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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 02.04.1892
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-04-02
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18920402021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892040202
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892040202
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-04
- Tag1892-04-02
- Monat1892-04
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st> b« Hauptrxpeditto» «»er de» t» Stadt- dqirt »,» de» Borort»» «rlchtete» No», aadeftelle, »b>»h«lt: »ierteljährltch ^1.80, bei »««iiniiltgrr täglicher Zustellung tu« hau» ^ll b^ü. Durch dt« Polt bezogen skr Deiisschlaad uud Oisirrrrich: vtrrteliäyrtich «.—. Dtreet« täglich» Kreuzd-ubjenduag tn« Nullaud: «oaatltch ^S . Dt» Ptorgen-NuS-ab» erschstnt täglich'/,? Uhr, di» Ndend-NnSgab» wach«»»»» b Uhr. Redttrlir« ,nd Lr»editio»; Jshonnesgoff« s. Dtr UNxdttton ist Wochsntoa« «nnnterbroche» »äsfaet von srü, « dt« «d»»d« ? Utz». Filiale«: Ott» SIruim's Sortt». (Alfrstz HstNt. U,iv»rj»tLt»str«h« t. Lsnt« v»s»«. tkacharineastt. I». »ar». »ad lt-nt-Splatz 7. Abend-Ausgabe. MMtr.TagMM Anzeiger. LWN für Politik, Localgeschichte, Handels- «nd GeschWverlehr. JnsertionSpreiS Die 6 gespaltene Petitzeile LO Pfg^ Nec Ismen unter dem RedacttonSstrich (4W> Ipscten) üO^, »or dra Famtltennschrichte» (bgejpatten) 40-C- Gräßere Echriste» laut unsere» Prrts- verzeiidnlh. Tabellarijcher »ad Ztsirrosa» »och höherem Larts. Krtra-Vetlagen (getalzt), aar mit de« Morgen >Au«gadr. ohne PostbekSrdernng -st KO.—, mit Poftbejärderung ^tl 7V.-. Annahmeschln^ fir 3»ser«1e: Nbend-Nu-gsbe: Vormittag» IO Uhr. Morg« n-Nu»gab«: Nachmittag» »Uhr. Sonn- und Nesttag» früh » Uh^ V»t d«n Filialen und <ln»ahm»stell»n je rtu» halb« vluud« früher. Zaserste stad stet« a» dt» Ernedttt»» »» richte». Druck und Verlag von L. Pol» t» Lrtpzt, I7V. Sonnabend den 2. April 1892. 88. Jahrgang Leipzig, L. April. * Die bereit« in der Morgennummer mitgetheilte Er- llärung von 103 Abgeordneten der sächsischen Ständrversammlung darf al« eine Tbat von größter Bedeutung für unser engere« sächsische« Vaterland angesehen werten und e« ist nur dringend zu wünschen, daß sie vor bildlich für ganz Deutschland wirken möge. Nach dieser Erklärung ist unter den Ordnungöparteien die Streitaxt begraben; da« Trennende soll vergessen sein, da« Gemein same soll dir Zukunft beherrschen Wir dürfen nunmehr wieder bestimmt hoffen, daß alle Parteien in Sachsen, die unter der Fahne deS Monarchenthum« kämpfen, in geschlossener Linie dem Ansturm der vaterlandslosen Nnistnripartri entgegen treten, und daß e« zu dieser erfreulichen Thatfache gekommen ist, da» dürfen wir al« eine der besten Früchte der zum Ende sich neigenden LandlagSsrssto» bezeichnen. * Begeisterter und dankbarer als je zuvor ist gestern in allen deutschen Gauen der Geburtstag de« Fürsten Bis marck gefeiert worden. Einer unserer Berliner Mitarbeiter knüpft an diese erfreuliche Erscheinung folgende Betrachtung: „Do» geschichtliche «ehe» tst rin andere», als da« mit dem Meiiicheuoufl«; in der Welt der Körper erscheint ein Gegenstand um so kleiner, >« entfernter er ist; da» geistig« Auge siebt tu der gr» schichllickeu Anschauung um so größer, je weiter der zeitliche Zwischen- roum ist, der di« Gegenwart von dem Objecte der Betrachtung trennt Damit sagen wir Keinem etwa» Neue»; für die Tage», polttit «rgtedt sich jedoch rin« Lehre darau«, di« von einem Iheii de« Volke« HO Jahre lang vergesse» war, heute aber zum Durchbruch kommt, daß man seine Freude daran baden tonn. Dt« deutsche Ration fängt an, sich tn höherem Maße dessen bewußt zu werde», wo« st« an Bismarck besaß und Wa ste th», verdankt. Sogar da- „verltner Tageblatt" schwingt sich au! und tritt rtn tn die Reihen derjenigen „Dankbaren, dir der gewoliiaen Thaten gedenken, deren Urheber Bt»i»arck in der Biüthe seiner Jahre gewesen". Da« Vlatt fühlt ostcnbar, daß «» höchste Zeit ist, diesen Anschluß zu suchen, denn „wie da- Volk, wenn e» von Friedrich dein Großen spricht, nicht mehr an den Regenten dentt, der dt« Acctse geschossen und die Kasserrtecher erfunden, so» dem nur an den Heiden und Herrscher, der Bewundernswürdige« aeletslet, so wird auch da« dankbar« Deutschland, wenn es von Bismarck spricht" u. s. w. Sehr richtig prophezeit da« Blatt, daß die Anerkennung für seine Leistungen in demselben Maß« wachsen wird, in welchem die Erinnerung an den um iunrrpolitische Fragen gesnhrlen Streit sich verwischt. Alle« schön und gut und on« ausechtbar. Rur möge di« tage-poittische Nutzanlvendung dazu nicht unterdrück» u-eroen: rtn Volk und etar Bolk-vertretung, die einen solchen Helden zu «ige» besitzen, schulden ihm »tu« »»der« Rücksicht dort, wo si« mit ihm streiten» al« einem an der Spitze der Geschäfte stehenden Mann, von dem man vtelleichi nach 100 Jahren überhaupt nicht« mehr weih. Wenn da» „Berliner Tageblatt" heute schon, da der Altreichstanzler noch lebt, sein Gewissen bedrückt sühit und rasch noch den Lorwürsen der künftigen Geschlechter sich entziehen möchte, indem e» sich den Dankbaren anschiießt, welche Rechtfertigung widerfährt damit narneni .ich der nattonaUtberaten Partei, dt« sich tn allen Zetten bewußt blieb, daß ein Streit mit dem „innen," Bt»marck ntemat» ansarlen, niemals da« unvergänglich« Dankesgefühl ersticken darf! Daß sie darüber an Selbstständigkeit und Unabhängigkeit nicht» «»gebüßt habe, wird heut» Niemand mehr leugnen wollen; dem gegen, wätttge» Regiment steht sic mindesten- ebenso frei gegenüber, wie irgend eine andere Partei. Wie hat man sie aber geschmäht und verlästert, weil sie, im Fall« einer Meinung»verschicdenh«it mit Bismarck, sich ,e«e» Maß von Zurückhaltung auseriegle, da« noch «ich» einmal ei» Perbieiift, nur ei» Ausfluß seldsiveritändlicher Dankespflicht war, da» aber al» Mollutientdum, al» Kriecherei, at« Rutschen tu die Knechtschaft und was sonst noch gedeutet wurde. Es tst ein freund- llcher Zug der Geschichte, daß sie noch vor den Augen der Zeit- genossen, die da- erste »nd »wette Jahrzehnt de« neue» Reiche» miterlebt, die Rechtkeritgung für dteientgen Liberalen schafft, die mit ihrem ehrliche» Liberalismus ei» möglichst harmonische« Ber- hältniß zu Bismarck recht wohl vereinbaren zu können glaubten." In der . Krruzze i tu ng" vom Donnerstag Abrnd, reitag Morgen »nd Freilag Abend war behutsam jedrS Sort der Erwähnung dr» Altreichskanzler- vermiede». »Selbstständigkeit'" nennt man daS im Stuttgarter sagrr der Hochcouservativc». Gleichwohl versammelten sich die mit Herrn von Hammerstein und Stöcker noch in dem selben FractionSverband vereinigten Conscrvativeii von der Richtung Heldorff gestern Abend in der Philharmonie in Berlin, um im „Allgemeinen Deutschen Verband" de» große» Mitbegründer des Reiches zu feiern. Demnach scheinen „selbstständig" und „deutsch" zwei Begriffe zu sein, Uber die im conscrvativen Lager diametral entgegengesetzte Auffassungen herrschen. * Dir „Hamburger Nachrichten" hatten in einem Artikel, „Fürst Bismarck und dir Conservativen", den wir in Nr. 105 (Morgenausgabe vom 3l. März) mitgetheilt bade», die Behauptung aufgestellt, zur Zeit deS Ministerium- Roon sei der Berjuch gemacht worden, den Fürsten Bismarck bei Kaiser Wilhelm als „Feind der Armee" zu ver dächtigen. Die „Miinchrner Allgemeine Zeitung" glaubt daS bestätigen zu können, sie schreibt: „Wir möchten bemerke», daß kein Geringerer al» der verstorbene Fetdmarschall v. Manteussel seinerzeit, wohi >,», die Milt« der sieb- ziger Jahre, augerusen wurde, seinen itinstuß bei dem hvchseligrn Kaiser Wilhelm gegen „den Gegner der Armee" geltend zu machen. In der ihm eigen«» offenen und ritterlichen Art lehnte Manteusiet die« nicht nur ab, sondern machte dem Fürsten Bismarck Mit« thetluug von diesem wimderiicht» Ansinnen, weiches au« dem Munde eine« neuerding« vielgenannten, zur Zeit nicht in der Armer dienst- thuenden hohen Miiitair« an ihn gerichtet worden sein soll, der somit jenen Zettelungea näher gestanden zu haben scheint". * Nachdem der Reichstag geschloffen worden, hat die Eentrumöpartei reichlich sieben Monate Zeit, sich auf «ine neue Taktik einzurichte», denn waS im preußischen Landtag noch zur Erledigung anSsteht, ist — von der Forderung für den neuen Ministerpräsidenten abgesehen — allem politischen Streit entrückt. Die Session wird übrigen« auch dort rasch nach Ostern zu Ende sein. Inzwischen führen die Zeitungen der Partei da« Wort so ziemlich allein, »nd darin gerade beruht für die Gemäßigten wie für die Leisetreter in der Partei di« Gefahr. Die ultramontane Presse ist verwildcrt und ist von Hau- aus radical; sie wird bis zum Herbst «ine Stimmung de- „katholischen Volkes" erzeugt haben, mit der di« Führer rechnen müssen, ob sie wollen oder nicht. Dazu kommt nun, daß die vaticanische Presse wieder scharf drrin- sährt, um da« Centrum aus die Bahnen der schroffen Agitation und Demonstration zu treiben. Von der fernen und, wenn man so sagen will, hoben Warte in Nom au- mag ja deutlicher als vom Standpuncl deS Freiherr» von Hnene an- erkannt worden sein, daß die CentrumSpartei als gouvernementale Partei rasch in Zerfall gerathen wäre; und das zu verhindern, ist ein Lebensinleresse der vatiranischen Diplomatie. So bat man wohl die Gelegenheit, auf daS Eentrum einniwirken, daS wieder abseits von der Negierung rückt, hoch willkommen geheißen; auch im Hinblick aus den — Nachfolger Leo S deSXIll.I Denn r- wird ja schon lange daraus d,»gewirkt, daß dieser Nachfolger auf dir Tradition von Piu« IX. zurllckgreist. Sollte man da nicht Hebel jetzt in Bewegung setzen, damit er auch dasselbe brauchbare KampfeSwerkzeug auf dem preußisch-deutschen Gebiet vorfindet, wie jener?! Wir glauben also, da- Rechte getroffen zu haben, wenn wir zeitig daraus hinwicscn, daß die nächste Winterfession der Parlamente eine neue, oder richtiger eine alte „Scheidung der Geister" mit ich bringen muß: Hie ultramontan, hie staatlich. Einstweilen läßt es die „Krcuneitunz" nicht an Eiser fehlen, um Ihre« gleiche» auf die ultramontane Losung einzuschwören, wobei r» ganz zum Ucbrigen paßt, daß die Schwenkung mit einer scharfen Mißtrauen-erklarung gegenüber dem Träger der preußischen Krone selbst verbunden wird. ''Gestern srüh ist der russische Botschafter Gras Schu tt) a low von einer längere» Reise nach Petersburg und Moskau nach Berlin zurückgekehrt. Als er von dem um »t Uhr srüh eintreffenden Courierzuge in der russische» Bot schaft emlraf, fand er in seinem Arheilözimmer ein Geschenk vor, mit welchem unser Kaiser ihn übe,raschle, einer Heiler'- scheu Copie des lebensgroßen LclaemäldcS von Pros. Koner, welches Kaiser Wilhelm in der Uniform des Kaiser Alcxanver- Gienadicr-NcgiincntS darstcllt. Das Bild besindet sich in einem über fußbreiten, prachtvollen Barockrahmen Plan wird schwerlich fehlgebcn, wen» man in diesem kaiserlichen Geschenk mehr als den Ausdruck deS Wohlwollen- erblickt, welche- unser Monarch für den russischen Botschafter empfindrt, wen» man ihm vielmehr eine eminent politische Bedeutung beimißt. Wklcke specieUe» Ursachen für dassrlbr vo,liegen mögen, entzieht sich freilich unserer Kenntniß Indeß dürfte die kaiserliche Spende in Zusammenhang sieben mit der Thätig- keit de- Grasen Schuwalow während seiner Anwesenheit in St. Petersburg * Der BnndeSrath ertheilte in seiner am 3l. März abgehaltene» Plenarsitzung, über die wir schon gestern berich tete», ferner de» Anträgen Württemberg-, Sachsen- WeimarS und Lübecks wegen Erhöhung der BesoldungS- sätzr für Zoll- und Stenerbeamtr die Zustimmung. Eine Eingabe, betreffend die Erhebung de- Zoll- von Branntwein in Blcchgesäßen, wurde dem Reichskanzler überwiesen. So dann wurde noch über die geschäftliche Behandlung mehrerer vom Reichstage überwiesener Petitionen Beschluß gefaßt. * Der Erntralvorstand der nationalliberalen Partei veröffentlicht in den Mittheilungcn für die Ber trantnSmänner der Partei folgende Ansprache: Der Cenlrcilvvrstand der nationalltberaien Partei hat sich aus Grund de« neuen Statt»« vom SO. Januar IE coustttulrt und sordert dt» Parteip.»ut>sjen aui, überall auch o>« Organisation t« den Ginzel. siaattii, Provinzen, sowie tn de» Kreisen zum Abschluß zu bringen; denn fester Zutoiinnciischtuh »vd iinunterbrochene pviitilche Thäligkett und Wlichsaiiiteit ist dringend geboten. Unsere Partei vollendet soeben da« erst« Vierleljahrhiindert ihre« Wirke»«. Mil Befriedigung darf sie dieser, on Kämpfen und Erfolgen reiche» Vergangenheit gedenken. Stets bestrebt, die schwer errungene Einigung de« Valeriandr» zu kräftigen, ist sie jedem »»berechtigten Particularismus nachvrückiich entgegengelreten. Getreu ihren liberalen Grundsätzen, hat sie in entscheidender Weife »iitgewirkt, die Rechte de- Volke« und feiner Verlr.-tunge» gesetzlich zu sichern und kräftig zu wahren, sowie dt« Setdsiverwailiing in Provinz, Kreis und Gemeinde zu entwickeln. Sie hat nie gezögert, die freiheitlichen Errungenschaften, wo Gefahr drohte, zu veriheidigrn; »och tu neuester Zeit wieder hat sie die« durch ihr« einmüihige, ausdauernde Haltung gegenüber den auf «tn» Umgestaltung de» VoltslchulweseuS tn Prengen gerichteten, gefahrvollen Bestrebungen bethätigt. Festen »nd selbstständigen Sinnes, geeint und onverdroflen treten ivtr auch ferner ein für dt» großen vaterländischen Interessen, für unser« liberalen Ueberzeugungen, sür die hohen geistigen Güter der Nation, wie für Schutz uud Förderung de« wtrthschoftlichea Leben»; — tn alter Tr«»« zu Kaiser und Reich! Zuin Gedächtnis, unserer bisherigen und zur Bekräftigung unserer künsligen Genieinichast im Verbände der nattonailideralen Partei haben wir tn Ausstcht gen»»»»«», an, SS. Mai d. I. in Eisenach eia Allgemeine« Porteisest, über besten Einzelheiten noch nähere Millheiiung ergeht, zu veranstalten, wozu alle Parteigenossen im Reich« hiermit freundlich eiageiaden iverdcn. * Wie vor riniger Zeit berichtet, wurde dem Jesuiten- >ater Granderatb in Dortmund die Fortsetzung einer Reihe apologetischer Vorträge von der Regierung in Arns berg untersagt. Der Verein „Constantia" in Dortmund hatte bei dem Oberpräsidentcn Studt in Münster mündlich und schriftlich RecurS eingelegt. Letzterer hatte die Sache nach Arnsberg zur instanzenmäßigen Erledigung zurück gegeben. Der Enlscheid der königlichen Regierung in Arns berg gebt dahin, daß die Vortrage de« Herrn PaterS Grandcrath als OrdenSlhäligkeit anzusehen und damit al« unter die Bestimmung des BundesratheS über da« Gesetz vom 2 Juli >872 fallend, zu betrachten seien. Der Enlscheid soll in den weiteren Instanzen verfolgt und der Reichstag zu einer Declaration der Gesetzvestrebungrn augerusen werden. * Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" erfährt al- zuverlässig, daß daö Gerücht von der Ernennung de« Haupt- mannS v. Natzmer zum Oberführer der Schutztruppe in Deutsch-Ostafrika unbegründet sein soll. * Gras Zedliy-Trützschler wird sich, wie dir „Post" hört, ganz aus dem öffentliche» Leben zurückziehcn und sich der Bewirthschastuug seiner Güter widmen, die er in den letzten Jahren durch Ankäufe bedeutend vermehrt hat. * A»S FriedrichSruh erfahren die „Hamb. Nachr", daß dir Kaiserin Friedrich, der König von Sachsen, der Prinz regent von Bavern, der Großberzog von Weimar und die Großherzogin-Mutter Alexandrine von Mecklenburg dem Fürsten Bismarck Glückwunschtelegramme gesendet haben. Der Bochumer Deputation erwiderte Fürst ViSmarck, er habe niemals mißgünstiger Verleumdung Bochums uud seiner Söhne Glauben geschenkt. Gegen die Thatsache, daß die Bochumer Schienen gut seien, könne keine Fußangelei auf- kommen. — Wie die „Allgrm. Ztg." crsährt, wird der Fürst jetzt von C. W. Aller« gezeichnet, der sich seit einigen Tagen in FriedrichSruh aushält. Wie der Künstler mittheilt, erfreut sich der Fürst guter Gesundheit uud trefflicher Laune. * Der „Vossischen Zeitung" wird au« Breslau gemeldet: Der socialdemokratische Abgrorduete de« Reichstag-Kuhnert wurde am Donnerstag Abend auf der Straße an der Seite seiner Gattin verhaftet. Anscheinend war von der Polizei nur die Nachricht über den Schluß des Reichstag« ab- gewartrt ivorden. * Auch den Städten Wiesbaden, Duisburg und Bielefeld ist, wir von Licgnitz bereit- berichtet, das Recht verlieben worden, einen Vertreter zum Herrenhause zu präsentiren. * Die Generalversammlung der Katholiken Deutschlands wird in diesem Jahre vom 28. August bi« l. September in Mainz stattsinben. * In dem Befinden de« GroßhcrzogS von Baden ist keine wesentliche Veränderung cingetreten. Der Groß herzog verließ indessen gestern Nachmittag auf kurze Zeit da« Feuilleton. Moderne Junggesellen. 2j Roman von B. W. Zell. Nochdrxl »ertöten. Etwa« außer Fassung gebracht, starrten ihn die Andern an. Der Professor stotterte etwa« von „sehr humaner Ge sinnung", Bürgtin warf sich in die Brust und fand den Rath heute sentimental und der Major rief dröhnend: Ho, ho, solls da hinaus? Wenn Sie sich so offen zum Schürzrn- sreund bekennen, weshalb iu aller Welt Haugen Sie denn noch nicht an einer solchen? Nungher aber uahm die Cache gar nicht scherzhaft. Darum ? Ja, wenn ich offen sein soll, habe ich gar nicht« zegk» die Ehe al« solche als etwa da« eine: die Tauer auf nben-zeit. Das allein ist«, was mir Grauen einftoßt. Eia schmucke«, liebendes Weibchen im behaglichen Nest wollte ich mir schon gefallen lassen. Aber wenn dann im Verlauf der Jahre allerlei Schwäche» oder auch nur Eigruthüintichteiten te» Charakter- hervortretcn, dir ein behagliches Zusammen leben unmöglich machen — wenn die Frau aushört, schmuck zu sein und alt und verblüht wird, oder — und dieses dritte Denn ist das schlimmste — eine neue, unbezähmbare Leideu- schaft mich ergreift, waS doch gar nicht unmöglich wäre — daun inuß die- unlöslich Aneinandergeschmiedetsein doch gradrzu in Wahnsinn oder Tod treiben. Ruugher war erregt geworben und verwundert blickten ihn die drei an. Thut er doch just, al- sollte morgen schon diese unlösliche Kette um ihn geschmiedet werden, sagte dann Bürgtin. Wes halb sich mit Hirngespinsten quälen? Sie sind za frei und haben » in der Hand, für alle Zeit frei ru bleiben. Wenn ich die Sache recht verstehe, fuhr der Major da zwischen, bchagt unserem Freunde zust da« nicht. Wir hörten S ja — er möchte schon hrirathen, aber so ungefähr auf Probe. Sobald die Fessel irgendwie unbequem wird, möchte er sie abschütteln, — na, da könnte ich am Ende guten Rath geben In China und ich glaube auch in Afrika soll e« Ehen auf Zeit geben — wie wär'S, bester Rath, wenn Sie e« dort am Ende versuchten? Und er lachte, daß beide Reiben der kräftigen Zähne sichtbar wurden, uud di« Andern stimmten ein, nur Rungher nicht Ich sprach nicht von einer Sklavin, sondern von einer gleichberechtigten Gefährtin, und die dürste ich weder in China noch in Afrika finden, entgegnrte er beinahe gereizt. So? Dann bringt doch nächsten» im Reichstag den Antrag ein, von jetzt ab die Ehe aus Zeit zum Gesetz zu er beben. Unterschriften für die Petition werden sich übergenug finden und dir Weiblrin sich ebenso daran betheiligen wie die Männlein. Potz Blitz — von welch einer interessanten Seite Hab ich Sie heute kennen gelernt, Freund Rungber, — ver- muthele wahrhaftig nicht, daß dergleichen rcvolutionaire Ideen in Ihnen spuken. Wollen Sie nicht demnächst Ihrem Minister darüber Bortrag halten? Sind ja an der Quelle Vielleicht I kam die lakonische Antwort. Der Professor aber fragte, sich angelegentlich zu BUrglin wendend: Nun aber berichten Sie einmal, Wertbester — warum sind Sie bi« dato Junggeselle geblieben? War e« auch bei Ihnen da« Grauen vor der Unlösbarkeit der Ehe? Der Commerzienrath blickte ihn wrhmüthig an. Und Sie frage» noch, Claudius? Ich bin weder zum Türken noch zum Mormonen veranlagt und hätte an einem Weib auf Lebens zeit genug. Ader durfte ich bei meinem chronischen Magen- teidrn je daran denken, eine Familie zu gründen, Frau und Kinder zu steten Zeugen meiner Leiden zu machen? DaS wäre barbarisch gehandelt. Und er faltete die Hände auf die Brust und starrte er- grbungSvoll vor sich nieder. Ei» dreifaches Gelächter antwortete ihm. Seht den Humanisten — den Märtyrer — den «rmen Lazarus! scholl es durcheinander und wieder folgte eine dröhnende Lachsalve. Als Bürglin die Freunde entgeistert, als fürchte er für ihren verstand, anstarrle, nahm endlich Rungher da» Wort: Mensch, Freund, Commerzienrath! — Sie sind einfach köstlich in Ihrer zarten Rücksichtnahme aus die einstige Familie! Aber da» kann ich Ihnen zu Ihrer Beruhigung sagen: da Sir essen können für rin« Familie (siehe Hummer, Beefsteak, Salat und Käse), können Sie auch unbedenklich an die Gündung einer solchen gehen. Uns aber hat der heutige Abend für alle Zeiten von der Sorge um Ihr Magenleiden befreit. Wer da« zu leisten vermag — der, bester Freund, bat nicht nur einen urgesunden, ssndern einfach einen Straußenmagen. Und de- wollen wir uns getrosten! Bürgtin war tief gekränkt, nahm aber an, als der Major eine BersöhnungSschachpartir vorschlug. Claudius gab vor, noch arbeiten zu müsse,,, und verabschiedete sich; bald folgte der Ministerialrath. Ihn bewegte unausgesetzt der rinr^roße Gedanke: Ehr auf Zeit — welch ein Fortschritt der Civili sation, wenn sie emgesübrt würde! S. Die Baronin Rathenow lag aus ihrem bequemen Ruhe brtt und athmel« mit Behagen den feinen Duft einer türkischen Cigarette rin. Neben ihr auf dem Tischchen waren BüGrr und Zeitungen gehäuft, dazwischen oder darauf stand «in winzige« Schälchen, mit Mokka -«stillt, an dem sie zu weilen nippte. Noch war die Dämmerung nicht voll berein- gebrochrn, dennoch waren die Fenstervorhänge dicht zusammen gezogen und die große Lampe aus dem Mitteltisch angezündet, deren Licht freilich durch einen rothen Schleier gedämpst er schien. Ein feiner Duft von Heliotrop durchzog daS Gemach, da« sehr behaglich mit Draperien, Blumen, Statuetten und jenen zahllosen Nippes ausgestattet war, die nun einmal im Boudoir einer eleganten Frau nicht fehlen dürfen. Und daß die Baronin Rathenow eine sehr elegante Frau sei, zeigte ein einziger Blick aus ihre Erscheinung. Ein be queme« Hauskleid vo» dunkelgrünem Plüsch umschloß nur lose die zart gegliederte Gestalt, offene Aermel fiele» halb zurück und ließen eine» Unterarm von vollendeter Form sehen. Auf diesen Arni stützte sich ein Haupt, das an eine antike Kamee gemahnte, welcher Eindruck durch das völlig weiße Lockenhaar noch verstärkt wurde. Die schwarzen Brauen und Wimpern unterschieden sich wunderbar fesselnd von dem weißen Haar — so wunderbar, daß man auf den Gedanken kam, eS sei wohl ein wenig hier dem Schwarz, dort dem Weiß nachbcholsen worden. Die feinen, etwas matten Züge erschienen >etzt in der gedämpften Bclenchtiing völlig falle»!»« und ließen die Frau nicht älter als höchstens dreißig Jahre erscheinen. Ob sie eS war? Melanie von Rathenow sprach nie von ihrem Alter. Cs war die Stunde, in der sie ihre vertrauten Freunde zu rin psangen pflegte, um zwanglos mit ihnen zu plaudern. Gesetz war, nie mehr als eine Person vorzulaffcn, denn Frau Melanie, eine Meisterin geistvoller Plänkelei, liebte die Unter' Haltung zu zweien. Freilich gehörte dazu unter allen Um ständen ein ebenbürtiger Partner, aber die Baronin empfing in diesen Stunden grundsätzlich nur Leute von Geist. Der Ministerialrath Rungber mußte wohl zu solchen ge' hören, den» als der Baronin jetzt dieser Gast gemeldet wurde, machte sie mit ausdrucksvoller Geberde ein Zeichen, als ob der Empfang Liese« Herrn doch selbstverständlich sei. Rungher folgte denn auch der Zofe auf dem Fuße, und schon die zivanalose Art der Begrüßung zeigte, daß er hier so gut wie zu Hause sei. Die Baronm veränderte ihre bequeme Lage nicht um eines Haare« Breite, sondern nickte nur led- basten Willkommcngruß und reichte dem Gaste dir schmale Hand, die dieser an die Lippen führte, um daraus auch den Arm zu küssen. Sir duldete r« lächelnd Endlich wieder einmal — wissen Sie auch, Rungher, daß Sir ansangen, mich zu vernachlässigen? Er hatte «inen Sessel herbeigezogen und setzt« sich ihr dicht gegenüber. Das glauben Si« selber nicht, Melanie, entgegnrte er warm. Sie wissen nur zu genau, daß, wer Sie kennt, wie ich, sür immer in Ihrem Bann steht. Ei, daS klingt, als spräche ein Liebhaber, und Sie sind doch nur ein Freund. Nur ein Freund? Mir scheint Freundschaft das höchste und edelste Band der Seelen und nebenbei da- einzige, welches Dauer hat, ohne lästig zu werden. Hm — Sie könnten recht haben Aber dort drüben stehe» die Cigaretten — wollen Sie nicht sich und zugleich mich selbst versehen. Er that wie sie aewünscht und lehnte sich dann behaglich zurück, mit einem langen Blick den ganzen Raum und die graziöse Fraiiengcsialt vor ihm umfassend Wie wohl man sich bei Il>ne» fühlt, Melanie, führwahr, e- webt hier eine merkwürdige Luft, anregend und beruhigend zugleich. Etwa« Aufreizung und etwa- Narkose — eine Luft, die nur Sie zu mische» verstehen. Sie blinzelte ihn schelmisch an. Mich dünkt, die rechte Mischung dieser geistigen Atmosphäre babc ich doch erst gesunden, seit wir — Freunde geworden. Früher war da« ander«. Da schien die Luft um mich her mit Glut durchsetzt, die Flammen entzündete . . . Von denen sich umzingeln zu lassen so unendlich süß war, fiel er bewegt ein. Ja. e« war eine berauschende Zeit, Melanie Und daß unsere Liebe echt »nd tief war, beweist die innige Freundschaft am besten, in die sie sich gewandelt. Gewöhnlich scheidet ma» in Groll und denkt einander voll Haß, — uns ist die köstliche Erinnerung an jene Zeit un getrübt erhalten worden. Weil wir nicht zn jenen Neinen Seelen zahlen, die nie begreifen können, daß jede Leidenschaft eine Ende baben muß. Aber, wie kommen wir beut' auf die alten Geschichten, Freund? Giebt uns die Gegenwart nicht Stoff genug zum Plaudern? Unerschöpsiichen, gewiß Aber Sie glauben nicht, wie Wohl mir eine Abschweisnna in jene« längst verklungene Haubrr- reich immer wieder thut; mir ist, al« ob jene verknöchernde grane Schicht, die der Actenftaub nach und nach ansetzt, dann verschwände wie Schnee vor der Maiensonne, und ich sühle mied wieder jung, begeistert, aufgelegt zu ... Neuen Streifzügen in Amors Reich, natürlich! lachte sie. In diesem Fallt erscheint mir aber doch daS allzu häufige Auffrischrn jener Erinnerungen bedenklich. Berichten Sie beut' einmal, Rungher, aber aufrichtig, wie oft haben Sie seitdem geliebt? Und Sie verlangen von mir, daß ich daS wissen soll? entgegnrte er launig. Sie drobte mit dem Finger. Unverbesserlicher! Ganz so offen psiegt man denn doch einer Frau gegenüber nicht zu sein, die einstmal« — sehr eifersüchtig war. Er aber lachte und hielt den drohenden Finger frsd
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