschlecht nach seinem Bedürsniß und nach seiner freien Einsicht die überlieferten Einrichtungen de« Staate« umgestaltet und fort- bildet. Kurz, sie sind grundsätzlich einer Vermittelung mit den Forderungen de« Liberali«mn« geneigt. Run denn, di« Rationalliberalen dürfte wohl schwerlich Jemand zu den extremen Theoretikern zählen wollen — also kann e» unsere« Erachten» auch nicht so schwer halten, die Urbereinstimmung der politischen Ansichten, welche auf beiden Seiten vorhanden, auch beiden zum Bewußtsein zu bringen. Leipzig. «. August 1887. I * Der rege Verkehr, den der preußische Gesandte bei der Curie, v. Scklöz-r, während seine» Wiener Aufenthaltes mit dem dortigen päpstlichen Nuntius Äalimberti unter halten, ist zwar vorwiegend aus die persönlichen freundschaft lichen Beziehungen zurückzuführen, welche die beiden Staats- männer schon seit mehreren Jahren verbinden, aber e- ist nicht unwahrscheinlich, daß bei dieser Gelegenheit auch noch manch AnvereS zur Sprache gebracht worden ist. Herr von Schlözer gedenkt sich in Berlin nur kurze Zeit aus- zubalten und sich alsbald zum Besuch seiner Verwandten nach Lübeck zu begeben. Erst vor seiner Rückkehr nach Rom dürfte er in Berlin einen längeren Aufenthalt nehmen. * DaS Ostseegeschwader tritt am Sonnabend in Kiel zusammen, und eS schifft sich an diesem Tage der Com- modore, Capitain zur See Deinhard, am Bord deS „Friedrich Karl" ein. Am Montag, den 8. August, geht daS Ge schwader zusammen mit dem Schulgeschwader »ach Danzig, verbleibt dort bi» zum 14. August, um alsdann zusammen mit dem ganzen Manövergeschwader die dortige Rhede zu verlassen und zunächst nach Memel zu gehen. * Der nationalliberal« Reichstagsabgeordnete Falckenberg, welcher den zweiten Brombcrger Wahl kreis vertrat, ist, wie gemeldet, am 1. August d. I. gestorben. Herr Falckenberg hat dem Reichstag erst seit der letzten Session angedört. Bei den Wahlen vom 21. Februar hatte er, wie in einer Korrespondenz der „Allgemeinen Zeitung" ouSgesührt wird, den Pole» Grasen v. SkorzcwSki-Luboslro» au- dein Felde geschlagen, der dem Reichstag seit dem Jahre 1671 mit mehreren Unter- brechungen angehört hatte. In keinen» Wahlkreis der Provinz Posen sind die Ehancen sür den deutichcn und den polnischen Tan- didaten so gleich wie in Wirsitz-Schn bin, wo der Sieg de» einen oder de- andern stet- mit höchsten- zweihundert Stimmen Majorität erlangt wurde. Auch am 21. Februar siegten die Deutschen nur mit einer Majorität von 288 Stimmen über die Polen, welche ans diese Niederlage nicht vorbereitet waren, welche sie auch sehr schwer traf. Sie haben auch gegen die Wahl de» Herrn Falckenberg Proteste an den Reick-tag geschickt und diesen so mannigfache- Material bei- gegeben, daß die WahlprüfungScommission aus Grund desselben zu einer Beanstandung der Wahl kam und bei der preußischen Regierung die Anstellung von Erhebungen über die in den Protesten behaupteten Unregelmäßigkeiten beantragte. Der Reichstag hat über diese Wahl- Prüfung einen Beschluß nicht mehr fassen können: sie stand aus der Tagesordnung der letzten Sitzung vor dem Schluß der Session, wurd- aber aus Antrag de- Abgeordneten v. Bennigsen abgesetzt, da da« HauS sich nicht mehr in der Stimmung besand, über die nicht unerhebliche Angelegenheit in Berathong zu treten. Bekanntlich bildet« ein Wahlmanlfcst de« Regierungspräsidenten v. Tiedemaan, da» am 19. Februar in der Brombcrger „Ostdeutschen Presse" er- schien und zur Wahl deS Herrn Falckenberg ousforderte, eine» Haupt- protcstgrund. Die AehlprüsungScominission hatte in diesem Mani fest eine unerlaubte amtliche Wahlbeeinflnssung nicht zu erblicken vermocht, da Herr v. Tiedcmann in demselben ausdrücklich hcrvor- gehoben halte, daß er nicht als Vertreter der RegierungSgewalt, sondern als Vertreter deS Kreises im Landtag sich an die Wähler wende, und ferner weil die Ansprache nicht in einem amt lichen Blatt erfolgt sei. Die Minorität in der Commission hatte dem gegenüber geltend gemacht, daß der Politiker und Landtagsabgeordnete von dem Regierungs-Präsidenten nicht zn trennen sei, und erblickte in dem Manifest eine amtliche Wahl- bceinflussung. Die Beanstandung der Wahl ersolgte in der Lommiision schließlich wegen anderer Unregelmäßigkeiten, und der Reichstag hätte mit großer Majorität diesen Antrag der Tommission sich zu eigen gemacht, wenn nicht die Absetzung dieses Gegenstandes von der Tagesordnung beschlossen worden wäre, zumal da am allerwenigsten die FractioaSgenoffen deS Abgeordneten Falckenberg sich dem Anträge der Lommiision widersetzt hätten. Nach dem Tod« de« Herrn Falckenberg wird diese Angelegenheit kaum wieder zur öffentlichen DiSeuisioa gelangen. Aber sür die Deutschen in Wirsitz-Schubin erwächst die Pflicht, bei der Ersatzwahl für den Verstorbenen mit aller Kraft dahin zn wirken, daß der KreiS nicht wieder den Polen zusalle. Die letztere» waren überzeugt, daß bei einer etwaigen UagiltigkeitSerklärung der Falckenberg'jchen Wahl der KreiS wieder von ihnen erobert werden würde. Die Wahrscheinlichkeit dafür ist nicht gering, zumal da Graf SkorzeivSki einer der reichsten Grundbesitzer de« Kreise« ist und eine so wirkungsvolle Wahlparole, wie am 21. Februar» den Deutschen nicht wieder zu Statten kommt. » * » * Am 3. August ist Erzherzog Albrecht, General- inspector und Gcneralfcldmarschall des österreichisch- ungarischen HeereS, siebenzig Jahre alt geworden. Die Wiener Blätter widmen dem Tage längere oder kürzere Be trachtungen, in welchen sie die militairischeu Verdienste de» Genannten, bekanntlich eine« Sohne« de» bedeutenden Heer führer» Erzherzog Karl, aufführen. Neben dem Siege bei Custozza Vom 24. Juni 1866 werden namentlich seine Ver dienste um die Reorganisation der Armee hervorgehobcn. Der Erzherzog blickt auf eine fünfzigjährige Laufbahn als Soldat zurück; seit 24 Jahren ist er Feldmarschall. Nachdem er die Armee reorganisirt» hat er jetzt über die Erhaltung der neuen Einrichtungen, über di« militainsch« Schulung und die Disciplin zu wachen, eine Ausgabe, weither e, sich trotz seine« Atter» noch immer mit Elser und strengem Pflicht gefühl hingiebt. * Di« «rechische» Oraa«» greife» ans da» Heftigste de» Minister »o» Gautsch wegen seine, jüngsten Ber- süannam a» und kündige» der Regierung die Freundschaft. .Narodai Lisch"'verlangen, daß Gautsch wegen seiner ver- saffungSwidngea Lh«te» auf die Anklagebank gesetzt werbe. * Rach einem Bericht au» Skulari haben Mitte Juli blutige Kämpf« zwischen Montenegrinern und Alba nesen stattgesunden, «»bei erster« Sieger blieben. Montene grinisch« Truppen sollen während der Kämpfe zur Unter stütz»»» ihrer Land«t«»te bereit gestanden haben. Mehrer« albanesisch« Stämme pla»en einen Rachezug, »nd Montenegro eonrentrirt sein« Truppen »» der Grenz«. * An» Konstantiuopel wird gemeldet, daß der Ge» danke, zur Regelung der bulgarischen Frage eine Eon- serenz der Gignatarmächte de» Berliner vertrage» einzube- rufen, allerding« einen Augenblick in Pfortenkreisen aufge taucht ist, jedoch im Hinblick auf die Aussichtslosigkeit für eine« derartige« Vorschlag die erforderliche Zustimmung aller Cabinete, speciell desjenigen von St. Peter«dura, zu finde», bald wieder fallen gelassen wurde und kaum mehr weiter im diplomatischen Wege verfolgt werden dürfte. * Wie bereit« gemeldet, verlangt die türkische Regierung, daß die verfassung-mäßig blo» dem Patriarchate unter stehende ..Socisr» unie armenieane" von nun an unter Staat«aussicht gestellt werden soll. Da» armenische Patriarchat vermochte dieser unbilligen Forderung gegen, über sich nicht zu einem energischen Proteste aufzuraffen, gab aber doch nicht oh« weitere» nach. El wnrd« der Pforte ein Rathsbeschluß übermittelt, de» Inhalt», daß da» Patriarchat die volle Verantwortung für das Walten und Streben der gesetzlich ihm allein unterstehenden Gesellschaft übernimmt; zugleich wird die Regierung eingeladen, bei den kleinasiaNsche» Regierungsbehörden Nachfrage zu halten, welche sicher die verleumderischen Beschuldigungen einzelner Feinde Lügen strafen werde. Die türkische Regierung hat indessen bereit« einen anderen AuSweg gefunden, um dem armenischen Schulwesen beizukommen; sie untersagt nämlich den Verkauf vcr von der Gesellschaft auSgegebenei, Lokterieloose, deren Erträgnisse die Kosten der armenischen Schulen decken. Es ist leider keine Aussicht vorhanden, daß daS Patriarchat sich gegen riesen neuen und sehr empfindlichen Schlag kräftig zur Wehre setzen werde; vielmehr nimmt man an, daß eS bei bloßen platonischen Vorstellungen sein Bewenden habe werde. * Mit Bezug aus eine dieser Tage ausgetauchte Athener Meldung de« Inhaltes, daß in Folge der wtverrcchliichen Anhaltung eine» türkischen Segelschiffe- durch eine» hellenischen Kreuzer die Pforte über Verlangen ihre» Gesandten in Athen ein Panzerschiff in die griechischen Gewässer gesendet habe, wird der „Politischen Corresponvenz" auS Konstantinopel der wahre Thatbcstand, wie folgt, dargestellt: .Vor einiger Zeit wurde ein unter türkischer Flagge segelnde» Schiff durch einen griechischen Kreuzer wegen Verdachtes de» Schmuggels angehalten und nach ber Insel Aja Maura remorquirt, daselbst jedoch über Intervention de« dortigen ottomanischen Eonsular-Agenten sofort wieder frei gelassen. Damit war der Zwischenfall beigelegt und tonnte daher von der Entsendung eines Panzerschiffes auch nicht die Rede sein. Richtig ist eS jedoch, daß die Pforte in Folge von Berichten au» Janina, die häufige Anhaltungen von türkischen Schiffen durch hellenische Kreuzer signalisirten, dem Athener Gesandten, Ferridun Be», entsprechende Instruction«» zuaehen ließ, aus die Vermeidung solcher Unzukömmlichkeitr» nnt Nachdruck hinzuwirken." * ES ist im Grunde nicht recht, wenn man an Duekl angelegenbeiten, die sich in Frankreich abspielen, eine« de nt scheu Maßstab anlegen will, denn zwischen Deutschland und Frankreich besteht in dieser Beziehung ein tiefgehender, klaffender Unterschied grundlegender Ansichten. In Deutsch land ist mit „Duell" der Begriff der Rache oder Strafe un trennbar, während ''man >«» in Frankreich al» Mittel zum Zweck betrachtet, wobek der Zweck nicht» Anderes rst als die Ausgleichung einer wirklichen oder vermeintliche» Ehren kränkung oder Beleidigung. In Deutschland will man dem Beleidiger an den Kragen, in Frankreich handelt eS sich vielmebr darum, die Beleidigung auSzuwischen. Auf welche Weise das geschieht, scheint nach Pariser Auffassung ziemlich nebensächlich, vorausgesetzt, daß ein Schlußprotokoll in aller Form die Erklärung enthält, daß „der Ebrc genug gethan" sei. So wird es erklärlich, daß in Paris sehr Viele Herrn JuleS Ferry zu seiner Weigerung Recht geben, ja. ihn dazu beglückwünschen. Man folgert etwa folgender maßen: Bei Annahme der B o u l a n g e r ' scheu Be dingungen hätte ein „Unglück" geschehen könne»; ein solches Unglück kann nickt Zweck des Duells sein und ist unter allen Umstände» zu vermeiden; folglich balle Ferry Recht, wenn er sich daraus nicht cinläßt. Daß e« besonder- Ferry'S politische Freunde sind, die diesen Standpunct vertreten, darf nicht Wunder nehmen, aber auch von neutraler Seite hört man, daß Boulanger denn Loch mit seinen Forderungen alles statthafte Maß überschritten hätte. Den Deutschen muß da« unverständlich bleiben. Der .Ehre" soll genug gethan werden, aber ein Zetergeschrei erhebt sich jedesmal, wenn dabei einer der beiden Parteien etwas auch nur einigermaßen Ernstbaskes zustößk. Dem ungefährlichen Charakter des französischen Duells entspricht folgerichtig seine Häufigkeit. Daß Ferry'S politische Feinde die Ablehnung LeS Zweikampfes einfach als persönliche Feigheit auSlegen und von dem sonst geltenden Brauch nichts wissen wolle», ver sieht sich bei der herrschenden politischen Verbitterung ganz von selbst, und sie werden diesmal damit in der Oessenilich- keit ihren Eindruck auch nicht verfehlen, da eS immer martia lischer auSsieht, ein Duell anzunehmen, als cö abzulehnen. Dieses Duell oder vielmehr Nickt-Duell Ferry-Boulanger be schäftigt übrigens die Zeitungen in solchem Maße, daß die meisten Morgenblätter den Dod Katkow'S nur in ganz ober flächlicher Weise berühren. EinS derselben hat ihn ganz und gar vergessen! * Die TemonstrationSsucht der französischen Patrioten- bündler hat zu dem Beschlüsse der EntsenbungDeronlcvc'S nach Moskau behufs Theilnahme an der Begräbniß- seier Katkow'S geführt. Da, russischen Meldungen zu folge, da» Leichenbegängniß des deutsch-feindlichen Agitators den Charakter einer großartigen nationale» Maniieslativn tragen wird, so dürfte voraussichtlich Herr Deroulede bei dieser Veranstaltung ganz an seinem Platze sein und Gelegen heit in Hülle und Fülle erhalten, sein und seiner Auftrag geber belastete-Herz in den Busen gleichgestimmter Eeremonie- theilnehmcr auSzuschlltten. Der Deutschenhaß, de» Kaikow bi» zum Tode sckürte, ist ja auch daS Lcbcndclemciit der französischen Patriotenbündler, und wenn den Letz teren da» Ableben deS PanflawistensührerS aufrich tige« Mißbehagen verursacht, so mag dabei möglicher weise eine Anwandlung von Sorge um die Zukunft der von ihrem Herrn und Meister im Stich gelassenen deutschfeind lichen Propaganda im Spiele sein. Hierüber dürfte sich der biedere Deroulede indessen wohl beruhige» könne». Katkow'S Lehren sind in Rußland auf fruchtbaren Boden gefallen, und der Liga-Repräsentant wird, wenn er die jetzige Situation Rußland» mit derjenigen vergleicht, die er bei seiner srühercn Anwesenheit daselbst vorfand, gewisse Veränderungen consta- tiren können» mit denen er und seine Pariser Freunde nichts weniger denn unzufrieden sein dürsten. Er braucht sich des halb um den Erfolg seiner eigenen Sendung keine Sorge zu machen. Patriotenbündler und Panslawisten werden sich über dem Grab« Katkow'S zu« so und so vielten Male in den Armen liegen, sich ihrer gegenseitigen Hochachtung ver sichern und da» Deutschthum al» den bösen Erzfeind de« Menschengeschlecht« denunciren. Dieser letzter« Hin weis wird von den Hetzaposteln im Osten und im Westen so oftmal» und so geflissentlich wiederholt, wie e» sich für Be hauptungen gebührt, die der Logik und der Beweise ermangeln und nur durch die Aumaßlichkeit, mit der sie sich einsühren, ihren Weg machen. Den aber machen sie allerdings. Es vergeht kaum ein Tag. wo der Deutschenhaß bei unseren westlichen oder östlichen Nachbarn nicht eine neue Etappe zu rücklegte, einem Ziele entgegen, da» ihnen bereit» in deutlich erkennbarer Nähe zu winken scheint und dessen Erreichung
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