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Dresdner Journal : 26.04.1887
- Erscheinungsdatum
- 1887-04-26
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188704266
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18870426
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18870426
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1887
- Monat1887-04
- Tag1887-04-26
- Monat1887-04
- Jahr1887
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- Dresdner Journal : 26.04.1887
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OS4 1887. Dienstag, den 26. April, abends. l» ! ^LKrlieNr. ... 18 ^Mrlick- 4 V0 ?k. Lioreloe!7imuvorv: 10 kL Lll«»«rk»Id ä« äoattokea Leivk« tritt ko«t- imä 8tswp»I»ll»cU«^ Kiuru. ^»»vaätxiinx»x«d>tt>reii r k'ür 6«» kLllw «iuer xsrpLlteueu 2oil« kleiusr Lokritt SS kt. Oot«r „Lio^vEiät" äie 2sll« SO kk. ti«i uaä 2i8»rv»»t« eotspr. Xnkickl»^ Lr»vt>et»enr rL^Uck mit ^uruukme 6er 80LU- ouä koiorts^e »dsväi. k«rL»prvLk-^L»okIu»»: Ur. 1L9Ü. DresdnerIournnl. Für die Gesamlleitung verantwortlich: Gtto Banck, Professor der Litteratur- und Kunstgeschichte. ro» LuIlNoaixuoxeo ,n,M»rt« r n. Lra^^ettsr, Oommi«iouLr ä«, i>r»«tQ«r ^orunLlr; Luudur^ - I«rU» - Vl« - er»ukkilrr ». N.: I/a<»extern ct U«U»-Vi«L L»»dirr^- kr»U-l.«ip«tT-rr»Lk1»rt ». H.-NLllcd«L: eurti -LooLou-LsrUu -riALllkart ». N -et«tt^»rt: Ka««L« F 6oL-rllu: /nvaü«i<mtia«L,' vörUt»: tr. LtM«r» Miek/ÄAer,- Limovr: 6. üc/ttt^ier,- L»U« ». I : F. Lsret F Oo. llvraaaxvdvr: LüoiLl. Lrxeüitioa 6s« Vr«ävsr ^aaru»!«, vr«a«ii, Aviugeruti-. Ho. ry. ksrosprsoL-FusvUIll«: lir. 129b. Nichtamtlicher Leit. Tecegraphifche WachricHLerr. Madrid, SS. April. (W. T. B.) Die Ab geordnetenkammer wählte heute eine Kommission zur Vorberatung der Vorlage über die Reorgani sation der Armee. Sämtliche Gewählte sind der Annahme der Vorlage zugeneigt. London, SS. April. (W. T. B.) Das Ober- hauS nahm dir Bill, betreffend die Übertragung von Grundbesitz nach 4stündiger Debatte an. DaS Unterbaus setzte dir Budgetberatung fort. Im Laufe derselben wieS der Schatzkanzler Goschen die Angriffe Gladstones und Churchills gegen die Reduktion deS Tilgungsfonds zurück und erklärte, die Eivkommensteuerzahler, welche hauptsächlich die TilgungSlast zu tragen hätten, gehörten zum größeren Teile den minderbemittelten Klassen an und sollten deshalb eine Erleichterung haben. London, SS. April. (W. T. B.) Unterhaus. Im Fortgang der Debatte über daS Budget er klärte der Schatzkanzler Goschen, er werde alle betreffs der Steuern hrrvorgehobenen Gesichts- punkte und gemachten Vorschläge in Erwägung nehmen, namentlich auch die Erhöhung der Steuer auf fremde Wertpapiere. Schließlich wurde daS Budget in erster Lesung angenommen. Dresden, 26. April. Die Irländer in den Vereinigten Staaten von Nordamerika. Irland stellt nächst Deutschland den stärksten Bei trag zur Einwanderung in die Vereinigten Staaten- In den Jahren 1821—1885 wanderten 1300 000 Per sonen nach der transatlantischen Republik aus. ES ist bemerkenswert, daß die Abkömmlinge der grünen Insel in Nordamerika einen gewissen Einstuß und eine über ihre Zahl hinausgehende Bedeutung erlangt haben. „Fast gleich an Zahl mit den Deutschen", so schreibt Ernst Hohenwart in seinem in dem vergangenen Jahre erschienenen Buche: „Land und Leute in den Vereinigten Staaten" — „sind die Irländer jenen an politischem Einfluß weit überlegen. Sie sind meistens in New-Jork und den Neuenglandstaaten ansässig, aber man findet sie auch im Westen überall verbreitet, bis zum Stillen Ozean. Auch San Francisco hat eine starke irländische Bevölkerung. In Neu-England aber nehmen sie nach und nach die Plätze der einheimischen Iankee-Bevölkerung ein, die sich durch Auswanderung und AuSsterben immer mehr vermindert. Sie sind mit Ausnahme der nördlichen Irländer — Nachkommen englischer Kolonisten — streng katholisch und der Kirche und ihrem Klerus sehr ergeben. Sie halten zusammen und folgen blind ihren Führern; durch ihre Eintracht und mit einer natürlichen Begabung für Conspirieren und die krummen Wege der Politik, haben sie in den meisten Städten die Verwaltung der städtischen Ange legenheiten an sich gerissen; wo nicht, da üben sie wenigstens einen bedeutenden Einfluß darauf aus, den der amerikanische Politiker sehr fürchtet und respektiert." „Im allgemeinen", so fügt der genannte deutsch-ameri- kanifche Autor hinzu, „sind sie wenig gelitten, und Amerikaner, sowie andere Europäer betrachten sie als ein Übel.* Diese Schilderung Hohenwarts wird von anderen, sachkundigen Schriftstellern bestätigt So schrieb Fried rich Kapp: ,Ln New Jork sind zur Zeit fast alle städtische Beamte Irländer, nämlich der Sheriff, der Grundbuchsührer, der Schatzmeister, der Kämmerer, mehrere Polizeikommissare, der Präsident der Wasser ¬ leitung, der Stellvertreter des Bürgermeisters und der Vorsitzende des Rates der Stadtverordneten, der Schreiber deS Rats der Ältermänner, der Präsident des Rats der Superrevisoren, 5 Richter der höheren Gerichtshöfe, alle Zivilrichter, alle Polizeirichter bi» auf zwei, alle Sekretäre der letzteren, 3 von den 4 Leichenbeschauern, 2 Kongreßmitglieder, 3 von den 5 Staatssenatoren, 18 von 21 Mitgliedern deS HauseS der StaatSgesetzgebung, 14 Neunzehntel des Stadtrats und 8 Zehntel der Superrevisoren." Hiernach darf man wohl sagen, daß die Irländer thatsächlich in New-Jork regieren. Zu welchen Resultaten man aber dadurch gelangt ist, das haben die berüchtigten Stadt ratsprozesse in den 70er Jahren wie in allerneuester Zeit gezeigt. Wurden doch im vorigen Sommer nicht weniger als 16 ehemalige Stadträte verhaftet, welche beschuldigt und zum Teil überführt wurden, während ihrer Amtszeit, nicht einmal, sondern so oft sich nur die Gelegenheit dazu bot, Bestechungen angenommen zu haben. Diese 16 aber bildeten, zusammen mit 3 Kollegen, welche flüchtig, zweien, die inzwischen ver storben, einem, der zum Angeber geworden, und nur zweien, die ihrer Unschuld wegen keine Anklage zu befürchten hatten, das Stadtältestenkollegium von 1884. Auch kann man nicht etwa sagen, daß die» Zu stände seien, wie sie nur in New-Jork vorkämen oder vorkommen könnten. „Wenn zwischen New-Jork und dem Lande ein Unterschied existiert," sagt Kapp, „so ist es höchstens ein quantitativer aber kein qualitativer. Es ist für jeden denkenden Beobachter eine sich täg lich wiederholende Thatsache, daß New-Jork den Ton für das ganze Land angirbt, daß es in allen Teilen desselben eifrige Nachahmung findet, und daß, wenn der Westen noch nicht so tief gesunken ist wie New- Jork oder der Osten, das Verdienst dafür im aller geringsten Grade dem Individuum, sondern zum größ ten Teil der geringen Entwickelung der dünnen Be völkerung zuzuschreibcn ist. St. LouiS, Chicago und Milwaukee haben so gut ihre Politiker, welche die öffentlichen Kaffen bestehlen, als New-Jork; daß die gestohlenen Summen geringer sind, ändert nichts an dem Wesen des Verbrechens." Um nicht in den Verdacht zu kommen, daß wir die Verhältnisse allzu schwarz malten, haben wir im Vorstehenden wiederholt einen so klassischen Zeugen, wie Kapp, selbst reden lassen. Nach seinen Worten wird, auch abgesehen von anderen Beweisen, niemand an der Thatsache einer hochgradigen Korruption in der amerikanischen Verwaltung zweifeln können. Gewiß kann man nun nicht sagen, daß die Irländer allein daran Schuld seien; unbestreitbar aber haben sie an manchen Otten und vor allem in New-Jork einen er heblichen und höchst verderblichen Einfluß auf die Entwickelung der Sache gehabt. Der Mehrzahl nach unwissend und roh, faul, habgierig und gewissenlos, sind sie immer mehr ein Kreuz für die junge amerika nische Nation geworden und ein Hemmschuh für die gesunde Fortentwickelung derselben. Mit dem vorerwähnten verderblichen Einfluß auf die amerikanische Politik begnügen sich indes die nach Amerika auSgewanderten Irländer nicht. Vielmehr sind die meisten von ihnen nebenher noch eifrig be müht, im angeblichen Interesse ihrer Heimatsinsel gegen England zu konspirieren. Fast alle Verschwö rungen. die in den letzten Jahren in Irland zum Aus bruch gelangten, wurden von Amerika aus angestistet und geleitet. Hier bildete sich zuerst zu Anfang der 60er Jahre jener revolutionäre Geheimbund, der nach einer sagenhaften Kriegerkaste der grünen Insel den Namen Fenier erhielt und die Losreißung Irlands von England, sowie die Herstellung einer irischen Re publik auf sein Programm setzte; von hier aus ward jene lange Reihe fenischer Gewaltstreiche, Mordthaten und Dynamitexplosionen geplant und in Szene gesetzt. Prinz und der Prinz Ferdinand von Hohen- zollern und derPrinz unddiePrinzessin Friedrich von Hohenzollern teilnahmen. Se. König!. Hoheit Prinz Wilhelm verweilte gestern nach seiner Rückkehr von Dresden einige Stun den im Königl. Schlosse und erteilte daselbst Audienzen. Der Reichskanzler Fürst Bismarck hatte heute im Reichstage eine Besprechung mit Hrn. v. Ben nigsen. Der Attache im französischen Ministerium der Auswärtigen Angelegenheiten, Monsieur Guerbet, ist aus Paris und der französische Konsul Jacquot aus Düsseldorf hier eingetroffen. Dem Bundesrat ist seitens deS Reichskanzlers der Bericht über daS Ergebnis der Enquete, betreffend die Revision des Patentgesetzes, mit dem Bemerken zugestellt worden, daß die Vorschläge zur Abänderung der bestehenden Gesetzgebung der Erwägung unter lägen. Über die Beratungen der süddeutsche» Minister wissen die „Berl. Pol. Nachr." folgendes mitzuteilen: Die am Sonnabend unter Beteiligung des bayerischen Finanzministers v. Riedel und des badischen Finanz ministers Ellstätter begonnenen Beratungen der Aus schüsse des Bundesrats über die Branntweinsteuer vorlage wurden heute fortgesetzt. Entgegen anderen Nachrichten vernehmen wir, daß die Verhandlungen einen glatten Verlauf nehmen sollen, so daß es nicht ganz ausgeschlossen sein dürfte, daß das Plenum des Bundesrats in seiner für nächsten Donnerstag in Aussicht genommenen Sitzung Gelegenheit haben könnte, sich über die Vorlage endgiltig schlüssig zu machen. Wie zu erwarten war, hat die diesseitige authen tische Darlegung des Falles Sch nebele nicht lange auf sich warten lassen. Es erhellt daraus zweierlei: erstens, daß in der That die triftigsten Gründe zum Einschreiten gegen jene Persönlichkeit vorgelegen haben, und zweitens, daß deren Verhaftung auf deutschem, nicht, wie Pariser Chauvinistenblätter fälschlich behaup- teten, auf französischem Boden erfolgt ist. Wenn wir heute auf die Angelegenheit zurückkommen, so geschieht eS nicht, weil in Hinsicht des ThatbestandeS etwas Neues mitzuteilen wäre, sondern weil die Beurteilung, welcher die so stark kompromittierende Handlungsweise des Schnebele seilen der Pariser Presse unterzogen wird, deutlich zeigt, mit wie verschiedenem Maße man in Frankreich mißt, je nachdem das eigene Interesse passiv oder aktiv im Spiele ist. Während die Gönner und Anhänger der „Patriotenliga" vor sittlicher Ent rüstung wegen angeblicher deutscher Spionage in Frankreich förmlich überschäumten und nicht eher ruhten, bis das berüchtigte Spionagegesetz zu stände gebracht war, fehlt jetzt nicht viel und der pp. Schne bele würde von ihnen für den verdientesten Sohn Frankreichs erklärt, weil er im französischen Interesse auf deutschem Boden thatsächlich spionierte. Als typische Probe für die landläufige Darstellung der transvogesischen Presse führen wir folgende Stellen aus einem Schnebele - Dithyrambus des Pariser „Fi garo" vom Sonntage an: „Wozu Dinge verbergen, die den gegen ihn erhobenen Be schwerden zu Grunde liegen? Ja, Hr. Schnebele sollte einer der nützlichsten Rachrichtenagenten von der Grenze sür die fran zösische Regierung sein. Ja, er sollte häufige und nützliche Nachrichten nach Paris senden. Aber wenn er es nicht ge- than hätte, so wäre er ein schlechter Beamter und schlechter Patriot gewesen." Des Weiteren beglückwünscht sich „Figaro" zu den „mutigen und geschickten Franzosen, welche für Frank reichs Rechnung eine Masse für den etwaigen Krieg zwischen den beiden Ländern nützlicher Nachrichten ge erntet (moiasonns) haben. .... „d. h. wenn Hr. Schnebele nicht seit 17 Jahren in seinem Bureau von Pagny Notizen aus Notizen aufgehäust Lagesgejchichte. Dre-den, 26. April. Der am hiesigen Königl- Hose beglaubigte Kaiserl. und Königl. österreichisch- ungarische außerordentliche Gesandte und bevollmächtigte Minister, Frhr. v. Herbert-Rathkeal, hat nach Ab lauf seines Urlaubs die Leitung der Geschäfte wieder übernommen. * Berlin, 25. April. Se. Majestät der Kaiser erledigte heute in üblicher Weise die laufenden Ange legenheiten und empfing um H1 Uhr mittags den aus Rom hier eingetroffenen Präsidenten der italienischen Waldenser-Gemeinden, Chevalier Matteo Prochet, in Privataudienz. Demnächst arbeitete Se Majestät der Kaiser noch einige Zeit allein und unternahm um 2 Uhr, begleitet vom Flügeladjutanten Oberstlieute nant v. Plessen, eine Spazierfahrt Nach der Rückkehr empfing der Kaiser den diesseitigen Botschafter m Paris, Grafen Münster, welcher am Abend zuvor aus Derneburg hier eingetroffen war. Um 5 Uhr fand iM Königl. PalaiS eine kleinere Familientafel statt, an welchem Se. Königl. Hoheit der Prinz Wil helm, der Prinz Alexande-r, der Herzog Johann Albrecht von Mecklenburg-Schwerin, der Erb- durch welche man die Bevölkerung Englands einzu schüchtern und zur Gewährung der irischen Selbst ständigkeit geneigter zu machen hoffte; und von hier werden Jahr auS Jahr ein, und nicht etwa heimlich, sondern ganz öffentlich, sehr beträchtliche Summen zur Unterstützung revolutionärer Zwecke nach Irland ge sandt. In neuester Zeit aber ist man in Amerika noch einen Schritt weiter gegangen. Während näm lich bisher die den Irländern gewährte Unterstützung nur von Privaten auSging, haben sich jetzt sogar in vielen Staaten der Union die Volksvertretungen zu einem offiziellen Protest gegen die von der englischen Regierung und allen verständigen Politikern jenseits deS Kanals für notwendig erklärte irische Zwangs- bill aufgeschwungen. Wie kommen die Vertreter amerikanischer Staaten dazu, sich so ganz unbesugter- weise in eine Frage der inneren Politik Groß britanniens einzumischen? Die Antwort wird dem Leser nicht schwer fallen. Der mächtige Einfluß der amerikanischen Irländer ist eS, der sich hier wiederum geltend macht. Mag auch, abgesehen von diesem Ein fluß, da» irische Zwangsgesetz den radikalen Politikern der Union wenig sympathisch sein; daß sie diesen ihren Gefühlen in der erwähnten, unpassenden Weise Aus druck geben, ist jedenfalls auf einen Druck ihrer irischen Mitbürger zurückzuführen. Wie stark aber der betr. Druck ist, zeigt z. B. die Thatsache, daß kürzlich ein städtischer Beamter nicht wiedergewählt wurde, weil er sich, nicht einmal definitiv, sondern nur anfänglich, geweigert hatte, bei einem Protestmeeting gegen die irische ZwangSbill den Vorsitz zu führen. Zu bedauern ist nur, daß England, das freilich an irische Injurien seit langer Zeit gewöhnt ist, bis her auch die Proteste der amerikanischen Staatsver tretungen ruhig hingenommen hat, obwohl dieselben ersichtlich gegen den internationalen Anstand verstoßen und auch wohl nicht unwesentlich zur Verschärfung der Krisis in Irland beitragen mögen. Allerdings könnte leicht eine englische Beschwerde ohne Erfolg bleiben, denn eS mag schwer sein, von Washington aus dem bett. Unwesen in den einzelnen Staaten zu steuern. Diese Staaten halten viel auf ihre Souveränetät und würden ein Einschreiten oder auch nur eine Vermah nung von seilen der Bundesregierung gewiß als einen unzulässigen Übergriff derselben bezeichnen. Dessen ungeachtet aber erscheint eS uns im Interesse des eng- lischen Ansehens geboten, das fragliche Verhalten der amerikanischen Einzelstaaten wenigstens nicht ungerügt zu lassen. Feuilleton. K. Hostheater. — Altstadt. — Am 25. April: .Maria Stuart". Trauerspiel in 5 Akten von Schiller. Die Aufführung dieses Werkes konnte allerdings wegen einiger Personalveränderungen nicht auf der Höhe bleiben, welche sie vor einer Reihe von Jahren auSzeichnete. Dennoch hat sie einige tüchtige, ja her vorragende Vertretungen behalten und verdient al- genügend ineinander gearbeitetes Gesamtbild eine für Bildung und Geschmacksrichtung unserer Stadt an gemessene Beachtung von Seite des Publikums. Frl. Brandtmann gab als Gast nach längerer Urlaubspause die Titelrolle in einer fleißigen, von ihrer äußeren Erscheinung begünstigten Weise. ES wurde diese Leistung freundlich ausgenommen und in den Hauptszenen mit Beisall belohnt. Kann man auch noch nicht gerade sagen, daß die genannte Schau spielerin auf dem Wege sei, sich der Lösung dieser schwierigen Aufgabe zu bemächtigen, so wird sie doch mit einiger Sicherheit ihre Darstellung dadurch ver bessern können, wenn sie der Maria bei allen leiden- *schastlichen Erregungen mehr weibliche vornehme Hal tung und mehr Majestät zu verleihen sucht. Ebenso vorteilhaft dürfte eS sich geltend machen, wenn an Stelle des jetzigen Wechsel» zwischen einer etwas süß- lichen Plaudersprache und einem reagierenden, dem Geschraubten nicht fern stehenden Tone eine gleich mäßigere, durchaus edele und natürliche Redeweife tritt! Frl. Ulrichs Elisabeth ist eine wirkungsvolle, sicher eingespielte Darbietung, über deren glänzende Vorzüge schon oft gesprochen wurde. Dagegen ist eS Hrn. v. d. Osten noch nicht gelungen, uns ein fesseln des Bild von der Persönlichkeit Leicesters zu geben. Die hier nötige individuelle Zeichnung und Färbung widerstrebt dem Naturell der fleißigen Schauspieler». Hr. Porth sprach als Talbot seine Bitte für Matte im StaatSrat ganz vorzüglich. Der Mortimer deS Hrn. Dettmer hat bi» jetzt mehr Tempo als wahre» zur Handlung wie zur Ver irrung drängender Jugendfeuer. DaS fällt freilich doppelt auf, wenn ein junger Schauspieler den denk bar besten Mortimerdarsteller zum Vorgänger hat. O. B. Elsbeth. Erzählung von M. Berg (Fortsetzung.) Unten im Schlafzimmer de» jungen Schloßherrn faß Viktor Borkwitz am Lager seines leidenden Freun de-. Eine behagliche Wärme, von einem Kaminfeuer au-gehend, herrschte in dem dämmernden Gemach, da mit seiner geschmackvollen gothischen Einrichtung und den schweren dunkelgrünen Vorhängen einen äußerst wohlthatigen Eindruck machte. Werner schien aber davon nictns zu empfinden, denn voll Ungeduld lauschte er den Erzählungen seine« Freunde-, welcher ihm eben zum so und sovielsten Male de- Tage» das Loh seiner Kousine sang und ihm beschrieb, wie sie gleich einem Engel im Hause walte, wie sie seine Mutter so aufopfernd pflege und die Züge! der Herrschaft mit ihren kleinen Händchen so fest und sicher zu führen verstehe. „Und wie sieht sie au»? ' fragte Werner begierig. „Wie ein Engel de» Licht»", rief Viktor begeistert »um Himmel blickend, „zwar etwa- bleicher und schmäler ist sie geworden, aber um so lieblicher schwebt sie einher." „Und Du, Glücklicher, benutzest gewiß nach Kräf ten die Zeit, Dich recht in ihrer Gunst festzusetzen", fragte Werner sich gereizt emporrichtend ,,Wa» fall ich eS leugnen, meiv Freund", entgeg nete Viktor verwundert, daß Elsbeth mir das liebste Wesen auf der Welt geworden ist und ich der glück lichste Mensch auf der Erde wäre, wenn eS mir ge länge, ihre Liebe für mich zu erwerben. E» ist zwar nur ein bescheidenes Lo», dar ich ihr bieten kann, und der Gedanke daran hat mir immer noch den Mund verschlissen. Du hast allerdings nie den großen Wett Deiner Kousine Elsbeth erkennen wollen, lieber Werner, und wenn ich mir jenen Abend zurück- rufe, an dem Du fo fchonungSloS über sie geurteilt, könnte ich Dir, trotz unsrer Freundschaft, noch recht aufrichtig böse werden." „Was war ich aber auch damals für ein verblen deter Thor!" stöhnte Werner leise vor sich bin, sein Haupt in die Kissen vergrabend — plötzlich aber rich tete er sich hastig auf: „Und ich will hier nicht länger tbatenlo» liegen, ich fühle muh vollständig kräftig und genesen und morgen muß mir der Doktor erlauben, das Zimmer zu verlassen!" Es war ein später Nachmittag und die Sonne draußen wollte heute noch einmal ihr Möglichstes thun, um zu zeigen, daß sie doch noch nicht ganz ihre Herrschaft über die Erde verloren habe. Sie durch leuchtete die farblosen Blätter auf Büschen und Wegen, daß sie förmlich zu glühen schienen, und ließ die Wellen deS Sees gleich flüssigem Silber erglänzen. Auch durch die Falten der Gardinen an den Fenstern de» Schlafgemachs der Baronin drangen sie ein — sie lagen breit und glänzend auf der dunklen Damast tapete und umstrahlten das Haupt der jungen, am Krankenbett sitzenden Mädchens, daß ihre Haare gleich Gold leuchteten. Elsbeth saß in einem großen Stuhl zurückgelehnt, ihr Haupt war leicht auf die Seite ge sunken und die Liber im sanften Schlummer gesenkt. Der Schlaf mochte sie wohl eben beim Vorlesen über rascht haben, denn ein Buch lag noch, nachlässig ge fallen in ihrem Schoß Die zarten Wangen zeigten eine leichte Blässe und die weich lächelnden Lippen ver rieten, daß ihr eben der Gott deS Traumes wohl ein anmutige» Bild vorgaukeln mochte. Eine der rötlichen Flechten war vorn über die Brust gesunken und hob sich von dem dunkelblauen Sammetbesatz des eng anschließende» Gewandes glänzend ab — eine bunt gestickte altdeutsche Schürze und der Schlüsselbund an der Seite gab lxr ganzen holden Erscheinung ein lieb lich hausmütterliche» Gepräge. Tiefe Stille herrschte in dem Gemach, denn auch die Kranke war wieder in leichten Schlummer ge sunken.
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